Читать книгу Mehr vom Weniger - Jelena Weber - Страница 6

MINIMALISTISCH
LEBEN – JETZT!

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Es gibt verschiedene Gründe für das Bedürfnis, minimalistischer leben zu wollen. Vielleicht verspürst du schon länger eine gewisse Unzufriedenheit und hast das Gefühl, dein Alltag sei ein bisschen zu chaotisch? Dann bist du genau an dem Punkt deines Lebens, an dem du etwas verändern möchtest. Der richtige Moment, um Ballast zu minimieren. Dafür fängst du am besten mit Ausmisten an. Du wirst sehen: Vieles wird dadurch einfacher!

AUSMISTEN IST DER ERSTE SCHRITT

Vielleicht hast du mein Buch „Der Aufräum-Kompass“ gelesen oder kennst mich von YouTube und Instagram – dann weißt du sicher schon, worauf ich jetzt hinauswill: Ich finde es sehr wichtig und betone das deshalb öfter, dass richtiges Ausmisten der Anfang von allem ist. Ausmisten bedeutet nicht, sich nur noch schlichte Dinge als Deko ins Haus zu holen oder die gesamte Einrichtung nach einem einheitlichen Farbschema zu gestalten. Wenn du möchtest, sind das die Schritte, die du angehen könntest, nachdem du das Ausmisten abgeschlossen hast. Zuallererst aber muss wirklich alles und jedes Ding einmal gründlich und konsequent auf den Prüfstand – und dann aussortiert und am besten nachhaltig entsorgt werden. Das ist schon deshalb kein leichter Schritt, weil es auf den ersten Blick vielleicht am allerwenigsten Spaß und am meisten Arbeit macht. Aber ich kann dir aus eigener Erfahrung versprechen, dass es sich sehr gut anfühlen wird und du dabei in einen regelrechten Flow kommen wirst, sobald du dich voll darauf einlässt und merkst, wie du mehr und mehr hinter diesem Vorhaben stehst. Voraussetzung ist dabei natürlich wie bei jedem Neustart, dass du bereit dazu bist und wirklich Lust hast, etwas in deinem Leben zu verändern. Welche Methoden du dabei einsetzen kannst, den für dich besten Weg zum Ausmisten zu finden, habe ich in meinem Buch „Der Aufräum-Kompass“ anschaulich beschrieben.

FINDE HERAUS, WAS DU WIRKLICH WILLST

Die allerwichtigste Frage auf dem Weg in ein minimalistischeres, leichteres Leben ist: Was ist dir wirklich wichtig? Besitz geht ja immer mit Verpflichtungen einher. Das merke ich an vielen Beispielen jeden Tag aufs Neue. Wenn man vieles besitzt, muss man sich auch um vieles kümmern. Nehmen wir etwa ein großes Haus: Wer eines besitzt, hat bestimmt lange und hart dafür arbeiten müssen, um es sich leisten zu können. Wahrscheinlich muss der Kredit dafür mindestens bis zur Rente abbezahlt werden, im schlechtesten Falle vielleicht sogar darüber hinaus. Während man in dem Haus lebt, muss es instand gehalten werden. Man muss es sauber halten und regelmäßig putzen, man muss alles Mögliche reparieren und ausbessern, man muss es regelmäßig beheizen … und so weiter. Das alles kostet sehr viel Geld und Zeit. In der Folge muss man natürlich weiterhin viel arbeiten. Wer viel arbeiten muss, hat weniger Zeit für andere Dinge, die Spaß machen und Erfüllung bringen: Kinder, Freundinnen und Freunde, Hobbys. Auch wenn die meisten von uns ihre Arbeit lieben, ist und bleibt dieser Zusammenhang eine nicht zu leugnende Tatsache.

