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Die Ordnung der Welt

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Herz, Körper, Kosmos – die nordische Rasse ist die einzige moralische Rasse, weil sich ihre Normen von der Weltordnung herleiten. Religion, Moral und Recht des Nordens bildeten eine Einheit, weil die Natur eine Einheit darstellt. Für die nordische Rasse sind die göttlichen Gebote nicht die bizarren Prophezeiungen irgendwelcher selbsternannten und in der Regel drogenabhängigen Propheten, auf die die orakel- und erlöserfixierten orientalischen Völker so erpicht sind, sie sind vielmehr identisch mit der „Ordnung der Welt“223. Der Rechtshistoriker weiß, weshalb die Germanen die Weltordnung erfasst und zu ihrem Gesetz gemacht haben: Als Bauernvolk mussten sie auf die Natur hören, ihren Puls fühlen, ihre Rhythmen und Gesetze verstehen und ihnen gemäß handeln, wenn sie leben und überleben wollten.224

Nach germanischer Auffassung leitet sich das Recht vom großen Ganzen und seiner Ordnung her. In Dichterlaune spricht von Leers von der „Weltgeborgenheit des Rechtes“, von einem „aus der guten Ordnung der Welt gefunden[en]“225 Recht. Carl Schmitt übersetzt diesen Gedanken in eine mehr rechtstechnische Terminologie. Sein Anliegen ist es, die „rechtswissenschaftlichen Denkarten“ zu klassifizieren, in Typologien zu fassen. Dementsprechend vertritt er die Ansicht, man müsse die Rechtskulturen danach unterscheiden, „ob das Recht als Regel, als Entscheidung oder als Ordnung aufgefasst wird“226, im Sinn einer objektiven, konkreten Ordnung. Die herrschende Rechtswissenschaft ist den zwei ersten Kategorien zuzurechnen: Der juristische Positivismus des 19. Jahrhunderts stellt eine „Verbindung von Entscheidungs- und Gesetzesdenken (Dezisionismus und Normativismus)“227 dar, ganz so, als könne man Recht ex abstracto und ex nihilo schöpfen, indem man Entscheidungen trifft und normative Pyramiden errichtet, ohne sie an konkrete, real existierende Ordnungen anzulehnen. Darin erblickt er den „Sieg der französischen Revolution“, die „eine individualistisch konstruierte, totale, bürgerliche Gesellschaft und […] die positivistische Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts durchgesetzt“ hat. Die liberalen Ideen von 1789 haben zur einer „Auflösung des Ordnungsdenkens“228 geführt.

Die Revolution hat ja das Individuum zum Prinzip und zur Finalität des Rechts erhoben und die durch Abstimmung, also durch eine Entscheidung herbeigeführte Norm zur einzig gültigen Norm. Die Revolutionäre sind damit die Erben einer langen Tradition, die Carl Schmitt bis auf die Stoiker zurückführt, insbesondere auf den Scholarchen Chrysippos. Für diesen war „das Gesetz König, Aufseher, Herrscher und Gebieter über Sittliches und Unsittliches, Recht und Unrecht“229. Schmitt vergisst darüber aber nicht das Naturrecht der Klassik und Aufklärung, dieses „Vernunftrecht des 17. und 18. Jahrhunderts […] teils abstrakter Normativismus, teils Dezisionismus“230. Als guter Katholik verurteilt er nicht das „aristotelisch-thomistische Naturrecht des Mittelalters“, denn dieses Naturrecht, das vor allem Recht der Natur ist und theoretische Überhöhung der gottgewollten Ordnung, ist konkretes „rechtswissenschaftliches Ordnungsdenken“231. So wie der Nationalsozialismus auf dem Gebiet der Politik die Hierarchien zwischen dem Ganzen und seinen Teilen wiederherstellt, so weist auf dem Gebiet des Rechts der Gedanke von der konkreten Ordnung der Regel und der Norm ihren angemessenen Platz zu: „Für das konkrete Ordnungsdenken ist Ordnung auch juristisch nicht in erster Linie Regel oder eine Summe von Regeln, sondern, umgekehrt, die Regel nur ein Bestandteil und ein Mittel der Ordnung.“232. Die objektive Ordnung – diejenige der Natur, der Welt, der Geschlechterhierarchie etc. – geht ontologisch, logisch und chronologisch der Regel voraus. Diese wird von den Juristen weder geschaffen noch erfunden, sondern aus der konkreten Ordnung der Welt abgeleitet.

Das Gesetz des Blutes

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