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Diana

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Ich wurde gebeten, mich schriftlich ein wenig darzustellen, ehe die eigentliche Geschichte beginnt. Immerhin sei ich die weibliche Hauptperson in der nun folgenden Tragikomödie (die Bezeichnung stammt von mir, ich zeichne also auch als Einzige dafür verantwortlich!), und das Ganze sei für die Leser deshalb interessant.

Zuerst empfand ich die Bitte als albern und irgendwie auch als Zumutung, aber mittlerweile muss ich zugeben, dass die Sache doch Sinn macht. Diese Erkenntnis dämmerte mir, während ich die folgenden Seiten niederschrieb. Viele Handlungsweisen einer Person in einer Geschichte sind tatsächlich leichter nachvollziehbar, wenn man wenigstens einige Hintergründe aus deren Vorleben kennt.

Also, mein vollständiger Name lautet Diana Burmeister.

Ich bin zweiunddreißig Jahre alt und habe einige Semester studiert. Innenarchitektur. Das Studium habe ich eines schönen Tages abgebrochen, nachdem ich herausgefunden hatte: Es geht auch anders und sogar einfacher!

Mein eigentliches Berufsziel war nämlich von jeher Einrichtungsberaterin gewesen. Und dazu muss man nicht unbedingt studieren, man kann auch Kurse belegen an diversen Fachschulen und Akademien. Und vor allem kann man sich im wirklichen Leben umschauen. Häuser und deren Einrichtung ansehen und dabei lernen. Wie man es machen kann oder besser nicht machen sollte und vor allem, wie man es selbst besser machen könnte.

Natürlich gehört auch Talent dazu, ganz klar. Aber dessen Existenz setze ich jetzt einfach mal voraus. Wo kein Talent für eine Sache besteht, da ist auch kein wirkliches und tieferes Interesse, lautet mein persönliches Credo.

Talent und Interesse vorausgesetzt, kann man neben diversen Kursen im Übrigen durchaus auch Lifestyle-Zeitschriften zu Rate ziehen. Durch deren Lektüre kann man viel lernen, und das sogar noch, während man sich völlig entspannt im Sand an einem sonnigen Strand irgendwo am Meer räkelt.

Apropos Meer und Strand: Natürlich verreise ich auch gerne, selbst mit schmalem Geldbeutel gönne ich mir alljährlich verschiedene Trips. Nach Frankreich und England und bevorzugt vor allem nach Italien.

In der Toskana lasse ich keine sich bietende Gelegenheit aus, um fremder Leute Häuser zu inspizieren, weil mich der dortige Einrichtungsstil besonders anspricht und inspiriert.

So lässt sich also in meinem Beruf das Angenehme wunderbar mit dem Nützlichen verbinden. Auf ein Diplom in Innenarchitektur kann man dabei meiner Meinung nach getrost verzichten.

Der Studienabbruch führte übrigens für einige Zeit zu einem totalen Kommunikationsstopp zwischen meinem Vater und mir. Meinem Erzeuger hatte für sein einziges Kind unbarmherzig eine Vollakademikerlaufbahn vorgeschwebt.

Er beruhigte sich erst wieder, als ich vor einiger Zeit Boris Kammerer kennen lernte. Der ist nämlich Vollakademiker. Diplombetriebswirt. In erster Linie aber ist Boris »Sohn«, noch dazu der einzige – womit wir dummerweise beide Einzelkinderstatus besitzen. Was nicht unbedingt etwas heißen muss – mit diesem Spruch beruhigte ich mich anfangs selbst.

Heute weiß ich es natürlich besser. Ich hätte damals ganz zu Beginn bereits wirklich auf den Rat meiner besten Freundin Lisa hören sollen. Die war nämlich lange Jahre als Krankenschwester in Teilzeit tätig gewesen und studierte nebenher noch Psychologie. Lisa wusste Bescheid, drang aber anfangs mit ihren Weisheiten einfach nicht zu mir durch.

Boris war oder besser ist der einzige Sohn und damit potenzielle Alleinerbe des Möbel- und Einrichtungshauses Kammerer.

Okay, man muss die Firma nicht kennen, vor allem wenn man seine Möbel ausnahmslos bei Ikea einkauft, aber dennoch kann ich sagen: Kammerer hat ebenfalls einen guten Namen und kann einen durchaus bemerkenswerten, wenngleich in seiner Höhe nicht vergleichbaren Jahresumsatz vorweisen. Und die Firma ist ein alteingesessener Familienbetrieb.

