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Paris und der Norden des französischen Königreichs

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Seit dem 13. Jahrhundert ist ein direkter Handel zwischen dem deutschen und dem Pariser Raum nachweisbar. Es ist nicht völlig auszuschließen, dass zwei Pariser Messen (Lendit, Saint-Germain) sich in einen Zyklus integrieren konnten, der die Messen der Champagne und die flämischen Messen einschloss97.

Im 14. Jahrhundert nahm Metz, das französischsprachig, aber freie Reichsstadt war, eine Mittlerrolle in diesen Beziehungen ein; nach dem Niedergang der Champagne-Messen sollten die Metzer Händler tatsächlich ihre Einkäufe in Paris tätigen. Die Beziehungen mit Paris wurden in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts intensiver. Der Metzer Bankier Hennequin aus Tournai zahlte 1366 die Schulden, die Herzog Robert von Bar bei dem Pariser Kaufmann Perrin du Pont gemacht hatte. Der Pariser Markt lieferte den Metzern Luxusobjekte; Pierre aus Tournai kaufte hier um 1394 im Auftrag des Herzogs von Bar Silbergeschirr. Paris verfügte tatsächlich, auch wenn es abseits der großen europäischen Handelsrouten gelegen war, über eine starke wirtschaftliche Anziehungskraft, die die Messen von Saint-Denis und Lendit umfasste und auf ganz Nordfrankreich ausstrahlte. Der Pariser Wirtschaftsraum war um 1400 vor allem einer der reichsten Verbrauchermärkte, der die größte „Konzentration“ von Fürsten im Westen aufwies: also eine ausgewählte Klientel für die Luxusprodukte, die von den Hansekaufleuten und anderen Deutschen verkauft wurden.

Die Gesamtchronologie dieser Kontakte kann rasch nachgezeichnet werden. Es gibt für die drei ersten Viertel des 14. Jahrhunderts nur wenige Hinweise auf Wirtschaftskontakte zwischen dem deutschen Raum und Paris. Dennoch verkauften deutsche Kaufleute seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts den Münzmeistern des französischen Königs regelmäßig Gold.

Um 1370 zeichnet sich ein wirtschaftlicher Aufschwung ab und das ausgehende 14. Jahrhundert erscheint als Blütezeit in den Wirtschaftsbeziehungen zwischen dem deutschen Raum und Paris. 1372 verbot eine königliche Anordnung den Kistenmachern die Benutzung von Weißblech aus Deutschland – es stammte ursprünglich aus der Oberpfalz – aufgrund der schlechten Qualität; dieselbe Anordnung schrieb die Benutzung ungarischen Leders vor, dessen Import die Angelegenheit von Händlern aus Regensburg gewesen sein dürfte, die 1367 in Paris mit einer einzelnen Nennung belegt sind.

Man muss sich vorstellen, dass zwischen 1370 und 1410 eine große Masse mehr oder weniger stark verarbeiteten deutschen Metalls auf die französischen Märkte getragen wurde. Das war sicherlich eine ökonomische Novität, aber die Techniken zur Metallverarbeitung hatten bei den Deutschen jedenfalls noch nicht das technische Niveau ihrer Konkurrenten aus Südeuropa erreicht. Die bearbeiteten Rohstoffe, die aus dem Süden kamen, das Gold aus Zypern, der Stahl und das Leder aus Spanien, wurden in der Tat in den Berufsordnungen von Metz bis Amiens und in anderen Quellen als qualitativ hochwertiger eingeschätzt als die deutschen Produkte. Die deutschen Rohstoffe durften daher bei ihrer Verarbeitung nicht mit Mittelmeerprodukten vermischt werden, und die fertigen Produkte durften nicht als mediterranen Ursprungs deklariert werden. Ihr Preis war allerdings niedriger und sie verkauften sich daher zweifellos leichter. Die Nürnberger Kettenhemden scheinen so recht großen Gefallen gefunden zu haben; 1407 verbot man zwar noch, sie unter der Bezeichnung „Lombardei“ zu verkaufen, aber sie scheinen sich danach doch unter diesem Label durchgesetzt zu haben. Die aus Deutschland stammenden oder in deutscher Weise gefertigten Trinkbecher, hölzerne „crusequins d’Allemaigne“, deren Fuß und Deckel von kostbarem Metall bedeckt waren oder die auch völlig aus Metall gearbeitet waren, wurden sehr geschätzt. Die deutschen Pelze waren ebenfalls sehr in Mode: 1389 verkaufte ein Pariser Gerber deutsche Eichhörnchenpelze („escureulx d’Allemaigne“) an den Hof; für 1396, 1397 und 1403 sind Pelze aus Preußen in den höfischen Kreisen belegt. Was die deutschen Stoffe angeht (aus der Region Konstanz), präzisiert eine Verordnung von 1407 die Art und Weise, in der gefärbte, aus Deutschland kommende Barchent- und Leinenstoffe in Paris verkauft werden mussten. Kurz vor 1400 sind in Zusammenhang mit Isabeau von Bayern Samthüte „in neuer Art aus Deutschland“ belegt, offensichtlich sehr große Hüte. Die Inventarliste Herzog Johanns von Berry verzeichnet mit den „flocars à atourner dames à la manière d’Allemaigne“ weitere Accessoires für die Damenwelt.

