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Schicksalsschläge

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Die Liebenden

Theo nahm seine Frau Lydia in den Arm und versuchte, sie zu trösten. Auch wenn die Ärzte Optimismus verbreiteten und die Schwierigkeiten kleinredeten, wussten die Liebenden von dem Problem. Lydia hatte Theos beide verstorbenen Frauen gut gekannt. Jede war bei der Entbindung ihres ersten Kindes gestorben – ein Schock für Theo, für die Großfamilie wie für seine gesamte Nachbarschaft in Barumbu, dem Stadtteil von Kinshasa, in dem sie lebten. Dieses Unglück wurde viele Wochen unter den Frauen erörtert. Sie betrieben eine Art Ursachen­forschung, die von keinerlei medizinischen Über­legungen geprägt war.

Bei dem gestrigen Arztbesuch stellte sich heraus, dass Lydia ebenso wie die beiden verstorbenen Frauen von Theo an Myomen an und in der Gebärmutter litt. Die Aussage der Ärzte, dass diese in Afrika häufiger auftreten als anderswo und, da die Frauen hier nur selten oder nie zum Frauenarzt gingen, dieses Problem oft zu spät erkannt wurde, war kein Trost. Selbst die Fest­stellung der Ärzte, dass die Tatsache ihrer Schwanger­schaft schon an ein Wunder grenze, half nicht, die aufkommenden Ängste zu überwinden.

Sowohl Lydia als auch Theo waren zutiefst beunruhigt. Bei Lydia war es die Furcht vor großen Schmerzen bis hin zu dem Unsäglichen, dass sie und ihr Kind für immer von der Welt gehen könnten. Selbst Theo dachte an diese Möglichkeit, denn er hatte den Tod seiner beiden anderen Frauen noch immer vor Augen. Ein drittes Mal wollte und konnte er so ein maßloses Unglück nicht mehr durchstehen. Allerdings war es kaum vorstellbar, dass so etwas dreimal geschieht. Das konnte, das durfte nicht sein!

„Habe Mut und Vertrauen, dreimal hinter­ein­ander passiert so etwas nicht“, flüsterte er Lydia zu und wusste selbst nicht, ob er seine Frau oder sich selbst beruhigen wollte.

Die Wochen bis zum Geburtstermin schlichen dahin. Lydia und Theo fühlten, dass die Ärzte immer vorsichtiger mit ihren Aussagen wurden. Die Angst beherrschte ihre Zweisamkeit; beide konnten immer weniger ihre dunklen Gedanken verdrängen. Schließlich schlugen die Gynäkologen der Schwangeren vor, sofort ins Krankenhaus zu kommen, damit sie unter ständiger Beobachtung sei. Von ärztlicher Seite wurde zudem ein Kaiserschnitt ins Gespräch gebracht, was in Europa häufig praktiziert werde; auch hier hätten einige Ärzte diesbezügliche Erfahrungen. Auf diese Weise könne zumindest für die Mutter alles gut ausgehen. Lydia war sich unsicher, ob sie einen solchen Eingriff vornehmen lassen und damit ihr Kind gefährden wolle.

Theo befürwortete einen solchen Eingriff, bat Lydia inständig, diesen Vorschlag zu akzeptieren, überließ die Entscheidung aber ihr. Sie kratzten all ihr Geld zusammen und nahmen einen Kredit auf, um Lydias vorzeitige Aufnahme ins Krankenhaus zu finan­zieren. Theo hoffte, dass seine Frau im Krankenhaus vielleicht ihre Meinung zu diesem Eingriff ändere.

Theo begleitete Lydia auf dem Weg ins Krankenhaus. Nachdem er die Aufnahmeformalitäten erledigt hatte, ging er zu seiner Frau und sprach ihr noch einmal Mut zu. Sie sah ihn ängstlich-skeptisch an, dankte ihm aber für seine lieben Worte. Sie führte seine Hand zu ihrem Bauch, wo er deutlich die Bewegungen des Kindes spüren konnte. Glücklich flüsterte er ihr zu, dass alles gut werde.

