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EINFACH TOLL AUSSEHEN – MIT WENIGER KLAMOTTEN

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FAST FASHION – KONSUM VON GESTERN

Seien wir ehrlich: Bei vielen von uns quillt der Kleiderschrank förmlich über. Trotzdem stehen wir morgens davor und meinen, wir hätten nichts anzuziehen. Kein Klischee, sondern leider oft wahr. Gründe dafür gibt es viele. Als ich zum Beispiel noch Studentin war, lag es daran, dass ich oft Dinge kaufte, ohne vorher zu prüfen, ob sie mir wirklich stehen, mir wirklich gefallen, zu meinem Lebensstil passen oder ob ich vielleicht nicht schon Ähnliches im Schrank hatte. „Fast Fashion“ ist die Bezeichnung für Mode, die extrem schnell produziert und zu extrem niedrigen Preisen verkauft wird. Diese Entwicklung ist noch vergleichsweise neu und hat dennoch bewirkt, dass sich unser Kleiderschrank in den letzten Jahren mehr und mehr gefüllt hat. Vom Design bis zur Stange sind es nur wenige Wochen. Deshalb gibt es in Fast-Fashion-Ketten nicht mehr wie früher vier Kollektionen im Jahr (Frühling, Sommer, Herbst und Winter), sondern teils sogar wöchentliche Mini-Kollektionen, damit die Konsumenten bei jedem Shoppingtrip etwas Neues im Laden vorfinden.

Kleidung ist heutzutage so günstig, dass die meisten von uns sie sich oft leisten können. Sie wird schnell gekauft, dann oftmals sogar nur einmal angezogen und nicht selten verschwindet sie inklusive Preisschild gleich im Schrank. Trotzdem tut das unserem Kontostand nicht weh. Genau das ist in vieler Hinsicht problematisch. Erstens aus durchaus pragmatischen, wenn auch egoistischen Gründen, weil solche Klamotten Platz wegnehmen. Stauraum, den wir zum Beispiel einfach frei lassen könnten für mehr Bewegungsfreiheit beim Wohnen. Oder aber wir könnten ihn für Dinge nutzen, die uns wirklich etwas bedeuten. Wichtiger ist aber, dass es viel Energie kostet, Kleidungsstücke einigermaßen nachhaltig wieder zu entsorgen. Wer schon damit angefangen hat, auszusortieren und auszumisten, weiß, wovon ich spreche. Eine Flohmarktaktion mit Freunden und Freundinnen kann Spaß machen, kostet aber auch viel Kraft. Man muss den Stand organisieren, alle Sachen zusammenpacken, dann zum Flohmarkt karren, den ganzen Tag dort stehen – und am Ende nimmt man oft die Hälfte der Sachen unverkauft wieder mit nach Hause. Zudem bekommt man auf dem Flohmarkt kaum Geld für Kleidungsstücke, auch wenn sie fast neu sind. Und man bezahlt überdies eine hohe Standmiete. Für Online-Flohmarkt-Plattformen wiederum muss man sehr gute Fotos machen und mit potenziellen Käufern oft viele Nachrichten hin- und herschicken, dann die Ware verpacken und versenden. So großartig diese Möglichkeiten sind, bleibt es doch immer ein Aufwand, den man sich absolut ersparen könnte, wenn man nicht bei jedem Teil zuschlägt, nur weil es ein super Schnäppchen ist.

BEWUSST MACHEN, WAS DAHINTERSTECKT

Alles in allem konsumieren wir solche Mengen an Kleidung, die nach kürzester Zeit wieder entsorgt werden müssen, dass es inzwischen kaum mehr Bedarf daran für Bedürftige gibt. Spendenannahmestellen geben nur noch die allerbesten Kleidungsstücke weiter, weil es ein enormes Überangebot an schlecht produzierter, billiger Kleidung gibt.