Finanzaktivitäten kamen zu den Handelsaktivitäten hinzu. Anlässlich der Gegenwart des Herzogs von Bayern, Ludwigs des Bärtigen, in Paris wird deutlich, dass verschiedene deutsche Geschäftsleute entsprechende Gepflogenheiten in der Hauptstadt des Königreichs geteilt zu haben scheinen98. Die Quellen zeigen uns jedenfalls, dass der Herzog ab 1399 und bis Ende des folgenden Jahrzehnts eine recht große Zahl von Zahlungsanweisungen zugunsten von bayerischen und oberdeutschen Händlern etwa aus Augsburg und Dinkelsbühl – Hoflieferanten und Geldverleiher – auf seine Pariser Einkünfte und auf die Amtsträger seiner Schwester ausgestellt hat.

Das breite Spektrum von Kaufleuten, die somit die Pariser Wechsel akzeptierten, scheint auf ein weites Netzwerk von Wirtschaftskontakten zwischen Bayern oder Oberdeutschland und Paris hinzuweisen. Man weiß auf jeden Fall, dass mehrere Kaufleute, die solche Wechsel erhalten haben, persönlich in Paris waren, um sie entgegenzunehmen. Einige unter ihnen sind mehrmals als anwesend bezeugt.

Nach dieser ersten Blütezeit der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Paris und Deutschland scheint die zweite große Phase des Hundertjährigen Krieges zwischen 1410 und 1450 die Anziehungskraft des Pariser Marktes geschwächt zu haben. Sie lebte jedoch nach 1450 wieder auf.

Für die Mitte des 15. Jahrhunderts ist eine neue Hutmode aus Deutschland in Frankreich belegt; es handelt sich um „graue Hüte“ für Männer aus verschiedenen Materialien. 1480 schließlich werden Kappen aus Deutschland aus schwarzem oder rotem Samt erwähnt, einem kostspieligen Material, viel teurer als einfache Wolle. Gleichzeitig scheinen die deutschen Kettenhemden ein großes Prestige erworben zu haben: 1440 werden „Haubergeons“ aus Nürnberg unter den Geschenken König Friedrichs III. für den Herzog von Burgund erwähnt; 1450 tauchen deutsche „Jaserans“ in den Papieren von Jacques Coeur in Bourges auf. 1473 bestellt Karl der Kühne in Nürnberg ein „gorgerin très fin“, ein sehr feines Halsstück am Harnisch zum Schutz des Halses. 1488 ist in Tours ein „fauldes de fine maille de Neuzenberg“ belegt, das heißt ein Kettenhemdschutz für den unteren Körperteil. In den letzten Jahren des Mittelalters war bekannt, dass die „Kappen aus feinen Maschen aus Deutschland“ für die Reiter in Paris hergestellt wurden: Man importierte wahrscheinlich die Wirkware aus Deutschland und verarbeitete sie vor Ort zu derartigem Kopfschutz weiter. Allgemeiner gesagt fanden die Produkte der deutschen Metallindustrie einen ihrer Absatzmärkte in Frankreich.

