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Friedrich Ludwig Schröder: „Gezeugt und gesäugt auf dem Theater«

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Der Organist und Harfenspieler Johann Dietrich Schröder (um 1700–1744) aus Berlin, unterwegs mit einer Wanderbühne, hatte sich tragisch »dem Trunke ergeben«. Er war verheiratet mit Sophie Charlotte Schröder, geb. Biereichel (1714–1792), einer Stickerin und Näherin, ebenfalls als »Komödiantin« dem »Fahrenden Volk« zuzurechnen. Die Eheleute lebten schon sechs Jahre getrennt voneinander, als sie sich Anfang 1744 trafen, um die Scheidung zu besprechen.

Friedrich (Ulrich) Lud(e)wig Schröder war neun Monate später – am 3. November 1744 in Schwerin – das Ergebnis dieses Abschiedstreffens.

»Gezeugt und gesäugt auf dem Theater«, sagt Goethe das wohl sehr treffend im »Wilhelm Meister« (in dem Schröder als »Serlo« zu denken ist).

So wuchs Friedrich Ludwig Schröder auf einer Wanderbühne auf und hatte bereits als Dreijähriger sein Bühnendebüt. Er spielte 1747 in Petersburg in einem »Rührstück« das Sinnbild der Unschuld. Die russische Zarin Elisabeth ließ sich den Knaben in ihre Loge bringen, »liebkoste ihn« und beschenkte »hochherzig« die Mutter.


Sophie Charlotte Ackermann, Schröders Mutter, zeitgen. Bildnis

Diese heiratete 1749 den Schauspiel-Direktor Konrad Ernst Ackermann (1712–1771), der als kraftvoller Tänzer, begabter Mime und unerbittlicher Despot galt und seine Truppe als Prinzipal mit starker Hand führte. Ackermann und seine Frau sprachen mehrere Sprachen. Das war lebenswichtig für das »Fahrende Volk«, denn man spielte französische Komödien, italienische Burlesken, englische Dramen ebenso, wie deutschsprachige Stegreifpossen, Grotesken, Sing- und Tanzspiele.

So hörte Schröder von allen Sprachen etwas, erlebte und erlernte gleichzeitig alle Facetten des Bühnenlebens. Mit zehn Jahren spielte er in der Uraufführung von Lessings bürgerlichem Trauerspiel »Miss Sara Sampson« das Mädchen Arabella. Seine Mutter verkörperte die Lady Marwood. Von Kindheit an standen auch Schröders Halbschwestern auf der Bühne.


Komödianten hinter der Bühne, dazwischen auch die Kinder der Schauspieler, Kupferstich von William Hogarth, 1738

1754 gaben Ackermanns (die selbst weiterreisten) den zehnjährigen Schröder in eine Jesuitenschule in Warschau. Dort lernte er lesen, schreiben und: gehorchen. Weil ihm das Letztgenannte schwerfiel, reiste der Knabe Mutter und Stiefvater hinterher und spielte wieder Mädchenrollen und sonst noch »Passendes«.

Die 1756 verordnete schulische Bildung in Königsberg ging unter in den Wirren des Siebenjährigen Krieges. Um den Wirren zu entfliehen, zog die Ackermann-Truppe ohne den zwölfjährigen Schröder weiter durch Europa.

Das im Voraus gezahlte Schulgeld reichte nicht, Schröders schulische Leistung auch nicht. So verließ der Dreizehnjährige die Schule, landete bei einem Flickschuster und geriet an den englischen Seiltänzer Stuart, der in Kopenhagen ein Mädchen aus gutem Hause entführt hatte. Von ihr lernte Schröder Französisch, von Stuart Englisch, Billard, Zauberei, Glücksspiel mit gezinkten Karten, Fechten und Tanzen. Zum ersten Mal las er Shakespeare im Original. Und er näherte sich der Musik, lernte Noten, konnte schließlich Geige spielen, komponieren, arrangieren und singen.


Friedrich Ludwig Schröder

Derart vielseitig ausgestattet, tingelte der junge Schröder über Jahrmärkte und »schlug sich durchs Leben« (auch mal mit unlauteren Mitteln).

Als Fünfzehnjähriger fand er irgendwie zurück zur Ackermann-Truppe, wo er zunächst mit Grotesk-Tanz auftrat. Schröder: »Wenn ich die Füße gebrochen habe und zum Tänzer nicht mehr tauge, will ich mich zum Schauspieler herablassen.« Das tat er dann zwar später auch ohne Fußbruch, brillierte aber viele Jahre lang als Tänzer, Akrobat, Sänger und Komiker.

Im Alter von fünfzehn Jahren hatte Schröder schon eine harte Lebensschule hinter sich. Und er hatte gelernt, sich zu behaupten. Die eigentliche Menschwerdung dauerte noch etwas länger.

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