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Adel

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Adel

Meine tierische Natur bindet mich durch meine Ehre wie durch mein Gut an mein Kind. Ich muss, vermöge derselben, notwendig es dahin lenken jeden Lebensgenuss, den ich in meine Hand gebracht, in der Hand meines Kindes fortdauernd zu machen. Also liegt Anspruch an erbliche Ehre in dem Grundgefühl meiner tierischen Natur wie der Anspruch an erbliches Eigentum.

Der Grad der Kultur und des Bedürfnisses, die wesentliche Eigenheit des Besitzstands, kurz der bestehende Fuß aller Dinge entscheidet an jedem Ort und in jedem Zeitalter über die Schicklichkeit oder Unschicklichkeit eines jeden Mittels unser Geschlecht dem Endzweck der gesellschaftlichen Vereinigung näher zu bringen.

Der Adel war in der Feudalform der Vorzeit als der Mittelpunkt des allgemeinen Besitzstands ein Mittel zu diesem Zweck. Es ist wahr, das Mittel fraß den Zweck, der Adel stellte den Fortschritt des Menschengeschlechts still, wie der Priester, er hasste das Recht der Schwäche, insofern es ihm entgegenstand, wie alle Stärke der Welt das Recht der Schwäche, das ihr entgegensteht, hasst. Er ward selbstsüchtig wie die Reichen und gewalttätig wie die, die Gewalt haben. Aber sein Unrecht lag offen und scheinend vor den Augen der Welt. Es ward ihm selbst zur Last und geriet ihm selbst zum schnellen Verderben, da hingegen das Unrecht der Könige und der Großreichen, in deren Hände das Unrecht, in deren Seelen die Irrtümer des Adels hinübergegangen ihnen nicht so leicht selber zur Last fallen und nicht so leicht zum schnellen Verderben gereichen werden.

Die Welt wird große Mühe haben über das Unrecht und die Ungesellschaftlichkeit unserer Souveränitäts- und Finanzanmaßungen das zu gewinnen, was sie über das Unrecht und die Ungesellschaftlichkeit des Feudaleinflusses wirklich gewann. Die Welt, die in der Feudalform der Vorzeit wie in eisernen Banden stillstand, ist jetzt durch die Koalition der Gewaltsrechte des Throns mit allen Schlüpfrigkeiten des Geldeinflusses zu einer Tontine gemacht worden, wo endlich niemand und nichts bleibt, was es ist und was es war.

Indessen hat die Handlung, die jetzt aus den Trümmern des Adels und durch die Finanzlücken der Höfe ihr allmächtig gewordenes Haupt emporhebt, nirgends als in England, einen in das Wesen der Regierung eingewobenen großen Geist wie das Feudalsystem der Vorzeit einen solchen hatte.

