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Kapitel 5

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Während der ton sich auf einem weiteren laaaangweiligen Ball im Kreis dreht, komm und vergnüg dich auf dem Wintermarkt. Genieß ein heißes Getränk, knabber ein paar geröstete Maronen und wirf einen Blick auf die Kunstwerke aus Eis.

– Aus der The Regelence Times, Reklamerubrik

»Hiii-yaaaah!«

Was in aller Welt? Raleigh wirbelte herum.

Die Eingangshalle wurde für einen kurzen Moment in tanzende Regenbogenfarben getaucht, als das Licht, das durch das Buntglasfenster über dem Eingangsportal fiel, auf Metall traf. Es war ein schillerndes Spektakel und grell genug, um ihn vorübergehend zu blenden. Im Bruchteil einer Sekunde erkannte er, dass es ein Schwert war, das auf seine Seite zuraste.

Ihm stockte der Atem und alles schien sich zu verlangsamen. Ihm blieb keine Zeit, sein eigenes Schwert zu ziehen, das in der Scheide an seiner Hüfte steckte. Instinkt und Ausbildung übernahmen das Ruder. Er ging ein kalkuliertes Risiko ein und stürmte nach vorn in die Bewegung der Klinge hinein und auf seinen Angreifer zu, um ihm den guten Winkel und seine Vorteilsposition zu nehmen. Je näher er ihm war, desto unwahrscheinlicher war es, von der Klinge getroffen zu werden, besonders wenn er dann direkt vor seinem Angreifer stand. Er packte den Schwertgriff mit der einen Hand und legte die andere mit gerade noch genug Geistesgegenwart um den glatten, blassen Hals, um zu erkennen, wen er da hielt, bevor er ihm die Luftzufuhr abdrückte. Mit einem Seufzen trat Raleigh zurück und nahm seinem Gegner das Schwert ab.

»Whoa.« Jeremys aquamarinblaue Augen wurden groß. Ihm fiel die Kinnlade herunter, dann breitete sich ein Grinsen auf seinen Lippen aus. »Oh mein Gott! Das war unglaublich!« Er warf den Kopf zurück und pustete sich die platinblonden Locken aus der Stirn. »Das musst du mir unbedingt beibringen.«

Raleigh runzelte die Stirn. Der Kleine würde noch sein Ende sein. All die Jahre lang hatte er geglaubt, dass seine Jungs ihm irgendwann den Rest geben würden, doch jetzt war er sicher, dass Jeremy das erledigen würde. Er machte dem Spitznamen Trouble wirklich alle Ehre; Nate hatte damit den Nagel auf den Kopf getroffen. Raleigh holte tief Luft und versuchte, seinen Adrenalinpegel auf ein gesundes Maß zu senken, dann drehte er sich um und ging auf den Ballsaal zu, wo sie sich eigentlich hatten treffen wollen. »Warum bist du nicht schon längst im Ballsaal?«

»Ich könnte dich dasselbe fragen.« Jeremy hüpfte neben ihm her und wirkte eher wie ein engelsgleicher Elf statt wie jemand, der gerade versucht hatte, ihm den Garaus zu machen. »Weißt du, ich dachte, diesmal hätte ich dich.«

»Das dachte ich auch.« Raleigh lächelte schief. Es war zu einem Spiel zwischen ihnen geworden, seit Raleigh begonnen hatte, mit ihm zu trainieren. Es machte Spaß und hielt ihn auf Trab, solange der Kleine keinen Fragger zog. Tatsache war, dass er Jeremy gerne um sich hatte. Genauso wie seinen Sire einst. Oh, sein Temperament war nicht mit Patricks zu vergleichen, genauso wenig wie sein Aussehen übrigens. Er war eine so gelungene Kombination seiner beiden Elternteile, dass die Ähnlichkeiten manchmal kaum zu erkennen waren, doch Raleigh genoss die Gesellschaft des Kleinen genauso wie er Patricks immer genossen hatte. Patrick war ihm mehr ein Bruder gewesen als sein eigener und Raleigh vermisste ihn.

