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Vor tausenden von Jahren hatte der ganze Berg den Zwergen gehört. Sie waren vom Drachen Yrchthax daraus vertrieben worden. Die meisten Zwerge kamen beim Drachenangriff ums Leben. Die übrigen fristeten Jahrhunderte ihr Leben als fahrendes Volk und sangen abends am Lagerfeuer schwermütige Lieder, in denen sie ihre verlorene Heimat (bzw. das verlorene Gold, was aber für Zwerge weitgehend dasselbe ist) beklagten und finstre Rache schworen. Mithilfe der Langfingergnome von Kleptabad gelang es einer kleinen Zwergenschar unter Führung von Deppel Rammstein den Drachen zu vertreiben, der daraufhin aus Wut die umliegenden Landstriche verwüstete, bevor er übers Meer davonflog und an der Skelettküste ein Schreckensregime errichtete, was die Zwerge aber nicht weiter kümmerte, die einfach bloß froh waren, ihren Berg und das darin gespeicherte Gold wiederzuhaben. Leider mussten sie recht bald feststellen, dass der Drache auf ihren Schätzen so tief und fest geschlafen hatte, dass sich direkt unter seinen glosenden Nüstern allerhand Gelichter und Geschranz im Berg eingenistet hatte. Zwar gelang es ihnen, die oberen Ebenen wieder in ihre Hand zu bekommen, die Tiefgeschosse aber und vor allem die Minen waren einfach zu verpestet von Geistern, Dämonen, Halunken, Elfen, Kobolden, Irrwischen und bunt zusammengewürfeltem Abschaum aus aller Herren Länder und Dimensionen, die sich dort im Lauf der letzten Jahrhunderte, angelockt von der Aussicht auf ein ungestörtes Leben voll Boshaftigkeit und Herumgelupe, festgewanzt hatten. Die Wirbelsturmtreppe war nur eine von zahllosen Verschanzungen, Mauern, Hindernissen, Bollwerken und Fallen, die diese heillose zerstrittene, aber im Wunsch nach einem sicheren Rückzugsort geeinte Gemeinde von Tunichtguten und ehrlosen Hausbesetzern errichtet hatte, während der Drache schnarchte und von noch größeren Reichtümern träumte. Wie sich später herausstellte, hatte Yrchthax bei den Gelichterhorden nur „die fette Echse“ gehießen. Die zahllosen Spottlieder, die von der Dankbarkeit gegenüber der „fetten Echse“ handelten, dank derer sich die „alten Zauselbärte“ (so das Gelichter über die Zwerge) nicht in diesen schönen warmen und trockenen Berg zurücktrauten, waren noch heute dank der Ströme von Banditen und Monstren, die zwischen Berg und dem Rest der Welt hin- und hermigrierten, weit verbreitet, was die Zwerge natürlich noch saurer machte. Die Besetzer waren ein Problem für die Zwerge. Nicht nur, weil einfach niemand gern in schlechter Nachbarschaft wohnt, die stinkt, schwarzer Magie frönt, und so viel Müll anhäuft, dass ständig Getier in die eigene Wohnung kriecht. Vor allem war irgendwo dort unten in den alten Minenschächten das Kronjuwel der Zwerge verborgen. Man musste sogar befürchten, dass diese Gemme, genannt „das Echtjuwel“, inzwischen schon in die Klauen der schwarzen Wesen gelangt war, die noch über die alten Zwergenstollen hinaus gegraben hatten und tief im Herzen der Welt flüsternd und sabbernd in der Schwärze hockten und die Götter mochten wissen welche Pläne im Zusammenhang mit dem zaubermächtigen Echtjuwel und den Schrecken der alten Welt schmiedeten, die dort unten im Unschlaf ihr Unleben fristeten. Solche Schreckensphantasien jedenfalls quälten die Zwergenadministratoren, die Tag und Nacht Gräben rund um ihre juwelenverkrusteten Schreibtische liefen. Da man aber nicht noch mehr kostbare Zwergenleben bei dem Versuch aufs Spiel setzen wollte, das Echtjuwel zu bergen – Zwergenfrauen gab es nur wenige, und selten konnten sie einen männlichen Zwerg so gut leiden, dass es zur Zeugung kam, was mich nach meiner Begegnung mit dem Administrator bei der Vertragsunterzeichnung ehrlich gesagt auch nicht wunderte – setzte man seit Jahrzehnten nur noch auf Söldner. Ich war einer davon, wie Sie sich sicher schon gedacht haben. „In den Berg gehen“ oder „das Echtjuwel suchen“ war an der Akademie allerdings geradezu ein stehender Begriff für „etwas absolut Vergebliches in Angriff nehmen“. Es hatten einfach noch nie jemand nennenswerte Erfolge auf der Jagd nach dem Echtjuwel erzielt. Genau gesagt waren alle gestorben, die es versucht hatten. Noch genauer gesagt war ihr Schicksal völlig unklar, weil sie einfach nie zurück gekommen waren. Eine nicht unerhebliche Rolle dabei spielte die teuflische Selbstverteidigungskunst des Hausbesetzergelichters im Berg: das tote Zen.

Totes Zen

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