Читать книгу Schwerttänzer - Jennifer Roberson - Страница 9

FÜNF

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Seht!« rief Del. »Bäume!«

Ich blickte an ihrem ausgestreckten Arm vorbei und sah die Bäume, die sie meinte. Große, hochaufgeschossene Palmen mit schlaffen, kalkfarbenen Wedeln und dornenartigen, zimtfarbenen Stämmen.

»Wasser«, sagte ich zufrieden. »Seht Ihr, wie grün und kräftig die Wedel sind? Wenn sie braun und verbrannt und schlaff sind, dann weiß man, daß es kein Wasser gibt.«

»Habt Ihr daran gezweifelt?« Ihr Ton klang bestürzt. »Ihr habt mich hierhergebracht und wußtet, daß vielleicht kein Wasser da sein würde?«

Sie klang nicht böse, nur erstaunt. Ich lächelte nicht. »In der Punja gibt es niemals eine Garantie für Wasser. Und ja, ich habe Euch in dem Wissen hierhergebracht, daß vielleicht kein Wasser da sein würde, weil Ihr mir sehr eindringlich klargemacht habt, wie wichtig es Euch ist, Euren Bruder zu finden.«

Del nickte. »Ihr denkt, ich sei eine Närrin. Eine alberne, geistlose Frau.« Es war nicht wirklich eine Herausforderung. Es war eine Feststellung.

Ich wandte den Blick nicht ab. »Ist es wirklich wichtig, was ich denke?«

Einen Augenblick später lächelte sie. »Nein. Nicht wichtiger, als das, was ich über Euch denke.« Und sie ritt weiter, auf die Oase zu.

Dieses Mal war das Wasser klar und wohlriechend. Wir tränkten die Pferde, nachdem wir es getestet hatten, und füllten dann alle Botas. Del zeigte sich überrascht darüber, solchen Luxus in der Punja zu finden: Die Bäume boten genug Schatten, und es gab Gras, dickes Punjagras, hügelig, hellgrün, zusammengehalten von einem verflochtenen Netz mit zahlreichen Verbindungspunkten. Der Sand war hier feiner und kühl. Wie immer staunte ich über die vielen Gesichter der Punja. Sie ist solch ein seltsamer Ort. Sie lockt. Sie saugt dich auf und narrt dich mit ihren unzähligen Chamäleoneigenschaften. Und dann tötet sie dich.

Die Oase war groß, umgeben von einer flachen, von Menschen gemachten Felsenmauer, die gebaut worden war, um Schutz gegen den Samum zu gewähren. Palmen begrenzten das Gitterwerk des Grases. Die Oase war groß genug, um mehrere kleinere Stämme und vielleicht eine oder zwei Karawanen auf einmal einige Wochen lang versorgen zu können, sofern man den Tieren nicht erlaubte, frei zu grasen. Das freie Grasen kann eine Oase vollständig zerstören, und in der Punja sind nicht viele Leute bereit, eine weitere Versorgungsmöglichkeit mit Nahrung und Wasser, auch für die Tiere, aufzugeben. Was normalerweise geschieht, ist, daß die Nomaden für eine oder zwei Wochen ein Lager aufschlagen und dann durch den Sand zu einer anderen Oase ziehen. Auf diese Weise erholt sich die Oase rechtzeitig, um anderen Reisenden als Zuflucht zu dienen, obwohl eine Oase gelegentlich trotzdem von gedankenlosen Karawanen zerstört wird.

Die Zisterne war nicht wirklich eine Zisterne, sondern eher ein Wasserloch. Es wurde von einer unterirdischen Quelle gespeist, die aus einem tiefen Spalt in der Erde hervorsprudelte. Ein zweiter von Menschen aufgebauter Steinkreis bildete einen Teich, der von einer Seite zur anderen mehr als zwei Meter lang war und in einem größeren, von den Göttern gemachten Kreis aus felsigem, übereinanderliegendem Gestein lag, der aus dem Sand herausragte wie eine keilförmige Mauer und einen zufällig entstandenen Halbkreis bildete. Innerhalb dieses größeren Kreises gab es den besten Weidegrund mit zwar faserigem Gras, dem die süße Saftigkeit des Gebirgsgrases fehlte, das aber dennoch nahrhaft war.

