Читать книгу Soulmates: Ruf des Schicksals - J.L. Langley - Страница 9
Kapitel 3
ОглавлениеKeaton schob die Brille auf seiner Nase zurecht, sah wieder ins Buch und las denselben Satz zum inzwischen dritten Mal. Wem wollte er eigentlich was vormachen? Er schlug das Buch zu, nahm die Brille ab und legte beides beiseite. Die Uhr an der Mirkowelle zeigte viertel vor sechs. Es kümmerte ihn nicht, ob Chay tatsächlich auftauchen würde oder nicht. Wirklich nicht. Der Mann mochte ihn ja nicht mal.
Mit einem Seufzen erhob er sich vom Küchentisch. Zur Hölle mit Chay. Der Kerl besaß nicht nur die Frechheit, hetero zu sein, er war zudem auch noch genau sein Typ. Er war attraktiv, klug und offenbar ein netter, rücksichtsvoller Mann. Keaton verdrehte die Augen. Nach ihrem Kuss war Chay – bildlich gesprochen –schreiend aus dem Haus gerannt, doch das hatte ihn nicht davon abgehalten, ihm was zu essen zu geben und dafür zu sorgen, dass er sicher nach Hause kam.
Zu allem Überfluss hatte Keaton die deutliche Abfuhr nicht davon abhalten können, an Chay zu denken, als er sich letzte Nacht einen runtergeholt hatte. Oh, was er nicht alles mit ihm anstellen wollte! Er konnte den herrlich muskulösen Körper förmlich spüren, wie er sich über seinem bewegte…
Ein Hetero. Er konnte das nicht noch einmal durchmachen, nicht nach Jonathon… und Jonathon war nicht mal sein Gefährte gewesen. Diese Sache hatte das Potential, noch weitaus schlimmer auszugehen.
Wieder seufzte er und tigerte unruhig in der Küche herum. Die ganze Situation war einfach zum Kotzen. Er musste es beenden, noch bevor es überhaupt angefangen hatte. Aber es war besser so. Besser für Chay und ganz zweifellos besser für ihn.
Er witterte Chay, noch bevor er an der Türe klopfte. Keaton verdrehte die Augen. Er reagierte sogar auf seinen Geruch.
Wenn doch nur sein verdammter Schwanz sich nicht ebenfalls angesichts Chays Ankunft melden würde. Blöder geschärfter Geruchssinn. Saublöde Pheromone. Keaton stieß einen Seufzer aus und stapfte zur Tür.
Er riss die Tür auf und setzte einen finsteren Gesichtsausdruck auf. Chay lächelte ihn an – zur Hölle mit ihm! – und streckte ihm einen Pizzakarton und einen Sechserpack Bier entgegen.
»Ich trinke nicht.«
Chay schmunzelte. »Hi, Bit. Es ist auch schön, dich zu sehen. Hey, vielen Dank, ich komm gern rein.«
Keaton grummelte und trat einen Schritt zur Seite, um Chay den Weg frei zu machen. »Ich heiße nicht Bit.«
Wieder wurde ihm der Pizzakarton entgegengestreckt und diesmal hatte er keine andere Wahl, als ihn zu nehmen. Chay stellte das Bier auf die Arbeitsplatte und begann, durch die Wohnung zu wandern.
Keatons Lippen zuckten. Der Kerl hatte Mumm in den Knochen, dass musste man ihm lassen. Die meisten hätten bis zum jetzigen Zeitpunkt schon längst das Weite gesucht. »Warum bist du hier, Chay?«
»Weil du mir gehörst. Ich hab zwar noch keine Ahnung, was ich mit dir anstellen werde, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass du mein Gefährte bist.«
»Wie wär's, wenn du einfach gehst und so tust, als wären wir uns nie über den Weg gelaufen? Such dir ein nettes Mädel, werd sesshaft, heirate und setz Kinder in die Welt. Keiner außer uns beiden wird je erfahren, dass sie nicht deine Gefährtin ist.«
Chay, der eben noch Keatons Schlafzimmer begutachtet hatte, drehte sich um und sah ihm direkt in die Augen. Sein Blick durchbohrte Keaton beinahe. »Nein.«
Seine Augen veränderten sich, das Weiße war beinahe komplett verschwunden. Ein Schaudern durchfuhr Keaton. Seine eigenen Augen begannen sich ebenfalls zu verwandeln, doch er kämpfte dagegen an. Er senkte den Blick und bemerkte dabei Chays sichtbar im Schritt ausgebeulte Hose.
