Читать книгу himmlisch heiße Schleckereien zu Weihnachten - Emilia Jones, Jennifer Schreiner - Страница 8
1.Eine ungewöhnliche Weihnachtsausstellung
ОглавлениеDarri sah sich um und überlegte, wie lange er bleiben musste, um nicht als gänzlich unhöflich zu gelten. Dabei konnte er genau fühlen, wie ein Teil seines Ichs über diesen Gedankengang schmunzelte, während sich der Rest ärgerte. Er sollte sich geschmeichelt fühlen, weil er eingeladen war. Aber verdammt noch mal, er hatte so lange darauf hingearbeitet, endlich zu der Elite zu gehören, dass er sich enttäuscht fühlte, weil es letztendlich so einfach gewesen war, nicht mehr nur »der Kleine zu sein« oder der Begleiter seines Bruders – irgendeinem seiner Brüder.
Trotzdem wusste er genau, dass die Einladung kein bisschen mit seinem Können zu tun hatte. Zumindest nicht von seinem Können als Architekt.
Und das trübte seinen Triumph doch ganz erheblich!
Er verzog die Lippen zu einem Grinsen, das nur halbgut war und konnte beinahe spüren, wie einige der nahestehenden Damen tonlos seufzten.
Darum bemüht, sich seine Emotionen nicht anmerken zu lassen, kämpfte er Wut, Enttäuschung, Frust und das flaue Gefühl in seinem Inneren nieder und setzte den ersten Schritt in den gut besuchten Raum, dann einen zweiten. Dabei ignorierte er geflissen, wie einige Frauen aufgeregt zu tuscheln begannen und andere versuchten ihre Reaktion auf ihn zu verbergen. Meistens die, die in Begleitung auf die Vernissage gekommen waren. Aufmerksamkeit zu bekommen war beinahe zu simpel.
Er schnaubte und war dankbar, dass nur eine einzige Person im Raum seine Geste richtig gedeutet hatte. Die, auf die er zusteuerte, weil sie wie ein Fels in der Brandung in der Mitte des Trubels aufragte und trotz seiner Optik angenehm hervorstach.
»Na, wieder hundert hoffnungsvolle Herzen im Sturm erobert?«, erkundigte sich sein Bruder und legte ihm gönnerhaft den Arm um die Schultern. Dass Ruben selbst als einer der attraktivsten Männer New Yorks galt, aber gerade innerhalb von Sekunden das gesamte Dameninteresse verloren hatte, schien ihm nichts auszumachen. Kein Wunder, war er doch inzwischen schwer verliebt.
»Jetzt schau nicht so, als würden sie dich mit Elektroschocks malträtieren«, tadelte der Dunkelhaarige, der ihn um anderthalb Köpfe überragte.
»Ich wünschte, sie würden«, murmelte Darri knurrig und sah sich um.
»Hier sind sehr viele Frauen, die nur darauf warten würden ….« Ruben ließ seinen Satz ausklingen und sah sich demonstrativ um. Tatsächlich hing ein guter Teil der Aufmerksamkeit im Raum – wenn auch teilweise gut versteckt – auf seinem Bruder. »Aber dir wäre es ja lieber, wenn du sie malträtieren dürftest, nicht wahr?«, neckte er.
»Ja, deutlich lieber!«, gab Darri zu. Seine sexuellen Vorlieben waren schließlich kein Geheimnis, was zwischen ihnen stand. Nicht umsonst führten die Brüder zusammen die größte und einflussreichste erotische Begleitagentur der Welt.
»Aber was gibt man einem wohlhabenden Mann, der alles hat oder sich kaufen könnte?«, murmelte Ruben und ließ den abgewandelten Slogan ihrer Firma wie ein Geheimnis klingen.
»Du, mein Lieber, bist wirklich doof!« Darri befreite sich aus der Umarmung und überbrückte die letzten Schritte, um die Frau zu begrüßen, die sich eben aus ihrem Gesprächskreis zurückgezogen hatte und zu ihnen wandte.
»Du siehst hinreißend aus wie immer!« Er gab der Freundin seines Bruders einen Kuss auf die Wange und warf einen gespielt bösen Blick in Richtung Ruben. »Kann man von ihm nicht behaupten.«
Joanna lachte leise. Ein hinreißendes Lachen, nach dem sich etliche Männer umdrehten. Es passte zu der hinreißenden Frau, die das Geräusch machte. Es war ebenso sinnlich wie sie und genauso verführerisch.