In manchen Jahreszeiten habe ich die Quelle als bloßes Rinnsal kennengelernt, das den Teich kaum bis an den Rand des Steinkreises füllen konnte. Und während dieser Jahreszeiten nähere ich mich ihr mit gezogenem Schwert, denn gelegentlich belegten andere Reisende die Quelle auf unglaubliche Weise mit Beschlag und duldeten nicht, daß andere sie störten. Es gab Zeiten, in denen ich um einen einzigen Schluck kämpfen mußte. Einmal tötete ich einen Mann, damit ich mein Pferd tränken konnte.

In dieser Jahreszeit sprudelt die Quelle reichlich und füllt den Teich, wobei das Wasser gegen die grünlichen Felsen schwappt. Und so breiteten Del und ich, nachdem wir abgesattelt und unsere Pferde getränkt hatten, unsere Burnusse aus, setzten uns in dem spärlichen Schatten der Palmen und des Felsenringes nieder, ruhten uns aus und genossen die Rast.

Sie legte den Kopf zurück und gab ihr Gesicht dem Sonnenlicht preis. Die Augen waren geschlossen. »Der Süden unterscheidet sich so sehr vom Norden. Es ist so, wie Ihr gesagt habt – sie sind in Erscheinungsform und Temperament so verschieden wie Mann und Frau.« Sie lächelte. »Ich liebe den Norden mit seinem Schnee und dem Eis und den Blizzards. Aber der Süden hat seine eigene rauhe Schönheit.«

Ich knurrte. »Die meisten Leute erkennen das niemals.«

Del zuckte die Achseln. »Mein Vater hat seinen Kindern beigebracht, sich alle Orte – und alle Menschen – mit Offenheit und Leidenschaft anzusehen und mit der Bereitschaft, die Lebensart anderer zu verstehen. Man sollte so lange nicht nach dem äußeren Erscheinungsbild urteilen, sagte er, bis man versteht, was unter der Kleidung oder der Haut ist. Und wichtig ist vielleicht auch das Geschlecht des Menschen.« Eine Spur verzerrten Humors war in ihrem Ton erkennbar. »Ein Urteil aufgrund südlicher Gebräuche zu fällen, ist meiner Meinung nach schwieriger. Wie dem auch sei, ich behaupte nicht, den Süden schon zu verstehen, aber ich mag sein Erscheinungsbild.«

Ich schlug nach einem Insekt, das versuchte, sich seinen Weg unter die Haut meines Oberschenkels zu bahnen, der nun durch das Fehlen des Burnus bloßlag. Ich war überwiegend nackt, nur mit dem Velourdhoti bekleidet, den die meisten Schwerttänzer tragen. Ungehinderte Bewegungsfreiheit ist im Kreis wichtig. »Die meisten Leute bezeichnen die Punja nicht als einen schönen Ort.«

Del schüttelte den Kopf, und der blonde Zopf schlängelte sich um ihre Schulter, während eine Eidechse hinter ihr über die Felsen lief.

»Sie ist kein schöner Ort. Sie ist trostlos und gefährlich und böse wie die Schneelöwen in den Bergen des Nordens. Und wie diese kommt sie alleine zurecht und vertraut auf ihre Zuversicht und Kraft. Der Schneelöwe tötet ohne Bedenken, aber das macht ihn nicht weniger lebendig.« Sie seufzte, ihre Augen waren noch immer hinter den Lidern mit den hellgelben Wimpern verborgen. »Seine Wildheit ist ein Teil von ihm. Ohne sie wäre ein Löwe kein Löwe.«

Eine gute Beschreibung der Punja. Ich schaute sie an – sie hatte den Kopf noch immer zurückgelehnt, um der Sonne zu huldigen – und fragte mich, wie ein so junges Mädchen schon so weise sein konnte. Ein derartiges Wissen setzt Jahre der Erfahrung voraus.

Und dann, als ich sie ansah, dachte ich nicht mehr an Weisheit. Nur noch an sie.

Ich stand auf. Ich ging zu ihr hinüber. Sie öffnete die Augen nicht, also beugte ich mich hinab, hob sie auf, trug sie zum Teich und tauchte sie unter. Sie kam spritzend und Wasser spuckend hoch, erschreckt und böse. Nasse Hände griffen nach den Felsen und hielten sich daran fest, während sie mich anstarrte, und das Haar klebte ihr am Kopf.

Ich wartete ab. Und einen Moment später sah ich die Spuren der Anspannung von ihrem Gesicht und die Starre von ihren Schultern verschwinden. Sie seufzte, schloß die Augen und überließ sich ganz dem Wasser.

