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Historische Hintergründe

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Während der historischen Periode der »kriegführenden Fürstentümer« (sengoku jidai) von 1467 bis 1568 begannen lokal verwurzelte Kriegsherren in den Provinzen, als daimyō (Feudalfürsten) um die Kontrolle von Ländereien und Ressourcen zu streiten. Diese Periode konstanter Kriege und Kämpfe war gekennzeichnet durch die Übernahme der Macht durch Untergebene bzw. durch Vasallen. Dieses Phänomen wird als gekokujō – »Unten überwindet Oben« – bezeichnet. Auf diese Weise gelang es vielen provinziellen Anführern von Kriegerbanden, die Kontrolle der shogunalen Provinzgouverneure abzuschütteln, sich eine eigene starke militärische Machtbasis auf dem Land zu schaffen und von dort aus mit ihren Nachbarn um die Vorherrschaft zu ringen. Kleinere Territorien wurden zu größeren Domänen zusammengefasst, in denen die daimyō durch Landvermessungen, direkte Kontrolle der Agrarproduktion und eigene Klan-Gesetze versuchten, die Unabhängigkeit ihrer Vasallen und des einfachen Volkes immer mehr einzuschränken.19

In dieser Zeit war die Loyalität der bushi, der Krieger, ihren Lehnsherren gegenüber bedingt und abhängig von bestimmten Konstellationen: Politische und militärische Macht war privat organisiert, und Feudalherren waren von ihren Vasallen abhängig. Für die Verleihung von Lehen schuldeten die Vasallen ihrem Lehnsherrn Loyalität und Lehnsdienst in Form von militärischer Unterstützung. Diese Beziehung war bilateral, d. h., beide Seiten waren voneinander abhängig. Loyalität war also »der ideale Ausdruck der Beziehung eines Vasallen zu seinem Lehnsherrn«. War es notwendig, so »musste der Vasall bereit sein, für seinen Herrn zu sterben«. Aber weil »der Lehnsherr abhängig von seinen Vasallen war, war ihre Loyalität funktional«.20 Das bedeutete, dass Vasallen so lange loyal blieben, wie ihre Loyalität ihren eigenen Interessen diente. Aber sobald sie durch Verrat mehr gewinnen konnten als durch Lehnstreue (indem sie z. B. die Macht ihres Lehnsherrn selbst übernahmen), entschieden sich viele Vasallen, ihren eigenen Interessen den Vorrang zu geben. Auf diese Weise kam es zu dem »Paradox, dass ein Zeitalter, in dem Loyalität den höchsten Wert darstellte, auch ein Zeitalter war, in dem Verrat ganz normal war.«21

Ein typisches Beispiel für den gekokujō-Aspekt der Sengoku-Periode lässt sich in Nordwest-Kyūshū finden, wo die traditions- und einflussreiche Shōni-Familie erst große Teile ihrer Territorien an die Familie der Ōuchi verlor, bevor die Ōuchi wiederum von ihren eigenen Vasallen, dem Ryūzōji-Klan, zwischen 1553 und 1559 völlig vernichtet wurden. Auf diese Weise konnten sich die Ryūzōji unter ihrem Anführer Ryūzōji Takanobu (1529–1584) das Hizen-no-kuni, das die heutige Präfektur Nagasaki und Teile der Präfektur Saga umfasste, zu eigen machen und sich so zu einem der mächtigsten daimyō-Häuser Südjapans aufwerfen.

Ryūzōji Takanobu wiederum fiel 1584 in der Schlacht von Okitanawate gegen die vereinten Armeen der Shimazu und Arima: Damit hielt sein wichtigster Gefolgsmann Nabeshima Naoshige (1538–1618) als Regent und Ratgeber des Ryūzōji-Nachfolgers Masaie die Macht über das Herrschaftsgebiet der Ryūzōji in der Hand. Nabeshima Naoshige sollte sich in der Folge als wahrer Anführer Sagas erweisen und seinen eigenen Sohn Nabeshima Katsushige (1580–1657) als Nachfolger und neuen daimyō durchsetzen: Auf diese Weise würde der Nabeshima-Klan die Herrschaft über die Saga-Domäne übernehmen.