Fakt ist aber auch, dass wir gar nicht alles haben können. Sheryl Sandberg beschreibt dies sehr gut in ihrem wunderbaren Buch „Lean In: Frauen und der Wille zum Erfolg“. Viele träumen davon, alles gleichzeitig zu haben und zu erreichen: einen super Job, eine großartige Karriere, selbstverständlich viel Zeit für die Kinder – und auch noch genügend Freizeit. Die Erkenntnis, dass das in der Realität eben nicht alles zu haben ist, scheint im ersten Moment erschreckend ernüchternd zu sein. Bei näherer Betrachtung kann die Einsicht, dass das nicht locker vom Hocker – und vor allem ohne Preis – zu haben ist, aber auch sehr befreiend wirken. Wenn klar ist, dass wir tatsächlich nicht alles haben können, bedeutet das ja auch, dass wir nicht alles haben müssen. Ich habe zum Beispiel die Erfahrung gemacht, dass gerade Frauen sich immens unter Druck setzen, um alle Erwartungen gleichzeitig zu bedienen: die perfekte Hausfrau und Mutter zu sein, nebenbei erfolgreich im Beruf und dazu noch stets die begehrenswerte Ehefrau. Was kommt am Ende dabei heraus? Wir Frauen sind oft maßlos überfordert, weil alle diese Erwartungen zu erfüllen in Wirklichkeit gar nicht klappt. Und was hat das mit Ausmisten und Minimalismus zu tun? Meine Antwort: Wer sich mit Minimalismus beschäftigt, fängt zwangsläufig an, sich auch damit zu befassen, was er oder sie wirklich möchte und zu wuppen in der Lage ist.

EINFACH MAL KLAR SCHIFF MACHEN

Der einfachste Weg, um das herauszufinden, ist, sich erst einmal um alle materiellen Dinge zu kümmern, die sich so im Leben angesammelt haben. Wenn man seinen Blick für diesen Sachverhalt schärft, wird einem erst so richtig bewusst, mit wie vielen Gegenständen wir uns in der Regel umgeben – Zeugs, von dem wir vieles überhaupt nicht (mehr) brauchen, das uns eigentlich nur belastet und in vielen Fällen auch gar keine Freude bereitet.


Wenn du mit dem Ausmisten beginnst, wirst du staunen, was für eine Menge das ist! Wenn du all diesen Ballast erst einmal losgeworden bist, hast du schon einen Riesenschritt auf dem Weg in ein leichteres Leben geschafft. Da gebe ich dir mein Wort drauf, auch wenn ich weiß, dass das keine leichte Aufgabe ist. Aber: Du wirst dafür belohnt werden. Weil nämlich mit dem ersten Schritt auch die Motivation getriggert wird, noch weitere Lebensbereiche folgen zu lassen. Und schon bist du mitten drin in einem großen, befreienden „Klar-Schiff-Machen“!

Ich komme an dieser Stelle noch mal auf das Beispiel mit dem großen Haus zurück: Nicht umsonst entscheiden sich viele Minimalistinnen und Minimalisten dafür, ihr unmittelbares Wohn- und Lebensumfeld radikal zu verkleinern. Manche wählen dafür ein Tiny House oder suchen sich eine dementsprechend kleine Wohnung, andere wiederum entscheiden sich für gerade so viele Besitztümer, dass diese exakt in einen Rucksack passen. All diese Entscheidungen und Veränderungsprozesse geben minimalistisch Orientierten das ultimative Gefühl von Freiheit. Aber auch hier ist der richtige Weg natürlich immer ein individueller, und jede und jeder wird ganz persönlich für sich entscheiden, wie viel Raum und Platz angemessen und ausreichend ist. Ich persönlich könnte mir zum Beispiel nicht vorstellen, mit meiner Familie auf 50 Quadratmetern zu leben. Andererseits bräuchte ich aber auch keine 500 Quadratmeter! Denn der Vorteil eines kleineren Hauses oder einer kleineren Wohnung liegt deutlich auf der Hand: Man hat viel weniger Arbeit damit, der Unterhalt kostet weniger Geld, und so hat man auch entsprechend mehr Zeit für Dinge, die sich nicht nur um die Instandhaltung des unmittelbaren Lebensraumes drehen. Dieses Beispiel lässt sich auch auf andere Bereiche übertragen, etwa auf das Thema Kleidung.

