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EINE UNVERHOFFTE BEGEGNUNG - 4. KAPITEL -

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Was waren meine ersten Gefühle und Gedanken, als sie den Raum betrat? Wahre Gefühle lösen

Gedanken aus. Rückblickend redet man sich alles Mögliche ein, was durch spätere Erfahrungen

hinzu gedichtet wird, meist wird dies dramatischer, als es im Vorfeld war. Das liegt im Menschen,

seine Sensationslust und Dramaturgie, egal ob auf dem mittelalterlichen Schauplatz, derzeitigen

Medien oder in Shakespeares Dramaturgie. Was hätte Shakespeare ohne das banale Verlangen

gemacht? Well, ich war solch ein Engländer, der im Prinzip schlecht an Shakespeare vorbeikam.

Trotzdem muss ich sagen, dass ich schon damals was verspürte, das schwer zu beschreiben ist.

Vielleicht ein Bewusstseinssprung auf eine andere Ebene, einen plötzlichen Wechsel im wahren

Geschehen. Sowohl in der Eigenart meiner Aufmerksamkeit als auch im unmerklichen Moment

und Verstreichen eines Augenblicks, rückte die tatsächliche Umgebung, das Arbeitszimmer wie

dieser Stapel Briefe auf meinem Tisch in den Hintergrund, dass die Zeit wie durch eine Linse in

die Vergangenheit führte aus der Gegenwart, als ob ein Duft oder Klang nicht nur an die frühere

Zeit vor fünf Jahren oder an die Kindheitszeit erinnert, sondern uns wirklich dahin zurück bringt.

Der Blick durch ein Kaleidoskop oder durch eine Linse in die Ewigkeit, die uns sonst fremd war.

Es war nicht mehr der Tag und Ort, den ich gerade zu erleben meinte, sondern ganz woanders.

Lautlos war die nie erprobte Linse eingerastet auf die vorher niemals wahrgenommene Realität.

Ich blinzelte mit offene Augen und sah durch das helle, verblendende Licht, dass sie schön war.

Ich habe später über dreißig Leute gehört, die gesagt haben, dass sie schön sei. Sicher bin ich

einigen Frauen begegnet, deren Schönheit ich distanziert wahrgenommen hatte, für einen Sinn

und die Augen. Wegen des guten Tons wurden sie oft gelobt, sowie ein Konzert in Anwesenheit

des Publikums von der unmusikalischen Person gehört wird. Sie waren schön, wie es üblich war.

Nicht nur ihr Gesicht und Körper waren schön, ihre Haltung und Bewegungen galten königlicher

als am Hofe. Sie war graziös und elegant in aufregender Erscheinung unheimlicher Weiblichkeit.

Doch auch das hätte nicht den Riss durch den Tag in jenem Arbeitszimmer verursachen können.

Etwas Überwältigendes umhüllte sie wie ein unsichtbarer Schleier, der undurchdringlich blieb in

seiner Unfassbarkeit. Woraus bestand dieser Nimbus? Aus dem abgehoben Sein des entfernten

Jenseits, das mich zu ihr aufblicken ließ, wobei ich schon von meinem Stuhl aufgesprungen war.

In ganzer Erregung beobachtete ich sie wie durch ein Fernrohr und nahm die innere Fröhlichkeit

sowie äußere Wachsamkeit wahr, sie belustigte sich insgeheim über mitmenschliche Reaktionen.

Und da gab es noch etwas anderes, Zigeunerhaftes, Heidnisches, beunruhigend, mehrdeutig, das

sich nicht vom Diktat einer zivilen Bürgerlichkeit unterdrücken ließ, ohne Barmherzigkeit wie ohne

einen Skrupel würde es sich nicht einem erzwungenen Zusammenleben freiwillig unterordnen. In

dieser Hinsicht glich sie einem Leoparden, dessen Schönheit gleichermaßen gefährlich wurde für

denjenigen, der ihm zu nahe kam. Es wäre lebensbedrohlich, ihn wahrhaftig einfangen zu wollen.

Sie habe die Peitsche, gewiss, doch sie wären besser auf der Hut. Denn das Wunder, das ihnen

in die Falle gehen soll, um ihnen Gewinn zu bringen, ist tödlich. Es teilt ihre raffgierige Sicht nicht.