»Wenn du mal von ihm die Nase voll hast, weißt du ja, wo du mich findest!«, meinte Darri – gerade laut genug, damit ihn sein Bruder hören konnte.
»Ich habe dich auf Kurzwahl, Darri. Immer auf Kurzwahl«, lachte Joanna flirtend zurück und warf ihre langen blonden Haare zurück. Ganz im Sinne ihrer verlockenden Worte. Nur ihr Augenzwinkern strafte sie Lüge.
»Ihr wisst schon, dass ihr dürft, oder?« Ruben trat einen Schritt näher zu ihnen, die Lässigkeit in Person. »Aber nur, wenn ich zuschauen darf.«
»Witzig!«, behaupteten Darri und Joanna beinahe synchron, obwohl Joannas Wangen zu glühen begonnen hatten. Darri schmunzelte, weil auch die schöne Freundin seines Bruders nicht gegen ihn immun war. Wenn sie ahnen würde, dass diese Anziehung durchaus auf Gegenseitigkeit beruhte, wäre sie vermutlich eher schreiend weggelaufen, als Ruben aufzuziehen. Hauptsächlich, weil der seine Worte ernst meinte und weil sie wusste, auf welche Spiele Darri abfuhr. Wirklich abfuhr.
Um die Worte niederzukämpfen, die Einladung, die ihm auf der Zunge lagen, griff Darri zu den Leckereien, die einer der Kellner auf einem Tablett anbot. Um sich abzulenken entschied er sich gleich für ein Schälchen der gemischten Knabbersachen und hielt sie erst Joanna, dann Ruben hin.
»Nein, danke!«, wiegelte Joanna ab. »Da steckt System dahinter.«
Mit einem fast unverschämt fröhlichem Grinsen wandte sie sich ab. »Wir sehen uns später.«
»Ich freue mich jetzt schon drauf!«, behauptete Darri und schob sich eine Nuss in den Mund. Nur um sie fast wieder auszuspucken. Scheiße, war die süß!
An Rubens Schmunzen konnte er erkennen, dass sein Bruder dieselbe Erfahrung auch schon gemacht hatte.
»Danke für die Vorwarnung«, knurrte er und sah sich nach etwas um, was seinen spontanen Durst stillen konnte. Oder wenigstens den süßlich-klebrigen Geschmack aus seinem Mund vertreiben.
»Na, hol dir schon was zu trinken, kleiner Bruder«, forderte Ruben und schob ihn mit einer Hand in Richtung Theke.
Darri war versucht, ihm die Leviten zu lesen. Sowohl wegen der versäumten Warnung, als auch für das Schieben. Aber dafür war der Geschmack in seinem Mund einfach zu penetrant.
Aus diesem Grund entschied sich der Jüngere dazu, der Forderung seines Bruders Folge zu leisten und … der Geschmack in seinem Mund veränderte sich, wurde schwächer und angenehmer. Seltsam. Darri verharrte zwischen mehreren Menschentrauben und weil er von Natur aus neugierig war nahm er eine zweite Nuss, um sie zu kosten. Sie war nicht zu süß, eher zu knusprig. Die nächste dann zu bitter. So bitter, dass er sich schüttelte. Nicht innerlich.
Das schien tatsächlich Methode zu sein. Und nach Sekunden schmeckte es trotzdem.
Nachdenklich wandte er sich zu Ruben, der sich aber schon zu den Leuten gesellt hatte, mit denen Joanna sprach.
Als sich Darri nach seinem zweiten Bruder umschauen wollte, wurde seine Aufmerksamkeit von einem der ausgestellten Bilder gefangen. Es war zu dunkel, als spiegele es einen Schmerz wieder, zu qualvoll, um ihn zwischen Rahmen einzufangen. Das Bild daneben war dagegen beinahe übertrieben fröhlich. Und irgendwie passten beide zu dem Knabberkram, der auch irgendwie zuviel war, zuviel schmeckte, zuviel ausdrückte.
Er sah sich wahrlich nicht als Kunstkenner, aber beides schien gewollt zu sein.
