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Die Witwe

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Deprimiert sah sich Paulette in dem kleinen Zimmer um. In einer Ecke lag die dünne Matratze auf dem Fußboden, auf der ihre vier Kinder schliefen. Sie selbst nächtigte eigentlich auf der anderen Seite der Behausung, aber um die Wärme ihres Nachwuchses zu spüren und das Alleinsein zu verdrängen, legte sie sich oft zu den Kleinen. Häufig bettelten die Kinder selbst sie an, sich zu ihnen zu legen. An einigen Nägeln in der Wand hingen ein paar Kleidungsstücke, andere lagen in zwei Körben, einer für sie, ein weiterer für die Kinder.

„Wenigstens haben wir ein Dach über dem Kopf, manche haben nicht einmal das“, sprach sie sich Mut zu.

Verzweifelt zählte sie die wenigen Francs, mit denen sie auskommen musste. Gelegentlich konnte sie dieser oder jener Marktfrau helfen und bekam dafür eine sogenannte „Ermutigung“ von ihnen. Jedes Mal war sie erneut verwundert, manchmal verärgert, wenn sie diesen seltsamen Begriff für die Bezahlung ihrer Arbeit hört. Der angenehme Klang des Wortes täuschte über ihre miese Entlohnung hinweg, vermittelte jedoch den Marktfrauen wie auch ihr die Hoffnung auf irgendein imaginäres Besseres. Mit wachsendem Herz­weh zählte sie erneut ihre „Ermutigungen“, es wurden nicht mehr Geldscheine. Mit der Miete war sie im Rückstand, wie überall in Kinshasa wurde der Ver­mieter immer fordernder.

„Ich muss wenigstens die Kinder durchbringen“, hämmerte es in Paulettes Kopf. „Sie brauchen was zwischen die Zähne.“

Vorgestern hatte es den ganzen Tag nichts weiter als Zuckerwasser gegeben, gestern reichte der Einkauf von ein wenig dunklem Maniokmehl, einer halben Tomate und Pili-Pili für Fufu mit scharfer Soße. Hatte sich Paulette noch vor ein oder zwei Jahren wegen des Schulgeldes gegrämt, das sie nicht mehr bezahlen konnte, so war sie mittlerweile darüber hinweg. Zumindest hatten ihre Kleinen einen Ort, an dem sie wohnen und schlafen konnten, sie waren keine Straßen­kinder.

Die Marktfrauen brauchen erst morgen wieder ihre Hilfe, sodass sie heute ihrem anderen Gelderwerb nachgehen konnte. Die auf dieser Weise verdienten Francs waren im Gegensatz zu dem Geld, das sie auf dem Markt bekam, nicht einmal eine eingebildete „Ermutigung“, eher das Gegenteil … Entmutigt legte sie einen sauberen Wickelrock an, streifte eine Bluse über und band sich aus dem gleichen Super-Wax ein Kopftuch um. Der teure Stoff stammte aus besseren Zeiten, an die Paulette nicht mehr denken wollte.

Bevor Paulette das Zimmer verließ, beobachtete sie ein paar Minuten ihren Kleinsten, der intensiv in sein Spiel mit einigen Coladosen versunken war, die Größeren trieben sich draußen herum. Sie hatte es mittlerweile aufgegeben, genau wissen zu wollen, was sie anstellten. Wenn sie sich zu sehr darauf einließ und ihre Gedanken einmal diesen Pfad beschritten, würde sie sich bald fragen, was für eine miserable Mutter, was für ein nichtswürdiges Geschöpf sie sei. Also vermied sie solche Grübeleien, konzentrierte sich auf ihr Vor­haben. Zu Fuß lief sie mehrere Kilometer von Kisenso quer durch den Stadtteil Lemba. In zu großer Nähe zu ihrer Bleibe wollte sie diesem Gewerbe nicht nachgehen. Angekommen auf dem großen Platz mit seinen Biergärten und Caféterrassen, wo wie überall nur löslicher Kaffee zubereitet wurde, hielt sie Ausschau nach Kunden.