Keiner weiß, was es denkt, wie es fühlt, kennt nichts von der Vorsicht und Abwägen von Kosten.

Niemand weiß, wovon es weiß, wenn es gleichgültig an den Stäben vorübergeht sowie abwesend.

Zum Teil ist es erschreckend wachsam und weiß genau um den Einbruch mörderischer Unschuld.

Doch in diesem Moment waren jene Dinge lauter explodierende, zerberstende Teile einer Rakete,

die wie zu Sylvester als bunte, leuchtende Sterne am Himmel verschwanden im nebeligen Schein.

Ich hätte im Nachhinein nicht sagen können, wie viele Sterne es waren oder gar in welcher Farbe,

nachdem die Rakete verglüht und mich geblendet zurück gelassen hatte. Nur eines war mir dabei

klar, die Gegenwart dieses Schreibmädchens war die unermessliche Gunst, die mich ja erstmalig

im Leben eine Frau sehen und erleben ließ und deren Umkehrschluss, ich sah noch nie eine Frau.

Ich habe nicht die geringste Erinnerung an ihre Kleidung. Sie sprach mich zuerst auf englisch an:

„Sie sind Herr David?“ Mir war nicht klar, ob sie meinen Nachnamen nicht kannte oder sie jenen

absichtlich unerwähnt ließ, gar vergessen hatte. „Ja, das ist richtig. Und Sie sind Frau Fröhlich?“

„Sehr nett, dass Sie mir bei jenen Briefen helfen wollen.“ “Mit Vergnügen.“ “Bitte setzen Sie sich.“

Alltägliche Wörter, geeignet wie andere auch, um sich einander bekannt zu machen, Konventionen.

Diese Neonfische im Aquarium von Carl Larson flimmerten vor meinen Augen. Während sie umher

schossen, versuchte ich, meine Gedanken zu ordnen und sah ihnen genau zu, wie sie die Bahnen

in dem Aquarium zogen. Das waren Streckenschwimmer, keine Taucher, sie zogen die Bahnen wie

bunte Bänder und hielten mich bei Atem. Ihre Bewegungen steigerten jede Konzentration, dass ich

meinen Blick auf die Fische ausrichtete, das waren Zierfische in orange-neonblau-gelbgrün-knallrot.

„Womit wollen Sie anfangen, Frau Fröhlich? Zuerst die englischen Briefe? Könnte Ihnen Englisch

mehr Schwierigkeiten bereiten, dass wir damit beginnen?“ “Das ist mir völlig egal.“ Sie schlug ihre

Beine übereinander und legte den Block auf das Knie. Dazu lächelte sie, nicht zu mir, sondern wie

zu einem unsichtbaren Begleiter oder wie zu sich selbst. Sie deutete an, dass die Kommunikation,

die wir gerade führten, gänzlich uninteressant sei im Licht der anderen, die sie selbst herbei führen,

die außerhalb meiner Kontrolle stattfinden würde. „Ich bin ein Mann, Sie sind eine Frau, und beste

Voraussetzung für eine Übereinstimmung.“ Es schien ohne ihrer Selbstkontrolle abzulaufen. Wenn

es flirten war, dann so wenig wie bei Blumen oder Hummeln. Ich muss erwähnen, dass es derzeitig

für mich unklar war, wer die junge Frau war. Ich wusste noch nicht, dass es sich um Elisa handelte.

An dem Morgen brachte ich mein Erlebnis keineswegs mit mir, meinen Plänen, meinen Absichten,-

meiner Realität in Beziehung. Es war, als wenn ich auf einem Spaziergang einer Blume oder einem

Vogel begegnet wäre. Dieser Tag, an dem ich zum ersten Mal einen Pfau ein Rad aufschlagen sah.

Einzige Erlebnisse genügen sich selbst und löschen im Gedächtnis beiläufige Nebensächlichkeiten,

die einen von der Wahrnehmung des wirklichen Ereignisses ablenken würden. So treten sie zurück.

Es stimmt immer noch nicht im Ganzen. Jede Art der erfundenen Analogien treffen nicht den Kern.

