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Zur Frage der Theodizee

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„Wie kommt das Böse in die Welt?“ Mit dieser Frage fallen mir die Zeugen Jehovas regelmäßig mit der Tür ins Haus. Ich sage dann immer, das sei eine zutiefst gnostische Frage. Es sei die Frage nach der Theodizee. Meistens können die Zeugen Jehovas damit schon nichts mehr anfangen, denn sie haben noch nie etwas von Gnostik gehört.

Theodizee nennt man in Theologie und Philosophie den Versuch, den Widerspruch zwischen Gottes Allmacht und Güte und dem in der Welt vorhandenen physischen Übel, dem moralisch

Bösen und den vielfältigen Leiden zu erklären. Der Begriff „Theodizee“ stammt übrigens von Leibnitz, der dem Thema ein ganzes Werk gewidmet hat. Leibnitz sah das Böse als einen bloßen Mangel an Gutem, von Gott im Rahmen seiner Schöpfung als Mittel der Prüfung und Bewährung zugelassen, damit schließlich auch aus ihm Gutes entspringe. Sicherlich eine gute und brauchbare Erklärung.

In der Philosophie sahen J. Böhme, F.W. Schelling und F.X. von Baader den Ursprung des Bösen in Gott als dem einzigen Urgrund der Welt. Dagegen stehen Auffassungen, die das Böse lediglich als Mangel an Gutem, also als „nicht seiend“, charakterisieren (Platonismus, Augustinus, Thomas von Aquin, G.W. Leibnitz).

Die Möglichkeit einer freien Willensentscheidung wird entweder betont (Pelagius, Leibnitz) oder aber aufgrund der Erbsünden- und Prädestinationslehre verneint (Augustinus, Luther). In diesem Punkt wenigstens stimme ich mit Pelagius und Leibnitz überein. Einige grundsätzliche Überlegungen zur Theodizee: Ich selber bin davon überzeugt, dass Gott die Welt als Dualität schuf, als Licht und Finsternis schuf er sie, als Mann und Frau, und eben auch als Gut und Böse. Gott nahm also das Böse tatsächlich billigend in Kauf, um diese Welt eben als Dualität schaffen zu können, was unabdingbar für die Schöpfung ist. Damit schuf Gott diese Welt aber auch als gefallene Welt (in Gott). Damit kann das Böse tatsächlich als ein Mangel an Gutem interpretiert werden, ein Prüfstein, aus dem letztendlich wieder das Gute hervorgeht. Gott ist das Böse auch, aber er ist es eben nur „der Möglichkeit nach“. Gott ist nämlich die „Summe aller Möglichkeiten“.

Literaturhinweis:

- G.A. Bondarew: „Das Gute und das Böse“ – Ergänzungskapitel zu „Anthroposophie auf der

Kreuzung der okkult-politischen Bewegungen der Gegenwart“

Grundriss der Philosophie XI Religionsphilosophie und Philosophische Theologie

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