Theo arbeitete in seiner Schneiderwerkstatt, die er inzwischen gemeinsam mit Lydia betrieb, nur noch mit halber Kraft. Schätzte man sonst seine Ideen für einen schicken Boubou oder einen Wickelrock mit Libaya und verwegenem Kopftuch, verzichtete seine Kundschaft jetzt auf solche Bestellungen und beschränkte die Aufträge auf Reparaturarbeiten. So hatte er genügend Zeit, jeden Tag seine Frau zu besuchen. Doch was er sah, nahm immer mehr seine Hoffnung. Auch wenn er nicht bei Lydia war, musste er immerzu daran denken, was alles geschehen könne.

Die Ärzte gaben nur noch sehr vorsichtig und allgemein-nichtssagend Auskunft, und Lydia war jeden Tag weniger ansprechbar. Eines Tages teilte der Ober­arzt Theo mit, dass es so gut wie keine Hoffnung für seine Frau gäbe. Einen Kaiserschnitt habe sie ab­gelehnt. Sie würden dennoch alles Menschmögliche tun, zumindest aber die Schmerzen nicht ausufern lassen.

Bedrückt schlich Theo nach Hause und hoffte auf ein Wunder. Doch das Erhoffte trat nicht ein. Wenige Tage darauf schied Lydia – und mit ihr das ungeborene Kind – aus dem Leben. Theos Verzweiflung kannte keine Grenzen. Dreimal den gleichen unglaublichen Schicksalsschlag zu erleben, das war zu viel. Er nahm seine Umwelt nur noch benommen zur Kenntnis, aber ihm blieb keine Wahl, er musste sich in das Un­vorstellbare fügen. Vor Theo lag der schwere Gang zur Familie von Lydia.

Lydias Eltern erkannten schon an seiner Haltung und seinem Gesichtsausdruck die Botschaft, die er ihnen zu überbringen hatte. Die Mutter fing sogleich mit Wehklagen, Schluchzen und mit Vorwürfen gegen Theo an, der Vater sah finster drein. „Du hast der Familie nur Unglück gebracht, die Großfamilie wird für die weiteren Kosten aufkommen. Das Brautgeld bleibt in der Familie“, stellt er in einem Ton, der keine Widerrede duldete, klar. Er hätte sich das auch sparen können, Theo war zu keinerlei Denken fähig. „Ver­schwinde aus unseren Augen“, waren die letzten Worte, die Theo von Lydias Vater hörte.


Die Freundinnen

Lydia war seit jeher gut bekannt und beliebt in Barumbu. Sie sang im Kirchchor, die Schneider­werkstatt von Theo, in der sie arbeitete, war ein beliebter Treff für einen Schwatz unter Frauen. Zum Vorteil gereichte dem der nur eine Minute entfernte Jovanie-Palast, ein Biergarten. Da Bier trinkende Frauen in einem solchen Lokal ein unschicklicher Anblick gewesen wären, brachte die junge Inhaberin des Biergartens das Primus-Bier zur Schneiderwerkstatt, was die Frauenrunde beflügelte – und zugleich die Auftragslage der Werkstatt verbesserte. Hier wurde auch die Eheanbahnung von Theo und Lydia heiß diskutiert, vor allem vor dem Hintergrund des tragischen Todes seiner ersten beiden Frauen bei der Entbindung. Einige interpretierten dies als Teil des unergründlichen Ratschlusses Gottes, andere als Frauenschicksal, doch es gab auch Stimmen, die die Schuld bei Theo suchten.

Wie auch immer, alle Zweifel verstummten mit der Zeit. Es war offensichtlich, dass Lydia und Theo sich liebten. Die beteiligten Familien waren sich schnell einig, und die Glücklichen feierten Hochzeit. Als Lydia jedoch nach einigen Monaten noch immer keine Anzeichen einer Schwangerschaft zeigte, begannen die üblichen Sticheleien. Vielleicht kann Schneider-Theo den Faden nicht mehr in das Nadelöhr fädeln. Ist der Faden nicht mehr stark genug? Oder haben sie gar Angst, dass Kleinkinder etwas im Haushalt zerbrechen könnten?