Das Erlebnis, das einem Edelstein glich, war nicht anorganisch. Ich selbst begriff dies dabei zuletzt.

Ich diktierte jene Briefe leicht abwesend. Wenn sich Gedanken in Phantasien auch nicht woanders

als in dem Arbeitsraum bewegten, so stellte ich doch Außerirdisches bei Frau Fröhlich fest oder im

Sinn jener Person, die vor mir saß. Mir war dabei nicht klar, ob sie sich selbst dessen bewusst war.

In Stenographie hatte sie jedes Detail notiert, die für meine Geschäftsbriefe von Wichtigkeit waren.

Als ich ihr zum Abschluss die Tür aufhielt, sagte ich: “Besten Dank, Frau Fröhlich. Ich bin freitags

wieder hier. Dann können wir die Briefe nochmals durchsehen, wenn Sie nicht zu beschäftigt sind.“

Diesmal lächelte sie mich direkt an und erwiderte: „Ich werde nicht zu beschäftigt sein. Good bye.“

Es schien so, als spräche sie nicht von irgendwelchen Briefen. Es hörte sich an wie die Antwort im

Sinn des Vorangegangenen: „Ich habe Zeit zum Wiedersehen für denjenigen, der mich an-erkennt.“

Noch ziemlich verwirrt kehrte ich bei Carl Larson ein und folgte seiner Einladung zum guten Drink.

„Na, alles paletti?“ fragte er. „Sicher doch. Den Beweis haben wir, wenn die Briefe vor uns liegen.“

Ich stutzte, wie ich ihm meine Empfindungen nennen könnte. „Frau Fröhlich wirkt sehr anziehend.“

„Ja nett, nicht wahr?“ antwortete er. „Sie bringt sozusagen einiges Licht in unsere Räumlichkeiten.“

Himmel, er weiß nichts. Wie ist das möglich? Ich konnte es nur dabei belassen. Aber wo belassen?

„Möchten Sie einen Sherry oder Gin oder lieber etwas Scotch?“ “Einen Gin, wenn Sie mich fragen.“

Der Ausflug danach zum Meer nach Fünen war wunderschön bei sonnigem Wetter. Die Fähre dort

überquerte uns mit Leichtigkeit. Ich besichtigte den gotischen Dom, in dem „Knud“ begraben liegt,

direkt unter dem Altar, der Erbauer des mittelalterlichen Kunstwerkes zur Zeit reinen Formalismus.

Nächsten Tag machten wir mit Lotta und Jani ein Picknick in den Dünen bei frischer Meeres-Brise.

Während der ganzen Fahrt konnte ich unfreiwillige sowie ungenaue Erinnerungen an Frau Fröhlich

nicht beiseite schieben, ihr Anblick im Sessel, wie sie die Beine übereinander geschlagen hatte und

nach vorne gebeugt, dass ich nicht ihr Gesicht erkennen konnte, die vergessenen Titel zu Melodien.

Darin war ein Gefühl gegenwärtig, das sich kaum in Worte fassen ließ. Ich wäre hier nicht wirklich

da, vorhanden, wie ich mich im Auto erlebte. Ich konnte mich nicht einmal an ihr Gesicht erinnern.

Zugvögel merken das im Herbst. Bald kommt die Zeit der Rückkehr,- die Rückkehr zum Ursprung.

Freitagmorgen besuchte ich Herrn Larson zum zweiten Mal mit einer Flasche Bordeaux und Pernot.

Ich war gespannt auf die Briefe und noch vielmehr auf Frau Fröhlich. In einer großen Geschenktüte

trug ich die lustig verpackten Weinflaschen mit bunten Bändern, die sich um die Bäuche kringelten.

In London hätte man die Flaschen solide in der Tasche verstaut, in Kopenhagen wurde ohne Frage

ein Geschenk draus. Beladen wie ein Esel, denn ich hatte noch gleich fürs Wochenende eingekauft

und war drauf vorbereitet, dass wir im Büro zusammen frühstückten mit Brötchen, Butter und Käse

auf dänisch, betrat ich in den Raum. Natürlich war alles frisch geholt von mir, Brötchen noch warm.