Besonders problematisch ist der miserable Standard der allermeisten Kleidungsstücke, die wir kaufen, obwohl wir sie nicht brauchen. Die Fast-Fashion-Industrie produziert Unmengen qualitativ minderwertiger Kleidung, meist aus Kunstfasern. Wir tragen diese Teile aufs Ganze gesehen nur für ein paar Tage am Körper. Danach aber verbleiben sie für lange Zeit auf diesem Planeten, weil Kunstfasern sich nur schwer abbauen – ein Problem, das wir auch von Plastik kennen. Eine Plastiktüte beispielsweise braucht etwa 20 Jahre, eine PET-Flasche bis zu 500 Jahre, bis sie verrottet!

Wenn wir beginnen, diese Konsumkette zu durchbrechen und auch beim Kauf von Kleidung einen minimalistischeren Weg einschlagen, wird nicht nur für uns persönlich vieles einfacher und leichter. Wir reduzieren damit auch massiv die Umweltbelastung. Und es kommt noch etwas hinzu: Wir alle haben in den letzten Jahren mitbekommen, unter welch katastrophalen sozialen Bedingungen Fast Fashion produziert wird. Die Produktion wird in Niedriglohnländer verlagert, wo Arbeiterinnen und Arbeiter die Kleidungsstücke unter mangelhaftesten Sicherheitsstandards für Hungerlöhne herstellen. Ich persönlich finde, dass allein das Wissen über diese Zustände den positiven Kick zerschlägt, den man sich durch die Shoppingtour in Fast-Fashion-Ketten erhofft.

In seinem Buch „Konsum – Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen“ weist Carl Tillessen darauf hin, dass zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit der Preis eines Kleidungsstückes nicht mit der Qualität seiner Herstellung korreliert. Ob ich mir ein Designer-T-Shirt für 500 Euro in einer edlen Boutique oder ein 5-Euro-T-Shirt bei einer Fast-Fashion-Kette kaufe, macht in Bezug auf die schlechten sozialen und ökologischen Bedingungen der Herstellung in der Regel keinen erheblichen Unterschied mehr aus.

KLEINE VERÄNDERUNG – GROSSE WIRKUNG

Dennoch möchte ich bei diesem Thema keinen radikalen Ansatz propagieren: Selbstverständlich meine ich nicht, dass wir unsere Kleidungsstücke tragen sollten, bis sie uns vom Leib fallen. Ich meine auch nicht, dass wir keine Kleidung mehr kaufen sollten. Ich möchte nur die Mechanismen der Modeindustrie etwas deutlicher machen. Wenn wir uns diese Hintergründe bewusst machen, kann das schon dazu beitragen, ein Umdenken zu bewirken. Es gibt mittlerweile so viele tolle Modelabels, die hohe Ansprüche an die Qualität ihrer Kleidung stellen, soziale Verantwortung für die Herstellungsweise übernehmen und demzufolge auch bessere Bedingungen für ihre Arbeiterinnen und Arbeiter schaffen. Noch nachhaltiger wäre es natürlich, nur noch Secondhandware zu kaufen, weil auf diese Weise gar kein neues Kleidungsstück mehr hergestellt werden müsste. Am allernachhaltigsten ist es, mit den Sachen auszukommen, die man im Schrank hat. Und da reicht es manchmal schon aus, hier und da ein paar Knöpfe auszutauschen oder das Teil ein bisschen umzuarbeiten – und schon sieht man es wieder mit neuem Blick und findet Gefallen daran! Letztlich entscheidest aber du selbst, wie weit du gehen möchtest, um auch im Bereich Kleidung ein bisschen zu verändern und minimalistischer zu leben.

WIR SIND KEINE ENGEL

Und schon sind wir mittendrin im Thema Nachhaltigkeit! Minimalismus und Nachhaltigkeit hängen eng miteinander zusammen. Sobald man beginnt, die schiere Menge der Dinge, die man besitzt, sowie die Art und Häufigkeit des eigenen Konsums zu hinterfragen, wird einem zwangsläufig die Frage nach den ökologischen und sozialen Bedingungen der Herstellung bewusst. Das passiert ganz automatisch. Mir ging es so – und ich kann mir gut vorstellen, dass das bei dir auch so ist. Trotzdem bin ich keine Heilige. Auch ich kaufe nach wie vor immer mal wieder etwas in einer Fast-Fashion-Kette. Meist Basics für Kids oder auch Strumpfhosen und Unterwäsche. Einfach aus dem Grund, weil es schnell gehen muss. Wir sind eben alle keine Engel! Andererseits habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, die meiste Kinderkleidung nur noch secondhand zu kaufen. Und ich habe alle Teile aus meinen Schrank genommen, die mir nicht wirklich gefallen. Dabei habe ich gemerkt, wie wichtig dieser erste Schritt ist: mich von allen ungeliebten Klamotten zu trennen und meine Anziehsachen nur noch auf diejenigen Teile zu konzentrieren, die mir wirklich gut gefallen, in denen ich mich hundertprozentig wohlfühle und die mir richtig gut stehen. Auf diese Weise bin ich mir meines persönlichen Stils noch mal so richtig bewusst geworden und habe meine Kleidung konsequent darauf abgestimmt, was wirklich zu mir passt.