Diese Anspielungen verstummten erst, als sich Lydia übergeben musste. Die Schwangerschaft war für Erika, Makombi, Regina und einige andere Frauen ein willkommener Anlass, Primus-Biere auf das Wohl von Lydia zu trinken. Mitunter stießen sie auch mit einem selbstgebrannten Hochprozentigen, genannt die „Tränen des Löwen“, an. Im Gegensatz zu ihnen ver­weigerte Lydia jeglichen Genuss von Alkohol. Zugleich begleiteten Lydia die gut meinenden Kom­mentare der Freundinnen zu den Problemen und Freuden einer Schwangeren. Die Schneiderwerkstatt blieb der bevor­zugte Treff der Frauenrunde.

Irgendwann meinte Lydia, dass es Zeit sei, einen Arzt zu konsultieren.

„Ach was, Frauen bekommen seit Adam und Eva Kinder, mit und ohne Quacksalberei“, war der Kom­mentar ihrer Freundinnen.

„Ich werde einen Arzt konsultieren, nicht nur weil mein Theo darauf besteht, ich will es!“, ent­gegnete Lydia entschlossen. „Ich möchte nicht seinen früheren Frauen folgen.“

Lydia ging zu einem Frauenarzt, der sie zu einem weiteren Spezialisten schickte. Das Ergebnis teilte der Arzt ihr und Theo gemeinsam mit. Das Problem seien die vielen und teils großen Myome.

Ihren Freundinnen wich Lydia aus. Es war ihr unangenehm, von den Myomen in ihrem Körper zu sprechen. So berichtete sie von Belanglosigkeiten. Doch ihre Zuhörerinnen kannten die Schwangere gut genug, um das Unaufrichtige in ihrer Stimme herauszuhören. Die Schneiderwerkstatt wurde immer seltener der Ort eines geselligen Schwatzes. Mit Sorge und wachsen­dem Misstrauen verfolgten die Freundinnen Lydias Schwangerschaft.

„Erika, hast du schon gehört? Auch Lydia soll mit ihrer Schwangerschaft Probleme haben. Es heißt sogar, dass sie sterben könnte,“ berichtete entsetzt Makombi eines Tages. „Die Schwangerschaft ist bereits zu weit fortgeschritten, um abzutreiben. Bald stellt sich wohl die Frage, ob Mutter oder Kind oder alle beide. Schrecklich.“

„Das ist doch nicht möglich, das gibt es nicht!“, stöhnte Erika vor Verzweiflung. „Bereits zwei Frauen von Theo sind bei der Entbindung gestorben, die Kinder ebenfalls. Gibt es so etwas wirklich? Ist das normal?“, flüsterte sie.

Makombi und Erika teilten ihr Wissen und ihre Befürchtungen auch den anderen Frauen der Großfamilie und des Wohnviertels mit. Fast einhellig waren sie der Meinung, dass dies nicht normal sein könne. Immer wieder entzündeten sich die Gemüter an dem Umstand, dass bereits zwei Ehefrauen von Theo bei der Entbindung verstorben waren und mit ihnen ihre Kinder. Schnell waren sich die Frauen einig, dass hier seltsame Kräfte ihr Unwesen trieben. Dennoch schlugen die meisten von ihnen vor, die kommenden Tage und Wochen abzuwarten, wie sich alles ent­wickeln würde. Nur wenige Freundinnen, darunter Makombi, meinten, es vielleicht besser sei, einen Nganga-Nkisi um Rat zu fragen.

Es blieb den Frauen nicht verborgen, dass Lydia vor der Zeit gebeten wurde, das Hospital aufzusuchen. Makombi, Erika und einige andere Frauen begleiteten Lydia und Theo zum Krankenhaus. Auf dem Weg dorthin konnten sie ihre Besorgnis kaum für sich behalten, obwohl es ihre Absicht war, der Schwangeren Hoffnung und Mut zuzusprechen. Zugleich fühlten sie sich von ihrer Freundin Lydia zurückgewiesen, da sie offensichtlich lieber mit Theo allein gewesen wäre. Selbst die bösen Blicke der Freundinnen auf Theo bewirkten keine Veränderung in Lydias Verhalten. Offenbar wollte Lydia nicht einsehen, dass Theo der Urheber allen Übels war.