Paulette setzte ein freundliches Gesicht auf und richtete ihre Blicke auf einen Mann, der offenbar mit seinen Freunden bereits mehrere Primus-Bier ge­trunken hatte. Der Kontaktversuch gelang, der Aus­tausch der Blicke wurde häufiger; offenbar hatte er verstanden. Ob er mitkam? Würde er sie ordent­lich bezahlen?

Als sich die anderen Primus-Trinker endlich erhoben, versuchte sie, auch den Rest ihrer übergroßen Sorgen abzustreifen. Jetzt kam es auf ihre Verführungs­künste an: Keinesfalls vulgär, aber einladend, witzig und aufge­schlossen wollte sie sich geben.

Paulette hatte in Mbanza-Ngungu ihr Abitur mit gutem Ergebnis abgelegt, in Kinshasa hatte sie Jura studieren wollen, doch es war anders gekommen. Kaum in der Hauptstadt eingetroffen, lernte sie ihren künftigen Mann kennen. Er hatte eine mittlere Position in einer Bank und kam wie sie aus Bas-Congo. Dass er um viele Jahre älter war als sie, störte weder sie noch ihre Eltern. Im Gegenteil, es war eine Ehre von ihm erwählt zu werden. Er war zwar ein erfahrener Mann, aber nicht verheiratet. Sie, Paulette, war die Erstfrau! Wie fast alle ihnen bekannten Ehepaare waren sie traditionell miteinander verbunden, doch anders als viele andere Männer wandte er sich in all den Jahren, die sie verheiratet waren, keiner anderen Frau zu. Er akzeptierte außerdem ihren Wunsch, bei einem ihm bekannten Textilien­händler in der Rue de Commerce als Aushilfe zu arbeiten. Sie sparten und konnten sich bald ein kleines Haus in Lemba leisten. Dort hatten sie eine glückliche Zeit.

Paulette seufzte, wischte mit einem inneren Ruck diese angenehmen Erinnerungen beiseite und konzen­trierte sich ganz auf den Mann, den sie im Auge hatte.

Sie kannte ein paar verschwiegene Orte in der Nähe, wo sie sich mit einem Mann auch tagsüber vereinigen könnte. Bei ihr zu Hause vermied sie es wegen der Kinder, bei ihm war sicherlich seine Familie. Der Mann steuerte direkt auf sie zu und fragte nach ihrem Preis. Zu ihrer Verwunderung akzeptierte er ohne Feilschen die von ihr genannte Summe. Ihre Er­wartung und stille Hoffnung, dass er sie zuerst noch zu einer Cola oder zu einem Bier einladen würde, erfüllte sich jedoch nicht. „Nun gut, dann ist es eben schnell vorbei. Vielleicht bleibt noch genügend Zeit für eine weitere Begegnung“, ging es ihr durch den Kopf.

„Komm mit zu mir, mein Zimmer befindet sich nur ein paar Straßen weiter. Dort stört uns niemand. Auf dem Weg dorthin muss ich allerdings noch kurz einen Freund treffen, mit dem ich etwas zu bereden habe. Halte also besser ein bisschen Abstand zu mir, er muss dich nicht unbedingt sehen“, erklärte ihr der Unbekannte.

Paulette trottete wie gewünscht in einiger Ent­fernung hinter dem Freier her. Der miserable Zustand der Straße beanspruchte ihre Aufmerk­samkeit, sie musste aufpassen, dass ihr kein Auto zu nahekam, und zugleich den Dreckhaufen und den Löchern in der Kanalisation ausweichen. Sie freute sich, ein paar Francs zu verdienen. Damit würde sie ein wenig Maniokmehl für die Kleinen kaufen. Vielleicht bekommt sie bei dem Mann zu Hause sogar etwas Essen …

Offenbar hatte ihr Freier seinen Freund entdeckt. Er winkte und änderte die Richtung seiner Schritte. Paulette gab acht, ihre Geldquelle nicht aus den Augen zu verlieren. In dem Menschengewühl der Hauptstraße konnte sie den Bekannten ihres Freiers nicht richtig erkennen, doch sie fühlte, wie wachsende Unruhe sie ergriff. Behutsam näherte sie sich den beiden, die seitwärts zu ihr standen. Eine Bretterbude verdeckte den Freund zur Hälfte, aber ihr kamen seine kräftige Statur und die Gestik seiner Arme bekannt vor. Als sie nur noch wenige Meter von ihm entfernt war, schaute er plötzlich in Paulettes Richtung. Sie erkannte ihn, ihr Puls schnellte in die Höhe, zugleich fühlten sich ihre Glieder schwer wie Blei an. Ihn anstarrend empfand sie sich unfähig zu irgendeiner Bewegung.