Jetzt ist die Welt in der Hand des Geldes oder vielmehr des Geldmangels und der gefährlichen Nothelfer im Geldmangel, der Hof-Juden und diese in der Hand des Volks, das die Schätze der Welt in der Mitte der dürren Ebenen seiner eigenen Volksarmut als Hügel und Berge des Einzelreichtums aufgetürmt. Indessen flattert der allgemeine Besitzstand des Lands, vom Boden losgemacht, wie ein verscheuchter Vogel auf demselben herum. Vor Altem garantierte das Landeigentum dem Staat die Treue und Anhänglichkeit des Großreichtums; der Edelmann saß auf seiner Burg wie der Adler auf seinem Nest; seine Burg war auf Felsen gebaut und dadurch an sein Land gekettet. Seit ein paar Jahrhunderten fangen viele Staaten an eine Vorliebe für das herumflatternde Flug-Geld der Handlung zu zeigen. Der Wahn ist eingerissen, das Flug-Geld trage mehr Zins ein als das angebundene und man sagt auch als Beleg zu der Wahrheit dieser Ansicht: Die kleinen Vögel legen mehr Eier als die großen. Und das ist auch bei den Vögeln ganz wahr, die Hühner legen mehr Eier als die Adler; aber dann ist auch wahr, die Handlung umwandelt oft durch Glücksstreiche eierlegende Hühner in hühnerfressende Raubtiere, in Adler, und der Staat muss die Gegenwirkung des Geldeigentums auf das Landeigentum und des Landeigentums auf das Geldeigentum in jedem Fall genau ins Auge fassen, wenn er irgend ein großes Nest im Staat zugunsten eines andern zerstören will, sei es jetzt um das seine in das Gold der Welt einzufassen oder das Gold der Welt in demselben zu versplittern. Ob die Zeitmacht bei irgend einem Eingriff in Geldangelegenheiten das eine oder das andere bezwecke, das ist gleichviel; auf dem einen und auf dem andern Weg wird das Geld des Weltteils verschwinden und wir werden nach einigen Erfahrungen, die nahe sind, wieder froh sein unser Eigentum wie vor alters an Grund und Boden anzuketten. Wenn man indessen die Formen der Vorzeit für den Geist unserer Tage zu enge findet, so werfe man dennoch kein Mittel, das unser Geschlecht wirklich einmal weiter gebracht hat, mit unbedingter Sorglosigkeit weg.

Der Barbar lebt nur unter der willkürlichen Gewalt gesellschaftlich und welche Form der Besitzstand auch immer in einem Staat haben mag, so ist dieses gewiss, wenn der Endzweck der gesellschaftlichen Vereinigung in demselben erzielt werden soll, so muss man dem Bürger in demselben immer einen seinem Eigentum verhältnismäßigen gesetzlichen Wert und Einfluss erteilen.

Das Eigentum regiert immer besser als der Mensch.

Ich glaube wenigstens, es sei nur durch den Geist von Gesetzen, die diesen Gesichtspunkt zum Fundament haben, möglich den alternden Weltteil vor der gedoppelten Gefahr zu bewahren in allen seinen Abteilungen entweder von den Anmaßungen der Krone verschlungen oder den Anmaßungen des Sanskulottismus zerrissen zu werden. (Sansculotte war zunächst ein Spottbild, entwickelte sich aber schnell zur gebräuchlichen Bezeichnung für die revoltierenden Frühproletarier, die in das Revolutionsgeschehen eingriffen.)

So lebhaft uns auch die Irrtümer und das Anrecht des Adels vor Augen stehen, so sollen wir doch nicht vergessen, dass das Eigentum immer der Fuß unseres gesellschaftlichen Daseins ist und sein muss und dass also der Naturkampf zwischen dem Eigentümer und Nichteigentümer im gesellschaftlichen Zustand ewig nicht aufhören kann. Wir dürfen das alte Heiligtum des Pflugs und seinen ewigen Vorzug vor allem Judenwesen ohne Gefahr für die Pflanzschule aller wahren Staatskräfte, ohne Gefahr für den Mittelstand und den mit der Kraft des Mittelstands innig zusammenhängenden, allgemeinen Wohlstand des Volks nicht aus den Augen verlieren. Man mache einen Unterschied zwischen dem Recht des Adels als Eigentümer und den Anmaßungen dieses Standes, die keinen Grund im Recht des Eigentums haben; man überlaste die letzteren dem Zahn der Zeit, der so kraftvoll an ihrem Irrtum nagt und unterwerfe die ersten den Grundsätzen, ohne welche das Eigentum kein gesellschaftliches Recht sein kann. So scheint mir der Streit gehoben, der, indem er in unsern Tagen ohne Edelmut und ohne großen gesetzgeberischen Geist geführt worden ist, nicht anders konnte als das Wohlwollen des Menschengeschlechts untereinander weit mehr als es gut und nützlich gewesen ist zu stören.

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Johann Heinrich Pestalozzi; Meine Nachforschungen über den Gang der Natur in der Entwicklung des Menschengeschlechts

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