Bevor es jedoch so weit kommen sollte, führten erstmals 1543 nach Japan eingeführte Musketen zu einer Revolutionierung der Kriegführung, die es einzelnen daimyō ermöglichte, ihren Machtbereich erheblich zu erweitern und die Vorherrschaft im Reich anzustreben. Zur politischen Legitimation einer solchen Vorherrschaft war allerdings die Kontrolle über Kyōto und den Kaiserhof unerlässlich, dessen mythologisch begründete Oberhoheit über den japanischen Archipel nie angefochten wurde. Der erste Sengoku-Feldherr, dem es gelang, seine Gegner entweder zu unterwerfen oder lange genug unter Kontrolle zu halten, um die Hauptstadt zu erobern, war Oda Nobunaga (1534–1582) aus der Provinz Owari in der heutigen Präfektur Aichi. Dieser marschierte 1568 in Kyōto ein, setzte Ashikaga Yoshiaki als Marionetten-Shōgun ein und kehrte damit die feudale Desintegration des vorigen Jahrhunderts um. Auf diese Weise läutete er die Azuchi-Momoyama-Periode (1568–1603) der Reichseinigung ein, die nach seinem Tod 1582 von seinem wichtigsten Heerführer Toyotomi Hideyoshi (1536–1598) fortgesetzt und 1590 vollendet wurde. Ihre unerbittlichen Kriege gegen andere daimyō, die großen religiösen Sekten und die militärischen Klöster, die sich ihnen widersetzten, veränderten die politische Landkarte grundsätzlich.

Wie Nobunaga vor ihm sah sich Hideyoshi genötigt, bestehende Fürstenhäuser in ihren Lehen und Privilegien zu bestätigen, oder verteilte, wo immer es möglich war, Ländereien und Fürstentümer um, mit dem Ziel, alteingesessenen daimyō ihre angestammte Machtbasis zu entreißen. So wurde zum Beispiel einer seiner wichtigsten Feldherren, Tokugawa Ieyasu (1542–1616), mit dem Kantō, dem Gebiet des heutigen Großraums Tōkyō, belohnt, der damit aber gezwungen war, seine alteingesessenen Territorien um Nagoya herum zu verlassen und sein Hauptquartier in Edo aufzuschlagen.

Wichtiges Prinzip der Regierung Hideyoshis war die strikte Trennung des Kriegeradels als Stand von der übrigen Bevölkerung, und das hatte Folgen. Krieger, die ihrem Lehnsherrn folgten, um eine neue Domäne in Besitz zu nehmen, verloren ihre alte Landbasis und waren in der Burgstadt ihres Fürsten ansässig, während Krieger, die in ihren ursprünglichen Provinzen verblieben, ihren Status als bushi verloren und künftig zum Bauernstand gezählt wurden.22 Das Gesetz zur sozialen Standeskontrolle von 1591 verbot Kriegern fortan, Landwirtschaft zu betreiben oder etwa bei einem anderen daimyō Anstellung zu finden, nachdem sie ihren Lehnsherrn verlassen hatten. Bauern hatten in ihren Dörfern zu verbleiben und durften nicht in die Städte ziehen, während es Handwerkern und Handelsleuten verboten war, in Dörfern zu wohnen. Damit wurde eine Vier-Stände-Gesellschaft aus Kriegern, Bauern, Handwerkern und Händlern durchgesetzt. Eine zentrale Rolle spielte bei der Durchsetzung und Aufrechterhaltung der Privilegien des Kriegeradels die landesweite Entwaffnung der Landbevölkerung.