»Gefallen sie dir?«, erkundigte sich eine weibliche Stimme. Darri legte den Kopf schräg und versuchte die Frau, die ihn angesprochen hatte und nun neben ihn trat, unauffällig zu mustern. Normalerweise wurde er nicht angesprochen – zumindest nicht so. Ihr Augenmerk schien nämlich tatsächlich der Kunst zu gelten und nicht ihm.
»Kein bisschen«, entgegnete er und schwieg einige Sekunden, bevor er ergänzte: »Und total.« Er zuckte mit den Schultern, weil er nicht wusste, wie er seine gemischten Gefühle besser erklären sollte. Um den Augenblick zu überspielen hob er den Drink, den er erbeutet hatte, an seine Lippen. Doch die Fremde stoppte ihn, indem sie ihre Hand auf seine legte und den Kopf schüttelte.
»Nimm lieber den.« Ungefragt nahm sie ihm das Getränk weg, stellte es auf einem der Stehtische ab und drückte ihm stattdessen ihr Glas in die Hand bevor sie ihm zuzwinkerte und ging.
Darri sah ihr irritiert hinterher und beobachtete, wie sie sich zu einer der Gruppen gesellte. Ganz offensichtlich war sie die Galeristin oder die Künstlerin. Nichtsdestotrotz war diese Begegnung wirklich seltsam gewesen!
Nachdenklich roch er an dem Getränk, das offensichtlich noch nicht angerührt worden war. Gin Tonic. Dankbar trank er einige Schlucke und wurde so endlich den furchtbar gemischten Geschmack in seinem Mund los.
Trotzdem war er neugierig und obwohl er ahnte, dass es ein Fehler war, nahm er sich abermals das Glas, vor dem er gewarnt worden war. Der Geruch war eindeutig: Pina Colada.
Vorsichtig nippte er an der hellen Flüssigkeit und verschluckte sich fast an dem extrem kokosnusslastigen Getränk. Wie schaffte man das denn?
Sein Blick irrlichterte wieder zu den Bilder und plötzlich war er froh, sich nicht für einen pfeffrig-scharfen Drink entschieden zu haben. Auch deswegen klammerte er sich an den Gin Tonic und bummelte wieder zurück zu Ruben und Joanna.
»Lauf lieber schnell weg, bevor er dir auch anbietet, mit mir in die Kiste zu gehen!«, zwinkerte Joanna einem Neuankömmling zu. Darri drehte sich um, Sekunden bevor ihn sein ältester Bruder in eine Umarmung zog. Im Gegensatz zu ihm wirkte Isaac mit seinem Maßanzug und der lässigen Haltung eines Mannes, der genau hier sein wollte, als gehöre er exakt in diese Ausstellung, zur Elite.
Aber es war Joanna, die wieder seine Bewunderung verdient hatte. Er liebte es, mit welcher Leichtigkeit sie mit den Brüdern umging und ihnen gleichzeitig zeigte, wie sexy sie sie fand – und trotzdem Ruben treu war.
Jetzt war er derjenige, der tonlos seufzte. Er wollte eine Frau wie Joanna, eine, die ihn liebte und mit der er gleichzeitig Spaß haben konnte. Die man teilen und trotzdem besitzen konnte – oder von ihr besessen wurde.
»Wäre ich naiv, würde ich denken, dass dieser kuhäugige Schlafzimmerblick mir galt«, meinte Joanna und sah ihn prüfend an. »Ist alles in Ordnung bei dir?«
»Er muss nur mal wieder flachgelegt werden«, behauptete Isaac, bevor Darri antworten konnte und fing sich gleich zwei böse Blicke ein.
»Das sagt ja der Richtige!« zog Joanna ihn auf. Eine der wenigen Frauen, die damit bei seinem ältesten Bruder durchkamen. Hauptsächlich, weil sie sich weder durch sein Macho-Gehabe noch von seiner Dominanz beindrucken ließ und beides durchschaute. »Wann war denn dein letztes Mal? Das Jahr genügt mir.«
Darri verdrehte stumm die Augen und schlenderte mit seiner kleinen Gruppe weiter und versuchte seine Aufmerksamkeit auf den ausgestellten Bildern zu halten. Sie waren ästhetisch – aber übertrieben. Und egal, wie Darri es drehte, er konnte den richtigen Begriff für diese Art Kunst nicht finden, nicht die Emotionen, die dahintersteckten. Vermutlich war die Künstlerin jemand, der litt oder leiden wollte oder sollte.
