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Kapitel 3
ОглавлениеJeden Moment würde die Sonne über dem Meer aufgehen, der Horizont war in Rosa und blau getaucht, das Dorf lag noch im Halbdunkeln. Die Aussicht vom Strand über die Felsen und das Meer zu dieser Uhrzeit glich einer kitschigen Postkarte. Es war der Strand vor der Bar »Porto Paradiso«.
Der kleine Abschnitt war an beiden Seiten von Felsen eingegrenzt. Der flache, feine Sandstrand dazwischen war ein gutbesuchtes Ziel für Touristen und auch Einheimische. Während auf der einen Seite eine steil ansteigendende Straße weiter durch den Ort führte, diente der Felsen am anderen Ende des knapp hundert Meter langen Strands als kleine Aussichtsmöglichkeit. Sowohl zum Hauptstrand am Beginn von Bali als auch den Hafen konnte man von hier aus sehen, vorausgesetzt, man war mutig genug, sich auf den teils schroffen Felsen nach vorne zu trauen.
Tákis und Ryan standen barfuß im Sand, die kleinen Wellen reichten gerade einmal bis zu den Knöcheln. Beide Männer trugen kurze Trainingshosen und ein dunkles Trägershirt. Tákis stand mehrmals pro Woche vor Sonnenaufgang auf und spazierte zum Strand. Neben seinem intensiven Sport- und Fitnesstraining nahm er sich auch die Zeit zur Meditation. Wie schon die letzten Tage war Ryan mitgekommen, alleine um das Schauspiel zu erleben, wenn der Sonnenaufgang Bali und das Meer in die unterschiedlichsten Farben tauchte.
Er kopierte Tákis Bewegungen, konzentrierte sich auf einen Punkt am Horizont und atmete mehrmals tief ein und aus. Sein Kopf war leer, er hatte alle Gedanken ausgeschaltet, hörte nur auf seine Atmung und seinen Herzschlag. Von Tákis wusste er, dass diese Stunde der inneren Ruhe, wie sein bester Freund es nannte, ihm sehr gut tat. Er hatte die Meditationskenntnisse von einer Bekannten von Despina erlernt, die ihm angeboten hatte, auf diesem Weg seine Wut und Trauer zu verarbeiten. Zu einem Teil hatte es auch geholfen, gleichzeitig war sein Wunsch nach Rache aber gewachsen.
Langsam zog Tákis ein Bein hoch, eng angewinkelt vor seinem Körper. Ohne das Gleichgewicht zu verlieren, hielt er die Position über eine Minute lang.
Am Horizont erschien die Sonne, langsam stieg die gelbe Scheibe vor ihnen aus dem Meer. Tákis stellte wieder beide Beine auf den nassen Sand und blickte Ryan ernst an.
»Nachdem Du sie nun zum ersten Mal persönlich getroffen hast, glaubst Du immer noch an unseren Plan?«, fragte er mit ernster Miene.
»Das war nur der erste Schritt, aber es hat perfekt geklappt. Wenn wir morgen auch so ein Glück haben und mein Schnellkurs in menschlicher Psychologie erfolgreich ist, bin ich bald ein Dauergast in der Villa.«
»Ich habe Nikos erklärt, was er zu tun hat. Er freut sich schon darauf, uns zu helfen.«
Ihre Ruhe wurde von einem herankommenden Wagen unterbrochen. Es war Theo, dem gemeinsam mit Giannis die Strandbar und das Restaurant ‚Porto Paradiso‘ gehörte. Als er ausstieg und die zwei Männer sah, winkte er ihnen freundlich zu.
»Morgen! Schon wieder so zeitig auf den Beinen?«, rief er ihnen zu. Kurz darauf gesellten sich Ryan und Tákis zu ihm und tranken einen frisch gepressten Fruchtsaft, während Theo die Bar eröffnete.
Theo und Giannis führten die Bar nun schon seit fünfzehn Jahren. Die beiden Freunde hatten aus dem Restaurant und der Bar ein großes Familienunternehmen gemacht.
Theo scherzte, dass diese Bar für ihn wie ein Jungbrunnen wirkte und Ryan musste ihm beipflichten. Der groß gewachsene, drahtige Mann sah keineswegs wie fünfundvierzig aus, sondern würde leicht um zehn Jahre jünger eingeschätzt werden. Das hatte er mit Giannis gemeinsam, der zwar etwas älter aussah, aber auch noch nicht wie dreiundvierzig. Ihr Markenzeichen war der schwarze sorgfältig gepflegte Dreitagesbart, wobei Theo viel lichteren Bartwuchs hatte.