Ich bekam meine erste richtige Vollzeitstelle (zuvor hatte ich jahrelang als Freie für ein besseres Taschengeld herumgejobbt) als Einrichtungsberaterin von Boris’ Vater Klaus übertragen, und dafür bin ich dem Mann zu Dank verpflichtet. Er gab mir eine echte Chance, und ich nutzte sie. Nicht ohne Stolz darf ich behaupten, dass der Umsatz durch meine Mitarbeit, manchmal bis zu vierzehn Stunden täglich, bereits nach einem halben Jahr um stolze zwölf Komma eins Prozentpunkte nach oben schnellte.

So überzeugte ich Klaus Kammerer beispielsweise davon, die Kreationen eines jungen italienischen Möbeldesigners in den Katalog aufzunehmen.

Die Idee schlug ein wie eine Bombe!

Plötzlich gewannen wir auch wesentlich jüngere Kunden hinzu, denen Kammerer-Möbel vorher zu konservativ und langweilig erschienen waren. Selbstredend übernahm ich diesen Kundenkreis in Eigenverantwortung, und es lief von Anfang an sehr vielversprechend.

Boris lernte ich übrigens erst kennen, nachdem ich bereits sechs Monate lang im Hause tätig war. Er war gerade aus London zurückgekehrt, wo er einige Semester studiert hatte, um seinen Abschluss als Betriebswirt an der Münchner Uni zu machen.

Anfangs konnte ich ihn nicht ausstehen. Er war arrogant, machte einen auf oberschlau und trug dieses »Mir kann keiner was«-Gehabe zur Schau. Außerdem stieß es mir sauer auf, dass er bereits im Porsche herumfuhr und den Firmenboss herauskehrte, obwohl er noch gar nicht wirklich etwas geleistet hatte im Hause Kammerer.

Seine Eltern (und ich!) legten sich derweil krumm fürs Geschäft, und das beruhigende Wissen um diesen Umstand nutzte der einzige Sprössling als Ausgangspunkt für seine diversen kostspieligen Abenteuer.

Mir war zu Ohren gekommen – es war ohnehin ein offenes Geheimnis in der Firma -, dass Boris einige Jahre zuvor an einem einzigen Abend im Spielcasino zu Bad Wiessee glatte fünfzehntausend Euro verzockt hatte. Einfach so.

Von dem Geld hätte ich gut und gerne eine eigene kleine Firma gründen können.

Irgendwann kamen wir uns dann aber doch näher, und ich nahm eines Tages sogar seine Einladung zum Abendessen an. Obwohl ich insgeheim den Verdacht hegte, dass hinter Boris’ Eifer Vater Klaus steckte, der mittlerweile so große Stücke auf mich hielt, dass er mir sogar die Mitprokura in der Firma angetragen hatte. Was nichts anderes hieß, als dass der Boss mich fest an den Betrieb binden wollte.

Meine innere Stimme warnte mich also gleich zu Beginn zum ersten Mal, aber natürlich hörte ich nicht wirklich hin und verwarf die Mahnung als unbegründet. Zumal ich mich manches Mal ein wenig einsam fühlte in den wenigen Stunden Freizeit, die mir neben dem Job noch blieben.

Ich ging mit Boris zum Essen aus, dann ein zweites und ein drittes Mal, und bei der vierten Verabredung passierte es schließlich. Von da an galt ich als seine feste Freundin, und einige Monate später war ich auch schon seine offizielle Verlobte. Es ging alles so schnell, ich kam noch nicht einmal dazu, mich auch nur ansatzweise zu fragen, wohin dies alles letzten Endes führen sollte.

Zunächst jedenfalls erst einmal zu einer Riesenparty mit allem Drum und Dran. Das war natürlich schön, und ich fühlte mich dabei wie eine junge Frau, die einen Frosch geküsst und damit unbeabsichtigt einen Prinzen zum Leben erweckt hatte. Und gegen dieses Partygefühl konnte selbst ich natürlich nichts auszusetzen haben. Folgerichtig tappte ich, einfältig strahlend, blindlings in die mir gestellte Falle.

Meine zukünftigen Schwiegereltern Klaus und Mareike Kammerer freuten sich übrigens sichtlich noch viel mehr als wir beiden Frischverlobten. Auch das hätte mir ein deutlicher Fingerzeig sein können, dass ich auf dem falschen Pfad wandelte.