»Gestern, mein Schatz, gestern«, teilte Isaac mit einiger Überheblichkeit in der Stimme mit. Dabei strich er sich demonstrativ durch die angegrauten Haare, die ihm einen erfahrenen Touch verliehen und gerade die richtige Portion Würde. Wenn Darri es nicht besser wüsste, würde er behaupten, sein Bruder investiere sehr viel Geld in einen Friseur, der ihm die Haare farblich stylte. Stattdessen meinte er: »Für dich ist das immer so einfach, nicht wahr.«
»Nein, aber es ist sicher!«, behauptete sein Bruder und kurz trafen sich ihre Blicke, leuchtendes Blau tauchte in kühles Eisblau. Darri war der erste der Wegsah. Nur zu gut kannte er das Gefühl, das Isaac in Worte gefasst hatte, ohne es auszusprechen. Manchmal waren »sichere« Vergnügungen eben alles, was man tolerieren konnte; manche Wunden heilten eben langsamer als andere.
Selbst Joanna nickte und behielt jeden spitzen Ratschlag, jede geistreiche Bemerkung für sich. Lediglich ihr Blick, der liebevoller wurde und zu Ruben schweifte, verriet ihren Gedankengang. Und nicht zum ersten Mal beneidete Darri seinen Bruder.
Zumindest bis er sah, wie ein älterer Mann auf ihre Gruppe zusteuerte. Das silbergraue Haar war zu lang, aber immerhin zu einem Zopf zurückgebunden, die Sonnebrille wie immer vollkommen Fehl am Platze. Allein der Anblick ließ seinen Puls schneller gehen – und seine Emotionen in ein anderes Gefühl umschlagen. Kein gutes.
Für einen Augenblick war Darri versucht, sich hinter Isaac oder Joanna zu verstecken, auch wenn es dafür schon längst zu spät war. Natürlich hatte der andere ihn entdeckt und würde ihn vermutlich gleich um seine Teilnahme an irgendeiner Modenshow oder Fotokampagne bitten.
»Da ist er ja, der kleinste Engel der Welt!«, jubelte der Modeschöpfer gerade laut genug, dass ihn die Umstehenden hören konnte.
Oh, wie Darri diesen Titel hasste. Es gab nur eine einzige Sache, die er noch mehr hasste: Dabei gute Miene machen zu müssen.
»Junge, du hast sie gestern wieder alle bezaubert!« Der alte Mann legte seinen Arm um Darris Schultern und dirigierte ihn zur Seite, um unter vier Augen mit ihm sprechen. Darri folgte ihm zwar, war aber versucht, die Berührung wegzuwischen.
»Du solltest dir überlegen, ob du nicht lieber vor der Kamera deinen Platz suchst. Ich habe vier Anfragen bekommen – und eine der bekanntesten Modefirmen will dich zum Gesicht des Jahres machen.«
»Will ich nicht!«, erklärte Darri mit einer Entschiedenheit, die selbst ihn überraschte. Aber selbst das Fotografieren der Models war ihm auf die Nerven gegangen. Fotos waren ein Hobby von ihm, eine Leidenschaft. Und nichts, was er gerne als Brotjob machen wollte, Auch weil er sich seine Freiheit erhalten wollte.
»Schwer zu akzeptieren, aber in Ordnung«, meinte der andere, obwohl sein Gesichtsausdruck deutlich sagte, dass er diese Sache auf keinen Fall würde ruhen lassen. Aber heute wollte er etwas anderes und kam deswegen auch sofort auf den Punkt: »Ich möchte, dass du diese Ausstellung heute fotografisch begleitest.«
»Ein bisschen spontan, oder?«, meinte Darri, sah sich aber beinahe augenblicklich um und veränderte geistig den Blickwinkel auf das Geschehen, weil ihn einige Motive tatsächlich bereits vorher angesprochen hatten.
»Der Fotograf ist eben geflohen«, erklärte der Modeschöpfer, der schon so lange in der Branche beschäftigt war, dass einige munkelten, er hätte sie erst erschaffen.
Darri nickte. Das glaubte er sofort. Nicht nur wegen der Launen des Modegurus, sondern auch wegen der ausgestellten Kunst. Beides war nichts für sensible Künstler.
