Читать книгу Die Leiden des jungen Werther - Johann Wolfgang von Goethe - Страница 10

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Am 15. Mai.

Die geringen Leute des Ortes kennen mich schon, und lieber mich, besonders die Kinder. Wie ich im Anfange mich zu ihnen gesellte, sie freundlich fragte über dies und das, glaubten einige, ich wollte ihrer spotten, und fertigten mich wohl gar grob ab. Ich liess mich das nicht verdriessen; nur fühlte ich, was ich schon oft bemerkt habe, auf das lebhafteste: Leute von einigem Stande werden sich immer in kalter Entfernung vom gemeinen Volke halten, als glaubten sie durch Annäherung zu verlieren; und dann gibt’s Flüchtlinge und üble Spassvögel, die sich herabzulassen scheinen, um ihren Übermut dem armen Volke desto empfindlicher zu machen.

Ich weiss wohl, dass wir nicht gleich sind, noch sein können; aber ich halte dafür, dass der, der nötig zu haben glaubt vom sogenannten Pöbel sich zu entfernen, um den Respekt zu erhalten, ebenso tadelhaft ist, als ein Feiger, der sich vor seinem Feinde verbirgt, weil er zu unterliegen fürchtet.

Letzthin kam ich zum Brunnen und fand ein junges Dienstmädchen, das ihr Gefäss auf die unterste Treppe gesetzt hatte, und sich umsah, ob keine Kamerädin kommen wollte, ihr es auf den Kopf zu helfen. Ich stieg herunter und sah sie an. Soll ich ihr helfen, Jungfer? sagte ich. — Sie ward rot über und über. O, mein Herr! sagte sie. — Ohne Umstände. — Sie legte ihren Kringen zurecht, und ich half ihr. Sie dankte und stieg hinauf.

Die Leiden des jungen Werther

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