»Saugt es auf«, sagte ich zu ihr. »Ihr müßt Eure Haut durchtränken, bevor wir den nächsten Teil der Reise antreten.«

Ihre Antwort bestand darin, daß sie vollständig untertauchte. Ich beobachtete die Luftblasen einen Moment lang und wandte mich dann meinem Sattel zu, um ein wenig Cumfafleisch aus der Tasche zu nehmen.

Ich hörte das Knurren, bevor ich die Bestie sah. Ich hatte keine Ahnung, wann sie aus ihrem Lager in den Felsen hervorgekommen war, aber sie schlich, die schwarzen Krallen ganz ausgestreckt und den kurzen Schwanz in Bewegung, durch das Gras und den Sand. Lange Reißzähne führten im Bogen von der Oberseite des Maules herab und umschlossen den mächtigen Unterkiefer. Grüne Augen glühten in dem keilförmigen, sandfarbenen Kopf.

Ein Männchen. Gut im Futter und muskulös. Sandtiger werden nicht übermäßig groß, das brauchen sie nicht. Sie sind ganz einfach kleine, bedrohliche Bündel: mit kurzen Beinen, einem Stummelschwanz und praktisch ohne Ohren. Ihre Augen sind groß und vor einem Angriff seltsam unscharf, als seien ihre Gedanken ganz woanders. Aber das trifft nicht zu. Und der entwaffnend schwache Blick – ein Vorspiel zum rasiermesserscharfen Angriffsblick – kann sich als tödlich erweisen, wenn man sein Opfer wird. Sandtiger haben, unabhängig von ihrer Größe, mehr Kraft in ihren Hinterteilen und Hüften als ein voll ausgewachsenes Pferd, und ihre Kiefer können den Arm eines Mannes mit einem einzigen Biß brechen.

Den Tiger zu sehen erweckte genügend Gedanken, um einen Menschen zum Ertrinken zu bringen. Bilder flammten in meinem Kopf auf. Eine andere Katze. Ein anderes Männchen. Bereit, mir die Eingeweide aus meinem Bauch zu reißen. Oder die Haut von meiner Kehle zu ziehen.

Es war sehr lange her, seit ich einen Sandtiger gesehen hatte. Sie sind nicht mehr so häufig anzutreffen. Das ist einer der Gründe, warum mein Name perfekt zu meinem Beruf paßt – ein Sandtiger wird von manchen als ein Mythos angesehen, als eine erfundene Geschichte und als Einbildung. Es war nichts Mythisches um diesen hier.

Nur um mich.

Einzelhieb lag, zusammen mit meinem Sattel, in seiner Scheide auf dem Boden. Ich verfluchte meine eigene Dummheit, daß ich mich so sehr um Wasser gesorgt und meinen persönlichen Schutz außer acht gelassen hatte. Eine Nachlässigkeit wie diese konnte sich als tödlich erweisen.

Ich stand fest auf dem Boden, denn ich wußte, daß der Angriff erfolgen würde, wenn ich mich jetzt bewegte. Der Tiger würde auf jeden Fall angreifen, egal, was ich tat, aber ich wollte ihn nicht dazu ermutigen.

Hoolies, ich wollte das nicht. Nicht noch einmal.

Meine Hand fuhr zu meinem Messer und schloß sich um das Heft. Der Schweiß machte es rutschig. Ich fühlte den Knoten, der sich in meinem Bauch bildete.

Ihr Götter, nicht jetzt.

Die schmalen grünen Augen zeigten den verräterischen, verschwommenen, unscharfen Blick. Aber ich bemerkte, daß sich der Blick zu ändern begann.

Hinter mir hörte ich das Plätschern des Wassers. »Bleibt im Wasser, Del.«

Sie rief in fragendem Ton etwas zurück, aber der Tiger sprang los, und ich hörte nicht, was sie mich gefragt hatte.

Das Messer war augenblicklich aus seiner Hülle heraus und flog auf die Katze zu, aber sie war wendiger, als ich erwartet hatte. Anstatt mir an die Kehle zu springen und mit ihrem ganzen massiven Gewicht auf meinen Schultern und meiner Brust zu landen, landete diese Katze auf meinen Gedärmen und drückte mir alle Luft ab.

Ich fühlte, wie sich die Hinterbeine zusammenschlossen, die Krallen sich ausbreiteten und öffneten, als ich unter dem Anprall niederging. Mein Messer tauchte in festes Fell und Haut, und ich hörte den furchterregenden Schrei des Schmerzes und der Wut, den der Tiger von sich gab.