Das kleine Engelsgesicht sah zu ihm auf, während Jeremy sich Raleighs Tempo anpasste. »Also, worüber hast du gegrübelt? Du warst langsamer als sonst.«

Daraufhin hob Raleigh eine Augenbraue. Er hatte verdammt schnell reagiert, wenn er das so sagen durfte. »Dalton.«

Jeremy zog die Nase kraus und schüttelte den Kopf, sodass seine Locken hüpften. »Ich bin beeindruckt. Er ist erst seit ein paar Stunden hier und steckt schon in Schwierigkeiten?«

»Was? Nein, er steckt nicht in Schwierigkeiten. Mir gefällt die Vorstellung nur nicht, dass er wieder abreisen wird. Ich habe mich darauf gefreut, ihn wieder zu Hause zu haben.« Sie erreichten den Ballsaal und Raleigh bedeutete Jeremy mit einer Handbewegung, dass er vorgehen sollte.

Jeremy drehte sich zu ihm um und begann, rückwärts durch die Tür zu gehen, wobei er eine Hand nach seiner Waffe ausstreckte. »Du bist doch Oberbefehlshaber der Regelence Navy, oder? Kannst du nicht einfach dafür sorgen, dass er hier in Classige stationiert wird?«

»Nein, so funktioniert das nicht.« Raleigh gab ihm sein Rapier zurück.

»Wieso nicht?«

»Tja, weil es eben nicht geht. Ich nehme an, ich könnte vorschlagen, dass er hier in Pruluce bleibt, aber er gehört zum RSR, und das RSR ist gerade in Devonshire stationiert.«

»Seit wann?«

»Seit zwei Jahren.«

»Oh.« Jeremy schien einen Moment darüber nachzudenken, bevor er sagte: »Dann gib doch einfach die Anweisung, dass die Navy das RSR wieder zurück nach Classige holt.«

Seufzend zog Raleigh sein eigenes Schwert aus der Scheide und trat ein paar Schritte nach vorn. Wenn es doch nur so einfach wäre. Warum dachten immer alle, er könnte einfach die Regeln ignorieren, weil er der King-Consort war? Das hier war keine Diktatur. »Wie gesagt, so funktioniert es nicht. Jetzt hoch mit dem Schwert.«

»Na gut, was ist, wenn du aus seiner Aufgabe, Reddings Wache zu spielen, eine permanente Anstellung machst? Du könntest ihm damit eine neue Verpflichtung geben, statt was auch immer er gerade beim RSR tut. Du kannst seine Aufgabenstellung so abändern, dass er als Wache arbeiten kann. Wentworth und Knighton waren auch mal beim RSR und sind jetzt Wachmänner.«

»Dass er als Reddings Wache fungiert, ist befristet. Sein Spezialgebiet ist die Aufklärung und das wird er als Wache nicht besonders oft tun müssen.« Mit einem Kopfschütteln gab Raleigh den Versuch, das Problem zu lösen, für den Moment auf und warf Jeremys Schwert einen spitzen Blick zu.

Schließlich hob Jeremy seine Waffe. Sie parierten zweimal hin und her, bevor Jeremy innehielt. »Du könntest Dalton zum Assassinen ausbilden, genau wie mich. Er hat sogar schon den perfekten Spitznamen. Lord Satansbraten ist ein großartiger Name für einen Assassinen.«

»Ich bilde dich ganz sicher nicht zum Assassinen aus. Ich lasse dir nur das Training zukommen, das deine Eltern dir hätten angedeihen lassen, wenn sie noch am Leben wären. Das Training und die Bildung, die du von Anfang an hättest erhalten sollen.« Wie kam der Kleine nur auf solche Ideen?

»Natürlich tust du das. Ich bin so was wie dein Knappe oder so.« Jeremy ließ sein Schwert sinken, sodass die Spitze auf dem Parkett ruhte. Er ließ es herumwirbeln, als hätte er das Interesse an dem Übungskampf verloren.