Wenn du das auch ausprobieren möchtest, gibt es dafür sehr hilfreiche Methoden. Ein paar populäre Ansätze stelle ich dir nachfolgend vor – dann kannst du leichter für dich herausfinden, was dir sympathisch ist und welchen Weg du gehen möchtest, um das gute Gefühl zu haben: Du siehst einfach toll aus. Nachhaltig!

WENIGER IST MEHR:

DAS BEISPIEL „THE TRUE COST“

Filmdokumentationen über die Fast-Fashion-Industrie gibt es viele. Die meisten sind ausgesprochen sehenswert. Eine, die mir besonders gut gefällt und einen hervorragenden Überblick zur Problematik billig hergestellter Mode gibt, ist „The True Cost“. Dieser Film zeigt anschaulich, wer im Grunde den Preis dafür bezahlt, dass wir uns jeden Tag ein neues Anziehteil für die nächste Party kaufen können. Der Film beleuchtet die Konsequenzen für die Umwelt und zeigt deutlich die sozialen Probleme der Herstellung auf. Was wirklich hinter industriell produzierter Wegwerfmode steckt und wer davon profitiert – das macht „The True Cost“ umfassend bewusst.

CAPSULE WARDROBE:

MINIMALISTISCHE GARDEROBE – TYPGERECHT!

Capsule Wardrobe (CW) ist eine aktuell populäre Methode für einen minimalistisch ausgestatteten Kleiderschrank. Ziel ist eine überschaubare Anzahl von Lieblingsteilen, die sich untereinander gut kombinieren lassen. Damit kannst du mit wenigen Kleidungsstücken viele verschiedene Outfits zaubern! Voraussetzung ist natürlich auch hierbei, dass du zunächst deine Lieblingsteile definierst. Schau deinen Schrank einfach mal genau durch: Was trägst du am liebsten, worin fühlst du dich am wohlsten und was steht dir am besten? Vielleicht kannst du bei diesem ersten Sortieren sogar schon ein bestimmtes Farbschema erkennen, das deine individuelle CW ausmacht. Schlussendlich wird deine Garderobe hauptsächlich aus Basics bestehen, die sich vielfältig kombinieren lassen. Dazu, wenn du möchtest, ein paar Eyecatcher, die das Ganze aufpeppen. Viele CW-Fans wählen für die Basics neutrale Farben wie Weiß, Schwarz oder Beige. Das kannst du natürlich anders halten und dich für Farben entscheiden, die du richtig gerne hast und die dir super stehen.

Neben der Frage, worin du dich am wohlsten fühlst, gilt es noch zu berücksichtigen, was du im Alltag brauchst. Wenn du am liebsten den ganzen Tag in Jeans und T-Shirts herumlaufen würdest, aber in einer Bank arbeitest, brauchst du natürlich zusätzlich Kleidung für den Job. Prüfe hier, wie viel du wirklich benötigst. Ist es wichtig, jeden Tag ein anderes Kostüm zu tragen? Was in deinem Job üblich ist und von Chefetage und Team erwartet wird, musst du bei deiner Auswahl natürlich berücksichtigen. Letztlich sind dann aber alle Teile wunderbar miteinander kombinierbar. Deshalb ist das Prinzip der CW auch für modeaffine Leute geeignet, die sich am wohlsten fühlen, wenn das Outfit immer zur jeweiligen Tagesform passt.


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