Wenn man nun den Anteil genauer bestimmen will, den die verschiedenen deutschen Städte an den Wirtschaftsbeziehungen zwischen dem deutschen und dem Pariser Raum hatten, steht fest, dass Köln eine klare Vormachtstellung behauptete, auch wenn andere deutsche Städte, vor allem Lübeck oder Nürnberg, eine nicht zu unterschätzende Rolle spielten99. Der erste Nachweis direkter Geschäftskontakte datiert schon von 1216, als das Kölner Domkapitel aufgrund finanzieller Nöte liturgische Gerätschaften an das Pariser Domkapitel verkaufte. 1218 übertrug Erzbischof Engelbert einem Gesandten die Aufgabe, für ihn in Paris einen Kredit über 850 Mark bei einem römischen Bankier zu erlangen. Ende des 13. Jahrhunderts wird die Anwesenheit von Kölnern deutlicher fassbar; 1260 ist ein „Godedroi de Couloigne“ in Paris als Vertreter der Gürtelmacherzunft belegt; die Serie von Steuerregistern an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert zeigt, dass in Paris eine Reihe von recht wichtigen Handwerkern als „deutsch“, „aus Deutschland“ oder „aus Köln“ bezeichnet wurden. An der Wende zum 14. Jahrhundert ist ein „Jaquetus de Colonia“ im Dienst des Königs von Frankreich belegt. 1323 wurden die Kölner von einem Verbot, Wolle vom Pariser Raum nach Flandern zu exportieren, getroffen; das bedeutet, dass es nicht nur einen direkten Handel zwischen Paris und Köln gab, sondern dass Kölner Kaufleute Ware von Paris nach Flandern, sogar nach England transportierten, um dort ihre Fracht zurück nach Köln zu laden.

Für die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts gibt es entsprechend der oben wiedergegebenen Chronologie keinen Nachweis über Wirtschaftskontakte mit Paris, auch wenn Philipp VI. Beziehungen mit dem Erzbischof, aber auch mit gewissen Kölner Patriziern unterhielt. Die erste Phase des Hundertjährigen Krieges war in der Tat eine schwierige Zeit für den Handel der Kölner Richtung Frankreich, und im August 1358 beschwerte sich die Stadt Köln darüber, dass man die „rovere“ in Flandern nicht ausreichend verfolge und nicht genügend Untersuchungen anstelle, um herauszubekommen, „of eenich kopman in Franckerrike of in enichme andre lande beroufet worde sins gut“. Die Folge war, dass die Kaufleute aus Köln „groten scaden“ erlitten. Kölner und deutsche Händler sind dennoch in Reims nachgewiesen100; so haben die Reimser Register während der letzten sieben Monate des Jahres 1360 das Kommen und Gehen gleich von mehreren vermerkt: Am 27. Juli zum Beispiel bringt Hennequin von Couloingne Rüstungen und geht mit Garnen. Diese Händler haben ihre Route sicherlich Richtung Paris fortgesetzt.

Die Zeugnisse über enge Beziehungen zwischen Köln und Paris vervielfachen sich ab dem letzten Drittel des 14. Jahrhunderts. 1367 verkauft der Goldschmied Hermann Langhe eine Monstranz nach Paris. 1385 sind die Kölner Händler Johann van Tille und Gobel van Mirkenich in Paris; sie haben sieben Ballen und ein Fass Waren gekauft und diese dem Transportunternehmer Herman Kirsvynck anvertraut, der sie nach Köln bringen sollte. Allerdings wurde seine Karawane in der Nähe von Saint-Quentin in der Picardie von den Leuten des Grafen von Saint-Pol abgefangen; die Stadt Köln protestierte energisch gegenüber den zuständigen Behörden. Die Kölner exportierten metallische Produkte und vor allem Waffen nach Paris. Im Kielwasser der Kölner Kaufleute besuchten andere Händler aus benachbarten Städten den Pariser Markt; in einem Dokument aus dem Jahr 1390 baten der Bürgermeister und die Schöffen von Solingen (im Bergischen Land), wo man berühmte Metallklingen herstellte, den Zöllner von Verberie nördlich von Paris, vier Händler der Stadt passieren zu lassen, ohne neue Steuern zu erheben. Eine Mautabrechnung von Crépy-en-Valois, der letzten der fünf großen Mautstellen auf der Strecke von Flandern nach Paris (60 km nordöstlich von Paris), nennt 1393 –1398 unter den besteuerten Waren Eisen, Stahl, Blei, Zinn, Erz und Kupfer101. Die Beziehungen waren demnach ausgesprochen rührig, auch wenn die Kölner Handelskompagnien nicht so weit gingen, Fakturisten oder Kontore in Paris zu unterhalten.

Der Austausch fand im Übrigen in beide Richtungen statt. Die Pariser Produkte waren bekannt und wurden auch nach Köln exportiert; 1385 nennt eine Kölner Handwerksordnung Pariser Produkte, nämlich die Kannengießerei; 1400 erwähnt die Stadt in einem Brief an Frankfurt Kupferringe, die man in Paris herstellt102, 1429 Seide.

