Читать книгу Mein erster Stadionbesuch - Jannis Linkelmann - Страница 15
ОглавлениеKurz urlaub mit Muttern
Gisela Schenke
geb.: 1963
Schriftstellerin
Fan von Borussia Mönchengladbach
Ich liebe Fußball, und ich liebe ihn von Kindesbeinen an. Und Borussia Mönchengladbach ganz besonders, obwohl ich in Süddeutschland aufgewachsen bin und immer noch dort lebe. Seit den 1970er Jahren bin ich ein großer Fan, aber ohne selbst Mitglied des Vereins zu sein oder Fan-Artikel zu besitzen.
Sehr aufmerksam verfolge ich die Entwicklung der Borussia. Ich kann mich noch gut an ihre letzten drei Meisterschaft en Mitte der 1970er Jahre erinnern. Erfolgstrainer war damals der große Hennes Weisweiler, dessen Stil und Aura bis heute unvergessen bleiben. Meine Lieblingsspieler waren »Kalle« Del’Haye, Christian Kulik und Allan Simonsen.
Es sollte aber noch viele Jahre dauern, bis ich mein erstes Stadionerlebnis am legendären Bökelberg in Mönchengladbach haben sollte. Zunächst machte mir meine Mutter im Jahr 1977 die große Freude, einen gemeinsamen Kurzurlaub in Mönchengladbach zu verbringen, um den Spielern endlich einmal näher sein zu können. Leider waren zu diesem Zeitpunkt aber keine Bundesligaspiele, denn es war Sommerpause, die Saison fing folglich erst einige Wochen später an. Es war aber schon Vorbereitungszeit, die Spieler hatten also das Training bereits wieder aufgenommen, aber ich traute mich damals nicht zu fragen, ob man dabei zuschauen darf. Dennoch konnten wir uns das Stadion am Bökelberg von außen ansehen. Obwohl wir das eigentliche Gelände nicht betreten haben, strahlte das Stadion dennoch einen unglaublichen, fast mystischen Zauber auf uns aus.
So warteten wir dann auf das Trainingsende, bis die Mannschaft das Gelände verließ. Es bot sich die Gelegenheit, einige Fotos zu machen, ich war hin und weg, wahnsinnige Glücksgefühle kamen beim Anblick der Spieler in mir auf.
Das erste Live-Spiel meiner Gladbacher erlebte ich 1986 im Münchner Olympiastadion. Der damalige Trainer der Münchner hieß Udo Lattek, auf Seiten der Gladbacher saß Jupp Heynckes auf der Bank. Leider verloren meine Borussen mit 1:3. Es war dennoch schön und beeindruckend, sie mal direkt im Stadion erleben zu dürfen. Die ganz große Bedeutung hatte der Stadionbesuch für mich nicht, da es ja ein fremdes Stadion war. Also zumindest überkamen mich nicht solche emotionalen Empfindungen wie vor dem verschlossenen Bökelberg. Meine Borussia im eigenen Stadion zu erleben, ist halt was ganz Besonderes. Auch die Stimmung im weiten Olympiastadion war eine ganz andere als auf dem engen heimischen Bökelberg.
Es dauerte dann noch fast zehn Jahre, bis es zur Heimpremiere bei der Borussia kam. Es war der 12. April 1995. Heute noch denke ich sehr viel darüber nach und bin immer wieder glücklich, dort ein Spiel erlebt haben zu dürfen. Es war das Halbfinale des DFB-Pokals gegen den 1. FC Kaiserslautern. Trainer der Gladbacher war damals Bernd Krauss, bei Kaiserslautern trainierte Friedel Rausch. Wir fuhren zu viert hin, allesamt heißblütige Fans der Borussia. Die Ankunft am Stadion in Mönchengladbach war sehr aufregend für mich. Die vielen Fans verbreiteten mit ihren Gesängen eine großartige Stimmung, ohne Aggressivität, einfach nur friedlich und euphorisch. Als dann die Mannschaft namentlich vom Stadionsprecher vorgestellt wurde, gab es bei jedem einzelnen Spieler einen großen Aufschrei, bei der Erwähnung einiger Stars sogar einen Sturm der Begeisterung. Meine Lieblingsspieler waren zum damaligen Zeitpunkt Torhüter Uwe Kamps und der Stürmer Heiko Herrlich.
Ich kann mich noch genau erinnern: Das Spiel war an Spannung kaum zu überbieten, ein offener Schlagabtausch, der uns nicht auf den Sitzen hielt. Nach 90 Minuten stand es immer noch 0:0, es musste also in der Verlängerung eine Entscheidung fallen. Die Angst, die Partie könnte im Elfmeterschießen entschieden werden, wuchs von Minute zu Minute. Für beide Teams stand ja sehr viel auf dem Spiel, nichts Geringeres als der Einzug ins deutsche Pokalfinale. Doch in der 101. Minute dann die Entscheidung: Ich werde diesen Augenblick nie vergessen. Heiko Herrlich erzielte die 1:0-Führung für die Borussia. Das Stadion erbebte sogleich, alle waren total aus dem Häuschen. Es war für mich ein absolutes Gänsehautgefühl, so etwas hatte ich vorher noch nie erlebt. Einfach fantastisch! Die restlichen knapp 20 noch zu spielenden Minuten wollten dann aber einfach nicht vergehen. Es zog sich und zog sich. Ständig schauten wir auf die Uhr. Und dann endlich, der Schlusspfiff des Schiedsrichters ertönte. Wir hatten gewonnen! Die Freude im Stadion kannte keine Grenzen und auch kein Ende. Die Fans lagen sich in den Armen und freuten sich wie kleine Kinder. Dann applaudierten sie der Mannschaft für ihre tolle Leistung. Die Fahrt nach Hause war schließlich auch sehr kurzweilig, denn wir ließen das Spiel noch einmal Revue passieren.
Zum Schluss mein persönliches Fazit: Es war ein wahnsinnig toller Abend im Stadion am Bökelberg, den ich nie mehr vergessen werde. Ein atemberaubendes Erlebnis. Danke, Borussia.