Meine linke Hand legte sich um die Kehle der Katze und war bemüht, ihr weit aufklaffendes Maul von meinem verwundbaren Bauch fortzustoßen. Die Hand, die das Messer hielt, war glitschig von Katzenblut. Ich roch den Gestank des Todes, von verwestem Fleisch im Atem des Tigers und hörte sein Knurren und seine leisen Schreie, während er darum kämpfte, seine spitz zulaufenden Fänge in mich zu schlagen. Ich kämpfte genauso hart darum, mein Messer tiefer zu stoßen, in irgendeinen Lebensbereich.

Er holte mit einem der mächtigen Hinterbeine aus und zog seine Krallen über meinen Oberschenkel. Er verletzte mich. Aber das machte mich auch wütender. Ich habe genug Sandtigernarben, die ich vorzeigen kann. Ich brauche nicht noch mehr.

Dann hörte ich den Schrei eines Weibchens und bemerkte, daß Del und ich über ein Lager mit Jungen gestolpert waren. Ein Sandtiger ist an sich schon gefährlich genug, aber ein Männchen mit einer Gefährtin ist noch schlimmer, und ein Weibchen mit Jungen ist das schlimmste von allem.

Und da war Del ...

Es gelang mir, mich herumzurollen und über das Männchen zu gelangen. Diese Position widersprach seiner Natur und veranlaßte ihn dazu, noch härter zu kämpfen, aber ich stieß das Messer tiefer in ihn und hörte den furchtbaren Schrei einer Katze im Todeskampf. Es erfreute mich nicht, das tut es niemals, aber ich hatte keine Zeit für eine Rechtfertigung. Ich sprang auf die Füße und wandte mich zu dem Weibchen um ...

... aber da stand bereits Del, das nordische Schwert mit beiden Händen umklammernd.

Licht erhellte die runenbesetzte Klinge. Sie stand ruhig vor dem Weibchen wie eine lebende Skulptur, das Wasser lief an ihren Armen und Beinen herab, das Haar war zurückgestrichen, und die Zähne waren bedrohlich und genauso wild sichtbar wie die der Katze. Wenn ich nicht das Heben und Senken ihres Brustkorbes als Beweis dafür, daß sie atmete, gesehen hätte, hätte ich sie für eine Statue gehalten.

Dann unterbrach ich meine Bewunderung für sie und bewegte mich.

»Nein!« schrie Del. »Diese gehört mir!«

»Seid keine Närrin!« fuhr ich sie an. »Ein Weibchen ist weitaus gefährlicher als ein Männchen.«

»Ja«, stimmte sie zu, und einen Augenblick später – nachdem ich sie angesehen hatte – verstand ich die Bedeutung ihres Lächelns.

Das Weibchen kroch mit langsamen, ruckartigen Bewegungen aus dem schwarzen Loch in dem dunkelgrünen Felsen heraus. Sie war kleiner als ihr Gefährte, aber weitaus verzweifelter. Irgendwo hinter ihr in den Felsen waren ihre Jungen, und sie würde alles tun, um sie zu beschützen. Del würde wie eine Feder in einem Samum vor ihr zu Boden gehen. Die Katze erhob sich aus dem Sand und sprang gerade hoch, die Hinterbeine angezogen, um damit Del zu treffen. Ich verschwendete keine Sekunde mit der Frage, ob ich es tun könnte, sondern ich tat es einfach. Ich schnellte mich genauso kräftig wie die Katze ab und stieß ihr eine Schulter in die Rippengegend, als wir in der Luft aufeinandertrafen.

Ich hörte Dels Fluch und wußte, daß sie ihren Schwertstreich hatte zurückhalten müssen, entweder das, oder sie hätte es riskieren müssen, mir den Kopf abzuschlagen. Die Katze ging mit einem Gurgeln und Knurren zu Boden, der Atem entwich, dann knurrte sie erneut, als ich mich über sie stellte. Ich stieß meinen linken Unterarm unter ihren Kiefer, zog ihren Kopf aus dem Sand hoch und durchtrennte ihre Kehle mit einem Messerstreich.

Mein Oberschenkel schmerzte. Ich starrte auf ihn hinab, als ich dann gekrümmt über dem toten Weibchen saß, und erkannte, daß mich das Männchen ziemlich stark erwischt hatte. Noch mehr Narben. Dann sah ich zu Del hinauf und sah, daß sie vor Wut stärker glühte als irgendeine Sonne.