Zweifellos hat die zweite Phase des Hundertjährigen Krieges diese Wirtschaftsverbindungen gestört, aber mit dem Ende des Hundertjährigen Krieges wurde der Handel mit Paris wieder sehr aktiv. Eisenpfannen scheinen massenweise von Köln nach Paris importiert worden zu sein. Mehrere Firmen waren in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts regelrecht spezialisiert auf den Handel mit Paris, vor allem auf den Absatz von Kupferkesseln, aber auch auf den Handel mit Metallklingen und vor allem mit Scheren und Sensen. Das eisen- und metallverarbeitende Handwerkermilieu in Köln wurde alles in allem ständig durch die Einwanderung aus dem Bergischen Land, dem Sauerland und dem Siegerland verstärkt, wo man das Eisen produzierte und verarbeitete103. Für diese Produzenten bot eine Niederlassung in der großen Stadt Köln die Möglichkeit, von deren ausgedehnten Handelsverbindungen zu profitieren. Der Transport dieser Waren scheint sich in der Regel per Boot abgespielt zu haben, indem man die Mosel bis nach Metz hinauffuhr104; anschließend wurden sie auf Fuhrwerken und Karren durch Lothringen nach Paris transportiert105. Aber es war ebenfalls möglich, die Küstenstrecke zu nutzen und anschließend die Seine hinaufzufahren. Sicherlich betrieben nur wenige Kölner Handel auf der Seine, aber sie belegten dennoch den ersten Platz vor den Aachenern und den Solingern. Thomas „de Coulombe“ bezahlte 1475 Steuern für die Durchfahrt seines Schiffes, mit dem er Wein transportierte.

Paradebeispiele für diesen Handel sind die beiden Brüder Clemens und Peter vanme Kirchhove, die ursprünglich aus Solingen stammten und sich dann in Köln niederließen106. Als ihnen im Jahr 1467 ihre Ware in der Mautstation von Crépy en Valois konfisziert worden war, als sie zur Messe von Lendit unterwegs waren, erklärten sie, dass bereits ihre Eltern in Frankreich Handel betrieben hatten. Sie selbst sind auf jeden Fall ab 1458 in unseren Quellen belegt und im Laufe der folgenden Jahrzehnte tauchen sie mehrmals wieder auf im Zuge verschiedener Affären, in denen man sie beschuldigte, mit den Burgundern Handel zu treiben. 1471 wurde ihnen eine Ladung Stahl und Messing konfisziert, als sie bei Peters Wirtin in der Herberge „zum Hahn“ in der Rue Saint-Martin deponiert war. Wenn sie auch gelegentlich auf der Seine Handel trieben, war doch offenkundig Metz Hauptstützpunkt der Kirchhoves für ihren Handel mit Frankreich und Paris. Sie verkauften auf Kommissionsbasis in Metz und in Paris die Waren anderer Kaufleute aus Köln. Die nachfolgende Generation der Kirchhoves am Ende des 15. Jahrhunderts, Johann und Peter, setzte die Geschäfte der Gesellschaft in Frankreich fort. Seit langem hielten sie sich in Paris nicht mehr in Herbergen auf, sondern sie besaßen einen eigenen Wohnsitz, untrügliches Zeichen eines dauerhaften Handels zwischen Köln und Paris, der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts einen erheblichen Aufschwung erlebte. Ein anderer Kaufmann, Johann Westphelinck, war zum ersten Mal 1473 als Vertreter Kirchhoves aufgetaucht, als er den Transport einer Fracht organisiert hatte, die ein Amtsträger des Herzogs von Lothringen in Sierck beschlagnahmt hatte. Er betrieb indes auch Handel mit Frankreich auf sein eigenes Konto, gleichzeitig mit oder nach seiner Aktivität im Dienste von Kirchhove und anderen Händlern. Von 1479 bis 1490 wird er in verschiedenen Angelegenheiten als Geschädigter genannt, sei es durch Sicherstellung seiner Waren, sei es durch Räuberunwesen.

