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RAPPELVOLLER SCHLAFBAUM

„Gestern war unser Schlafbaum am Kemnader Ruhrstausee rappelvoll.“

„Warum denn?“

„Weil wir Verwandtenbesuch hatten.“

„Was denn, etwa vom Rabenluftgeschwader aus Essen-Nord?“

„Nein!

Von der Düsseldorfer Etepetete-Blase.“

„Oh!

Was für eine Überraschung.“

„Stell dir mal vor, diese Schlappschwingen schafften es nicht, an einem Stück von Düsseldorf bis Bochum zu fliegen und legten in Essen am Baldeney-See, dem größten Ruhrstausee, eine Pause ein.“

„Vermutlich eine Badepause.“

„Schwager Larum!

Auf diese Idee bin ich noch gar nicht gekommen. Ich dachte eher an eine nachgelagerte Stylingpause.“

„Wieso?“

„Weil Cilly und Ines bereits rot geschminkte Schnäbel hatten und die Diamanten-Lilli eine Wolke von Hyazinthen-Duft versprühte.“

„Aha!

Du meinst, die wollten sich noch weiter aufbrezeln. Doch was wollten die denn überhaupt in Bochum?“

„Den Grölemeyer hören, mit ihm synchron krächzen und nach dem Konzert Essensreste abräumen.“

„Verstehe!

Abhotten und danach fressen bis zum Abwinken. Reste von Pommes-Schranke und Stückchen von musterhaft braun bis tiefbraun changierend durchgebratenen Curry-Würsten.“


„Wir sahen das primär auch so, doch da war noch etwas Anderes.“

„Na, was denn sonst noch?“

„Die dachten und hofften zugleich, am Ende des Grölemeyer-Konzerts nicht nur heiser zu sein, sondern zusätzlich Flugzeuge im Bauch zu haben.“

„Wie schön!

Und – hat’s geklappt?“

„Danke der Nachfrage!

War ein voller Erfolg.“

„Na, also!

Flugzeuge im Bauch sind immerhin besser als ein ganz gemeines Druckgefühl, verursacht vom Tote-Fische-Fressen am Essener Ruhrstau-See, an das ich mich nur ungern erinnere.“

„Du meinst die vielen Tonnen toter Fische im Essener Baldeney-See Anfang 2012, die durch illegale Einleitungen von Kalkschlamm verursacht wurden?“

„Arrrgh! Genau!

Und noch einmal: Arrrgh! Gleich würge ich grün und gelb wie Reiher mal zwei.“

„Tja, wie dem auch sei!

Jedenfalls hatte unser chaotisches Glücksgefühl inmitten mannigfaltiger megageiler Erlebnisse rund um die Bochumer Jahrhunderthalle auch einen Haken.“

„Mach’s nicht so spannend. Los, raus damit!“

„Wie gesagt, mit Flugzeugen im Bauch, Knistern im Ohr, mit Bier- und Saucespritzern sowie Federmilben und Flöhen im Gefieder, all das machte uns nach diesem turbulenten Abend derart rappelig, dass wir auf dem Schlafbaum noch lange nicht zur Ruhe kamen.“

„Jetzt geht’s ans Eingemachte, vermute ich.“

„Stimmt!

Da rutscht doch glatt der Diamanten-Lilli raus, ihr Köbes habe ihr zum 10. Hochzeitstag diese Konzertreise geschenkt. Als Dank dafür, dass ihr letztes Gelege wiederholt aus mindestens fünf Eiern bestand, seitdem sie mit ihm in Dauerehe lebt.“

„Wie lange schon?“

„Seit 2020.“

„Seit 2019, dachte ich.“

„Neiiin! Da war sie noch die heiße Braut vom Diamanten-Dieter.“

„So genau will das hier niemand wissen – Emilian, Schnabel!“

„Rabiii!

Die waren damals ein echt schräges Pärchen. Mischten mit auf jeder Party und trugen die Schnäbel ganz hoch und man munkelte, beide hätten einen an der Feder.“

„Emilian, Schnabel!

Noch so eine despektierliche Bemerkung, und ich verweise dich von unserem Schlafbaum.“

„Rabuuu!

Jedenfalls ging das große Getuschel los, als keine Eier im Nest lagen.“

„Emilian, du Rabenbraten!“

„Dabei schlug die Stunde der Wahrheit: Der Köbes machte ihr die Düsseldorfer Altstadt schmackhaft, führte sie zu ungeahnten Leckerbissen auf der Kö und bekam dabei gar nicht mit, dass der Diamanten-Dieter kampflos klein beigab und, um weiterem Spott zu entgehen, sich klammheimlich absetzte und auf dem Parkplatz vom Duisburger Zoo mit Ilona glücklich wurde.“

„Hurra!