Auch wenn Chays Herz nicht auf ihn reagierte, taten es zumindest sein Körper und seine wölfischen Instinkte ganz offensichtlich. Keaton war sich nicht sicher, ob ihn diese Tatsache freuen oder ärgern sollte.
In dieser Situation gab es keinen Gewinner. Je länger Chay sich in seiner Nähe aufhielt, desto mehr Faszinierendes konnte Keaton an ihm entdecken. Und die körperliche Anziehung spielte dabei nicht mal die größte Rolle. Chay war ohne jede Frage atemberaubend, aber obendrein war er auch noch verdammt sympathisch.
Nicht viele Leute boten ihm die Stirn. Nicht dass er ein ehrfurchtgebietender, großer Bodybuilder-Typ wäre, aber er war ein äußerst mächtiger Werwolf. Es war eine Tatsache, dass andere Wölfe ihn mieden, wenn er das so wollte. Aber Chay nicht. Der Kerl war nicht im Mindesten beeindruckt, und irgendwie bezweifelte er, dass Chay sich überhaupt von irgendetwas beeindrucken ließ.
Keaton könnte sich zweifellos in ihn verlieben, wenn er es zuließe. Aber wo sollte das hinführen? Dass er auf ewig sein Kumpel sein würde? Sein bester Freund? Der Gedanke war nicht sonderlich verlockend. Irgendwie wusste er, dass seine Gefühle für Chay tiefer gehen würden, sobald sie auch nur die kleinste Chance dazu bekamen. Wie hoch standen die Chancen, dass Chay seine Gefühle erwidern würde?
»Komm, Bit, lass uns essen. Ich hab Hunger. Und ich hab extra Salami bestellt.« Chay ging an ihm vorbei zur Küche und schnappte sich im Vorbeigehen die Schachtel aus Keatons Hand. Er stellte den Karton auf die Arbeitsfläche und begann, sich durch die Schränke zu wühlen. Großartig.
Keaton stürmte in die Küche und holte zwei Teller heraus, die er gleich an Chay weiterreichte. Er hatte auch Hunger. Vielleicht konnte er ja nach dem Essen in Ruhe erklären, warum das Ganze eine blöde Idee war.
»Willst du am Tisch sitzen? Oder auf der Couch? Wie es aussieht, hast du noch Arbeit auf dem Tisch liegen.«
»Couch. Willst du ein Glas für dein Bier?«
»Nein, hab alles.« Chay ließ sich auf der Couch nieder und stellte das Essen auf dem Wohnzimmertisch ab. Anschließend schob er ein Stück Pizza auf seinen Teller, öffnete die Bierdose und nahm einen tiefen Schluck. Er hatte einen schönen, muskulösen Hals. Ein Hals, der dazu bestimmt schien, an ihm zu knabbern und ihn abzulecken.
»Isst du auch was, Bit? Oder willst du nur da rumstehen mit deinem Glas in der Hand und mich anstarren?«
Keaton schloss die Augen. Er ärgerte sich mehr darüber, dass er ihn angestarrt hatte als über Chays arrogante Bemerkung. Er füllte sein Glas mit Eistee und gesellte sich zu Chay auf die Couch.
Schweigend aßen sie und als sie fertig waren, brachte Keaton die leeren Teller und den Pizzakarton zurück in die Küche. Als er wiederkam, hatte Chay es sich auf der Couch bequem gemacht, die Arme ausgebreitet auf die Rücklehne gelegt und die Beine weit von sich gestreckt – die sehr langen Beine. Er musste gut 15cm größer als Keaton sein. Keaton hatte schon immer eine Schwäche für große Männer gehabt.
Er nahm am anderen Ende der Couch Platz. Eigentlich hatte er Chay doch raus komplimentieren und nicht seinen Körper anschmachten wollen.
»Hör zu, Chay. Ich bewundere deine Bemühungen, mit der Situation zurechtzukommen. Aber das wird nicht klappen. Es wäre das Beste, wenn wir zwei uns nicht mehr sehen würden.«
Chay beugte sich zu ihm rüber und umfasste Keatons Kinn. Der war so verblüfft, dass er einfach nur regungslos dasaß. Chay kam ihm so nahe, dass er seinen Atem auf seiner Haut spüren konnte.