»Sie gehörte mir!« schrie sie. »Mir!«

Ich seufzte und fuhr mit einem Unterarm über meine schweißnasse Stirn. »Wir sollten nicht darüber streiten. Sie ist tot. Das ist es, was zählt.«

»Aber Ihr habt sie getötet, und sie gehörte mir. Ihr habt mir meine Beute streitig gemacht.«

Ich starrte sie an. Sie war weiß vor Wut, und ihre starren Finger umklammerten noch immer das Schwert. Einen Moment lang hatte ich den seltsamen Eindruck, sie könnte mit dieser tödlichen Klinge zu einem tückischen Schlag ausholen. »Del ...«

Sie stieß eine Reihe nordischer Wörter aus, die ich nicht verstand, aber auch nicht verstehen mußte. Die Frau beherrschte die fürchterlichsten Flüche, die ich jemals gehört hatte, und ich bin selbst ziemlich gut darin. Ich hörte sie zu Ende an und ließ sie ihre Wut ausleben. Dann sprang ich auf die Füße und stellte mich vor sie. Die Spitze des Schwertes lag auf meiner Brust.

Fast augenblicklich erschauderte ich. Die Klinge war kalt, kalt, selbst in der glühenden Hitze der südlichen Sonne. Es legte erneut diesen Finger in meine Seele und klopfte an.

Es klopfte: Tiger, bist du da?

Ich machte einen taumelnden Schritt zurück. »Diese Katze hätte Euch töten können.« Ich sagte dies barsch, mehr als Reaktion auf das Schwert als aus Verärgerung aufgrund ihres Verhaltens. »Benehmt Euch nicht wie eine Närrin, Del!«

»Närrin?« platzte sie heraus. »Ihr seid der Narr, Schwerttänzer! Macht ein Mann einem anderen Mann seine Beute streitig? Beschützt ein Mann einen anderen Mann, wenn er vollständig vorbereitet und bereit ist, die Situation selbst zu klären?«

»Vergeßt Ihr nicht etwas?« hielt ich ihr vor. »Ihr seid kein Mann, Del. Hört auf zu versuchen, wie einer zu handeln.«

»Ich bin ganz einfach ich!« schrie sie. »Einfach Del! Wertet mich nicht ab, nur wegen meines Geschlechts!«

»Hoolies, Frau, benehmt Euch nicht, als hättet Ihr Sand im Gehirn.« Ich ging an ihr vorbei zum Wasser.

»Ihr habt Sand im Kopf, Schwerttänzer«, sagte sie verbittert. »Ihr seid der Narr, wenn Ihr glaubt, ich sei hilflos und weich und unfähig.«

Ich beachtete sie nicht. Mein Oberschenkel brannte, und die einzig mögliche Reaktion auf diese Vorwürfe war einzulenken. Außerdem war ich hungrig, und Wut klärt niemals einen Streit, auch nicht im Kreis. Besonders nicht im Kreis. Also zog ich meine Schuhe aus, ging über den Steinkreis ins Wasser und hinterließ Luftblasen, als ich unter die Oberfläche sank.

Als ich wieder auftauchte und mich an den Felsen festhielt, sah ich, wie sich Del ihren Weg in das Sandtigerlager suchte. Das trieb mich sofort aus dem Wasser. Ich ging tropfend über den Sand zu ihr und brüllte ihr eine Frage zu, aber als ich die Stelle erreichte, kam sie schon wieder heraus. Nachdem sie aus den Felsbrocken herausgekrabbelt war, warf sie den schweren Zopf zurück und sah zu mir auf. In ihren Armen hielt sie zwei Sandtigerjunge.

Sie schrien und bissen sie, die Pranken schlugen auf ihre Hände ein, aber die Krallen von Sandtigerjungen können die Haut erst durchdringen, wenn sie drei Monate alt sind. Darum sind die Eltern so darauf bedacht, sie zu beschützen, und so gefährlich. Die Jungen haben noch sehr viel länger keine angeborenen Verteidigungskräfte als die meisten anderen Tiere der Punja. Diese hatten sogar noch ihre Milchzähne, was bedeutete, daß sie erst halbwegs entwöhnt waren.