»Er hat mir seine Ausrüstung dagelassen, du kannst sie dir leihen«, erklärte der Designer und sah Darri so hoffnungsvoll an, als habe der sich bereiterklärt, als neue Muse zu fungieren.
»Kann er nicht!« Die Frau, die ihm einen Gin Tonic spendiert hatte, war unbemerkt hinter ihn getreten und hatte wohl einen Teil des Gesprächs belauscht.
»Kann ich nicht?« Darris Blick irrte zu ihr, aber schließlich zuckte er mit den Schultern. So scharf war er auch nicht auf einen ungeplanten Job. Zumindest nicht, bis sie hinzufügte: »Er hat kein Auge für Schmerz, Zerrissenheit … vielleicht noch für Schönheit, das mag sein … aber der Rest. ..«
Darri konnte spüren, wie der Geduldsfaden, den er die letzte halbe Stunde mühsam zusammengehalten hatte, riss. »Und das ist so, weil alle Leute, die gut aussehen, gut sind? Oder nett?«, fauchte er. »Ein kleine Engel?«
Der Designer räusperte sich und trat einen Schritt vor, um Darri von der Künstlerin fortzudrängen, aber dieser dachte gar nicht mehr daran, sich stoppen zu lassen.
»Nein!« Die Frau warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Weil du zu perfekt bist, dir die Lebenserfahrung dafür fehlt und die Chance, dass du sie aus anderen Gründen hast, denkbar gering sind.«
Darri schnaubte und hielt ihrem Blick nicht nur stand, sondern gab sich die Genugtuung, sie von oben bis unten zu mustern. Sie war schön, eigentlich sogar zu schön. Etwas, was zu ihren Bildern passte. Aber genau wie bei diesen stimmte irgendetwas nicht, passte nicht zusammen.
»Das passiert, wenn einem nahezu jeder Knochen im Gesicht gebrochen wird. Es bleiben Makel«, erklärte sie und klang so finster, wie es ihre Bilder teilweise waren.
»Darri, ich finde wirklich. ..«, begann der Modeschöpfer, verstummte aber unter dem Blick des jüngeren Mannes. Trotzdem meinte der: »Sei so gut, und lass uns einen Moment allein.«
Darri griff nach der Frau und gab sich keine Mühe den Griff sanft zu gestalten. Und genauso zog er sie mit sich, weiter nach hinten, aus der Sichtweite aller anderen. Hart, fest und unnachgibig. Er wusste, es würden Spuren von seinen Fingern auf ihrer Haut zurückbleiben. Es war ihm egal. Nein, nicht egal. Es befriedigte ihn. Genauso, wie es ihn befriedigte, dass sie keinen einzigen Mucks von sich gab und ihm ohne Widerstand folgte. Ein Blick nach hinten versicherte ihm, dass sie es nicht aus Angst tat. Er konnte etwas anderes in ihrem Gesicht sehen. Etwas, was weit über Interesse oder Wut hinausging. Selbst als er sie zu sich herumwirbelte und gleichzeitig losließ.
»Wer hat dir nahezu jeden Knochen gebrochen?«, erkundigte er sich lauernd und hauptsächlich, weil er seine Wut auf jemand anderen fokussieren wollte; jemanden, der sie verdient hatte.
»Was…«, korrigierte sie und ihr Blick und ihre Stimme wurden sanfter. Nur ihre Körpersprache widersprach diesem Signal: Sie war immer noch kampfbereit. Auch wenn er sie – im wahrsten Sinne der Beschreibung – in die Ecke gedrängt hatte.
»Du hast es in deiner Kunst verarbeitet?«, riet er und seine Aufmerksamkeit wandte sich vollständig ihr zu.
»Ja, mein schöner, kleiner Engel.« Ein schmales Lächeln zuckte um ihre Mundwinkel, weil sie sich der Provokation ihrer Worte durchaus bewusst war. Sie genau deswegen gewählt hatte.
»Nenn mich noch einmal so, und du wirst den Preis dafür bezahlen!«, behauptete er und sein Blick verfinsterte sich noch mehr. »Ob du willst oder nicht.«
»Aha«, meinte sie. Noch immer hielt sie seinem Blick stand. Etwas, was die meisten Menschen nicht schafften, wenn er in dieser Stimmung war. Seine ungeteilte Aufmerksamkeit schien etwas zu sein, was Leute schlichtweg nicht ertrugen. Vielleicht kam sein Spitzname doch nicht allein von seiner Optik?