»Es geht immer noch um den Kuss, oder? Es tut mir leid. Ich war einfach überrascht. Ich hab davor noch nie einen Mann geküsst.«
Keaton nickte, das Kinn immer noch in Chays Griff. »Ja, aber das ist nicht…«
Chay küsste ihn und erstickte damit jeden weiteren Protest.
Keaton durfte das nicht zulassen. Er musste damit aufhören, aber sein Körper hatte seinen eigenen Willen entwickelt. Das Nächste, was er wahrnahm, war Chays Zunge, die seine Lippen erforschte.
Keaton stöhnte und öffnete sich für ihn. Seine eigene Zunge gesellte sich zu dem Spiel dazu, fuhr über Chays Fangzähne und dann machte sich das Stechen in seinem eigenen Kiefer bemerkbar, das ihm verriet, dass seine eigenen gerade wuchsen.
Chay wich ein klein wenig zurück und knabberte an Keatons Unterlippe. Seine Augen hatten sich längst wieder in die eines Wolfes verwandelt.
»Das war nicht schlecht. Ganz und gar nicht.«
Keaton blinzelte. Seine Sicht wechselte zu Schwarz-Weiß. Er winselte, beugte sich vor und bettelte praktisch um mehr. Wie armselig war das denn?
»Genau so, Bit. Kämpf nicht dagegen an.« Chays Grinsen wurde animalisch, als er seinen Mund wieder auf Keatons presste.
Gott, er wollte nicht, er musste… aber… Vielleicht konnte Chay doch Gefühle für ihn entwickeln. Mit ganzer Willenskraft wich Keaton zurück und rutschte auf dem Sofa nach hinten, weg von Chay.
»Okay, hör zu. Du willst, dass wir Freunde sind? Uns besser kennenlernen? Okay. Ich sollte es zwar besser wissen, aber okay.«
Chay grinste und kam wieder näher.
Keaton streckte die Hand aus. »Aber keine Küsse. Kein Anfassen, nichts… nichts… Körperliches.«
»Warum nicht?«
Ja, warum nicht?, wollte sein Schwanz wissen. »Weil wir nicht zusammenkommen werden. Wir sind nur Freunde.«
Chays Gesichtsausdruck drückte eindeutig Wollen wir wetten? aus, aber er nickte. »Okay, Bit. Wenn du es so haben willst.«
Keatons Erektion mischte sich wieder ein und riet ihm, verdammt noch mal die Klappe zu halten. Er ignorierte sie und brummte Chay finster an: »Ich heiße nicht Bit.«
Chay saß ausgestreckt auf seiner Couch und sah nicht so aus, als ob er vorhätte, sich in absehbarer Zeit hier wieder wegzubewegen. Keaton war sich nicht sicher, ob er verärgert oder erleichtert sein sollte, dass Chay ihn tatsächlich näher kennenlernen wollte.
Seltsamerweise hatten sie wirklich Einiges gemeinsam. Sie standen beide auf Country-Musik, aber Chay mochte auch Metal, was Keaton überhaupt nicht ausstehen konnte. Und Keaton mochte Klassik, was Chay nicht ausstehen konnte. Sie beide mochten Football, hatten aber andere Lieblingsmannschaften. Er vergötterte die Jaguars und Chay war ein leidenschaftlicher Cowboys-Fan.
Der Großteil ihrer Lieblingsgerichte war identisch. Beide hatten im Sommer Geburtstag und lasen gern Bücher. Chay bevorzugte allerdings Mystery und erotische Liebesgeschichten, Keaton hingegen gute, historische Biographien. Beide sahen sich gern Komödien und Actionfilme an. Chay gab jedoch auch zu, sich gelegentlich Frauenfilme anzusehen, womit man Keaton jagen konnte. Alles in allem war der Abend eine umfangreiche Lernerfahrung.
Nach drei Stunden lockeren Smalltalks und gegenseitigen Kennenlernens sah Chay auf die Uhr. Dann stand er auf und streckte sich.
»Ich will zwar noch nicht gehen, aber ich habe die Zehn-Uhr-Schicht, um nach den Tieren zu sehen.«
»Um nach den Tieren zu sehen?« Keaton wusste, dass Chay Tierarzt war, aber…
»Japp. Ich muss in die Praxis und sicher gehen, dass alles in Ordnung ist. Ich habe heute Morgen eine Operation durchgeführt und einer Hündin bei der Geburt geholfen. Die Welpen sind unglaublich niedlich. Der Besitzer ist nicht in der Stadt, also sind sie immer noch bei mir. Willst du sie sehen?«
Oh, er mochte Welpen – kleine Kätzchen auch –, aber er wollte sein Glück nicht überstrapazieren. Es war ein schöner Abend gewesen trotz seiner Bemühungen, ihn vorzeitig zu beenden, bevor er richtig angefangen hatte. Er schüttelte den Kopf.