Als Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts die Feudalstruktur durch die Neu- und Umverteilung von Lehen auf diese Weise umorganisiert wurde, verlor ein Großteil des Kriegeradels die Verbindung zu seinem angestammten Grundbesitz. Waren zuvor bushi in der Lage gewesen, durch ihre Bindung an Grund und Boden ein gewisses Maß an Unabhängigkeit zu behalten, wurden Krieger ab dieser Periode vollständig von ihrer Beziehung zu ihrem Lehnsherrn und den von ihm verliehenen Stipendien abhängig. Die Position der daimyō dagegen wurde durch die Strukturen von Hideyoshis Regierung garantiert und gesichert. In letzter Konsequenz bedeutete dies, dass die Loyalität der japanischen Krieger notwendigerweise bedingungslos werden musste, da ihre Beziehung zu ihrem daimyō unilateral wurde.23

Die politischen Strukturen sowie die wirtschaftlichen und militärischen Ressourcen von Hideyoshis Herrschaft reichten aber noch nicht aus, tatsächlich als zentrale Autorität über das ganze Land zu regieren. Darum genossen viele daimyō und ihre Domänen durchaus große Autonomie bzw. Selbständigkeit in der Verwaltung ihrer Ländereien und Steuereinkommen. Um einerseits seine Kontrolle über die Feudalfürsten zu festigen und andererseits ihre Machtbestrebungen nach außen zu richten, führte Hideyoshi deshalb 1592 und 1597 zwei Invasionen Koreas durch, die beide mit ungewöhnlicher Härte vorangetrieben wurden, aber letztlich fehlschlugen. Hideyoshi wurde in beiden Feldzügen von Nabeshima Naoshige unterstützt, weil dieser ihn 1590 als Vormund des neuen Saga-daimyō Ryūzōji Takafusa anerkannt und damit als tatsächlichen Herrscher Sagas bestätigt hatte.

Als Hideyoshi 1598 verstarb, hinterließ er als Nachfolger seinen minderjährigen Sohn Hideyori (1593–1615). Für diesen übernahm ein Regentenrat unter der Führung Tokugawa Ieyasus die Regierung. Aber schon bald führten innenpolitische Streitereien zu einer Spaltung zwischen jenen daimyō, die Hideyori unterstützten, und denen, die sich Ieyasu verpflichteten. Im Jahr 1600 bestätigte die Schlacht von Sekigahara die Oberhoheit Ieyasus als mächtigsten Landesfürsten Japans. 1603 konnte er sich zum Shōgun ernennen lassen. Er richtete daraufhin in Edo sein Militärregime, das Tokugawa-bakufu, ein und eröffnete damit die Edo-Periode (1603–1868), die dem Land für gut 250 Jahre relative Stabilität und Frieden bringen sollte.

Indem Ieyasu zahlreiche daimyō ihres Besitzes enthob sowie Lehen reduzierte und umverteilte, verstand er es, ein gut austariertes Kräftegleichgewicht zwischen den Tokugawa und ihren Zweigfamilien, den sie unterstützenden Klans (fudai daimyō) und jenen Fürstentümern zu errichten, die sich erst nach der Schlacht von Sekigahara gezwungen sahen, sich den Tokugawa zu unterwerfen (tozama daimyō). Konfiszierte Ländereien gingen auf diese Weise in die Hände verwandter Häuser, verdienter Vasallen oder der Tokugawa selbst über. Bereits durch diese Maßnahme war eine politische Vormachtstellung aufgrund von Landbesitz und damit von Steuereinkommen garantiert. Hideyoshis Erbe Hideyori wurde zu einem daimyō unter vielen mit Sitz in der Burg von Ōsaka, einem Ort, an dem sich in der Folge die Gegner des Tokugawa-Regimes sammelten. Aber in zwei Belagerungen 1614 und 1615 wurde die Burg von Ōsaka zerstört, Hideyori getötet und damit der letzte nennenswerte Widerstand gegen das Edo-bakufu beseitigt.

Bei der Schlacht von Sekigahara standen die Nabeshima stellvertretend für ihren daimyō Ryūzōji Takafusa und die Saga-Domäne eigentlich auf der Seite der Toyotomi, befanden sich aber auf Befehl des Toyotomi-Feldherrn Ishida Mitsunaris (1560–1600) nicht vor Ort. Nachdem das Ergebnis der Schlacht bekannt geworden war, wechselten sie opportunistisch sofort die Seiten, ordneten sich Tokugawa Ieyasu unter und verfolgten auf seinen Befehl Teile der unterlegenen Armee, der sie dann eine heftige und für beide Seiten verlustreiche Schlacht lieferten. Nach dem Sieg konnte Nabeshima Katsushige Ieyasu 600 feindliche Köpfe überreichen und erhielt dafür seine offizielle Anerkennung als Repräsentant Sagas und die Garantie für den Erhalt der Ryūzōji-Domäne. Das hatte gleichzeitig zur Folge, dass die Ryūzōji zusammen mit den Nabeshima, wenn auch als tozama-Fürsten, auf ihrem angestammten Besitz verbleiben konnten, ohne versetzt zu werden und umsiedeln zu müssen.