Diese Geschenke sollten weder aufdringlich sein oder protzen noch eine Bescheidenheit heucheln

und am Sinn der Gastfreundschaft vorbeigehen, sondern meine bleibende Erinnerung hinterlassen.

Der gute Ruf der Engländer ist mehr als Höflichkeit, einer von ihnen wollte es hier geltend machen.

Ich dachte nicht ganz uneigennützig. Vielleicht gäbe es in Zukunft noch einmal Briefe zu schreiben.

Im Stillen hoffte ich es beinahe. Für Frau Fröhlich hatte ich ein filigranes Goldarmband ausgesucht.

Herr Larson begrüßte mich sehr erfreut und strahlte mit einer vertrauten Gemütlichkeit Wärme aus.

„Wie war Ihr Ausflug mit unseren Freunden?“ “Danke, herausragend, das lag nicht nur am Wetter.“

Als ich meine Geschenktüte auspackte, wehrte er stark ab. “Oh nein, das hätten Sie nicht tun sollen.

Der Bordeaux ist gut, das wissen Sie! Doch ob die Briefe so gut sind, das können Sie nicht wissen.“

Er überreichte mir eine Briefmappe. „Schön, hier sind sie. Die sind alle fertig geschrieben worden.“

Es kam zu unerwartet. Ich konnte mein Erschrecken nicht verstecken, plötzlich trat Angst auf, dass

ich sie nicht wiedersehen könnte. Wo sonst? Hätte ich dazu überhaupt eine Chance oder ein Recht?

Erst jetzt kam es mir in den Sinn, dass ich kein einziges Mal in Erwägung gezogen hatte, ich würde

die Briefe nicht persönlich von Frau Fröhlich überreicht bekommen, zu mindestens im Beisein von

Herrn Larson. War es nicht anerkennender, dass er sich als Chef dafür seine Zeit genommen hatte?

Als ich die Briefmappe von ihm entgegennahm, drückten wahre Enttäuschung und Verwirrung auf

mich herab wie eine schwere Wolkendecke. Herr Larson merkte es zwar, aber begriff nichts davon.

Geduldig wartete er, bis ich meine Sprache wiedergefunden hatte. „Das ist wirklich freundlich von

Ihnen, Herr Larson. Ich – äh -, meinen Sie nicht, dass ich auch Frau Fröhlich begrüßen sollte, denn

ich habe – äh,- auch ihr ein kleines Geschenk mitgebracht.“ “Sie sind zu nett. Soll ich es ihr geben?

Ich weiß nur nicht, ob sie heute morgen zu unserem zweiten Büro hinüber gegangen ist, wo sie ist?

Sie hatte heute morgen etwas vor, sagte man mir.“ Unglaublich, er weiß von nichts, durfte, konnte

es überhaupt wahr sein? Jetzt spürte ich Erleichterung. Wenn er so kurzsichtig ist, wird es leichter,

kann ich mich unbefangener vor ihm bewegen, jetzt wusste ich, dass ich sie wiedersehen musste in

jeder Hinsicht. Alles war mir egal, wenn man mich zum größten Narren Dänemarks gemacht hätte.

Das bewusst zu erkennen, half mir über die Befangenheit hinweg, und ich meinte zu Herrn Larson:

„Ich würde sie gern persönlich sprechen, nur mal kurz. Sie hat sich wirklich große Mühe gegeben.“

In dem Augenblick kam die Sekretärin von Herrn Larson, um Neues mitzuteilen, dass er sie fragte:

„Ach Christina, wissen Sie, ob Frau Fröhlich heute morgen hier ist oder in unserem anderen Büro?“

„Sie ist grade zurück gekommen, Herr Larson. Wollen Sie sie sprechen?“ “Ja, bitten Sie sie herein.“

Nachdem Herr Larson mich ermuntert hatte, die Briefe vorher anzusehen, öffnete ich diese Mappe.

sie waren viel besser als erwartet. Die deutschen Briefe waren absolut fehlerfrei. Zu den dänischen

Briefen kann ich nur sagen, dass sie mein unbeholfenes Dänisch im Abtippen selbst geändert hatte.

In der Tat hatte sie meine schlechteren Dänisch-Kenntnisse in sehr viel besseres Dänisch übersetzt.