Ihr Freier bemerkte, dass sein Freund offenbar diese Hure kannte, aber ihm erstarb die Frage auf den Lippen, als er sah, wie der freundliche Gesichtsaus­druck seines Freundes in eine höhnisch-arrogante Gri­masse wechselte.

„He, Paulette, komm doch her zu uns“, rief ihr der Bekannte ihres Freiers zu.

Unbewusst, wie ein Automat, ging sie langsam zu den beiden Männern.

„Mach ruhig heute Abend für ihn die Beine breit. Wenn du willst, kannst du ja morgen oder übermorgen, wenn du dich erholt hast, zu mir kommen. Du weißt ja, wo ich wohne!“, sagte dieser Typ ihr grinsend ins Gesicht. „Übrigens“ ergänzte er an seinen Freund gewandt, „hat sie trotz ihrer Kinder einen ordentlich festen Busen.“

Paulette war grundsätzlich eine selbstsichere und beherrschte Frau, der man nicht ohne Weiteres ein Baguette wegnahm. Ihre Freunde kannten ihre Schlagfertigkeit und ihren Wortwitz, der gleichzeitig niemals respektlos war. Aber das Zusammentreffen mit diesem Mann, seine Worte, noch mehr die Gestik, brachten die in ihr verborgene und angestaute Wut zum Ausbruch. Alles kam zusammen: der Verlust ihres sozialen Status, ihre miserable Lage, stets hungrige Kinder, fehlendes Geld für Schule und Miete – und jetzt die höhnischen Auslassungen ausgerechnet von diesem Mistkerl.

Hatte sie sich zunächst wie gelähmt gefühlt, schlug dies nach seinen herabwürdigenden, gemeinen Worten, die von einem fiesen Gesichtsaus­druck begleitet wurden, den sie von früher kannte, in Raserei um. Sie bückte sich blitzschnell, griff in einen Haufen Unrat, eine Mischung aus verfaulenden Blättern, Straßendreck, vielleicht auch Kot und Urin. Sie schlug diese Kloakenmischung dem Mann ins Gesicht. Wie von Sinnen prügelte sie auf den Überraschten ein, der einen Moment brauchte, bis er anfing, sich zu wehren.

Ihr Freier bemühte sich ebenfalls, den unerklärlichen Gewaltausbruch dieser fremden Frau zu beenden, doch Paulette war nicht zu bändigen, auch nicht von ihrem Freier.

All die seit dem Tod ihres Mannes erlebten Erniedrigungen brachen aus ihr hervor. Für sie war dieser Mann die Verkörperung ihres Elends, der Ausgangspunkt aller Widrigkeiten. Sie wusste, dass sie stark war, der Mann offenbar nicht. Er konnte lediglich in Deckung gehen und musste die Schläge, Tritte und Schimpftiraden über sich ergehen lassen. Dem Freier hatte es die Sprache verschlagen, und er versuchte nicht mehr, die Wütende zurück­zuhalten. Er fühlte sich machtlos; infolge der Vergeblichkeit seiner Be­mühungen war er auf Distanz bedacht.

Zugleich zogen die Schlägerei und die Schreie der Frau Neugierige an. Niemand wollte sich das Spektakel entgehen lassen, wenn eine Frau einen Mann so mutig attackiert. Es griff jedoch keine der umher stehenden Personen ein. Die Frau hatte sicherlich ihre Gründe, und wenn der Mann unfähig war, sich zu wehren, konnte man ihm auch nicht helfen, dann war er selbst schuld.