Wir leben noch und ich, Emilian, ich bin deren erstgeborener Sohn.“

„Können wir das Thema wechseln?“

„Können wir, doch erst nach meiner abschließenden Ansage.“


„Fasse dich kurz!“

„Köbes, du Altvogel!

Schmücke deine Rede nicht immer wieder mit abgegriffenen alten Werbeslogans.“

„Hört auf, euch zu beharken!“

„Danke dir wegen deiner Dreinrede, Halbbruder Korzilius.“

„Bitte, gern geschehen!“

„Also: Der Traum vom Lotterleben mit Trallafitti aller Orten ohne elterliche Pflichten erfüllte sich nicht für unseren Köbes. Immerhin, er fügte sich mannhaft seinem Schicksal und heutigentags steht für seine Diamanten-Lilli die Nominierung als Übermutter des Jahres 2012 bei der diesjährigen Fruchtbarkeits-Feier auf dem Plan.“

„Tempora mutantur, nos et mutantur in illis. Die Zeiten ändern sich und wir ändern uns in ihnen.“

„Man dankt für diese Bemerkung unseres Oberschlaumeiers Doc-Hirni.“

„Banause, du!“

„Du Anthrax-glänzender Eierkopf du, halte dieses geflügelte Wort besonders gut fest, auf dass es dir nicht entfleuche.“

„Schluss jetzt mit dem Wortsalat, kommt zurück zur Realität!“

„Achtung!

Altvogel Köbes hat gesprochen.“

„Falls ich richtig vermute, steht schon das nächste Familientreffen auf dem Plan.“

„Gut kombiniert, Korzilius!

Und ich werde die Veranstaltung moderieren.“

„Das kann ja heiter werden!“

„Du schnarrst es!

Themen wie Kinderkrippen, Ganztagshorte oder ausgesuchte Badeorte an den Ruhrseen werde ich nur kurz streifen. Allerdings ausgiebig werde ich von Erkenntnissen im Hinblick auf Anpassung verschiedener Raben-Lebensräume berichten und ebenso die heutige Raben-Intelligenz-Diskussion in der aktuellen Raben-2.0-Version in allen Einzelheiten erläutern.“


„Raus damit, Emilian, krächze uns sofort die neuesten Erkenntnisse!“

„Mit dem größten Vergnügen!

Habt ihr etwa noch nicht die Ergebnisse von Experimenten der hiesigen Universität Bochum gescheckt, nein?

Also, wir Raben sollen gemäß einer bahnbrechenden Studie befähigt sein, z. B. mit Herstellung von Werkzeug im übertragenen Sinne den Straßenverkehr zu nutzen.“

„Wie das?“

„Indem wir einfach eine Eichel, eine Nuss oder ein Schneckengehäuse vor einer Ampel fallen lassen, um sodann während der folgenden Rot-Phase in aller Ruhe die geknackten Leckerbissen einzusammeln und an einem sicheren Ort zu verspeisen.“

„Und dabei bist du nie allein!“

„Mag ja sein!

Doch während dein nächster Nachbar rabenmäßig klaut und spioniert, hilft nur das Täuschen und das Tricksen.“

„Genau!

Scheinverstecke anlegen, um den wahren Futterhort zu verschleiern.“

„Oder ablenken vermittels eines Kunststückes!

Ob ihr es glaubt oder nicht, bei unserem großen Fressen nach dem Konzert sah ich einen Bochumer Artgenossen kopfunter an einem Ast schaukeln.“

„Der wollte dich vermutlich von einem extra großen Stück Curry-Wurst ablenken, welches du wegen deiner Kurzsichtigkeit nicht entdeckt hast.“

„Du elender Lästerschnabel, du!“

„Selber, selber – da lachen alle Kälber!“

„Es reicht, Ruhe jetzt!

Wenden wir uns wieder dem hiesigen Ruhr-Uni-Projekt für schlaue Rabenvögel zu, wobei diese sich in einem Experiment im Spiegel angeblich selbst erkennen können und dabei einen angebrachten Farbpunkt auf ihrem Gefieder wegpicken wollen.“

„Diese Nummer schießt den Vogel ab.“

„Schießt dich ins Huckebein!“

„Habt ihr sie noch alle?“

„Alle meine Gänschen…“

„Was wird das denn?“

„Schwimmen im Klosett…“

„Nee!“

„Doch!

Zieht man an der Strippe, sind sie alle weg.“

„Seid ihr oben noch ganz lichte?“

„Sicher doch – und unten dichte!“

RABULINSKI

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