Читать книгу Rabengesang - Janine Senkel (geb. Günther) - Страница 5
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ОглавлениеMit trauriger Miene sah der junge Mann auf die Leiche herab, die unter ihm in der Themse schwamm.
Er konnte es gar nicht glauben, als er vor einer halben Stunde den Anruf von einem Ratsmitglied seines Clans bekam.
Plötzlich sah Raven nach oben, ein sanfter Wind wehte durch sein dunkles, schulterlanges Haar. Obwohl der pechschwarze Rabe noch nicht am Himmel zu sehen war, spürte er seinen Bruder bereits auf ihn zufliegen. Sanft landete, einige Minuten später, besagter Rabe auf der linken Turmspitze der Tower Bridge, direkt über Raven. Erneut zog eine leichte Brise auf, schwarze Federn flogen durch die Luft und an der Stelle, an der gerade noch ein Rabe gesessen hatte, stand nun ein junger, gut aussehender Mann, der seinem Bruder wie aus dem Gesicht geschnitten war.
Lange Haare wehten sanft durch die Luft, als er lässig von der Brücke sprang und elegant neben Raven auf dem Boden aufkam.
>>Kris! Da bist du ja endlich!<< Raven, der ungeduldig auf seinen Bruder gewartet hatte, schloss diesen nun herzlich in die Arme. >>Was ist geschehen, Bruder?<< Doch noch bevor Raven antworten konnte, fiel Kris Blick auf die 9
Wasseroberfläche. Entsetzt riss er seine Augen auf, unfähig etwas zu sagen. Schlagartig schlug der Schock in reinen Hass um und mit den Worten >>Das werden diese dreckigen Hunde büßen!<< verwandelte er sich wieder und hob in die Lüfte ab.
Es ging alles so schnell, dass Raven nichts unternehmen konnte. Er war nicht in der Lage, seinen Bruder aufzuhalten.
Natürlich war es unmöglich durch das Wasser einen Geruch wahrzunehmen, wer für diesen Tod verantwortlich war, aber genau wie sein Bruder vermutete auch Raven, dass dahinter nur die Werwölfe stecken konnten. Sie sind seit 16 Jahren verfeindet und es gab schon häufig Auseinandersetzungen und gewalttätige Vorkommnisse zwischen beiden Clans.
Allerdings konnte in diesem Fall nichts bewiesen werden und Kris handelte jetzt einfach zu schnell. Wenn Raven jetzt nichts unternahm würde es zu einem Krieg, zu einem Blutbad kommen, dass beide Clans vollkommen zerstören könnte. Er wusste, dass es nur eine Person gab, die in der Situation helfen könnte. Rebecca, die Heilerin des Rabenclans und zudem Kris beste Freundin. Die Beiden waren vor etlicher Zeit mal ein Paar, aber im Lauf der Jahre hat es sich zu einer guten Freundschaft entwickelt. Beide hatten eingesehen, dass es für eine Beziehung einfach nicht reicht. Rebecca ist die einzige Person, auf die Kris hört. Also ließ auch Raven sich Flügel wachsen und flog hinfort, um Rebecca zu holen. Ravens Fell war grauschwarz, eigentlich 10
war es nicht wirklich grau, sondern eher ein silberner Ton, der im Sonnenlicht grün schimmerte. Alle Clanmitglieder beneideten ihn um diese außergewöhnliche Farbe seines Gefieders.
Als er in Harrow, ein Vorort nördlich von London, wo viele Mitglieder des Rabenclans lebten, ankam, sah er auch schon die beste Freundin seines Bruders im Garten vor dem Haus stehen. Sie sammelte gerade ein paar Kräuter, um Heilmixturen herzustellen.
Als er landete und wieder seine Menschengestalt annahm, fuhr sie erschreckt herum. >>Raven? Was führt dich denn hier her?<< Eine kurze Pause, dann sah sie ihn erschrocken an, ihr Mund stand weit offen. >>Ist etwas mit Kris? Ist ihm was zugestoßen?<< Raven schüttelte den Kopf. >>Noch nicht, aber er ist außer sich. Vielleicht hast du schon von dem Zwischenfall gehört?<< Rebecca nickte bestürzt. <<Ja, es ist schrecklich. Es tut mir so leid. Aber was ist nun mit Kris?<< Raven stieß ein lautes Seufzen aus. >>Nun, er verdächtigt, genau wie ich, die Wölfe, damit etwas zu tun zu haben. Allerdings ist er wutentbrannt und voreilig davongeflogen und ich habe die Befürchtung, dass er drauf und dran ist, eine Dummheit zu begehen. Ich kenne meinen Bruder und in solchen Dingen ist echt nicht mit ihm zu Spaßen. Es ist jedoch nicht gut, sich in der momentanen Situation mit dem Wolfsrudel anzulegen. Einen Krieg können wir nun wirklich am allerwenigsten gebrauchen.
Nicht jetzt, da unser Anführer verstorben ist.<< Rebecca 11
verstand sofort das Problem. >>Ich werde mich darum kümmern. Dir rate ich, dich mit Shania Gilbert in Verbindung zu setzen. Sie ist eine sehr fähige junge Hexe.
Sie könnte uns in diesem Fall sehr von Nutzen sein.<< Einige
Sekunden
später
hob
ein
blauschwarzer
krähenähnlicher Vogel flügelschlagend ab in die Lüfte.
Shania Gilbert, dachte Raven, von der hatte er schon einmal gehört. Es gab nicht viele geborene Hexen im Untergrund von London, aber die wenigen, die es gab waren gern gesehene Gäste, denn Hexen waren neutrale Wesen, die mit jedem Clan auskamen. Ob es Gestaltwandler oder Vampire waren. Bei Problemen konnte man sich getrost immer auf die Hexen verlassen. Sie waren auch bekannt dafür, Streite zwischen einzelnen Clans zu schlichten, weil sie einfach nicht parteiisch waren. Auch hatten sie einen guten Spürsinn und konnten mithilfe ihrer magischen Tränke und Zauberformeln Dinge herausfinden, die kein normaler Mensch konnte. In Fällen, bei denen die magischen Wesen Londons verwickelt waren konnte man sowieso schlecht die normale Polizei rufen, da diese nicht auf die Existenz von den sämtlichen Wergestalten stoßen durften.
Raven suchte nun im mobilen Netz nach Shanias Nummer und fand diese auch prompt. Er tippte sie anschließend in sein Mobiltelefon ein und bekam sogar ein Freizeichen.
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