Vor allem aus den Protestnoten, die Köln an den König von Frankreich richtete, wenn die Waren seiner Bürger beschlagnahmt wurden, sind uns noch andere Kaufleute aus Köln bekannt, die im Handel mit dem Pariser Raum aktiv waren. Bereits im Oktober 1447 hatte sich Köln an König Karl VII. gewandt, weil mehrere Kaufleute aus Köln, unter ihnen Heinrich Overbach und Heinrich Edelkynt, auf seinem Territorium belästigt worden waren. Johannes Holthuysen machte sich 1454 auf den Weg, um in Paris die Erbschaft seines Schwagers Johannes abzuholen; Letzterer war Goldschmied und Lieferant des Königshofes gewesen, vielleicht als Vertreter von Holthuysen. Ein anderer Metallproduzent und -händler aus dem Bergischen Land, der sich in Köln niedergelassen hatte, war der faber falcum Johann von Kroenenberg, der im Juni 1470, also zur Zeit der Messe von Lendit, 600 Sicheln im Wert von 108 französischen Kronen bei Anton von Mecheln in der Herberge „zum Fuchs“ in der Rue Saint-Denis deponierte. Noch im Dezember 1471 intervenierte die Stadt Köln für den Unglücklichen, dessen Waren als burgundische Güter beschlagnahmt worden waren107. Andere Akteure dieses Handels waren Hermann van Wesel, Joist van Aiche, das heißt Aachen (er schickte 1472 über einen seiner Angestellten drei Tonnen Pelze nach Frankreich108), Johann van Oirle, Peter Waldbereit (1485), dessen Großvater bereits 1422 Waren in den Bourg Sainte-Geneviève verkauft hatte, Gerhard van Oeldorp (er hielt sich vor 1488 lange in Frankreich auf) und Franz Tymermann (1499 belegt in Frankreich). 1492 wurden Beelgin Kernersse und Heinrich Liblar in Thionville eine Ladung Stahl und Metallprodukte konfisziert, die unterwegs nach Frankreich war. Neben den Händlern aus Köln werden auch Kaufleute aus Solingen erwähnt, deren Waren 1487 in Lothringen auf dem Weg nach Frankreich und 1492 in Châlons sur Marne beschlagnahmt wurden109. 1497 beauftragte die Kölner Bürgerin Agnes van Kaemen Heinrich von Wipperfürth, 28 rheinische Gulden aus dem Außenstand zu kassieren, den ihr Leonhardt von Boppard in Paris schuldet110.

Wie man sieht, hatte sich eine besondere Gruppe von Kaufleuten aus Köln und dem Kölner Umfeld herausgebildet, oft Emigranten aus Solingen und den Nachbarstädten, die offenkundig auf den Handel mit Metallprodukten mit Paris und Frankreich spezialisiert waren. Sie unterscheiden sich deutlich von anderen Gruppen der Kölner Kaufmannselite wie den ebenfalls vor kurzem emigrierten Kaufleuten, die sich auf den Handel mit England, Antwerpen und auf den Frankfurter Messen spezialisiert hatten111, oder denjenigen, die mit Venedig Handel trieben112.

Andere Handelsgeschäfte und Geschäftsbeziehungen mit den Städten im wirtschaftlichen Gravitationsfeld von Paris konnten die Beziehungen von Köln zu Paris überlagern. Amiens befand sich nicht auf direktem Weg zwischen Köln und Paris, aber auf der Strecke, die Paris mit der niederländischen Tuchherstellungsregion verband. Sporadische Kontakte mit Troyes und einem Henriet von Köln sind 1425 belegt. Ende des 15. Jahrhunderts versuchte man, die Messe von Troyes wiederzubeleben und Deutsche, vor allem aus Köln, anzuziehen. In Orléans war es vor allem die Universität, die Studenten anzog, aber ein unklarer Nachweis von 1478 lässt an Handelsaktivitäten von Kölnern in Orléans glauben, da eine Bürgerin aus Köln das Erbe ihres in Orléans verstorbenen Bruders beanspruchte, der im Handel mit Frankreich engagiert gewesen war113.

Wenngleich Köln unbestritten den ersten Platz beim Austausch zwischen Paris und dem deutschen Raum einnahm, darf man die Rolle Lübecks nicht vergessen. Fest verankert in Flandern haben sich die Hansekaufleute auch für den Pariser Markt interessiert, wobei sie sich auf ihre flämische Niederlassung stützten.