Darüber hinaus konnten sich die Nabeshima noch enger an die Tokugawa binden: Als 1603 Katsushiges Gemahlin starb, gab ihm Ieyasu seine Adoptivtochter zur Frau. Diese Vermählung bedeutete natürlich für Vasallen eines außenstehenden Hauses eine hohe Anerkennung und einen großen Statusgewinn. Als dann 1607 sowohl der Ryūzōji-daimyō Takafusa als auch sein Vater Masaie unter nicht ganz aufgeklärten Umständen verstarben, ging damit die Ryūzōji-Hauptlinie zu Ende. Die Ryūzōji-Seitenlinien schlugen daher Katsushige mit seinen Verwandtschaftsbeziehungen zur shogunalen Familie als Nachfolger für den Fürstentitel vor. Damit erhielt der Nabeshima-Klan endgültig den Fürstentitel mitsamt der Domäne von Saga.

Gleich im Anschluss an die Zerstörung der Burg von Ōsaka 1615 wurde vom Shogunat das Buke Shohatto als allgemeingültiges Gesetzeswerk des Kriegeradels verkündet. Damit versuchte das Shogunat die Feudalfürsten zu reglementieren sowie ihre militärischen Fähigkeiten einzuschränken und zu kontrollieren. So mussten daimyō fortan jedes zweite Jahr auf Respektsbesuch in Edo verbringen (sankin kōtai), während ihre Ehefrauen und Kinder als Geiseln ständig in Edo wohnten. Das bedeutete nicht nur erhebliche Ausgaben für die einzelnen Domänen, sondern hatte unter anderem auch zur Folge, dass spätere daimyō, die in Edo geboren und aufgewachsen waren, die Fürstentümer, die sie regieren sollten, gar nicht kannten. Gleichzeitig wurden besonders den außenstehenden tozama-Häusern zusätzliche Ausgaben dadurch auferlegt, dass man sie zu Aufgaben im öffentlichen Dienst wie zum Beispiel zu öffentlichen Bauvorhaben verpflichtete. Kurz nachdem so die Bedingungen für die politische, wirtschaftliche und militärische Vormachtstellung der Tokugawa sowie für Ruhe und Ordnung im Land sichergestellt waren, verstarb Ieyasu im Jahr 1616.

1637 brach mit der Rebellion von Shimabara südlich der Saga-Domäne der letzte große militärische Konflikt der Edo-Periode aus. Im Widerstand gegen erdrückende Steuern und das seit 1612 strikt durchgesetzte Verbot des Christentums erhoben sich Bauern und herrenlose bushi auf der Halbinsel Shimabara in einem verzweifelten Aufstand gegen das bakufu, nur um 1638 von den vereinigten Armeeverbänden aus diversen Domänen vernichtend geschlagen zu werden. Der Nabeshima-Klan stellte dabei mit 35 000 Mann unter ihrem Fürsten Katsushige das größte Kontingent an Kriegern, darunter auch den damals 49-jährigen Yamamoto Jin’emon Shigezumi, Yamamoto Jōchōs Vater, der sich bei der Schlacht hochverdient machte, sich aber schwere Verletzungen einhandelte. Aufgrund der Verdienste der Saga-Domäne bei der Niederschlagung dieser Rebellion wurde sie 1642 zusammen mit der Fukuoka-Domäne mit der militärischen Überwachung von Nagasaki beauftragt. Dort war der gesamte Überseehandel konzentriert und unter die monopolistische Verwaltung des bakufu gestellt worden. Im Gegenzug wurde für den Fürsten von Saga die Anwesenheitspflicht in Edo jedes zweite Jahr erheblich verkürzt, weshalb er auch der »Hundert-Tage-daimyō« genannt wurde.

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