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Königstochter

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Wie gesagt ist der Text das Medium, in dem Hatschepsut die Königstradition ein wenig an ihr persönliches Geschlecht anzupassen versucht. So ist Hatschepsut in den Bildern in der Regel als ein männlicher König abgebildet, während die Texte immer wieder darauf Rücksicht nehmen, dass es sich bei diesem König um eine Frau handelt. Vor allem wird ihre Rolle als Tochter oft angesprochen – einmal in Bezug auf ihren irdischen Vater Thutmosis I., zum anderen in Bezug auf ihren göttlichen Vater Amun und schließlich auch in Bezug auf ihre göttliche Mutter Hathor. All diese Tochterbeziehungen sind von zentraler Bedeutung für die Legitimation ihrer königlichen Herrschaft. Deshalb werden in Hatschepsuts berühmtem Totentempel (Millionenjahrhaus) in Deir el-Bahari auch alle drei thematisiert.

Ein Millionenjahrhaus fungiert als „Ewigkeitsmaschine“ für die Herrschaft eines Königs. Um ihr Königtum auf ewig zu sichern, muss Hatschepsut zeigen, dass ihre Herrschaft auf der göttlichen Weltordnung beruht. Dazu benutzt sie zwei Väter und eine Mutter.

Die Tochterbeziehung zu Thutmosis I. ist die wesentliche Voraussetzung dafür, dass Hatschepsut überhaupt die Königsrolle übernehmen konnte. Und so präsentiert sie diesen Vater als den, der sie als Nachfolgerin bestimmt hat. Er erhebt sie zu seiner Stellvertreterin und überträgt ihr das Königsamt, wie ein Reliefbild (Abbildung 3) zeigt.

In der Beischrift, die im Gegensatz zum Bild wieder das weibliche Geschlecht Hatschepsuts berücksichtigt, lässt sie ihren Königvater sprechen:

Diese meine Tochter, DIE-AMUN-UMARMT HATSCHEPSUT– sie möge leben! –, setze ich ein als meinen Stellvertreter. Denn sie ist ja meine Thronfolgerin. Sie ist es, die sitzen wird auf diesem meinem wunderbaren Sitz und den Untertanen an allen Stellen des Palastes befehlen wird; sie ist es, die euch leiten wird. Ihr höret ihre Worte, ihr haltet euch an ihren Befehl. Wer sie preisen wird, der wird leben, wer etwas Schlechtes sagen wird, indem er Ihre Majestät lästert, der wird sterben.

Abb. 3: Thutmosis präsentiert dem Staatsapparat seine Tochter als Vizeregentin mit Nachfolgerecht (Graphik JK)

Sie nimmt damit in Kauf, dass sie ihren verstorbenen Mann aus der Geschichte tilgt. Offensichtlich ist die Tochterbeziehung zu Thutmosis I. politisch und theologisch viel entscheidender als die Ehebeziehung zu Thutmosis II. Das hat sicher mit der polygamen Struktur der königlichen Ehen zu tun. Allein aus der Mitgliedschaft im königlichen Harem hätte Hatschepsut keinen Herrschaftsanspruch ableiten können – weder realpolitisch noch religiös. So „opfert“ sie die Königswürde ihres Mannes, um sich als Tochter, Stellvertreterin und Nachfolgerin direkt an Thutmosis I. anzuschließen.

Sexualität – Macht – Religion

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