Seit 1296 erwähnt der Pariser Zolltarif Waren, die vielleicht von den im Niedergang befindlichen Champagne-Messen stammten, die aber auch von den Hansekaufleuten direkt nach Paris gebracht worden sein können: bedruckte Tuche und Kopfbedeckungen aus Deutschland, Stahl und Schwerter aus Lübeck (beziehungsweise tatsächlich eher aus dem Bergischen Land), Hasenfell aus Deutschland oder Norwegen. Dafür hatten die Hansekaufleute die Möglichkeit, sich Tuche verschiedener Herkunft zu besorgen. Zwar hatten sie ein größeres Interesse daran, sich auf flämischem Boden mit Tuchen zu versorgen; jedoch bot Paris zu bestimmten Gelegenheiten den Vorteil von Gruppeneinkäufen. Auch spricht nichts dagegen anzunehmen, dass sie selbst auf dem Pariser Markt eine Vermittlungsrolle in der Verkaufskette der flämischen Tuche spielen konnten. Dennoch sind die Hansekaufleute, die in Paris und in den Handelsbeziehungen mit Paris aktiv waren, kaum zu identifizieren. Man weiß, dass im Jahr 1361 Bernard Bernizeken aus Hildesheim in der französischen Hauptstadt gestorben ist. Preußen und Lübecker sind vor allem Pelzhändler: Der Preuße Johann Richepot belieferte den großen Pariser Rauchwaren- und Pelzhändler Jean Mandole, Lieferant der Königin Isabeau und König Karls VI.

Der in Brügge niedergelassene Hildebrand Veckinchusen verkaufte 1412 und 1416 „luschwerke“ und „smolensch werkes“ an zwei anonyme Pariser. Zu seiner Klientel zählten auch die Pariser Nicolas Vaubrissay (genannt Nicolas aus Paris) und Etienne de Bompuis (Steven Bonpus van Paris), künftiger Schöffe von Paris und damals Lieferant des Herzogs von Berry, aber auch des Königs114. Diese Geschäfte müssen ein richtiges kleines Vermögen eingebracht haben, das in Gold und bar gezahlt wurde. Und die Pelze blieben zweifellos das wichtigste Produkt, mit dem die Hansekaufleute in Paris Handel trieben. Im Allgemeinen reisten sie über Brügge oder Antwerpen, gelangten per Küstenschifffahrt bis in die Normandie – wir kommen später auf die Bedeutung dieser Route zurück –, fuhren anschließend die Seine hoch, nach Paris. Aber der Landweg durch das Artois wurde aufgrund der Bequemlichkeit für den Handel ebenfalls viel genutzt. Folglich war Paris für Flandern und Brabant ein Warenumschlagplatz im Hinterland, und die Hansekaufleute regten den Austausch zwischen diesen Provinzen und der Ile de France an. Die Pariser Rauchwarenhändler scheinen jedoch versucht zu haben, sich direkt mit Pelzen zu versorgen und die hansischen Zwischenhändler zu vermeiden: So versuchte Dino Raponde 1405, direkt in Preußen Pelze zu kaufen. Die Hansekaufleute versorgten Paris auch mit Holz, das angeblich aus Irland stammte – wobei Irland irrigerweise für Livland steht –; es diente hauptsächlich dazu, den Bergfried von Vincennes zu verkleiden115.

Im Allgemeinen knüpften die Hansekaufleute ihre Kontakte und betrieben ihre Geschäfte durch die Vermittlung eines Maklers, mit dem sie eine sehr persönliche Vertrauensbeziehung unterhielten. Im Fall von Veckinchusen stammten diese Makler, was die Beziehungen mit Paris und Frankreich betraf, aus Flandern, aber öfter noch aus dem Hennegau (vor allem aus Mons) oder aus Arras (z. B. Kantelon oder Wyllaye). Sie wurden aus den Städten ausgewählt, die entlang der traditionell von den Hansehändlern genutzten Routen zur Ile de France liegen: Mons und Valenciennes auf der Strecke von Brabant, Arras auf der Strecke von Brügge; zwei Strecken, die sich in Bapaume treffen und nach Péronne und Roye hinunterführen. Wenn es stimmt, dass Veckinchusen auch Pelze in Saint-Quentin (auf der Strecke Valenciennes–Paris via Compiègne) und in Abbeville verkaufte, wohin sie per Küstenschifffahrt ab Brügge gelangen konnten, war es doch sicherlich Arras, wo er die meisten Verkäufe erzielte, oft während der Messen von Brügge oder sogar von Saint-Denis bezahlt. Von diesen Geschäften mit den Leuten aus Arras sind die wichtigen Tuchkäufe, die in Arras durch Hansekaufleute getätigt wurden, nicht zu trennen: So versendet Veckinchusen zwischen 1407 und 1420 insgesamt 3114 Wollstoffe und Tuche aus Arras nach Preußen und Antwerpen oder via Köln nach Venedig. Das waren allein 34,2% aller Ende des 14. Jahrhunderts über Plige, den deutschen „Lieger“ von Brügge, nach Königsberg verschickten Tuche. Es existierte demnach ein beachtenswerter ergänzender Handel mit Pelzen beziehungsweise Tuchen, der von den Maklern aus Arras, aus dem Artois und dem Hennegau im Allgemeinen betrieben wurde.