Ryan lehnte sich auf dem Barhocker zurück, strich sich mit beiden Händen durch die kurzen Haare und fragte entspannt, welche Pläne Tákis und Despina heute hätten.
»Bis mittags muss ich für Dimitris noch einiges erledigen. Ihm gehört die Hotelanlage Elpis, gleich neben Deinem Hotel. Aber danach können wir gerne etwas unternehmen. Despina hilft heute im Supermarkt aus, sie hat erst gegen Abend frei. Sie wird auch alles Notwenige besorgen, damit morgen in Rethymnon alles wie geplant abläuft.«
Damit war für Ryan der Tagesablauf klar: Er würde einen erholsamen Badetag einlegen, bis Tákis sich nachmittags zu ihm gesellen würde. Einem gemeinsamen Abend stand ebenfalls nichts im Weg. Sie mussten nur darauf achten, nicht zu dritt von Maria oder ihrem chinesischem Aufpasser gesehen zu werden.
Einen Eiskaffee später trennten sich die Wege der drei Männer. Theo bereitete an der Bar alles für den Tag vor. Tákis verließ den Strand und ging die steile Seitengasse hinauf in Richtung Despinas Wohnung. Ryan spazierte zurück in sein Zimmer und ruhte sich noch etwas aus. Aber länger als eine Stunde hielt er es nicht mehr im Bett aus, zu groß war die Sehnsucht nach dem Meer. Mit Badeshorts und Handtuch machte er sich wieder auf den Weg zum Strand.
Dieser war nicht mehr menschenleer, die ersten Touristen hatten es sich schon auf den Liegen bequem gemacht. Ryan warf sein Handtuch auf eine freie Sonnenliege und ging geradewegs ins Meer. Nach mehreren Metern hechtete er ins Wasser und schwamm hinaus.
Sein erster Ausflug ins Meer dauerte über eine halbe Stunde, bevor er zurück an Land kam und sich entspannt auf seine Liege platzierte. Mit geschlossenen Augen genoss er die leichte Brise, das leise Rauschen der kleinen Wellen und ein Stimmenwirrwarr aus unterschiedlichen Sprachen.
Seine Gedanken drehten sich um Maria, um die Familie Granat und ihm kam die Unterhaltung mit seinem Chef in den Sinn.
Sein Plan begann, nachdem Ryan das erste Mal von einem Bericht über Victor Granat gehört hatte. Bei einer Fahrt von Wien nach Linz sprach er seinen Chef darauf an. Er erzählte ihm, dass er den Namen kenne, da Victor Granat in Bali ein Haus hatte. Er erfuhr von den Gerüchten, dass Granat sich absetzen wolle und bislang nichts Handfestes gegen ihn vorlag. Nichtsdestotrotz war man sich sicher, dass Victor Granat unter anderem einer der Verbindungsmänner war, der illegale Waffenlieferungen organisiert hatte. Ryans Vorschlag, sich vor Ort diskret zu erkundigen, stieß auf wenig Begeisterung.
»Du bist Chauffeur und kein Spitzel. Das ist hier keine Folge von ‚Mission Impossible‘, wir haben Spezialisten, die sich darum kümmern.«
Durch die deutliche Absage noch mehr bestärkt, machte sich Ryan daran, Maria Granat ausfindig zu machen. Es war nicht schwer, innerhalb kürzester Zeit viele Informationen zusammenzutragen. Über Freunde, die an derselben Uni studierten und deren Facebook-Account erfuhr Ryan sehr viel über Maria. Als er herausfand, dass sie nach ihrem Studium zu ihrem Vater ziehen würde, fasste er den Entschluss, zusammen mit Tákis in Kreta an sie und somit an Victor Granat heran-zukommen. Seinem Chef hatte er nichts mehr davon berichtet, aber am letzten Arbeitstag wurde er in dessen Büro zitiert.
»Du wirst also Deinen Urlaub auf Kreta in Bali verbringen, Ryan?«
»Ja, Herr Manolas. Ich habe meinen besten Freund dort und …«
Herr Manolas stand auf und stellte sich direkt vor Ryan.
»Was ich Dir jetzt sage, bleibt unter uns. Ich bin nicht dumm. Ich weiß, wer Dein bester Freund ist und ich weiß auch, warum Du ein persönliches Interesse hast, Victor Granat nahezukommen. Weder die griechischen Behörden, noch Interpol haben bislang Beweise gefunden, die ihn mit den dreckigen Geschäften in Verbindung bringen. Wenn Du etwas herausfinden solltest, melde Dich umgehend und wir schreiten sofort ein. Keine verrückten Einzelaktionen, verstanden?«
Ryan sah ihn stumm an. Es war sinnlos seinem Chef etwas vorzumachen. Er nickte ihm zu.
