Читать книгу Liebe, Wissenschaft und die Wiederverzauberung der Welt - Jeremy W. Hayward - Страница 7

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Vorwort

• Die gewöhnliche Welt ist schon verzaubert. Die verzauberte Welt ist kein Phantasiegebilde und keine Zukunftshoffnung; sie ist real, und sie existiert jetzt. Was uns daran hindert, die verzauberte Welt hier und jetzt wirklich zu sehen, ist die Tote-Welt-Geschichte, die wir uns selbst und einander erzählen. Wir nehmen diese Geschichte unbewußt in uns auf, wenn wir aufwachsen. Sie entspringt einer kleinmütigen Vorstellung, die meint, unsere Welt bestehe aus lebloser Materie. Diese Geschichte wurde im Laufe der letzten Jahrhunderte im Namen der Wissenschaftlichkeit ersonnen. Und diese Sicht der Dinge ist immer noch beunruhigend lebendig und wirksam. Sie bildet nach wie vor den Antrieb unserer Kultur.

Nach zwanzig Jahren, in denen ich Meditation praktiziert und gelehrt habe, weiß ich heute, daß der unbewußte Glaube an die tote Welt ein großes Hindernis sein kann, wenn man irgendeine Form der Meditation zu üben versucht. Vielen Menschen bleibt aufgrund dieses Glaubens sogar verborgen, daß Meditation ihrem Leben auf sehr praktische Weise nützen kann.

Vor zehn Jahren habe ich zwei eher technische und akademische Bücher geschrieben, um zu zeigen, daß die Wissenschaft die verzauberte Welt gar nicht leugnen muß, sondern sie ebensogut auf ihre Fahnen schreiben kann. Die Tote-Welt-Geschichte entstand ja nicht allein aus wissenschaftlichen Gründen, sondern hatte komplexe religiöse und politische Ursachen. Seit einigen Jahren versuchten meine Freunde und insbesondere meine Frau Karen mich dazu zu bewegen, in einfachen Worten, ohne jeden Fachjargon, zu beschreiben, was es mit den beiden Welten auf sich hat. Auch ich fand, daß es für die Menschen wichtig ist, nicht bloß an die verzauberte Welt zu glauben und damit einen alten durch einen neuen Glauben oder durch Wunschdenken zu ersetzen, sondern zu verstehen, wie unsere Konditionierungen unsere Vorstellungen von der Welt beherrschen und wie wir unsere Sicht korrigieren können.

Nachdem ich zwei Jahre um eine einfache Darstellung gerungen hatte, zog ich mich schließlich für drei Wochen zum Schreiben und Meditieren zurück. Vor dieser Klausur hatte ich besorgt wahrgenommen, wie die Tote-Welt-Geschichte sich auf meine Tochter Vanessa und ihren Freundeskreis auswirkte. Auch ein Gespräch mit einem jungen Freund, Adam, der sein erstes College-Jahr absolvierte, machte mich sehr betroffen. Er machte mir sehr klar, wie entmutigt viele seiner Generation vom Zustand der Welt und ihren trüben Zukunftsaussichten sind. Am ersten Morgen meiner Klausur faßte ich daher den Entschluß, Vanessa über diese Dinge zu schreiben. Endlich konnte dieses Buch Gestalt annehmen.

Wenn Menschen sich der Meditation zuwenden, ohne zu erkennen, wie sehr sie den Glauben an die tote Welt verinnerlicht haben, werden ihre Praxis und ihre spirituellen Überzeugungen oft kaum mehr sein als eine Art neuer Anzug oder Mantel, ein Facelifting, das einem ein besseres Gefühl gibt, aber im Grunde nichts ändert. Eine Absicht dieses Buches ist daher, Ihnen, in welcher Tradition auch immer Sie meditieren, zu zeigen, wie man sich einen Weg zurück durch unsere Konditionierung auf die Tote-Welt-Geschichte bahnen kann, zurück zu einem tieferen Fühlen und Wahrnehmen.

Andererseits sind viele von tiefer spiritueller Sehnsucht nach der verzauberten Welt erfüllt, doch wenn sie hören, daß Meditation ihnen helfen kann, diese Welt zu sehen, halten sie das für Unsinn, weil die Wissenschaft es sagt. Das ist Unsinn, und sehr traurig. Ein weiterer Grund, dieses Buch zu schreiben, ist also, daß ich Ihnen, die Sie die Welt der Wissenschaft achten und trotzdem gern die verzauberte Welt sehen möchten, zeigen will, wie Sie in beiden Welten als einer einzigen leben können.

Am traurigsten ist aber, daß junge Menschen der Generation meiner Tochter mit einem Gefühl tiefer Verletzung, Niedergeschlagenheit und Verlorenheit aufwachsen. Sie sehen die tote Welt, sie hören von Menschen, die es wissen müssen, nur von der toten Welt. Doch wenn sie sich treffen, reden sie von etwas ganz anderem. Sie wissen, daß die tote Welt nicht alles ist; aber wie das, was es noch geben muß, zu entdecken ist, wissen sie nicht. Und so enden viele auf der Suche nach etwas Realerem bei Drogenkonsum oder sogar bei Selbstmord. Deshalb adressiere ich diese Briefe an meine Tochter und ihre Generation: um einen Weg zu zeigen, wie man weitergehen und dabei das Lied der verzauberten Welt singen kann.

Denn die tote Welt ist nur ein winziger Bruchteil des Ganzen. Die Welt ist schon verzaubert – wirklich, hier, jetzt! Jeder Baum, jeder Stein, jeder Stern, ja der Raum selbst hat Bewußtsein und die Energie des Lebens. Es ist uns gegeben, das zu fühlen. Und es gibt Energiemuster, die deutlich zu fühlen, aber für gewöhnlich nicht zu sehen sind. Nennen Sie sie Götter, Dämonen, Feen, Engel, Dralas, ja sogar bedeutsame Koinzidenzen – nennen Sie sie, wie Sie wollen. Und diese Geschichte von allgegenwärtiger Bewußtheit hätte man uns neben der so kleinen und kleinmütigen Geschichte von der toten Welt auch erzählen können, als wir aufwuchsen. Und auch sie hätte man im Namen der Wissenschaft erzählen können. Das ist die Botschaft dieses Buches.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit diesen Briefen an meine Tochter. Nehmen Sie sie nicht zu ernst. Möge es Ihnen Mut machen.

Liebe, Wissenschaft und die Wiederverzauberung der Welt

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