Bei den englischen Briefen gab es wenige Fehler. Besonders nett schien mir die Verwechslung des

bridal-path/Brautpfad und bridle-path/Reitweg. Dies hätte auch eine englische Sekretärin geschafft.

Während ich ihre Briefe gerne unterschrieb und Herrn Larson versicherte, wie dankbar ich ihm sei,

trat Frau Fröhlich durch die Tür. Ich stand auf und fühlte mich sogleich verlegen, weil Herr Larson

natürlich sitzen blieb. Schon wollte er sprechen, als sie ihm zuvor kam. Mit einem aparten Lächeln

ging sie quer durch das Zimmer und reichte mir ihre Hand: „Guten Tag, Ihr Ausflug war gelungen,

hoffe ich. Sie wollten mit Ihren Freunden wegfahren?“ Ja, danke, ein wunderschönes Erlebnis.“

Ich atmete zarten Lotus-Duft. Als sie mir ihre Hand gab, berührte ihr Armband kurz meine Finger.

ELISAS ERSCHEINUNG

Jetzt sah ich, dass weder ihre Kleidung noch die Schuhe kostspieliger gewesen sein konnten als

der günstige Rock mit weißer Bluse. Sie sah wie eine Prinzessin darin aus, die Prinzessin, die mit

Rücksicht auf die Untertanen, deren Gastfreundschaft sie in Anspruch genommen hatte, ja, deren

Mittel sie nicht übersteigen wollte. Eine Prinzessin, die sich gern zum Volk zählte, wie wir es sind.

„Danke“, erwiderte ich. „Ja, war sehr schön.“ Ich hätte ihr gern viel mehr über den Ausflug erzählt.

„Ich wollte Ihnen für die Briefe danken. Sie sind ausgezeichnet verfasst, eine große Hilfe für mich.“

„Ach die, mit kurzem Fingerschnippen tat sie diese ab und erklärte die Sache für erledigt wie nicht

erwähnenswert. Prinzessinnen haben ihre Tugenden, sind nicht auf ein Lob bedacht wie Sterbliche.

Es wäre beinah schlechter Geschmack, es zu erwähnen, als hätten sie was mit Sterblichen zu tun.

„Sie müssen nun bald wieder zurück nach England?“ “Ja,- zu schade, am Montag, müssen trifft zu,

ich reise stets ungern aus Kopenhagen ab.“ “Haben Sie dort keine Freunde in England?“ Frechheit

war das nicht sondern reine Ironie, die einem Test glich. Würde ich ihn nicht gut bestehen, herrsche

für fünf Tage Regenwetter.“ “Doch, mein Herz lasse ich in Kopenhagen zurück, das wird so schwer,

dass ich mir teure Extrakosten für das Gepäck kaum leisten kann.“ “Dagegen können wir etwas tun

und dafür sorgen, dass Sie in Kopenhagen bleiben dürfen. Herr Larson ist ein so netter Arbeitgeber

und wird gewiss für Ihr Herz den richtigen Job finden.“ Während Herr Larson eine ausschweifende

Hymne an die Engländer kund tat, wie glücklich er sich schätze, the real gentlemen nahe zu wissen,

traf mich die nackte Wahrheit, dass ich ein Mann war, der unter Strom stand, seinen Zug jetzt nicht

zu verpassen. Gleich würde dies Mädchen den Raum verlassen. Wenn du nun nichts unternimmst,

ist es höchstwahrscheinlich, dass du sie nie wiedersiehst, dieser Gedanke erschien mir unerträglich.

Es gab rein gar nichts in meinem Leben, was ich mir heftiger wünschte, als sie bald wiederzusehen.

Wenn ich sie nicht wiedersähe, würde „graue Asche vom Himmel regnen“. Heute in Gram, morgen

bereits Trauer, in zwei Tagen nicht auszudenken, Weltuntergangsstimmung, was Vernichtung wäre.

Ich erlebte meine Gefühle als brennendes Inferno, rein animalisch betrachtet, war es tierische Lust.

Der eine Moment, in dem Instinkt, zwingende Treibjagd, unmittelbare, intensive Lust vorherrschen.

