Читать книгу "WIE RIECHT DIE SÜNDE" - Jaroslawa Sommerfeldt - Страница 10

K ARMINA

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„Charlie! Charlie!“ Karmina rief laut den Namen ihres Hundes. Der war durch das nur leicht geöffnete Hoftor entwischt und schnell in den nahe gelegenen Wald gelaufen.

„Was ist bloß heute mit ihm los? Wartet nicht auf mich und läuft einfach weg!?“, sagte die junge Frau leise zu sich selbst und machte sich eilig auf den Weg, dem entlaufenen Hund hinterher.

Es war gerade Frühling, ihre liebste Jahreszeit. Der frühlinghafte Wald war einfach nur schön und bezaubernd. Genau deshalb ging sie hier oft mit Charlie spazieren. Während dieser Spaziergänge hatte sie im Wald zufällig eine große Lichtung entdeckt, dicht bewachsen mit weißen und hellblauen Blumen. Es war unmöglich, die Augen von dieser Schönheit abzuwenden. Wahrhaft ein Wunder der Natur.

In solchen einsamen Momenten setzte sich Karmina auf den Stamm eines umgestürzten Baumes und beobachtete einfach nur die Natur.

Hier im Wald brodelte das Leben. Sie lauschte dem Gesang der Vögel. Diesen wunderschönen, magischen Lauten, diesem Vogelgezwitscher könnte sie stundenlang zuhören.

Worüber unterhalten sich die Vögel untereinander? Stellen sie einander Fragen oder laden sie sich gegenseitig zu einem Besuch ein?

Oder streiten sie sich, so wie Menschen, machen Krach, erörtern die neuesten Waldabenteuer?

Ganz sicher, dieses Vogelgepfeife und Gezwitscher bedeutete etwas.

Was es auch immer war – diese Wald-Symphonie der Vögel war die beste Medizin für ihre zarte, verletzliche Seele. Auch ihr Liebling empfand große, unglaubliche Freude während dieser Spaziergänge.

Ja, aber ungeachtet dessen, wohin war Charlie verschwunden?

„Charlie! Charlie!“, rief Karmina erneut mit lauter Stimme, schaute sich um und ging tiefer in den Wald.

Nun, das ist nicht mehr lustig! Ich werde Charlie heute bestrafen müssen, damit er das nächste Mal nicht wieder eigenwillig handelt und davonläuft, wohin er will ...“, dachte Karmina wütend, ohne zu wissen, welchen Weg sie gehen sollte.

Plötzlich blieb sie stehen. Es schien ihr, als hätte sie das Bellen eines Hundes gehört. Eine Minute später war tatsächlich Charlies lautes Bellen zu hören.

Nun, endlich war der verloren geglaubte Vierbeiner wieder aufgetaucht!

Voller Freude bewegte sich Karmina auf die Lichtung, die zu ihren Lieblingsplätzen gehörte und von wo das Bellen eines Hundes zu hören war, zu.

Aber als sie sich diesem Ort noch weiter näherte, erstarrte sie plötzlich und konnte sich vor Angst nicht mehr bewegen.

Inmitten des Blumenfeldes lag regungslos ein junger Mann. Karmina betrachtete den Fremden mit einem abschätzenden Blick.

Er war ziemlich groß. Helle, weizenblonde Haare bedeckten fast vollständig seine hohe Stirn, sinnliche Lippen ...

Durch das dünne, weiße T-Shirt zeichnete sich seine sportliche, athletische Brust ab.

Die helle Hose war so eng geschnitten, dass sie die schöne Silhouette seines wohlgeformten und knackigen Gesäßes hervorhob.

Ihre Blicke klebten für eine Weile an diesem Ort. Man kennt das – da läufst du und läufst, und an einer völlig ebenen Stelle stößt du wie zufällig auf ein Steinchen. Genau so ist es in diesem Fall auch.

Ähm ... Nun, er ist schön, verdammt nochmal! Genau wie Dornröschen, nur männlich! Seine sinnlichen Lippen …, mit Vergnügen würde ich in diese Lippen versinken – in einem leidenschaftlichen, heißen Kuss .... Und was für ein Hinterteil!? Mamma Mia!!! Das wäre einfach nur wundervoll, es mit den Händen zu berühren oder es mit den Lippen zu streifen …“, träumte Karmina in Gedanken vor sich hin und konnte sich an diesem angenehmen und fesselnden Anblick nicht satt sehen.