Als eine der Umstehenden in der Ferne eine Polizeistreife sah, verständigte sie sich per Blicke mit ihren Freundinnen. Die vier Frauen schlossen sich zusammen, bändigten gewaltsam die Wütende, nahmen sie in ihre Mitte und schleiften sie zwangs­weise in die nächste Seitenstraße. Dort versteckten sie die noch immer Rasende in der Hütte eines kleinen Gehöftes. Paulette wurde erst etwas ruhiger, als sie die Frauen um sich herum bewusst wahrnahm.

Die Polizisten informierten sich bei den beiden Männern über das Vorgefallene. Zumindest der Freier konnte guten Gewissens behaupten, dass er nicht wisse, was die Frau gewollt habe; vielleicht war sie verrückt? Sein Freund behauptete ebenfalls, dass er diese Frau nicht kennen würde; er habe sie noch nie in seinem Leben gesehen.

Da ein grundloser Angriff einer Frau auf einen Mann ungewöhnlich war, weckte dieser Vorfall bei den Polizisten nicht nur ihr berufliches, sondern auch ihr männliches Interesse. Eine solche Tat widersprach ihren Erfahrungen und lag außerhalb ihrer Vorstel­lungs­kraft. Also versuchten die Polizisten, diese offen­kundig verrückte, gefährliche und eindeutig allen guten Sitten hohnsprechende Frau zu finden und zu ver­haften. Sie begannen mit der Suche nach der Täterin auch in jener Seitenstraße, in die sie nach Aussage einiger männlicher Passanten in Begleitung anderer Weiber geflohen sein sollte.

Als die Männer der Polizeistreife bei jenen Frauen nachfragten, die die Angreiferin in ihre Gewalt gebracht hatten, beteuerten diese ihre Unwissenheit. „Nein, davon haben wir nichts gehört. Was Sie nicht sagen, eine Frau hat einen Mann geschlagen? Und das in der Öffentlichkeit? In der Hauptstraße? Sind Sie sicher? Normalerweise ist das doch umgekehrt. Es tut uns wirklich leid, aber wir wissen von dieser seltsamen Begebenheit nichts“, versicherten sie den Polizisten mit einem treuherzig-verschämten Augenaufschlag. „Wir würden uns jedoch sofort melden, wenn wir etwas über diese Verrückte in Erfahrung bringen sollten.“

Es hatte nicht lange gedauert, bis sich Paulettes Wutausbruch völlig gelegt hatte, doch stattdessen verfiel sie nun in hemmungsloses Schluchzen.

Die Frauen, die Paulette gerettet hatten, standen in der Mitte des Lebens und hatten genügend Er­fahrungen mit seinen Widrigkeiten sammeln müssen. Sie ahnten sofort, dass das Verhalten dieser fremden Frau mit den unglücklichen Wendungen des Schicksals und dem Elend der Alltagssorgen verbunden war. Auch wenn sich die Gerettete offenbar schick gemacht hatte, ihre verwaschene Kleidung, obwohl ursprünglich aus gutem Stoff, sprach Bände. Als Paulette sich ein wenig beruhigt hatte, kochte eine der Frauen einen Zitronelle-Tee, um ihr das Reden zu erleichtern.

Die Frauen nannten ihre Namen und erzählten, dass sie alle in der Nachbarschaft wohnen würden. Einige waren Witwen, alle hatten Kinder.

„Rede bitte, erleichtere deine Seele“, forderte eine Frau sie auf. „Wir sind hier alle mit dem Elend per Du. Uns kann nichts mehr überraschen!“

Paulette schaute sich um und sah, dass ihre Retterinnen mehr oder weniger in der gleichen Lage lebten wie sie. Sie fasste Vertrauen, zögerlich begann sie zu sprechen. „Als dieser Mann, besser Abschaum, vor mir stand und mich auch noch verhöhnte, war es um meinen Verstand geschehen. Ich hätte ihn er­schlagen können und würde es nicht bereuen. Nur um meine Kinder täte es mir leid. Dieser Mann ist der Sohn eines älteren Bruders meines verstorbenen Gatten.“

Was die Frauen vermutet hatten, fanden sie bestätigt: Der Streit war offenbar eine weitere Variante dieser ewigen Familienstreitereien, die letztlich mit dem Brautpreis und dem geltenden Familienrecht ver­bunden sind.