Besonders wenn man schon lange im gleichen Haus oder in der gleichen Wohnung lebt, stellt sich eine gewisse Betriebsblindheit ein. Man bemerkt und sieht dann gar nicht mehr, in welchem Chaos man eigentlich lebt und mit wie viel unnötigem Zeugs man sich belastet. Und dabei muss die Wohnung gar nicht unbedingt unordentlich sein! Auch in einer perfekt aufgeräumten Wohnung lassen sich Tausende Dinge horten, die man im Grunde nie in die Hand nimmt. Wenn du dir das bewusst machst, ist das schon der erste Schritt. Nur weil etwas seinen festen Platz hat und im Alltag deshalb nicht groß auffällt, heißt das noch lange nicht, dass du es wirklich brauchst. Ich spreche hier aus eigener Erfahrung. Die Wohnung, in der ich jetzt mit meiner Familie lebe, habe ich vor über zwanzig Jahren mit meinem Vater bezogen. In dieser langen Zeit sammelte sich so einiges an. Erst als ich mich ernsthaft mit der Frage befasste, welche Dinge mich tatsächlich Tag für Tag umgeben, bemerkte ich plötzlich, dass ich fünf Woks an der Wand hängen hatte! Und die braucht natürlich kein Mensch, außer man wäre Betreiber einer Garküche. Dieser Betriebsblindheit muss man sich natürlich stellen. Das kostet zunächst Mut – und dann die Entschlusskraft, diesen scheinbar unüberwindbaren Berg von Dingen abzutragen. Das Ergebnis des Ausmistens aber ist jede Anstrengung wert.

Ausmisten führt nämlich dazu, dass wir uns freier fühlen. Es lässt uns endlich wieder richtig durchatmen. Wir lernen zu erkennen, was uns wichtig ist. Ausmisten schafft Platz für unsere Bedürfnisse. Und es führt uns vielleicht sogar vor Augen, dass wir den vielen Raum, der von Möbeln und Dingen blockiert wird, nicht wirklich benötigen und uns deshalb platzmäßig locker verkleinern könnten. Damit ersparen wir uns viel Arbeit und Stress.

WER BESTIMMT, WIE VIEL DU BRAUCHST?

Diese Frage beschäftigt mich regelmäßig. Besonders in Momenten, in denen ich das Gefühl habe, dass wir alle viel zu viel arbeiten. „Zu viel“ ist für mein Dafürhalten, wenn man sich ständig ausgelaugt fühlt und sich nicht mehr erholen kann, weil andauernd noch Unerledigtes auf dem Schreibtisch liegt. In solchen Momenten stelle ich mir immer zwei Fragen: Was brauche ich wirklich? Und kann ich mir das für Geld kaufen? Sicher bist du selbst schon mal an so einem Punkt gewesen. Natürlich ist es schön, zu wissen, dass man sich bestimmte Träume erfüllen kann, ohne groß nachrechnen zu müssen, ob man sie sich leisten kann. Urlaub zum Beispiel. Oder ein neues Auto, wenn das alte es nicht mehr tut. Aber selbst bei diesen Fragen lässt sich eine minimalistische Lösung finden, etwa im eigenen Land oder in der näheren Umgebung Urlaub zu machen, zu campen oder zu zelten. Und ein Auto? Brauchen viele heutzutage überhaupt nicht mehr!

Bei mir persönlich ist es zurzeit ein Haus, auf das wir hinarbeiten. Lange Zeit war das aber nicht so. Wir mögen unsere Wohnung. Sie hat eine gute Größe, ist günstig, und wir finden sie schön. Aber wir mögen die Stadt nicht mehr, und ich sehne mich nach einem Garten und mehr Lebensqualität mit mehr Natur, vor allem für die Kinder.


Oft sind es aber gar nicht so konkrete Ziele, die einen antreiben, mehr Geld verdienen und besitzen zu wollen. Nicht selten ist es nur ein diffuser gesellschaftlicher Druck, dem wir glauben, standhalten zu müssen. Konsumdruck! Von allen Seiten wird uns suggeriert, dass es uns besser geht, wenn wir dieses oder jenes besitzen. Aber von wem geht dieser Druck eigentlich aus? Von denen natürlich, die am meisten davon profitieren: großen Konzernen. Und warum machen wir da alle mit? Gute Frage. Klar, kaufen macht Spaß. Es kann einem ein gutes Gefühl geben, sich etwas zu gönnen. Da geht es mir nicht anders. Gerade in der Schwangerschaft hatte ich das Bedürfnis, mich neu einzukleiden. Oder mir Sachen zu kaufen, die ich danach wieder tragen und auf die ich mich jetzt schon freuen konnte. Trotzdem hielt ich mich davon ab. Erst würde ich die Umstandskleidung, wenn ich sie nicht mehr benötigte, wieder verkaufen oder verschenken. Und anstatt Impulskäufe zu tätigen, wartete ich lieber ab. Schließlich konnte ich ja gar nicht wissen, wie sich mein Körper nach der Geburt verändern würde, wie ich mich danach fühlen und was ich dann wirklich brauchen würde. Leider sind es aber genau diese Impulskäufe, die uns vordergründig ein gutes Gefühl geben. So schnell, wie die Sachen gekauft sind, geht das gute Gefühl dann aber gleich wieder weg. Dann sitzt man da mit einem Haufen Zeugs. Hat irgendein diffuses Bedürfnis befriedigt, ohne richtig zu wissen, welcher Wunsch wirklich dahintersteckt. Viele von uns versuchen auf diese Weise ein Bedürfnis zu stillen, ohne vorher genau hinzuschauen, was sich dahinter verbirgt. Ich hatte neulich ein interessantes Gespräch darüber mit einer guten Freundin. Sie ist der Ansicht, dass Konsum ähnlich wie Alkohol und Drogen wirke. Viele würden versuchen, damit eine Leere zu kaschieren. Die könne mit Kaufen in Wirklichkeit gar nicht gefüllt werden. Genau das aber wird in unserer Gesellschaft propagiert, nach dem Motto „kauf dieses und jenes, und es wird dir besser gehen.“