Das diffuse Gefühl des Unbehagens am folgenden Morgen nach der Party ignorierte ich geflissentlich. Ein solch leichter Kater sei normal und verzöge sich von selbst, redete ich mir ein.

Da insbesondere auch meine eigenen Eltern sich hocherfreut, sogar zu Tränen gerührt gezeigt hatten, wies ich meine zaghaft, aber beharrlich warnende innere Stimme ein zweites Mal rigoros zu schweigen an. Schließlich wollte ich nach dem Studienabbruch endlich einmal wieder als gute Tochter und braves Mädchen dastehen.

Das alles war im letzten Sommer geschehen. Seitdem waren einige Monate vergangen. Boris und ich grüßten weiterhin als Verlobte. Was auch gar nicht so schlimm war, wie man angesichts meiner beschriebenen Skepsis jetzt vielleicht denken könnte. Ich meine, wir sahen uns ja nicht so sehr viel. Er lag die meiste Zeit über in den letzten Zügen seiner Diplomarbeit, und ich arbeitete weiterhin fast vierzehn Stunden täglich im Betrieb meiner zukünftigen Schwiegereltern.

Selbst an den Wochenenden beschäftigte ich mich noch mit dem Job, in meiner Wohnung stapelten sich Einrichtungszeitschriften fast bis zur Decke.

Wohingegen Boris den überwiegenden Teil seiner wegen der Diplomarbeit nun knappen Freizeit mit seinem »Saunaclub« verbrachte. Der bestand neben ihm selbst aus Heinz, Henning und Achim.

Alle vier Herren erholten sich vom Berufs- oder sonstigen Stress stundenlang in – wie der Name schon andeutet – der Sauna eines sündhaft teueren Fitnessclubs. Nebenbei verbrachten sie hin und wieder auch ein gemeinsames Männerwochenende. Bevorzugt in London, wo sich vor allem Boris gut auskannte. Was nach seinen vielen Auslands-Studiensemestern nicht weiter verwundert.

Darüber hinaus bildete der Saunaclub auch noch ein nützliches Netzwerk, wie Boris mir auseinandersetzte, als ich endlich genug Mut und Wut im Bauch zum Nachhaken angesammelt hatte.

Henning war Direktor bei einer Sparkasse – und Boris deshalb der Meinung, dies sei ein wichtiger Kontakt. Nützlich bei kurzfristigen finanziellen Engpässen im Möbelhaus, man konnte schließlich nie wissen, nicht wahr?

Achim und Heinz waren Rechtsanwälte, und von der Sorte konnte man laut Boris ohnehin nie genug näher kennen.

Und abgesehen davon würden die zugehörigen weiblichen Pendants namens Inga (Henning), Monika (Achim) und Petra (Heinz) auch nicht aufmucken, sondern die dadurch gewonnene freie Zeit lieber damit verbringen, ihre Fingernägel maniküren zu lassen. Oder eben auch ein gemeinsames Damen-Wochenende abzufeiern, zum Beispiel in einem teuren Wellnesshotel.

Im Anschluss an diese Lektion und nachdem Boris gegangen war – in die Sauna natürlich, schließlich war Samstagnachmittag -, rief ich meine beste Freundin Lisa auf Teneriffa an. Sie lebte seit einiger Zeit auf der Kanareninsel, doch dazu später mehr.

An jenem Nachmittag im letzten Dezember und somit relativ kurz vor Weihnachten schien bei ihr auf der Insel die Sonne bei zweiundzwanzig Grad Celsius vom blauen Himmel, und meine Lisa beschäftigte sich gerade mit ihren heiß geliebten Engelkarten.

Ich schimpfte über Boris und seinen Saunaclub. Es tat mir richtig gut, endlich einmal Luft ablassen zu können. Wozu hat man schließlich eine beste Freundin?

Lisa nutzte ihre Chance, als ich eine Pause zum Luftholen einlegen musste. »Ich mische jetzt die Karten, und du sagst halt!«, forderte sie mich auf.

Ich ließ sie absichtlich ein Weilchen schmoren, damit sie schön lange mischen konnte. Immerhin war ich schon häufiger Opfer von Lisas leicht esoterisch angehauchtem Tick geworden.