„Wir waren nach traditionellem Recht verheiratet“, setzte Paulette ihren Bericht fort. „Die Familie meines Mannes bezahlte den vereinbarten Brautpreis. Mein Gatte war einer standesamtlichen Trauung gegenüber nicht abgeneigt, aber seine Sippe war dagegen. Wir kamen gut miteinander aus, hatten auch vier Kinder. Eines Tages stand dieser Neffe vor der Tür und sagte, dass er ein paar Nächte bei uns wohnen müsse. Er habe etwas in der Nähe zu erledigen. Natürlich willigte mein Mann ein, ihr wisst ja, die Familie … Doch die Wochen und Monate vergingen, bald war ein Jahr vorbei. Mitunter brachte der Neffe ein paar Bierflaschen mit, aber zum Unterhalt der Familie trug er nichts bei. Dafür hatte er gewisse Wünsche, die sich nicht nur auf das Essen bezogen … Mein Mann war schon recht betagt, aber mit diesem Neffen wollte ich nichts zu tun haben. Schließlich erkrankte mein Mann, und die Anzüglichkeiten des Neffen mir gegenüber wurden immer direkter. Nach einigen schlimmen Wochen voller Schmerzen starb mein Gatte. Der Familienrat meines Mannes tagte und beschloss, was zu erwarten war: Unser Haus, das wir uns vom Munde abgespart hatten und für das ich auch als Verkäuferin in der Rue de Commerce gearbeitet hatte, gehöre seiner Familie: Da der Neffe bereits in dem Haus wohnte, solle er dortbleiben. Die Kinder könne er behalten oder mir mitgeben. Zwei Wochen nach dem Tod meines Mannes fand ich mich auf der Straße wieder. Alles, aber auch alles blieb in dem Haus, vom Kochlöffel bis zu den Betten. Von den Kindern konnte und wollte ich mich nicht trennen, was dem famosen Neffen ganz recht war. Da mein Mann bei einer Bank arbeitete, verfügte er, besser wir, über ein Bankkonto mit einer hübschen Summe. Aber auch das hatte die Familie vereinnahmt. Von dem wenigen Ersparten, das ich seit Beginn der Erkrankung meines Mannes versteckt hatte, konnte ich gerade die Kaution von sechs Monaten für ein kleines Zimmer bezahlen, wo ich jetzt mit den Kindern schlafe. Meine Familie wohnt in Bas-Congo, in der Nähe von Mbanza-Ngungu, dort kann ich nicht mehr hin. Ich wäre nur eine Last für sie; dem Dorfleben bin ich entwöhnt. Da ich das Schul­geld nicht mehr bezahlen konnte, sind die Kinder von der Schule geflogen. Mit Gelegenheitsarbeiten halte ich mich über Wasser …“

Die anderen Frauen verstanden auch so, was sie meinte.

„Das Angebot dieses Neffen, in den nächsten Tagen bei ihm vorbeizukommen, um seine Lust zu be­friedigen, ließ alle Sicherungen bei mir durchbrennen. Ich soll zu ihm kommen! In meinem Haus soll ich mich von diesem Widerling in meinem Bett vergewaltigen lassen! Das war zu viel! Ich verlor jede Beherrschung, so schlug ich zu. Nein, ich bereue es nicht!“, stellte Paulette trotzig fest.

Weit weniger selbstbewusst fügte sie hinzu, dass sie nun allerdings kein Geld verdient habe, um den Kindern wenigstens einen Maniokbrei zu kochen.

Alle Frauen in der Runde kannten solche Geschichten und konnten das Gefühl der Machtlosig­keit und Verzweiflung, das bei Paulette in blinde Ge­walt ihrem Peiniger gegenüber umgeschlagen war, nur allzu gut verstehen.

Als sie sich voneinander verabschiedeten, dankte Paulette den Frauen nochmals für ihre Hilfe; in den Händen der Polizei wäre es ihr sicherlich schlecht er­gangen.

Die Frauen gaben ihr ein wenig Maniokmehl mit und wünschten ihr alles Gute – mehr konnten sie nicht tun.



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