Dieser Handel lief vielleicht auch über die Messen von Saint-Denis und Lendit. Die Deutschen konnten ihre „Tischlaken“ dort während einer Messe erworben haben, aber das ist nicht sicher. Dafür waren diese Messen offensichtlich ein Zahlungsort vor allem für die in Antwerpen gekauften Pelze. Unter den Abrechnungen von Veckinchusen gibt es dazu neun Beispiele aus der Zeit zwischen 1404 und 1407, von hauptsächlich aus Tournai und Arras stammenden Käufern116. Paris scheint jedoch für die Hanse kein Finanzplatz erster Wahl gewesen zu sein. Zwar ließ sich der Deutsche Orden dort einige fürstliche Außenstände zurückerstatten, aber es handelte sich dabei eigentlich um persönliche Anleihen, die dafür bestimmt waren, die Aufenthaltskosten dieser Fürsten in Preußen zu decken. Auch führten die Hansehändler Silbertransfers für die Bedürfnisse skandinavischer Geistlicher durch, die sich in Paris aufhielten; so quittierte im Jahr 1409 Johannes Olav, ein Geistlicher aus der Diözese Stavanger, der in Paris studierte, 18 Goldécus von H. Veckinchusen erhalten zu haben, die ihm von Hildebrands Makler, Wyllaye, ausgehändigt wurden. Aber dies sind nur Geschäfte geringen Ausmaßes.

Es ist nicht einfach, die Rolle zu bestimmen, die die französischen Währungen bei der wirtschaftlichen Aktivität der Hansekaufleute gespielt haben. In einem undatierten Brief hält Veckinchusen den Wechselkurs der Währungen fest, die er benutzt, und erwähnt den Goldfranc und die Krone von Frankreich, von denen er zugibt, das genaue Gewicht nicht zu kennen. Sie waren demnach Teil des Währungarsenals der Hansekaufleute. Die Erträge der Pelze konnten in Paris wie in Brügge eingetauscht oder in Geschäftsaktivitäten reinvestiert werden. Französische Währungen vergrößerten die monetäre Vielseitigkeit der Kaufleute. Sie konnten dazu dienen, Wollstoffe, Tuche aus Saint-Omer, das bretonische Salz und vor allem dessen Transport zu bezahlen. Aber der Geltungsbereich dieser Währungen war geographisch viel beschränkter als etwa derjenige der flämischen Währung, deren Pfund die Rechnungswährung der in Flandern eingesiedelten Hansekaufleute war. Kurzum, diese Währungen zwangen die Kaufleute zum Teil zu einem geschlossenen Geschäftskreislauf, der sie verpflichtete, sich in einen rein französischen Handel einzubringen, der damit dynamisiert wurde.

Insgesamt ist der Pariser Markt trotz allem von begrenztem Interesse für die Hansekaufleute geblieben, und die Konkurrenz mit den Italienern machte ihnen dort sehr zu schaffen. Als es in den 1480er Jahren darum ging, ihre Geschäfte nach Lyon zu verlagern, weigerten sie sich jedoch und reichten 1484 eine Petition von Seiten der Bretonen und aller Deutschen, der Spanier, Flamen und Holländer ein. Sie wollten in Paris bleiben, „wo sie ihre Waren in Laken, Tuche und Wein eintauschen konnten“, weil die Galeeren in den Häfen der Normandie nahe der Seine ankamen und weil Brügge ihnen „von geringem Wert“ war. Ein Teil des Marktgeschehens von Brügge hatte sich also nach Paris verlagert.