Ich fluchte, während ich den ganzen Sand volltropfte. »Ihr wollt sie behalten?«

»Ohne Hilfe werden sie sterben.«

»Mit Hilfe werden sie sterben.« Ich hockte mich hin, beachtete den Schmerz in meinem zerkratzten Oberschenkel nicht und streckte die Hand nach einem der Jungen aus. Ich konnte es nicht leugnen – mit ihren zwei Monaten waren sie ausgesprochen niedlich. Und fast so anschmiegsam wie ein Cumfa. »Es wird besser für sie sein, wenn ich sie jetzt töte.«

Del sprang zurück. »Wagt es nicht!«

»Bascha, sie sind hilflos«, belehrte ich sie. »Es sind Sandtigerjunge, um Valhails willen! Es leben schon genug Sandtiger in der Oase. Jeder weitere kostet Menschenleben.«

»Menschen können auf sich selbst aufpassen. Diese Jungen können es nicht.«

Ich seufzte erneut und ließ es zu, daß das Junge meinen Finger mit Beschlag belegte. »Jetzt können sie sich nicht selbst beschützen. Ihre Zähne sind stumpf, und ihre Krallen wachsen noch. Aber in einem Monat werden sie Reißzähne und Krallen haben und alles töten, was sich bewegt.«

Das Junge knabberte an meiner Hand. Es tat nicht weh. Das schnurrende Knurren war nur eine ganz schwache Erinnerung an das wütende Brüllen, das ich von seinem Vater gehört hatte.

Del schubste das Junge in meine Arme und wiegte das andere. »Sie sind noch Babys, Tiger. Sie haben eine Chance verdient, am Leben zu bleiben.«

Ich sah sie stirnrunzelnd an, aber das Junge knabberte weiter an meinem Finger, bis es in meinen Armen einschlief. Sie hatte recht. Ich konnte es nicht tun. Harter, alter Tiger, professioneller Schwerttänzer.

Ich zog das Junge zu meinem Burnus hinüber, legte es hin, beobachtete seinen Schlaf und fluchte. »Was zu den Hoolies wollt Ihr mit ihnen tun?«

Del ließ ihren Zopf auf die Nase ihres Jungen baumeln. Es schlug auf die Haare und quengelte tief in der Kehle. »Wir werden sie mitnehmen.«

»Quer durch die Punja?« fragte ich ungläubig. »Hoolies, Bascha, ich weiß, es ist den Frauen vorherbestimmt, etwas bemuttern zu wollen, aber wir werden schon Glück haben, wenn wir uns selbst durchbringen. Wir können uns nicht mit zwei Sandtigerjungen belasten.«

»Wir haben keine andere Wahl.« Sie sah mich fest an. »Ihr habt ihre Eltern getötet. Ihr habt ihre Versorgung abgeschnitten. Jetzt schuldet Ihr ihnen etwas.«

»Hoolies!« Ich fluchte. »Warum muß ich auch eine verrückte nordische Frau mit verrückten nordischen Ansichten aufgabeln. Und überhaupt – das letzte, was ich gehört habe, war, daß Ihr das Weibchen töten wolltet. Macht mich nicht zum Bösewicht.«

Ihre Augen waren unglaublich blau unter hellen, sonnengebleichten Brauen. »Ihr seid, was Ihr seid, Schwerttänzer.«

Ich seufzte und gab auf. »Seht, ich muß ein wenig schlafen. Wir werden darüber sprechen, wenn ich aufwache.« Sie hörte sofort auf, mit dem Sandtigerjungen zu spielen. »Ich dachte, Ihr wolltet weiterreiten, sobald wir Wasser aufgenommen und uns ausgeruht hätten.«

»Das will ich auch. Aber ich kann es nicht, bevor ich nicht ein wenig geschlafen habe.« Ich sah ihr verwirrtes Stirnrunzeln. »Bascha, die Krallen von Sandtigern sind giftig. Wenn sie Euch schwer genug erwischen, lähmen sie Euch – so daß sie sich eine gemütliche Mahlzeit erlauben können.« Ich deutete auf meinen Oberschenkel. Das Wasser hatte das Blut anfänglich abgewaschen, aber jetzt rann noch mehr davon langsam mein Bein hinab. »Das ist nicht schlimm, aber es ist doch besser, wenn ich ein wenig schlafe. Also, wenn Ihr nichts dagegen habt ...« Ich unterdrückte einen Seufzer der Anstrengung und legte mich auf meinen Burnus, in die Nähe des schlafenden Jungen. Es – er – schlief weiter, und einen Moment später tauchte auch ich in das Reich des Vergessens ein.

Schwerttänzer

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