»Und glaub mir, er ist schmerzhaft«, warnte er und trat einen drohenden Schritt vor, um ihr klar zu machen, dass er in der besseren Position war. Nicht in der Ecke.
»Schmerzhaft genug?«, hakte sie zu seiner Überraschung nach und hielt seinem Blick weiterhin gefangen. In ihrer Stimme schwang etwas mit, was ein Anfänger vielleicht als Belustigung identifiziert hätte – aber es war viel mehr als das, mehr als Interesse, mehr als aufflammende Lust; es war die Frage einer Getriebenen. Aus ihr sprach eine Sehnsucht, die befriedigt werden wollte.
Darri schnaubte, obwohl ihm nach Lachen war. DAS hatte wirklich noch keine Frau gefragt. Die meisten hätten spätestens jetzt Reißaus genommen. Nur zu sicher wusste er, wie sein eigener Gesichtsausdruck wirken musste: gehetzt und mindestens so hoffnungsvoll wie der ihre.
»Vielleicht habe ich dich unterschätzt. ..«, meinte die Künstlerin und wirkte sehr nachdenklich. So als wöge sie ihre Interessen, ihre Lust und ihre Chancen gegeneinander ab.
»Vielleicht hast du das«, gab Darri zu. Und jeder, der ihn kannte, wusste, dass die Sanftheit in seiner Stimme trügerisch war. Er mochte aussehen wie ein Engel – aber falls er einer war, dann ein Gefallener.
»Ich weiß gute Schmerzen durchaus zu schätzen«, gab die attraktive Frau zu und legte den Kopf ein wenig schräg. So als warte sie darauf, dass Darri den ersten Schritt machte – oder ihr die Entscheidung aus der Hand nahm.
»Gibt es schlechte?« Darri trat einen weiteren Schritt nach vorne, was sie dazu veranlasste, nach hinten zu gehen, bis sie mit dem Rücken zur Wand stand. Ein Umstand, den Darri nutzte, um nach ihren Händen zu greifen und sie über ihrem Kopf zu positionieren. Ihre Gelenke mit einer Hand haltend, nutzte er die freie Hand dazu, langsam über ihre Haut zu streichen, rau und hart, so dass seine Fingernägel Spuren hinterließen. »In diesem Zusammenhang?«
Ihre Nasenflügel blähten sich, obwohl er die angefachte Lust in ihren Augen lodern sehen konnte. »Ich will nichts Festes.«
»Nur Spaß«, versicherte sich Darri und fügte, als sie nickte, hinzu: »Unverbindlich.«
Wieder nickte die Frau und er konnte sehen, wie sie das Kratzen seiner Nägel auf ihrer Haut genoss, ihr Gesicht war schon leicht gerötet, ihre Atmung ging anders und es fiel ihr schwer, ihn weiter anzusehen. Trotzdem gelang es ihr zu sagen: »Und schnell, du musst ja eine Ausstellung in Bildern festhalten.«
Darri starrte sie einen Augenblick fassungslos an und fragte sich, ob sie vielleicht ein Engel war. Ein rettender Engel, der ihm einen Lichtblick verhieß. Auch wenn sie nichts Festes wollte, war er doch kein Mann, der einen Moment verschenkte – oder einer Versuchung widerstehen wollte.
Deswegen und weil ihr aufmüpfiges Angebot so unerhört, so erwünscht und gleichzeitig Dank ihrer erfoderlichen Anwesenheit als Ausstellerin so unmöglich unpassend war, lachte er übermütig.
»War das ein Ja?«, erkundigte sich die Künstlerin mit flacher Stimme, in der ihre Aufregung mitschwang.
»Das war ein Ja, meine Schöne!«, bestätigte Darri und drängte sie noch weiter nach hinten, so dass sie beinahe ganz von einem der riesigen Gemälde verdeckt waren. Im Schatten. Er beugte sich zu ihr und fuhr einen der roten Striemen auf ihrem Arm mit der Zunge nach. Nach wenigen Sekunden ließ er sie dabei auch seine Zähne spüren und presste sie immer fester in ihr Fleisch, so dass sie beinahe dieselben Spuren hinterließen, wie seine Fingernägel zuvor.