Doch die Anwesenheit von Herrn Larson wirkte beklemmend auf mich. Trotz seiner Freundlichkeit

schaffte ich es nicht, irgendetwas zu sagen. Plötzlich brachte ihm die Sekretärin die nette Nachricht,

dass Herr Admire auf ihn warte und ob sie ihn herein holen solle. Herr Larson kramte einige Akten,

die auf seinem Schreibtisch lagen, zusammen und verließ den Raum. „Sie entschuldigen mich bitte.

Ich kann Sie doch für ein paar Minuten allein lassen. Ein vertrauter Kunde darf nicht lange warten.“

Jetzt oder nie, dachte ich. Jetzt könnte ich es tun. Jetzt muss ich sie fragen, ob sie sich mit mir trifft.

Wenn ich sie einlade, wohin? Wann? Wie? Ich hatte darin keinerlei Übung, was Rendevous angeht.

Ich würde gern, Frau Fröhlich - “ Sie war kurz abgelenkt, weil sie Herrn Larson nachblickte, wie er

zur Tür hinaus eilte. Mit leicht überraschtem Gesichtsausdruck drehte sie sich um und wendete sich

mir wieder zu. Ich saß nun mit halber Pobacke auf einer Ecke des Schreibtisches von Herrn Larson,

während meine Worte nur so heraus schossen. „Würden Sie heute Abend mit mir essen gehen, falls

Sie nichts anderes vorhaben? Es wäre die sehr große Freude für mich, Sie dazu einladen zu dürfen,

ein Restaurant Ihrer Wahl.“ Ich sollte noch lernen, dass Elisa ihren eigenen Gesetzen folgte mit der

Antwort, die nicht damenhaft war, dafür bezaubernd. Sie lächelte nachsichtig, zog die Schultern im

Sinn des unterdrückten Lachens hoch und atmete aus: „Ist des ein feines, vornehmes Restaurant?“

Es war ein Wink und bedeutete „Ja!“ wie „Du bist ganz schön aufgeregt, mein Verehrer, ich auch!“

„Ein Restaurant Ihrer Wahl, mir ist es egal. Sagen Sie bitte, wo, welches Ihnen am liebsten wäre?“

„Ich kenne mich in Restaurants nicht aus.“ Als hätte sie Leute, die dies sonst übernähmen für sie.

Ich war einer. „Im Kopje,- nah vorm Kai.“ „Mit dem größten Vergnügen. Wie freundlich von Ihnen!“

„Soll ich Sie anrufen? Um welche Uhrzeit?“ Da kam blitzartig und sicher eine scharfe Entgegnung,

die mich genauso unvorbereitet traf. In der Sache, wusste sie, was sie wollte, um es durchzusetzen.

„Ach nein, ich komme lieber alleine. Ich treffe Sie im Restaurant um, – Moment bitte,- um acht Uhr!“

„Ist dies nicht zu spät?“ „Nein, dies ist okey. Ich freue mich darauf.“ „Ich auch, also dann im Kopje!“

Ich sage dem Oberkellner Bescheid, dass er Sie zum Tisch begleitet.“ Sie lächelte: „Hervorragend.“

Prächtig! Jenes lief besser, als ich erwarten konnte. Ich kam mir bei Herrn Larson wie ein König vor,

als er sich nochmals blicken ließ, um sich von mir zu verabschieden. Es war seine kleine Prinzessin,

mit der er mich gekrönt hatte. Er kannte sich in manchem aus, ohne sich darin ganz bewusst zu sein.

Erst als ich auf die Straße trat, bemerkte ich wieder meine Frühstücks-Tasche, die ich bei Jani leerte

zum Abendbrot für Lotte und ihn. Sie hatten nichts gekocht, freuten sich über diese Aufmerksamkeit

und nahmen es selbstverständlich, als ich vorgab, eine spontane Einladung mit Bekannten zu haben.

Es hätte nichts ausgemacht, wenn ich gesagt hätte, dass ich mit dem Mädchen, das mir meine Briefe

getippt hatte, zum Abendessen verabredet war. Wegen eines aber gläubigen Widerwillen ließ ich es.

Mein Treffen hätte Lotte und Jani geschmeichelt. Lotte war nicht zu neugierig, nun, doch lieber nicht.

Elisa

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