Die Freundinnen warteten, bis Theo wieder aus dem Krankenhaus kam, um ihn nicht nur mit bösen Blicken, sondern auch mit ihren Fragen zu konfrontieren: „Wie kommt es, dass deine ersten beiden Frauen und ihre Kinder bei der Entbindung starben und Lydia offenbar das gleiche Schicksal bevorsteht?“

„Was kann ich euch sagen? Der Tod meiner beiden ersten Frauen lastet noch immer als eine schwere Bürde auf mir. Es wäre für mich der Schrecklichste der Schecken, wenn Lydia das gleiche Schicksal zugedacht sein sollte. Ich bete für sie, dass alles gut wird, und das solltet ihr auch tun.“

Die Freundinnen sahen nur noch, wie Theo sich von ihnen abwendete und schnellen Schrittes davon ging. „Da quält wohl jemand ein schlechtes Gewissen“, war ihr einhelliger Kommentar.

Die Frauen waren mit Theos Worten nicht nur nicht einverstanden, sie waren empört. In den folgen­den Tagen besprachen sie immer wieder Lydias Schicksal.

„Gebetet haben wir auch für seine anderen Frauen, und es hat nichts geholfen“, klagte Makombi. „Vielleicht kann doch nur ein Nganga-Nkisi, das Leben unserer Freundin retten. Und falls nicht, kann er uns zumindest den Verantwortlichen für den Tod dieser drei Frauen und ihrer Kinder nennen.“

Regina wandte ein, dass möglicherweise alle drei Frauen an einer tödlichen Krankheit gelitten hätten, die erst mit der Schwangerschaft sichtbar geworden sei. „Was könnte ein Mann damit zu tun haben? Gut, er pflanzt seinen Samen in die Frau, damit sie schwanger wird. Wie allen bekannt ist, wollte das Lydia wie die anderen zwei Frauen vor ihr auch. Aber kann der Samen eines Mannes giftig sein? Davon habe ich noch nie gehört! Wie also könnte Theo die Ursachen dieser Übel sein? Sogar auf dem Weg ins Krankenhaus war Lydias Liebe zu Theo sichtbar.“

„Männer sind zu jeder Schlechtigkeit fähig!“, erwiderte entrüstet Makombi. „Es ist doch nicht normal, dass seiner jetzigen Ehefrau das gleiche Schicksal droht wie den beiden Frauen vor ihr! Da muss irgendetwas Böses dahinterstecken, das wir nicht erkennen, ein Nganga-Nkisi mit einer starken Verbin­dung zu einem Ndoki aber vermutlich schon.“

Zögernd fragte Erika, was das bringen solle. „Ein Nganga-Nkisi hat keine Ahnung von Frauenkrankheiten. Ist er wirklich in der Lage, die Ursache dieser Unsäglich­keiten zu benennen?“

Mit der Hoffnung, dass am Ende vielleicht doch alles gut ausginge, entschieden die Frauen, die Entbindung abzuwarten. Einen Nganga-Nkisi über Frauen­dinge zu befragen, fanden sie doch etwas heikel.

Die Frauen verfolgten weiter aufmerksam Lydias Schicksal. Auch zogen sie ihre eigenen Schlüsse aus Theos Verhalten, der immer wortkarger wurde, Kontakte mied und sich immer mehr zurückzog. Zwar gaben die Ärzte den Freundinnen keine Auskunft, aber sie hatten genügend Möglichkeiten in Erfahrung zu bringen, was sie wissen wollten. Das, was sie hörten, war überhaupt nicht ermutigend.

Von Lydias Freundinnen verfügte Makombi die besten Kontakte zu Lydias Familie. Wiederholt tauschten Makombi und Lydias Eltern ihre Gedanken zu Lydias Gesundheitszustand und zu Theo aus. Mittlerweile gingen auch die Eltern von dem Schlimmsten für ihre Tochter aus. In Theo sahen sie den Urheber für diese Tragödie. Sie bestärkten Makombi in ihrem Entschluss, einen Nganga-Nkisi aufzusuchen. Dieser solle letzte Gewissheit über Theos Schuld bringen. Wenn schon ihre Tochter nicht mehr gerettet werden könne, solle wenigstens der Verant­wortliche seiner gerechten Strafe zugeführt werden. Sie waren sich darin einig, dass bei einer Geburt für eine Frau stets Lebensgefahr besteht. Aber gleich bei drei Frauen? Da mussten unheilvolle Kräfte am Werk sein.