»Halt!«

»Aha« , sagte sie. »Frieden. Dein Tagesengel will dich darauf hinweisen, dass du dir vor lauter Terminen und Verpflichtungen keine Zeit mehr nimmst für deinen inneren Frieden. Du sollst herausfinden, was dir wirklich wichtig ist, lautet sein Auftrag. Dann regelt sich alles wie von selbst. Es liegt an dir, du trägst die alleinige Verantwortung für dein Leben. Du ganz alleine.«

»Aha«, spottetè ich. »Das ist mir doch tatsächlich neu jetzt, danke für den Tipp.«

»Na ja, sieh es mal so: Entweder du arrangierst dich mit dem Saunaclub deines Herrn Verlobten, oder du setzt den Süßen vor die Tür.«

Das war meine Lisa, direkt und unverblümt wie immer! Und Recht hatte sie natürlich auch noch, nebenbei bemerkt.

Mir fiel prompt die Kreditkartenabrechnung wieder ein, die ich erst an diesem Morgen im Büro für Boris abgeheftet hatte. Er ließ ja immer alles im Ablagekörbchen »Privat« liegen, bis es Schimmel ansetzte. Dabei lief seine Kreditkarte auch noch über eines der Firmenkonten, für die ich mittlerweile immerhin mit verantwortlich zeichnete.

Ein Posten auf der Abrechnung hatte wie folgt gelautet: »CATs/London 25.November 06 300 Pound Sterling.«

Dreihundert britische Pfund waren immerhin circa vierhundertfünfzig Euro!

Hatte mein Verlobter seine drei Saunakumpane beim letzten gemeinsamen Ausflug etwa groß zum Essen in London ausgeführt? Etwas anderes fiel mir zu dem Namen, der übersetzt immerhin »Katzen« bedeutete, auf die Schnelle nicht ein. Vielleicht waren damit ja iiri weiteren Sinne »Naschkatzen« gemeint ... Ja, ja, ich weiß! Manchmal neige ich zur Naivität. Man kann es aber auch »Großzügigkeit im Geiste« nennen. Zumindest wenn man mir freundlich gesinnt ist!

Als er vorhin am Nachmittag kurz bei mir vorbeischaute, fragte ich Boris natürlich nach dem »CATs«. Bevor ich endgültig wegen der Sauna und so aufmuckte.

»Ach das ...«, er zögerte nur kurz, dann zuckte er lässig mit den Schultern. »Der Laden nennt sich ausgeschrieben Computer And Tools. Die Abkürzung CATs fürs Logo ist doch witzig und originell, findest du nicht? Ich brauchte für meinen Laptop dringend ein neues Modem, und das Antivirusprogramm war auch gefährlich veraltet. Wenn du mir nicht glaubst, dann frag doch einfach Henning, Heinz oder Achim.«

»Klingt mir eher nach einem Puff!«, sagte Lisa jetzt trocken am Telefon auf ihrer sonnigen Insel. »Außerdem sind dreihundert Pfund Sterling ein verdammt stolzer Preis für so ein bisschen Computerzubehör, findest du nicht? Lass mich mal im Kalender nachgucken ...« – es folgte eine etwa einminütige Gesprächspause, während der nur ein leises Rascheln an mein Ohr drang.

Schließlich meldete Lisa sich zurück: »Diana, bist du noch da?«

Nachdem ich dies bejaht hatte, fuhr sie fort: »Der z$. November war ein Samstag, immerhin wären die Läden da geöffnet gewesen, aber ein Beweis ist das natürlich nicht. Warte, Diana, ich schau mal kurz ins Internet für dich.«

Meine gescheite beste Freundin – darauf hätte ich wahrhaftig auch selbst kommen können!

Wenig später wusste ich immerhin so viel: Es gab in London tatsächlich einen Nightclub mit dem Namen GATs. In so einer Art besserem Rotlichtviertel, wie Lisa mir obendrein zu verstehen gab.

Computershop mit diesem Namen fand sich dagegen keiner in der britischen Hauptstadt. Aber das konnte natürlich auch an Lisas unvollkommenen Internet-Recherchekenntnissen liegen.

Ich teilte ihr meine entsprechenden Bedenken allerdings nicht mit, immerhin wollte ich meine beste Freundin ja nicht kränken.

Ehe ich auflegte, erinnerte sie mich dann nochmals an meinen Tagesengel namens Frieden. Ein Begriff, der sich auf den inneren Frieden bezog, wie Lisa eigens betonte. Nun ja ...