Wir räumen den Aktivitäten der Kaufleute aus Nürnberg noch einen Platz ein117: Ab dem Niederelsass durch die Schneise von Saverne oder auch ab dem Mittelrhein auf der Strecke nach Kaiserslautern führten die Straßen nach Lothringen und weiter in die Champagne und Paris. Metz blieb ein Stützpunkt der Nürnberger Kaufleute auch im 14. und 15. Jahrhundert, und man weiß, dass Fritz Hofemann aus Nürnberg 1392 hier Zinn eingeführt hat. Aber Nürnberg musste sich auch für Paris interessieren, wo Waren wie Leinwand, Barchent und Metallprodukte, vor allem Waffen, einen großen Absatzmarkt hatten. Die Geschäfte der Nürnberger mit Paris dürfen jedoch nicht überschätzt werden und ihre Belege sind sporadisch118.

Für die letzten Jahrzehnte des 14. Jahrhunderts erzählt uns Ulman Stromer in seinem „Püchel“ von einem Hans Hesel, „der gut in Frankreich gewan“. 1402 ist der Nürnberger Bürger Johann Lange in Paris anlässlich eines Finanzgeschäfts nachgewiesen, an dem Kölner und Lübecker beteiligt waren119. Die beiden Brüder Thomas und Hans Rappolt, die einer bekannten Augsburger Kaufmannsfamilie angehörten, aber im Augenblick Bürger von Nürnberg waren, führten zu Beginn des 15. Jahrhunderts Finanzgeschäfte durch, die mit Ludwig dem Bärtigen zu tun hatten. 1408 hatte ein französischer Ritter in Prag einen Streit mit Paulus und Conrad Imhof, und er drohte im Anschluss daran, allen Nürnbergern in Frankreich, aber auch in Brügge, Brabant und Flandern zu schaden. Fritz Tandorfer aus Nürnberg erhob 1418 zusammen mit Ulrich Lochner beim Landgericht Nürnberg Klage gegen Conz Küdorfer wegen eines in Paris an Küdorfer, Conrad Geuder und den Schwabacher Kaufmann Fritz Link vergebenen Darlehens. Die Nürnberger Gesellschaft Haug-Armbauer betrieb einen weitreichenden Handel in einem Gebiet, das von Erfurt bis Venedig, von Eisenburg in Ungarn und Prag bis nach Genf, Mâcon und sogar bis nach Paris reichte. Mit den Berner Händlern Peter Brüggler und Nicolas von Diesbach, genannt Goldschied, prozessierte Jobst Haug 1417 in Bern wegen der Bezahlung einer Silberlieferung, die er getätigt hatte und deren Qualität in Frage gestellt worden war. Der Drucker Anthoni Koberger führte seit 1475 wichtige Geschäfte in Paris durch und hatte hier lange eine Niederlassung. Von Lyon und Paris aus hat Koberger in fast ganz Frankreich Geschäfte gemacht und er soll damit nicht der Einzige gewesen sein, auch wenn wir nur recht beschränkte Informationen darüber besitzen.

Man darf die Bedeutung des Pariser und generell des französischen Marktes für die Händler aus Köln, aus Nürnberg und überhaupt aus Deutschland auf keinen Fall überbewerten. Nürnberg hatte sich ein auf Gegenseitigkeit beruhendes zollfreies Netzwerk im gesamten Reich geschaffen, das es sich 1332 durch den Kaiser bestätigen ließ. Es reichte jedoch nicht über die Grenzen des Reichs hinaus120. Der Fall des Kaufmanns Hildebrand Veckinchusen zeigt, dass Paris, und allgemeiner Frankreich, keine zentrale Bedeutung für die Geschäfte der deutschen Händler hatte. Von Brügge aus reichten die Fäden seiner Geschäftsverbindungen in die unterschiedlichsten Richtungen: Im Norden waren es Hamburg, Lübeck, Lüneburg, Wismar, Stettin, Riga, Dorpat und Reval; im westlichen Teil des Reiches interessierte er sich für Aachen und Köln; im südlichen Teil handelte er mit Frankfurt, Nürnberg, Konstanz und Straßburg; in Flandern, Brabant und Holland stand er in Geschäftskontakt mit Amsterdam, Antwerpen, Herenthals, Utrecht, Gent und Delft; in England mit London und Boston; in Italien war er in Kontakt mit Lucca und vor allem mit Venedig; was schließlich Frankreich betrifft, hatte er, wenn man Toul, das im Reich liegt, beiseite lässt, Kontakt mit Amiens, Saint-Denis, La Rochelle und Rouen, aber dies war keinesfalls ein wesentlicher Markt für ihn.

WBG Deutsch-Französische Geschichte Bd. II

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