Charlie versuchte gerade, den Unbekannten mit seinen Pfoten wachzurütteln, dabei bellte er immer noch sehr laut.

Wahrscheinlich waren gerade diese Klänge dafür verantwortlich, dass der junge Mann sich rührte und langsam die Augen öffnete.

Ja, natürlich, durch sein Erwachen zerstörte er das ganze Bild ihrer süßen Fantasie! Was für eine unerhörte Frechheit und Dreistigkeit seinerseits!

Warum schalten manche Männer ihr Gehirn nicht ein, bevor sie diesen oder jenen Schritt tun?

Wie immer denken sie nur an sich. Schließlich hat dieses männliche Schneewittchen mit seinem plötzlichen und unerwünschten Erwachen alles verdorben!

Sie fing doch gerade erst an, von etwas Schönem, Wunderschönem zu träumen! Träumte von sinnlichem Vergnügen, verdammt noch mal!

Aus Furcht griff Karmina nach einem dicken Ast, der vor ihren Füßen lag, und blickte sowohl angespannt als auch interessiert auf diesen Unbekannten.

Und wie könnte es auch anders sein! Man weiß ja nie, was einem fremden Mann so plötzlich in den Sinn kommt! Denn oft haben sie nur das Eine im Sinn. Sowie sie ein schönes Mädchen sehen, erwacht in ihnen der ungezügelte Wunsch, sich ihrer zu bemächtigen, sie zu erobern. Nein, nein, nicht das Herz erobern! Ein Mann will sie seinem Willen unterwerfen.

„Hilf mir, bitte, bitte …“, stöhnte der Unbekannte mit schwacher Stimme, als er die junge Frau erblickte.

„Wer bist du? Was tust du hier?“, schrie Karmina ihn an.

„Oh, bitte, hilf mir, mir geht es schlecht ...“

„Ja, ja, natürlich! Ich werde dir helfen, und dann schlägst du mir auf den Schädel und wirst mich dann auch noch vergewaltigen!“, antwortete Karmina verängstigt, ohne den Ast aus ihren Händen zu lassen, und wagte nicht, näher heranzutreten.

„Soweit ich weiß, haben bis heute viele Mädchen davon geträumt, dass ich sie vergewaltige. Jedenfalls haben sie mich selbst darum gebeten“, versuchte der Fremde zu scherzen. „Aber darum geht es nicht. Mir ist wirklich schlecht.“

„Und wie kann ich wissen, dass du die Wahrheit sagst? Außerdem, ich kenne dich doch überhaupt nicht!“

„Ja, du hast ja recht!“, antwortete er und versuchte etwas mit einer Hand aus seiner Hosentasche herauszuziehen.

„Was habe ich gesagt? Nicht bewegen, sonst ziehe ich dir mit dem Knüppel so eins über den Kopf, dass es sich sehen lassen kann! Und übrigens, ich versetze dir nicht nur einen Schlag auf den Kopf, sondern auch einen Tritt in deinen sogenannten „heiligen Ort“, in dein „bestes Stück“!“ Karmina warf einen zornigen, aufgebrachten Blick unter seine Gürtellinie und ging sicherheitshalber ein paar Schritte zurück.

„Welchen heiligen Ort?“

„Wo hast du gerade deine rechte Hand?“

„Ich habe sie in den Jeans.“

„Siehst du, ich wusste es!“

„Oh, mein Gott! Ich will dir meine Papiere zeigen, nicht mehr und nicht weniger! Was hast du denn geglaubt? Dass ich etwas anderes aus der Hose hole?“

„Quatsch … Gar nichts hab ich gedacht …“

„Hier, bitte, schau sie dir an. Das wollte ich dir zeigen“, stöhnte er und hielt ihr tatsächlich einige Papiere hin.

Karmina jedoch blieb an der gleichen Stelle und wagte nicht, näher an den Fremden heranzugehen. Sie ist doch nicht verrückt, nicht wahr!?

Der junge Mann erkannte die Ausweglosigkeit dieser Situation und warf seine Dokumente einige Meter vor sich auf den Boden.

Mit Hilfe eines Stockes zog sie die Papiere näher an sich heran, in ihrem Wankelmut warf sie einen Blick auf die Papiere.