»Wenn Du in Schwierigkeiten gerätst, kann Dir niemand helfen, wir würden abstreiten müssen, dass wir etwas davon gewusst haben. Also pass auf Dich auf.«
Nun musste Ryan schmunzeln. Manolas sah ihn fragend an.
»Keine Sorge, ich fliege nicht hinunter um ‚Mission Impossible‘ zu spielen, wie Sie es so schön ausgedrückt haben.«
Manolas drückte ihm noch eine Visitenkarte in die Hand, die Nummer des Polizeipräfekten aus Rethymnon.
»Wenn es Probleme gibt, ist das vielleicht Deine einzige Hoffnung. Jetzt geh, schönen Urlaub, genieß die Zeit … und viel Glück.«
Ryan war bei seinen Gedanken an die Vorbereitungen eingenickt. Eine junge Frauenstimme weckte ihn auf.
»Hallo! Auch reiche Leute liegen wohl gerne am Strand?«
Ryan öffnete die Augen und blickte in das lächelnde Gesicht der Kellnerin von gestern Abend. Ihre weißen Zähne glänzten und ihre langen, schwarzen Haare waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Eine dunkle Sonnenbrille verbarg ihre Augen.
»Hallo, so sieht man sich wieder.« Ryan setzt sich auf. Die junge Frau, er schätzte sie auf maximal fünfundzwanzig, trug weiße, hautenge Hotpants und ein gelbes Bikinioberteil. Ryan blickte geradeaus auf ihren flachen Bauch.
»Das klingt fast etwas negativ, wenn Du es so sagst. Wie heißt Du eigentlich?«, wollte er wissen.
»Christina Saravakos. Ich habe es nicht negativ gemeint. Es ist nur beruhigend, zu sehen, dass solche Leute wie Du auch ganz alltägliche Dinge tun und nicht nur mit ihrem Geld angeben.«
Obwohl sie lächelte und es wie ein Spaß klingen ließ, war deutlich herauszuhören, dass sie nicht die beste Meinung von ihm hatte. Das konnte er aber im Moment nicht ändern.
»Nur soviel, ich bin sicherlich jemand, der mit beiden Beinen auf dem Boden der Realität steht und nicht abgehoben ist.«
»Das hat Giannis auch gemeint und der kennt Dich ja schon etwas länger. Aber wenn Du noch länger hier bist, kann ich mir ja ein Bild von Dir machen. Schönen Tag noch und viel Spaß.«
Christina drehte sich um und ging zu ihren Freundinnen, die schon im Wasser standen und herumalberten.
Ryan sah ihr nach, wie sie bei ihrer Liege stehen blieb und die kurze Hose abstreifte. Er erfreute sich an dem Ausblick auf die junge, äußerst attraktive Frau, wie sie sich vorbeugte, um ihre Tasche zu schließen. Zurückgelehnt in seiner Liege musste er daran denken, wie er unter anderen Umständen nun aufstehen und ihr folgen würde, aber daran war nicht zu denken. Seine volle Aufmerksamkeit gehörte vorerst nur Maria.
Bis Tákis am Strand auftauchte hatte sich Ryan mehrmals im Meer abgekühlt, ein Mittagsschläfchen unter dem Sonnenschirm gehalten und war an den Felsen entlang geschwommen, bis er fast den nächsten Strandabschnitt erreicht hatte. Tákis fand Ryan schlafend auf der Liege. Er hatte von der Bar zwei eiskalte Flaschen Mythos mitgenommen und stellte eine davon auf Ryans Brust.
»Du holst Dir noch einen Sonnenbrand, Bruder.« Ryan schreckte auf, nahm das Bier dankend an und trank es mit einem Zug bis zur Hälfte aus.
»Ich habe von Despina diese Ping–Pong Schläger samt Bällen mitbekommen. Wie in den alten Zeiten, ein Spielchen unter Freunden?«
Ryan setzte sich auf und strahlte. Er trank sein Bier aus und nahm Tákis einen Schläger aus der Hand.
»Wie in alten Zeiten!«, meinte er erfreut und ging in Richtung Meer.