Als die Künstlerin leise stöhnte, war das Musik in seinen Ohren. Und der Hinweis, auf den er gehofft hatte. Sie mochte es wirklich härter.
Trotzdem war sein erster Biss sanft, zeichnete sie kaum und würde auch nur einen zarten Abdruck hinterlassen, der in wenigen Minuten verschwunden sein würde.
»Fester!«, forderte sie zu seinem Entzücken. Eine Forderung, der er nur zu gerne nachkam. Kleine Hapser, Liebesflecke, Knutschmale und echte Bisse abwechselnd auf ihrem Hals, den Armen und Schultern verteilend, öffnete er ihre Bluse, um sein Werk auf der nun freiliegenden Haut fortzusetzen. Dabei genoss er ihr Stöhnen, genau wie die Tatsache, dass sie selbst die Initiative ergriff und sich aus seinem Griff befreite, um seine Hose zu öffnen. Normalerweise hätte er sie dafür bestraft, aber hier und jetzt war es genau die richtige Mischung aus Hingabe, Leidenschaft und Verlangen, die er brauchte – schon allein, weil sie keine Zeit für mehr hatten.
Er sog ihre rechte Brust in seinen Mund und erhöhte den Druck seiner Zähne langsam aber stetig, während seine linke Hand zwischen ihre Beine glitt, er seine Finger zwischen ihre Lustlippen schob und ihre Feuchtigkeit verteilte. Sie war so willig, so bereit für ihn, dass er seinen Biss hielt, während er in sie eindrang. Eine koordinative Meisterleistung, vor allem, weil sie ihm mit dem Becken entgegenkam und sein erster Stoß härter ausfiel als geplant.
Aber er wollte sie, wollte die Befriedigung – genau wie sie. Er entließ ihren Busen aus seinem Mund und beschränkte sich auf den animalischen Rhythmus, der ihn trieb rücksichtslos in sie hineinzupumpen. Schnell, hemmungslos und animalisch. Und sie genoss es, kam ihm entgegen, hielt ihn, verhielt sich genauso amoralisch wie er, wollte diese Leidenschaft, diesen Trieb befriedigen. Sie krallte sich genauso an ihn, wie er sich an sie, er konnte ihre Fingernägel spüren, die sich selbst durch den Stoff seines Jackets in seine Schultern gruben. Es war ihm egal, wahrscheinlich würde sie deutlichere Spuren davontragen.
Als sie gemeinsam kamen, war es, als flösse warme, flüssige Erleichterung durch seine Adern, pumpten von ihm in sie hinein und wurden durch das Pulsieren der Muskeln um seinen Schwanz herum wieder zurückgemolken, bis sie beide bis zum Bersten erfüllt waren von einer heiteren Leichtigkeit, die sich auf ihrem Gesicht spiegelte. Und wahrscheinlich auch seines zum Strahlen brachte.
»Das war. ..«, begann sie, brach aber aber, weil sie immer noch um Atemluft rang – und um Worte.
»Ziemlich«, gab Darri zu. Beinahe sogar schon zu gut.
»Wiederholung? Später?«, erkundigte sie sich immer noch stimmlich abgehackt.
»Wird dann wahrscheinlich zu schlecht?!«, meinte Darri lachend und biss ihr leicht und neckend ins Ohr.
Zu seinem Glück verstand sie seinen Humor sofort und begann zu lachen. Auch wenn sich einige seiner Bisse bereits verfärbten und sich seine Kratzspuren deutlich von ihrer hellen Haut abhoben.
Mit Darris Spuren auf ihrem Körper als Zeichen einer zu großen Leidenschaft, einer zu gewaltigen Lust und eines zu gewaltigen Verlangens nach Lustschmerz, gingen sie gemeinsam zurück, um wieder Teil der zu gemäßigten, elitären Kunstkenner-Gesellschaft zu werden.
Da der Knabberkram und die Getränke in der Geschichte als »zu viel« beschrieben werden (zu süß, zu salzig, zu knusprig, zu bitter …), habe ich mich darauf beschränkt, die »echten« Rezepte zu nehmen.
Falls Sie allerdings darauf bestehen, ihr Schnuckerzeug zu sehr zu würzen, tuen Sie sich keinen Zwang an; -)