»Tue ich nicht und nein, bist du nicht. Zerkratz nicht den Boden.«

Jeremy schnaubte und hob die Klinge an, bevor er sie sofort wieder fallen ließ. »Ich wünschte, ich hätte so einen coolen Namen. Vielleicht können Tarren und ich unsere Spitznamen tauschen. Terror klingt eher nach einem Assassinen als Trouble.«

Raleighs Lippen zuckten bei dem plötzlichen Themenwechsel. »Konzentrier dich, Jeremy.«

»Waaas? Ich mein ja nur…«

»Du brauchst keinen neuen Spitznamen, weil du kein Assassine werden wirst.« Denn die Galaxie stehe Regelence bei, falls das jemals passieren sollte. »Können wir mit der heutigen Stunde fortfahren?«

»Ja, schätze schon.« Allerdings setzte er sich nicht sofort in Bewegung. Stattdessen verzog er sein Gesicht ein wenig. »Nate hat heute schon wieder keine Wache mit zur Basis genommen. Wenn du mich zum Assassinen ausbildest, kann ich vielleicht der IN beitreten und Nate beschützen?«

»Was? Nate hat seine Wache nicht mitgenommen?« Raleigh versuchte seinen Schwiegersohn jetzt schon seit Monaten davon zu überzeugen, sich von einer Wache begleiten zu lassen. Weil Nate ein sturer Bock war, hatte er sich geweigert und behauptet, dass es ihn schwach erscheinen lassen würde. Die Galaxie befreie mich von sturen Männern. Und ja, er wusste, dass es ironisch war, da er sturer war als jeder Einzelne von ihnen.

»Er behauptet, dass er keine Wache mitnehmen kann, weil die IN dann wüsste, dass er ihnen auf der Spur ist.« Jeremy zuckte mit den Schultern, dann schnaubte er. »Du weißt, dass er da nicht unrecht hat.«

»Unsinn. Er ist jetzt Teil der königlichen Familie. Die IN wird erwarten, dass ihm eine Leibwache zugewiesen wird.« Das hoffte Raleigh, aber ehrlich gesagt, war es ihm auch egal. Die IN hatte bereits einen ihrer Admiräle umbringen lassen. Wenn sie herausfanden, dass Nate über ihre Machenschaften Bescheid wusste und daran arbeitete, sie zu stoppen, würden sie keine Skrupel haben, ihn ebenfalls ermorden zu lassen.

»Sag ihm das.«

»Das habe ich«, knurrte Raleigh. Mehrmals. Vielleicht konnte er Nate jeden Morgen auf dem Weg zur Basis unauffällig von Sebastian beschatten lassen?

Sie fochten eine ganze Weile miteinander, während Raleigh über seinen Problemen grübelte. Er würde noch einmal mit Nate reden müssen. Oder… Was wenn…? Vielleicht würde Dalton in Betracht ziehen, bei der IN zu bleiben? Es war keine Aufklärung oder eine Sondereinsatztruppe, aber…

»Okay, diesmal kannst du nicht mir die Schuld geben, dass wir aufgehört haben.«

Raleigh runzelte die Stirn und bemerkte, dass er derjenige war, der innegehalten hatte.

Jeremy stand ihm gegenüber und wedelte diesmal mit seinem Schwert wie mit einem Taktstock. »Du machst es, oder?«

»Was?«

»Mich zum Assassinen ausbilden.« Sein Lächeln war wunderschön, wie es sein gesamtes Gesicht erhellte.

Die heutige Stunde würde wirklich lang werden.

Pryor House, Residenz des Earls of Stratford in Classige, Pruluce

Blaise starrte auf die Liste seiner Tanzpartner und runzelte die Stirn. Was man nicht alles für eine Karriere in der Politik tut. Er hatte einen Großteil des Tages über Verträgen verbracht, doch seine Arbeit war noch nicht vorüber. Zwei Tänze hatte er noch zu vergeben und er musste sich mit den Mitgliedern des Ratsausschusses gut stellen und unter die Leute mischen. Lord Oglesby war eines der Mitglieder, die anscheinend für Prissy Partei ergriffen hatten. Seine Sympathie zu gewinnen, könnte Blaise bei seinem Wahlkampf um die Stelle im Ratsausschuss eine große Hilfe sein, doch war sie einen ganzen Tanz wert? Der Mann hatte zwei linke Füße.