In dieser beängstigenden Lage beschlossen die Frauen schließlich, Makombis Vorschlag zu folgen und sich an einen Nganga-Nkisi, der auch bekannte gute Verbindungen zu einem Ndoki hat, zu wenden. Dieser wohnte im gleichen Stadtviertel wie Lydias Großfamilie und kannte die stadtbekannte Geschichte von Theo und seinen drei Frauen. So war er nicht überrascht, als eines Tages Makombi mit vier Freundinnen bei ihm anklopfte. Sie trugen dem Nganga-Nkisi die Geschichte von Theo und seinen ersten beiden Frauen vor, offen­bar folge nun die Dritte ihren Vorgängerinnen.

Der Nganga-Nkisi warf kleine Steine und Knöchelchen auf ein vor ihm ausgebreitetes Tuch. Er hütete sich zwar, Theos Namen direkt zu nennen, erklärte jedoch, dass offenkundig ein böser Geist oder ein Tati-Wata aus der Unterwasserwelt sein Unwesen treibe und einen Ndoki geschaffen habe. Offenbar sei er auf einer bestimmten Art und Weise mit allen drei Frauen verbunden oder habe irgendeine Art spirituelle Beziehung zu ihnen. Dieser müsse zur Rechenschaft gezogen werden, um weiteres Unglück zu vermeiden.

Für die Frauen war der Übeltäter mit diesen Worten zur Genüge charakterisiert.

Makombi fragte, was sie tun könnten, um künftig Schlimmes zu vermeiden.

Wortlos schob der Fetischeur den Frauen ein Pulver zu und verabschiedete sie. Sie bezahlten ihn mit zwei Hühnern.

Als sie von Lydias Tod erfuhr, ging Erika direkt zur Parzelle von Lydias Eltern und wartete dort auf Theo; irgendwann musste er ihnen die schreckliche Nachricht überbringen. Lange musste sie nicht warten. Sein Gang und seine Haltung sprachen von seinem Schmerz. Bei den Eltern der Verstorbenen blieb er nicht lange, und es schien Erika, dass Theo, als er Mutter und Vater der Verstorbenen verließ, noch deprimierter war als bei seinem Kommen. Irgendwie tat er ihr leid. Sie teilte die harte Haltung von Makombi nicht, auch wenn Lydias Tod das Vorstellbare überstieg.

Entschlossen trat Erika Theo in den Weg. Sie teilte ihm mit, dass Lydias Freundinnen einen Nganga-Nkisi befragt hätten und dieser davon ausgehe, dass nur ein Ndoki für den Tod der drei Frauen verantwort­lich sein könne, ein Mann, der vertrauensvolle Bezie­hungen zu ihnen gehabt habe. „Wir werden sie rächen, alles ist vorbereitet.“


Die Flucht

Im ersten Augenblick verstand Theo nicht, was diese Frau von ihm wollte. Er war seelisch und körper­lich am Ende; erst der Verlust seiner ersten beiden Frauen und nun auch noch der seiner geliebten Lydia.

Erst zu Hause wurde ihm klar, dass Lydias Freundinnen davon ausgingen, dass er verantwortlich für den Tod seiner drei Frauen war, dass er der Ndoki sei. Dabei hatte er jede von ihnen aufrichtig geliebt, er konnte sein Unglück nicht fassen. Jetzt bedrohten sie ihn sogar als vermeintlichen Übeltäter! Ihn! In all diesem Elend und Trauer auch noch das.

Theo war bewusst, dass die Frauen keinem ver­nünftigen Argument zugänglich waren, und er begriff die Worte von Erika als eine Warnung. Er besann sich, raffte schnell sein wichtigstes Handwerkzeug zusam­men, die Nähmaschine band er sich auf den Rücken und kehrte seinem Heim und der Schneiderwerkstatt den Rücken. Er verließ das Haus und schlich, die Hauptstraßen meidend, über kleine Pfade zwischen den Hütten davon. Sein Ziel war der Busbahnhof, nur weg von hier. In einer anderen Stadt würde er einen Neubeginn wagen.



Großfamilien-Bande

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