Ryan und Tákis fielen zwischen den anderen Touristen nicht auf. Leute in allen Altersklassen versammelten sich am Sandstrand und im Wasser. Junge Pärchen, frisch verliebt oder mit Kind, Großfamilien mit einer ganzen Schar an Kindern und Pensionisten, die den ganzen Sommer über auf Kreta blieben, alles war hier zu finden. Ryan und Tákis standen bis zu den Knien im Wasser und schlugen den Ball fest hin und her. Dass sie dabei mehrmals nach dem Ball hechteten und mit dem ganzen Körper im Wasser landeten gehörte genauso dazu, wie ihre gegenseitigen Sticheleien.
»Was ist mir Dir, Tákis? Dir wird doch nicht die Luft ausgehen«, kommentierte Ryan einen Bauchklatscher seines Freundes. Diese antwortete ihm mit einem Schuss, direkt auf Ryan gezielt, der knapp vor ihm im Wasser landete und für ihn unmöglich zu schlagen war.
»Nicht reden, treffen!«
Als sie ziemlich erschöpft aus dem Wasser stiegen, bemerkte Tákis, dass es höchste Zeit war, um zu Despina zu gehen.
»Wir werden heute im ‚Porto Paradiso‘ essen. Wenn Du willst, komm mit.«
Ryan überlegte kurz.
»Da kann ich im Moment noch nicht zusagen. Maria soll nicht wissen, wen ich kenne, immerhin brauche ich Euch beide noch einige Male, vielleicht sogar direkt vor ihren Augen.«
Mit dem Versprechen, sich bei Tákis zu melden, verabschiedete sich Ryan und ging den kurzen Weg zu seinem Zimmer. Seine erste Aktion im Zimmer war der Blick mit dem Teleobjektiv auf die Villa Granat. Alles sah verlassen aus, kein Wagen stand vor dem Haus. Anscheinend war Maria mit ihrem Vater noch unterwegs. Während Ryan duschte und seine Kleidung für den vermeintlichen Ausflug mit Maria bereitlegte, ging er sein Vorhaben mehrmals im Kopf durch. Er musste abwägen, wie groß das Risiko war, heute als Reinhard Kurzmann in die Bar zu gehen. Ein Klopfen an der Tür unterbrach seine Gedanken.
Er wollte schon zur Türklinke greifen und öffnen, als er stutzte. Schnell sah er sich im Zimmer um, packte seine Kamera und verstaute sie im Kasten. Das Badetuch um den Bauch gewickelt begab er sich zur Tür. Zwar trug er seine Shorts, aber er wollte dafür sorgen, nicht unvorbereitet jemand in sein Zimmer zu lassen.
Als Maria vor der Tür stand, war er froh, rechtzeitig ein paar Vorsichtsmaßnahmen getroffen zu haben. In einem blassgelben Blazer, lange weiße Stoffhose und mit dunkelrot leuchtenden Lippen begutachtete sie ihn von Kopf bis Fuß. Dabei blieb sie auf Ryans durchtrainierten Oberkörper hängen.
»Komme ich gerade ungünstig?«
»Nein, vor ein paar Minuten wäre es vielleicht ungelegen gewesen, da ich noch unter der Dusche stand. Wie war der Tag mit Deinem Vater? Beruflich oder privat?«
»Wir sind gerade auf dem Rückweg. Es war ein berufliches Treffen mit einigen Geschäftspartnern meines Vaters. Aber das ist uninteressant. Vielmehr wollte ich Dir mitteilen, dass ich gerne Dein Angebot annehmen möchte. Morgen habe ich nichts vor. Wenn Du pünktlich um neun vor meinem Haus bist, dann lasse ich mir von Dir diese Stadt und die Geschäfte zeigen.«
Ryan beobachtete sie genau und stellte fest, wie sie beim Erwähnen des beruflichen Treffens leicht verkrampfte. Ein Zeichen dafür, dass ihr nicht ganz wohl bei der Sache war. Dafür strahlte sie ihn richtiggehend an, als sie von dem Ausflug sprach, auch wenn sie versuchte es zu unterdrücken.
»Ich werde Punkt neun Uhr vor Deinem Haus stehen, natürlich korrekt gekleidet. Wie sieht denn Dein Abend heute noch aus?«
»Heimfahren, umziehen und einen gemütlichen Abend mit meinem Vater verbringen. Wir haben viel zu besprechen, sowohl geschäftlich als auch Privates.«
»Dann lass ihn lieber nicht zu lange warten. Ich freue mich auf morgen und wünsche Dir noch einen schönen Abend.«
Wieder dieses Strahlen in ihren Augen. Wenn auch nur für einen kurzen Moment war es ein deutliches Zeichen, dass sie Ryan wenigstens etwas anziehend fand. Als er wieder allein im Zimmer war, hatte er ein breites, selbstsicheres Grinsen im Gesicht.