»Ach, Redding, geht doch zur Seite. Ihr habt jetzt lange genug auf Eure Tanzkarte gestarrt. Lasst den Nächsten ran.« Jemand stieß Blaise von hinten an, sodass sein Finger über den Bildschirm wischte und seine Partnerliste verschwand.

Hitze breitete sich in seinem Nacken aus und er biss die Zähne zusammen. Er kannte diese Stimme. Als er mit einer spitzen Bemerkung über Manieren und Geduld auf der Zunge herumwirbelte, schluckte er sie beim Anblick der Schlange, die sich hinter ihm gebildet hatte, wieder hinunter.

Mehrere seiner Standesgenossen hielten ihre Tanzkarten in der Hand und warteten darauf, den Kartenleser benutzen zu können.

Vielleicht hatte er doch länger hier gestanden als gedacht, doch er verdiente es trotzdem nicht, so grob behandelt zu werden. Er richtete seinen Blick auf den Aufrührer – Percy Edmonstone.

Prissy hatte die Arme vor der Brust verschränkt und die Lippen gehässig verzogen. Der aufgeblasene kleine Schnösel tippte sogar mit seinem juwelenbesetzten Schuh auf den Boden. Wer trug mit Edelsteinen verzierte Schnallen an den Schuhen? Und Rüschen. Viele Rüschen. Die ausladenden Manschetten des eitlen Gecken ragten gute sieben Zentimeter unter seinem Abendjackett hervor. Die Galaxie möge ihnen beistehen, wenn sie sich durchsetzen und zur Mode werden sollten.

»Was? Nicht so schlagfertig wie sonst, Redding?«

Blaise knirschte mit den Zähnen und die Hitze loderte erneut in seinem Nacken auf. Er sehnte sich danach, den Mann zurechtzuweisen, so wie er es verdiente. Er sollte den Gleiter seiner Familie nehmen, direkt in sein Büro fahren und die Speicherkarte holen. Bei der Galaxie, die Versuchung war groß.

»Ah, Redding, da bist du ja.« Griff hakte seinen Arm unter Blaises Ellbogen.

Wo ist der denn hergekommen? Nicht, dass es Blaise besonders interessierte; er war einfach nur froh, dass Griff hier war.

»Zieh Leine, Edmonstone.« Griff reckte die Nase in die Luft und stolzierte an dem Lackaffen vorbei, als könnte ihn nichts und niemand aus der Ruhe bringen.

Prissy plusterte sich auf wie ein Pfau und schniefte, doch sein missbilligender Blick richtete sich auf Blaise und nicht auf Griff.

Als sie außer Hörweite waren, lächelte Blaise Griff an. »Ich sollte dir für die Rettung danken und dir mitteilen, dass es nicht sehr höflich gewesen ist, ihm zu sagen, dass er Leine ziehen soll. Darüber wird es morgen bestimmt Gerede geben.«

Griff hob die Schultern. »Im Gegensatz zu dir versuche ich nicht, der nächste IN-Ratsherr zu werden. Daher muss ich nicht ganz so genau auf meinen Ruf achten.«

»Nun, das stimmt allerdings.« Blaise verdrehte die Augen. »Jedes Mal, wenn mich jemand ärgert, sollte ich es in Zukunft dir überlassen, ihn in seine Schranken zu weisen.«

»Und es war eine aufsehenerregende Art, ihn in seine Schranken zu weisen, nicht wahr?« Griffs breites Lächeln ließ seine braunen Augen beinahe verschwinden. »Obwohl ich sagen muss, dass es überhaupt nicht unhöflich war.« Griff tippte sich mit einem Finger an die Unterlippe. »Unhöflich wäre es gewesen, Zieh Leine, Prissy zu sagen.«

Blaise stöhnte auf, musste dann aber schmunzeln. Irgendwann würde der Spitzname, den sie Percy gegeben hatten, ihnen noch auf die Füße fallen. Blaise schlug sich eine Hand vor den Mund, um sein Lachen zu unterdrücken, während sie an der Tanzfläche entlanggingen. »Vielen Dank, Griff. Das habe ich gebraucht. Du bist ein Ritter in strahlender Rüstung, das ist mal sicher.«

