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2. Des ischd jedzd wohl nedd wahr!

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Dabby erkundet ihre nähere Umgebung. Sie betritt den Seitenflügel und erreicht den ersten Stock. Dort stößt sie auf eine sperrangelweit geöffnete Wohnungstür, die ihre Neugierde weckt. Sie betritt die fremde Wohnung. Deren Küche gleicht mehr einer Müllhalde und weniger einer menschenwürdigen Behausung. Hier gibt es kaum Mobiliar, dafür einen Berg überquellender Mülltüten und ein Arsenal leerer Bierflaschen.

Von der Küche aus gelangt sie ins Wohnzimmer, dessen Tür einen Spalt breit geöffnet ist. Drinnen stößt sie auf Hausmeister-Klaus. Ausstaffiert mit nur einer Unterhose Marke „Liebestöter“, woraus sein Bauch hervorquillt, hat er auf dem Fenstersims Platz genommen. Seine Beine baumeln herab und ein gefüllter Bierkasten steht griffbereit neben seiner funktionstüchtigen Schrotflinte, die an der Wand lehnt. Hausmeister-Klaus ist Mitte vierzig und macht einen verlebten Eindruck. Dabby ist wie gelähmt. Für einen geordneten Rückzug ist es bereits zu spät, denn Hausmeister-Klaus hat sie entdeckt und geht auf sie zu.

„Kieka da, unsere Neue. Oma Schulzen hat mir schon von dir erzählt. Seist janz okay und aus anständijem Hause. Im Übrijen hätten wir wohl einen juten Fang jemacht.“

Langsam löst sich Dabbys Anspannung. Plötzlich hat Hausmeister-Klaus etwas entdeckt. Er greift zur Flinte und ballert drauf los, wobei er sich verdächtig weit aus dem Fenster lehnt. Es fliegen zwei Mülltüten draußen am Fenster vorbei.

„Betreibe hier grad so ne Art Frühspoat“.

Er versucht Dabby sein absonderliches Verhalten zu erklären.

„Knall die Tauben vom Dach harunter. Denn die vermearen sich wie der Deifel. Scheissen hier alles voll. Mein Bier hab ick imma dabei. Is sozusajen mein Zielwasser. Ansonsten bin ick een janz normaler Mensch. Sozusajen een Stadtkoantsche…“

Nach einer Weile fährt er fort.

„Ick arbeite hier als Hausmeister, wo ick mir och mal ordentlich einen ballern tue.“

„Du meinschd wohl einen agsoffa!“ reagiert Dabby.

„Na, dufte! Globe wir sprechen eene Sprache.“

Für einen kurzen Moment hält er inne.

„Ordentlich die Birne voll jeknallt. Ick sag immer Alkohol ist die beste Medizin. Nur Oma Schulzen kriegt det immer gleich mit. Ick weess zwar nicht wie, abar uffpassen tut se wie een Schiesshund.

Dat de mir bloss nicht verpfeifen tust. Hörst du!“ bedrängt er sie.

„Ehrensache, will doch koie Ärger!“ antwortet Dabby selbstbewusst.

„Manchmal glob ick, dette mit der Hüfte is alles Schwindel und in Wirklichkeit lauert se hinter jeder Tür. Mir macht se dann imma Vorhaltunjen, wenn ick zu ville jebechert hab. Ansonsten is se wie ne Olle zu mir. Und da ick nie eene besessen hab, versprech ick iar imma, mir zu bessern.“

Hausmeister-Klaus lässt einen gekonnten Rülpser vom Stapel und leert seine Bierflasche in einem Schluck. Danach angelt er sich die Nächste. Vorsichtig schließt er das Fenster und begibt sich Richtung Tür. Damit ist ihr jede Fluchtmöglichkeit verbaut. Spätestens jetzt erkennt Dabby den Ernst der Lage. Sie versucht zu fliehen, als er ihr nachstellt. Es kommt zum Katz und Maus Spiel, wobei die umstürzenden Bierflaschen einen Höllenlärm verursachen. Hausmeister-Klaus hält inne, ebenso Dabby.

„So, meen Enjel. Kommen wa zum jemütlichen Teil.“ „Des ischd jedzd wohl nedd wahr!“ empört sich Dabby. „Doch, doch, mach keene Zicken und lass dir anbuffen. So 'ne eenmalije Jelejenheit wollen wa doch nich verstreichen lassen, wa? Wir zwee Hübschen!“ versucht Hausmeister-Klaus sie zu ködern.

Bei diesen Worten quillt sein Bauch abermals deutlich hervor. Als er dies bemerkt, stellt er ihn bewusst zur Schau. Bei diesem Anblick wird Dabby speiübel und sie gerät ins Taumeln. Hausmeister-Klaus nutzt die Gunst der Stunde, er nähert sich ihr und wird sogleich zudringlich. Verzweifelt leistet sie Gegenwehr. In die Enge getrieben muss ihre Bluse dran glauben, ehe sie plötzlich oben ohne dasteht, was ihn in Hochstimmung versetzt.

Panikartig flüchtet sie ins Bad, gefolgt von Hausmeister-Klaus. Es gelingt ihr, sich dort einzuschliessen. Keine fünf Minuten später hält Hausmeister-Klaus seine Werkzeugtasche in Händen und in drei weiteren Minuten hat er die Badezimmer-Tür geöffnet. Geräusche eines stattfindenden Handgemenges dringen nach aussen. Kurz darauf gibt es einen dumpfen Aufprall und im Nu herrscht Totenstille. Dabby kommt aus dem Bad gestürzt und hält sich die Hand vor den Mund. Sie ist stumm vor Entsetzen und von auffälliger Blässe. Irritiert sucht sie nach ihrer am Boden liegenden Bluse. Als sie diese findet, verlässt sie Hals über Kopf die Wohnung.

Berliner Mauerblume 2015

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