Ich verriet an diesem Abend übrigens meine warnende innere Stimme zum dritten Mal bewusst. Sie hatte mich aufgefordert, reinen Tisch zu machen und Boris sofort den Laufpass zu geben.

Ich war nicht glücklich mit ihm. Auch ohne Saunaclub und CATs. Punkt.

Dann aber sagte ich mir, dass ich im Leben nicht immer nur einfach weglaufen solle und könne, wenn mir was nicht in den Kram passe. Und vor allem auch nicht so kurz vor Weihnachten, dem Fest der Liebe und des Friedens ... und besonders meinen Eltern und künftigen Schwiegereltern dies jetzt nicht einfach antun könne. Später vielleicht, aber nicht gerade jetzt.

Außerdem hatten Boris und ich für Februar noch einen Luxus-Skiurlaub in Österreich gebucht und bereits bezahlt.

Okay, der gesamte Saunaclub würde ebenfalls mit von der Partie sein. Aber zur Abwechslung dieses Mal mit Damen. Und die Gelegenheit wollte ich mir nicht entgehen lassen, vielleicht fand ich ja so noch mehr über meinen Zukünftigen heraus.

Natürlich war das einfach nur wieder eine weitere faule Ausrede mir selbst gegenüber, weil ich zu feige oder zu bequem war, um mich endlich auf den Weg zu machen zu meinem inneren Frieden.

Nun, dafür holte dann im weiteren Verlauf das Leben die Keule aus dem Sack und schlug mir damit kräftig auf den Kopf, damit ich endlich aufwachte aus meinem Bewusstseinskoma.

Übrigens: Ich bin blond und trage die Haare seit einiger Zeit schulterlang und stets offen. Sogar im Büro. Vorher waren sie immer raspelkurz, weil meine Mutter mir mit Erfolg seit meiner Teenagerzeit eingeredet hatte, dieser Stil sei sportlich und daher auch praktisch.

Mein Vater hatte mir so mit vierzehn oder fünfzehn darüber hinaus erklärt, mein Äußeres sei eher burschikos, was aber nicht weiter schlimm sei, da ich ja als intelligent gelte und ein Studium mit Erfolg absolvieren würde. Obendrein behauptete er im gleichen Atemzug noch, dass Männer keine dummen Frauen mögen. Und obwohl mir damals nicht ganz klar war, worauf er ausgerechnet mit dieser letzten Aussage anspielen wollte, akzeptierte ich alles ohne Widerspruch, der in meinem Elternhaus ohnehin vergeblich war.

In den folgenden Jahren vermied ich es so weit wie möglich, irgendwelche Männerbekanntschaften mit nach Hause zu bringen und die armen Kerle dem beißenden väterlichen Spott auszusetzen. Selbst von meinen zahlreichen Kurzreisen – auch in männlicher Begleitung – setzte ich meine Eltern möglichst nicht in Kenntnis. Ich wollte mir die Diskussionen über Sinn und Zweck ersparen und vor allem auch nicht alle Stunde anrufen müssen, um zu erzählen, wo und mit wem ich gerade wäre und wie es mir ginge und wann ich wieder nach Hause zurückkehrte.

Lieber Himmel! Ich habe gerade den letzten Teil des Textes nochmals überflogen. Warum ich das alles zum guten Schluss auch noch erzählt habe, weiß ich wirklich nicht. Aber da es mir spontan aus der Feder geflossen ist, wird es schon seinen Sinn haben, denke ich.

Übrigens hat Lisa, als sie für kurze Zeit von ihrer Insel angeflogen kam und ich sie am Flughafen abholte, neulich gesagt: »Aha, ahnte ich es doch längst! Ein blonder Vamp steckt also auch in dir, Süße. Genieße es, solange es geht, mein Mädchen.«

Vielleicht liegt es aber auch nur daran, weil sie selbst zehn Jahre älter ist als ich. Anfang vierzig also.

Bei manchen Frauen setzen da immerhin bereits langsam die Wechseljahre ein, habe ich mir sagen lassen.

In dem Fall sollte ich Lisas Worte wohl tatsächlich als Mahnung auffassen.

Danke, liebste Freundin. Wurde wirklich Zeit, dass mich jemand mal dezent auch darauf hinweist.

Sex on the rocks

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