»Sehr gern geschehen. Aber ich muss dir was gestehen: Ich habe ein niederes Motiv. Eigentlich sogar zwei. Was geht da zwischen dir und Ashbourne vor?«

Bei der Erwähnung Ashbournes ging ein Ruck durch seine Wirbelsäule, verdammt noch mal. Er hatte sich wie das Allerletzte gefühlt, nachdem er Ashbourne mitgeteilt hatte, dass sie nicht miteinander befreundet sein konnten. Der Mann hatte ihn zum späten Mittagessen mit seinen Eltern gebracht und sich danach wieder an seine Seite gesellt, wobei er seine Pflicht diesmal ernst genommen hatte. Ohne ein weiteres Wort hatte er im Raum gesessen, während Blaise weiter über den Verträgen gebrütet hatte. Danach hatte Vater ihn entlassen und sie waren zusammen mit Vaters Wache nach Hause gefahren. »Nichts. Wir haben uns gerade erst kennengelernt. Wieso?«

Griff zuckte wieder mit den Schultern, warf Blaise dabei jedoch einen Seitenblick zu. »Ich habe gehört, dass er mit dir und Bannon heute Morgen beim Herrenausstatter war. Er hat einen fürchterlichen Ruf und es wäre nachlässig von mir als Freund, dich nicht darüber in Kenntnis zu setzen.«

Blaise seufzte. Das war schon die zweite Warnung vor Ashbourne, die er heute bekam.

Griffs Kopf ruckte herum und er blieb stehen. »Du magst ihn?«

»Was?« Blaise schüttelte den Kopf. »Nein. Ja, er ist ganz nett, aber wir waren nur zufällig zur selben Zeit im Laden. Wir sind nicht zusammen dort gewesen.« Wenn die Leute allerdings herausfanden, dass Ashbourne für Blaises Sicherheit zuständig war, würde diese Ausrede nicht mehr gelten, doch darum würde er sich später kümmern. »Er ist meine Wache. Das ist alles.«

»Deine Wache?« Griff drückte sich die Hand an die Brust. »Wann ist das denn passiert?«

»Heute.«

Als sie an der Statue von Ares am anderen Ende des Ballsaals vorbeigingen, hob Lord Thistlebottom, ein alter Kamerad seines Sires, sein Sherryglas und nickte ihm grüßend zu.

Blaise neigte den Kopf.

»Du solltest um eine andere Wache bitten. Er war der Grund, warum Lord William Downing vor all den Jahren aufs Land verbannt worden ist. Sei kein Narr.«

Das wurmte ihn. Er war kein Narr und wahrte seine Distanz von Ashbourne. »Ich bin nicht mein Bruder.«

»Wo wir gerade von deinem Bruder sprechen…« Griff erstarrte erneut, bevor er das Tempo anzog. »Komm mit.« Er zerrte Blaise hinter sich her und sie begannen, die Aufmerksamkeit einiger ihrer Standesgenossen auf sich zu ziehen, an denen sie vorbeigingen.

Blaise beschleunigte seine Schritte und setzte ein Lächeln auf. Hier gibt es nichts zu sehen. Es ist alles normal. »Wo gehen wir hin?«

»Mir meine Sporen verdienen.«

»Was?«

»Du weißt schon, ein Ritter in strahlender Rüstung? Das war der andere Grund, warum ich nach dir gesucht habe. Dein Bruder und Winstol sind allein nach draußen gegangen. Ich wollte ihnen gerade selbst hinterher, aber auf dem Weg dorthin habe ich dich entdeckt. Dachte mir, dass du vielleicht darüber Bescheid wissen willst.« Mit einer Kopfbewegung deutete er zu den Türen, die sich jetzt zu ihrer Linken befanden.

Blaise hatte seinen Bruder angewiesen, sich keinen Ärger einzuhandeln, bevor sie Thompson House an diesem Abend verlassen hatten. »Diesmal erwürge ich sie beide.«

»Dabei helfe ich dir gern«, sagte Griff, doch seinen Worten fehlte der Biss. Es war nur eine Versicherung, dass er Blaise den Rücken freihalten würde.