KONSUMDRUCK? NEIN DANKE!

Vielleicht möchtest du dein Konsumverhalten mal daraufhin überprüfen? Beobachte doch einmal, in welchen Momenten du den Impuls hast, shoppen zu gehen. Vielleicht würde dir ein Gespräch mit einer guten Freundin oder einfach nur ein Spaziergang viel besser tun? Du kannst stattdessen auch ein paar Seiten lang deine Gedanken aufschreiben und dabei deinen wirklichen Wünschen und Bedürfnissen auf den Grund gehen. Vielleicht bedrückt dich auch etwas und du möchtest es mit einer Einkaufstour nur betäuben? Vielleicht gibt dir dein Umfeld das Gefühl, du seist nur etwas wert, wenn du Designerklamotten trägst, auf jeder Party ein neues Kleid anhast und regelmäßig im 5-Sterne-Resort Urlaub machst? Dann ist es an der Zeit, zu überprüfen, ob dieses Umfeld dir wirklich guttut. Es übt nämlich unglaublichen Druck auf dich aus.

Sehr schade finde ich auch, dass in unserer Gesellschaft nicht jede Leistung gleich anerkannt wird. Das fällt mir besonders auf, wenn Väter und Mütter sich dafür entscheiden, zu Hause zu bleiben und sich um Kinder und Haushalt zu kümmern. Da fällt dann oft der Satz, er oder sie „arbeitet nicht“. Wie bitte? Das drückt genau aus, wie wir alle immer noch insgeheim denken: Wir sehen nur das als „Arbeit“ an, was bezahlt wird. Ich finde, da muss sich etwas grundlegend verändern. Und der beste Weg dahin ist, bei sich selbst anzufangen. Zu hinterfragen, wie wir alle in dieser Hinsicht in alten Denkmustern gefangen sind. Die Motivation, daraus auszubrechen, war für mich die kritische Betrachtung meines eigenen Konsumverhaltens. In der Folge habe ich meine Konsumgewohnheiten in den letzten Jahren in allen Bereichen drastisch reduziert. So sehr, dass es sich für mich inzwischen fast schlecht anfühlt, wenn ich etwas Neues kaufe. Ganz so krass muss es bei dir natürlich nicht sein. Und schließlich gibt es ja auch immer noch Dinge, die man eben einfach braucht. Oder Sachen, die man schlicht gerne haben möchte. Das ist vollkommen okay. Nur sollte Konsum nicht als Lösung für andere Probleme dienen. Oder von außen diktiert werden.

Wer sagt dir also, wie dein eigener Wohlfühlstatus aussieht und wie viel du tatsächlich brauchst? Im besten Falle nur du selbst. Nicht die Werbung, nicht Freundinnen und Freunde, Nachbarn und Familie. Und vor allen Dingen nicht irgendein diffuser Zwang, der in Wirklichkeit nur einen tiefer sitzenden Wunsch, eine Sehnsucht oder ein Bedürfnis überdeckt. Beobachte dich ehrlich und analysiere, was dir wirklich guttut. So kann die Erinnerung an einen schönen Ausflug mit der Familie für dich viel wertvoller sein als der flüchtige Glücksmoment, wenn der Paketbote schon wieder eine Onlinebestellung bringt.

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