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5. Pick Business!

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Die grelle Lichtreklame erhellt die Aussenfassade des Cafés im Minutentakt. Ihr Lichtschein erfasst zeitgleich ein auf der gegenüber liegenden Strassenseite geparktes Fahrzeug, ehe die Szenerie wieder ins nächtliche Dunkel eintaucht.

Im Inneren des Szene-Cafés blättert der Putz von den Wänden. Einzelne Mauersteine treten hervor oder sie fehlen ganz. Der Bartresen fügt sich mühelos in dies urbane Ambiente. Auf den gläsernen Regalen stehen etliche Flaschen und leere Gläser. Die indirekte Beleuchtung erhellt Tresen, Barhocker, Tische und Stühle. Dieter, Bruno und Moni sitzen auf Barhockern. Gegen die Frontscheibe, deren Jalousie heruntergelassen ist, prasselt unaufhörlich der Regen.

Moni ist Mitte bis Ende 20, blond und blauäugig und von schlanker Gestalt. Sie trägt kurzes Haar, dazu übertrieben große Ohrringe. Moni ist einen Kopf größer als ihr Freund Bruno. Bruno hat dunkelblondes Haar mit hellen Haarsträhnen und Minipli. Er ist solariumsgebräunt, hat auffallend viele Gesichtsfalten und ist Ende vierzig. An beiden Handgelenken hat er zahlreiche Ringe und Goldketten. Dazu trägt er eine Rolex. Auf der Brust, am Hals und den Armen hat er mehrere Tätowierungen, die als Hingucker von seinem verlebten Äusseren ablenken sollen. Bruno sitzt auf seinem Stammplatz. Pete, der Barmann, greift zum Cocktailshaker und schaut herüber.

„Wie immer?“ will Pete wissen.

„Keene Fraje!“ bejaht Bruno.

Pete beginnt mit dem Mixen der Cocktails.

„Uff Pete kannst de dir verlassen“, gibt Bruno Dieter zu verstehen, „verschwiejen wie 'n Grab. Zuhälter, Dealer, Tippelschicksen, Transen, alle sind jern jesehene Jäste.“

Pete serviert die fertigen Cocktails. Bruno zieht ein Geldbündel aus der Tasche und sucht darin einen Fünfziger. Pete öffnet die Wechselgeld-Kasse.

„Lass jut sein, Pete. Die eine Pfote wäscht die andare“, gibt ihm Bruno zu verstehen.

Pete nickt wohlwollend und schaut Bruno bedeutungsvoll an. Als Bruno zu verstehen beginnt, dreht Pete seinen Kopf auffällig in Richtung eines Gastes am anderen Tresen-Ende. Bruno wird bereits von Carlo erwartet. Beide tauschen Blicke aus.

„Cheers! Zum Wohl!“

Bruno erhebt sein Glas. Moni und Dieter prosten Bruno zu. Bruno nippt an seinem Glas und steckt das Geldbündel demonstrativ wieder ein.

„Pick Business!“ entschuldigt Bruno sein Fortgehen.

Bruno geht zum anderen Ende der Bar. Eine kurze Begrüßung, ehe er und Carlo im Hinterzimmer verschwinden. Zurück bleiben Moni und Dieter. Pete bedient seine Gäste. Unter ihnen sind der Winkeladvokat Dr. Plüschel und Dabby, die sich angeregt mit Gerda und Marlen unterhält.

„Is nur eene kurze Husche“, glaubt Moni zu wissen.

Ihr Blick streift die Frontscheibe, wogegen der Regen prasselt.

„Überleg dir's, Keule!“ ermuntert sie Dieter.

„De meinst, ob icke gross bei Bruno einsteijen will?“ entgegnet Dieter.

„Genau! Coole Drinks, fette Kohle. Wat jibt's da zu überlejen?“ ereifert sich Moni.

Dieter hat sich bereits festgelegt.

„Und ich sage verdammt nochmal nein.“

„Die Sache ist mir ne Spur zu groß. Bruno is ein cooler Typ. Aber nicht meine Baustelle. Hab so’n verdammt ungutes Gefühl.“

„Bruno hält viel von dir. Könnte jemanden wie dir jebrauchen, Keule.“

So schnell wirft Moni nicht die Flinte ins Korn.

„Beste Konditionen! Wenn de verstehst, wat ick meene.“

„Weiß euer Vertrauen zu schätzen, nur es bleibt dabei.“

Dieter bezieht einen klaren Standpunkt.

„Überleg dir's, Keule.“

Ein Transgender unterbricht ihre Unterhaltung. In seiner Hand hält er ein Eis am Stiel.

Dabby fällt mit der Tür ins Haus.

„Na, Ihr Hübschen! Wer mag zuerschd an moiem Eis schleggen? Und no woanders!“ Dabby zeigt sich amüsiert.

Irritiert über Dabbys Direktheit schauen sich beide an.

„Was sehe moie ermüdede Augen. Die Turdeldaube sind ohne Moiung.“

Damit setzt Dabby noch eins drauf.

„Nun guad, noh endscheide ich. Du bekommschd des Eis und ich de Casanova hier. Irgendwelche Oiwende?“

Inzwischen hat es aufgehört zu regnen. Dabby schlendert mit Dieter über das feuchte Straßenpflaster. Sie harkt sich bei ihm ein, der nicht recht weiß, wie ihm geschieht. Dabby hat erreicht, was sie wollte und ist mächtig stolz auf ihre Eroberung, ehe sie mit ihm auf Tuchfühlung geht.

„Nich doch! Die Brechschdog kannschd Du schdegge lassen.“

Sie kommentiert Dieters Reaktion. Dieter wird augenblicklich knallrot.

„Noi, schau oier gugg.“

Aufmerksam registriert Dabby Dieters Verhalten.

„Puaderrod unser Kloier. Noch ganz die Unschuld vom Lande! Na, was soll's. Des erschde Mal duad's nich weh. Heisse übrigens Daily Labeling. Darfschd ruhig Dabby z mir sagen. Und du?“

„Dieter Hänsel!“

„Diiieter, was für oi hübscher Name. Na, wenn der nedd bi ischd, heisse ich Karl-Ludwig.

„Noi, diase vornehme Blässe. Solldeschd ebbes Rouge aufdrage bei Doiem Toid. Ebbes Wimberndusche und ferdig is der Laden. Koie Bog, des kriege wir. Kriege wir alles!“

Bruno und Moni sind auf dem Nachhauseweg. Moni trägt drei Schirme, einer davon ist Dieters.

„Tut mir leid, mein Enjel. Hat wat länjer jedauert. Pick Business!“

Bruno schuldet Moni eine Erklärung.

„Und du! Hat er anjebissen?“

„Iwo, De kennst ihn. Ein verdammter Krümelkacker! Nur seine Gewitterflinte hat er hier jelassen. Hat sich von `ner Transi-Braut abschleppen lassen.“

„Du meenst Dabby?“

Bruno weiss auf Anhieb von wem hier die Rede ist.

„Denk icke juck' nich richtig!“.

„De die hat's voll drauf. Lässt einfach nich locker. Echt jeile Braut. Absolut in!“

Bruno versucht Monis Horizont zu erweitern.

„Da sieh! Noch `nen Transi. Etwa uff Kundensuche?“

Moni fängt an, die Zusammenhänge zu begreifen.

Bruno gibt den Mann von Welt

„Und ob! Die möjens brühwarm. Oben weiblich, unten männlich, äussererlich uff Butze jetrimmt!“

„Holla, der Herr kennt sich aus.“ Moni klingt überrascht.

Berliner Mauerblume 2015

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