»Es scheint, als stünde ich zum zweiten Mal am heutigen Abend in deiner Schuld, Griff.« Blaise ließ den Arm seines Freundes los und sah sich im Ballsaal um. Eine Gruppe Lords war vor ihnen stehen geblieben und schirmte sie so vor neugierigen Blicken ab. Niemand schien ihnen im Moment Beachtung zu schenken, deshalb ergriff Blaise die Chance, um hinter den schweren violetten Vorhang zu treten und die Tür zu öffnen. Dank seinem Bruder war er mittlerweile hervorragend darin, sich während Abendveranstaltungen aus Ballsälen zu schleichen.

Griff folgte ihm hinaus und schloss die Tür behutsam hinter ihnen. »Unsinn. Wozu hat man denn Freunde?« Wenn eine Freundschaft sich je bewährt hatte, dann war es ihre. Er hatte aufgehört zu zählen, wie oft Griff seinen eigenen Ruf aufs Spiel gesetzt hatte, um Blaise mit Bannon zu helfen. Dabei hatte er sich nicht einmal beschwert. Er schien es als großes Abenteuer zu sehen.

Blaise war drauf und dran, die Terrasse zu verlassen, doch Griff erwischte ihn am Arm. Es schickte sich überhaupt nicht für sie, ohne Begleitung hier draußen zu sein, doch da Bannon und Winstol ebenfalls draußen waren, wären sie zumindest nicht allein.

Lächelnd ließ Griff seinen Blick über den Garten schweifen, bevor er ihn wieder auf Blaise richtete. »Nur fürs Protokoll: Ich wollte dich wegen Ashbourne nicht beunruhigen, aber ich dachte, du solltest es wissen.« Griff hob die Schultern und seine Wangen färbten sich rot. Er tat ganz lässig, aber sein Verhalten sprach eine andere Sprache.

»Schon in Ordnung. Ich wurde bloß schon darauf hingewiesen und eigentlich ist da gar nichts, wovor man mich warnen müsste. Ashbourne und ich sind lediglich Bekannte.«

Mit einem Nicken erwiderte Griff sein Lächeln und bedeutete mit einer Armbewegung, dass Blaise vorausgehen sollte. »Komm. Lass uns deinen Bruder auftreiben.«

Und ob wir das tun werden. Dann würde Blaise ihm den Hals umdrehen. Mit schnellen Schritten eilte er die Treppenstufen hinunter.

Als er den Schutz der Terrasse verließ, fiel Blaise auf, dass es verdammt kalt war. Er rieb sich die Arme und ließ den Blick über die Umgebung streifen. Es war ein für Regelence typisches Stadthaus mit einem recht kleinen Garten an der Rückseite und einem Tor, das sich zur Straße in ihrem Rücken öffnete, die einmal rund um einen kleinen Park herumführte. Leaks Park, wenn Blaise sich nicht irrte. Er bestand aus ein paar Bäumen, einer Schaukel und einem Picknickbereich. Im Garten selbst standen mehrere Rosenbüsche, einige in Form geschnittene Hecken und eine Bank. Mit anderen Worten: Es gab nicht viele Versteckmöglichkeiten. Eine Backsteinmauer umschloss den Garten, doch Bannon und Winstol waren nirgendwo zu sehen. »Hast du…«

»Shh…« Griff schloss die Augen und beugte sich vor, als könnte er dadurch irgendwie besser lauschen.

Blaise blieb ebenfalls reglos stehen, doch es ging ihm zu weit, die Augen zu schließen. Über den Verkehrslärm und die Musik von drinnen konnte er Stimmen vernehmen, die zu ihrer Rechten am anderen Ende des Gartens erklangen. Blaise schlang die Arme um seinen Körper und schlug diese Richtung ein. Es dauerte nicht lange, das verschollene Duo zu finden.

Bannon und Winstol – der seinem Spitznamen Trouble gerade alle Ehre machte – standen hinter einer grässlichen Hecke in Form einer…

»Also, Blaise, was machen dein Bruder und Winstol denn da mit dieser Ente?«

Das Herz des Diplomaten

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