Chay schmunzelte, schnappte seine Hand und zog ihn hoch. »Doch, Bit. Ich habe den Ausdruck auf deinem Gesicht gesehen, als ich die Welpen erwähnt habe. Du kommst mit.«
»Chay, ich kann nicht, wirklich. Ich hab morgen früh Unterricht. Und hör auf, mich Bit zu nennen.«
Chay grinste nur – zur Hölle mit ihm! Eine innere Stimme sagte ihm, dass er sich besser an den Spitznamen gewöhnen sollte.
»Na gut, ich komm mit dir in die Praxis, aber hinterher muss ich nach Hause und ins Bett.«
Chay hob eine seiner dunklen Augenbrauen an, während ein Lächeln seine Mundwinkel umspielte.
Keaton lachte. Himmel, dieser Kerl bringt mich noch mal um. »Allein!«
»Ich hab doch gar nichts gesagt.« Lachend schob er Keaton zur Tür hinaus.
»Warte! Ich muss noch meine Schlüssel holen.«
»Du kannst jederzeit bei mir schlafen, wenn du dich mal aussperrst.«
»Haha. Könntest du bitte aufhören, mit mir zu flirten?« Keaton schnappte sich den Schlüsselbund und folgte Chay hinaus.
»Wieder eine deiner Regeln, Bit? Kein Anfassen, kein Küssen, kein Flirten?«
»Du hast vergessen: keine Spitznamen.«
»Stimmt, aber die Regel mag ich nicht. Und ich glaube, ich mag die Kein-Flirten-Regel auch nicht.« Chay schloss seinen Truck auf, stieg ein und entriegelte die Beifahrertür per Knopfdruck.
Mann, wenn Chay alle Regeln ablehnte, die er nicht mochte, steckte er in großen Schwierigkeiten. Er schwang sich auf den Beifahrersitz und legte den Gurt an, während Chay den Motor anließ und rückwärts raus setzte.
»Funktioniert das? Du ignorierst einfach alle Regeln, die du nicht magst?«
Die vollen, sinnlichen Lippen zuckten amüsiert. »Naja, ja. Bisher hat's funktioniert. Meine Mutter macht das zwar fuchsteufelswild, aber hey...«
Keaton grinste. Dieser Mann war wirklich was Besonderes. Sein Sinn für Humor und sein sorgenfreies Auftreten waren unglaublich anziehend.
»Wo ich gerade von meiner Mutter spreche…«
Oh oh!
»… was hast du morgen Abend vor?«
Okay, das war die perfekte Gelegenheit, um in ein Fettnäpfchen zu treten, aber er wollte Chay nicht anlügen. Wenn sie irgendeine Art von Beziehung führen wollten, musste sie auf Ehrlichkeit beruhen. Und bis zum jetzigen Zeitpunkt waren sie geradezu schmerzhaft ehrlich gewesen.
»Das gleiche wie immer: Meine Stundenpläne fertig machen, Klausuren benoten und dann lesen oder fernsehen. Also im Grunde nichts. Warum?« Sollte ich das wirklich fragen?
»Ich bin morgen Abend bei meiner Familie zum Essen eingeladen. Ich will, dass du mitkommst und meine Eltern kennenlernst.«
Innerlich verdrehte Keaton die Augen. Er hatte gewusst, worauf das hinauslaufen würde. »Meinst du wirklich, dass das eine gute Idee ist?«
Chay nickte. »Ich denke, das ist eine großartige Idee.«
Keaton schnaubte. »Bestimmt. Hey, Mom, Dad. Das ist Keaton. Ich weiß, ich bin eigentlich hetero, aber er ist mein Gefährte. Ich hab zwar noch keinen blassen Schimmer, was ich diesbezüglich machen soll, aber kommt damit klar.«
»Wir müssen dringend an deiner pessimistischen Grundeinstellung arbeiten, Bit. Du bist eindeutig ein Das-Glas-ist-halb-leer-Typ.« Chay lachte. »Ich werde dich einfach als Freund vorstellen.«
»Hm… das ist okay, schätze ich.« Ja, das war eindeutig ein Riesenfettnäpfchen. Worauf zur Hölle hatte er sich da nur eingelassen?