Es handelte sich um seinen Führerschein. Sie entfaltete noch ein weiteres Schriftstück: Kristofer ... Sanatorium „Perle“ ...

Der Name des Sanatoriums war ihr gut bekannt.

„Das hat überhaupt nichts zu bedeuten. Wie bist du hierhergekommen?“, fragte Karmina, immer noch misstrauisch.

„Ganz einfach. Ich ging durch diesen wunderbaren Frühlingswald. Und ich weiß selbst nicht, wie ich es geschafft habe, mir den Knöchel zu verstauchen. Über irgendetwas bin ich gestolpert und so hingeflogen, dass mir ein wenig schlecht wurde. Dein Hund hat mich gerettet, ich danke ihm dafür. Bitte hilf mir, bis zu meinem Sanatorium zu hinken. Das ist alles, worum ich dich bitte“, flehte der Fremde.

„Das hat mir gerade noch gefehlt ...“, murmelte sie so vor sich hin.

Karmina stand noch einige Zeit unentschlossen da und wusste nicht so recht, was sie tun sollte. Schließlich konnte sie ihn doch nicht einfach hier lassen, hier im Wald, ganz allein. Das wäre einfach nicht menschlich, eines Menschen unwürdig.

„Okay, ich werde dir helfen. Aber deine Papiere bleiben erst mal bei mir“, stellte sie ihr Ultimatum, während sie immer noch ungläubig auf den Verunglückten sah.

„Ja, ja, nur bitte – hilf mir …“, stimmte er erfreut zu.

Karmina näherte sich dem jungen Mann und streckte ihm den trockenen Ast entgegen.

„Stütz dich auf meine Schulter und wir werden versuchen, irgendwie hier wegzukommen“, riet sie ihm, denn sie bemerkte, dass er wirklich ein Problem hatte.

„Ich danke dir!“, sagte der junge Mann dankbar.

„Keine Ursache! Gern geschehen!“, erwiderte sie, ein wenig ruhiger.

Als sie glücklich und wohlbehalten aus dem Wald herausgefunden hatten, atmete sie erleichtert auf. Ein Glück, dass sein Sanatorium nicht allzu weit von diesem Ort entfernt war. Knapp die Hälfte war geschafft, doch sie gelangten noch bis zur „Perle“.

„Okay, wir sind angekommen, da nimm“, sprach Karmina und gab dem Unbekannten seine Papiere zurück.

„Wie darf ich dich nennen, grünäugige Retterin?“

„Das spielt doch keine Rolle!“, antwortete Karmina im Weggehen und winkte zum Abschied mit der Hand.

„Deine Haare riechen nach Frühling, sie tragen den Duft der Blumen“, rief er laut seiner Retterin hinterher.

Für einen Moment verlangsamte Karmina ihr Tempo. Anmutig blickte sie zurück, zwinkerte dem jungen Mann kokett, fröhlich zu und schenkte ihm ein charmantes, bezauberndes Lächeln.

Was soll’s, soll er ihren Edelmut ruhig bewundern!

Und er ist sogar sehr nett und sympathisch! Es ist doch keine Sünde, sich in so einen gut aussehenden Mann zu verlieben! Sagte er nicht, dass viele Mädchen davon träumen würden, dass er sie vergewaltigt? Hm ... ziemlich interessanter Gedanke! Und was bedeutet das? Wahrscheinlich ist er im Bett ein echter Tiger ...“, dachte Karmina, und im gleichen Moment spürte sie unterhalb ihres Bauchnabels verdächtige Anzeichen.

Was auch immer es war, sie versuchte, diese unerwünschten Einflüsse und die anderen Nebenwirkungen loszuwerden, die direkt mit ihren entzückenden, reizenden Gedanken verbunden waren.

Übrigens, nur auf den Beipackzetteln von Medikamenten empfiehlt man, vor der weiteren Einnahme des Präparates einen Arzt zu konsultieren, sobald unerwünschte Symptome auftreten.

Und wen sollte sie denn auch um Hilfe bitten, wenn diese unerwünschten Nebenwirkungen auftraten, die, so schien es, durch eine leichte sexuelle Erregung hervorgerufen wurden?

Und auch noch zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt!

Ja, ja, wieder diese Frage und wieder keine Antwort. Wie immer.



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