Es war nicht leicht gewesen, herauszufinden, welcher Typ Mann Maria interessierte. Zwei Freunde von Ryan waren mit Maria an der Universität, konnten ihm aber nicht sehr viel berichten. Sie hatte meistens ein paar Freundinnen um sich, Männern waren selten in ihrer Nähe. Erst als er sie mehrere Wochenenden hindurch beschattete, wurde er Zeuge eines Treffens mit einem Freund. Auch wenn es ein Treffen war, bei dem Maria mit ihm Schluss gemacht hatte, bekam Ryan einen Eindruck von ihrem Geschmack. Er war mindestens fünf Jahre älter als sie, athletisch aber nicht zu muskelbepackt und trug Bart. Dass sie diesen während der Aussprache mehrmals streichelte, war für Ryan auschlaggebend, um seinen Bart nicht abzurasieren. Er hatte von Marias Exfreund noch mehr erfahren, beziehungsweise sein Freund von der Uni hatte es herausgefunden. Unter anderem, dass sie in dem halben Jahr, indem sie zusammen waren, nur sehr wenig Spaß im Bett hatten. Obwohl Maria anfangs sehr schnell bereit dazu war, mit ihm zu schlafen, ließ sie ihn bald schon nicht mehr ran. Ihre Begründung war, dass ihr der Sex mit ihm nichts brachte. Das wurde Ryan dann später noch durch den Chat mit Maria bestätigt. Ihr Verlangen nach ungeteilter Aufmerksamkeit und teuren Geschenken war nichts Neues für Ryan, dafür aber ihr Musikgeschmack. Klassik und instrumentale Musik war ihr zuwider, ebenso Partymusik. Maria mied Diskotheken und erwartete dasselbe auch von ihrem Freund. Dafür hatte sie unzählige CDs von italienischen Schmusesängern, Mariah Carey und Celine Dion daheim. Maria bevorzugte Champagner und Prosecco, besonders mit Erdbeergeschmack. Vom Exfreund kam auch der Hinweis, dass Maria sich auffallend oft mit ihren Professoren traf und dabei immer ungestört sein wollte. Da Maria sehr abgeneigt gegen Raucher war, hatte Ryan einen guten Grund, mit dem Laster aufzuhören. Es fiel ihm nicht schwer, bei seiner Motivation bezüglich der jungen Frau. Über die Monate hinweg bekam Ryan ein immer deutlicheres Bild von der Frau. Nun musste er sie innerhalb von ein paar Wochen, vielleicht sogar Tagen um den Finger wickeln.
Er holte sein Telefon und schrieb Tákis eine Nachricht, dass er sich auf das gemeinsame Abendessen freue. Die Antwort ließ ihn schmunzeln: Wir benötigen noch knapp eine Stunde, dann kommen wir. Nicht nachfragen, sonst wirst Du eifersüchtig, soll ich Dir von Despina ausrichten.
Despina, Tákis und Ryan hatten einen Tisch mit direktem Blick auf den Strand. Als Christina ihnen die erste Runde Bier brachte und Ryan mit den Worten »So sieht man sich wieder!« begrüßte, erntete er fragende Blicke von seinen Freunden. Nach seiner kurzen Erklärung erzählte ihm Despina, was sie über die junge Frau wusste.
»Christina Saravakos kommt, so wie ich, direkt aus Bali. Sie hat mit ihren vierundzwanzig Jahren schon einiges erlebt, leider auch Negatives. Vor über einem Jahr sind ihre Eltern, beide Fischer, bei einem Schiffsunglück umgekommen. Soweit ich weiß, ist der Job hier ihr Erster nach dem Studium.«
Ryan sah sich Christina näher an, sie machte schon einen viel sicheren Eindruck als noch gestern.
»Interessant. Nun zurück zu unserem Vorhaben für morgen. Maria hat mich besucht und wir werden morgen einen Ausflug nach Rethymnon machen. Tákis, ist Nikos bereit?«
»Er wird Dir folgen und wie abgesprochen wird er auftauchen.«
»Despina, Du weißt Bescheid, es handelt sich um ein Nokia Lumia 925?«
Sie nickte.
»Dann kann eigentlich nichts mehr schief gehen«, er hob sein Bier, »Auf morgen und den weiteren Verlauf unseres kleinen Racheplans.«