Читать книгу Die Leiden des jungen Werther - Johann Wolfgang von Goethe - Страница 5

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Noch einmal wagst du, vielbeweinter Schatten,

Hervor dich an des Tages Licht,

Begegnest mir auf neubeblümten Matten

Und meinen Anblick scheust du nicht;

Es ist, als ob du lebtest in der Frühe,

Wo uns der Tau auf einem Feld erquickt,

Und nach des Tages unwillkommner Mühe

Der Scheidesonne letzter Strahl entzückt;

Zum Bleiben ich, zum Scheiden du erkoren,

Gingst du voran und hast nicht viel verloren.

Des Menschen Leben scheint ein herrlich Los,

Der Tag, wie lieblich! so die Nacht, wie gross!

Und wir, gepflanzt in Paradieses Wonne,

Geniessen kaum der hocherlauchten Sonne,

Da kämpft sogleich verworrene Bestrebung

Bald mit uns selbst und bald mit der Umgebung,

Keins wird vom andern wünschenswert ergänzt,

Von aussen düstert’s, wenn es innen glänzt,

Ein glänzend Äussres deckt mein trüber Blick,

Da steht es nah, und man verkennt das Glück.

Nun glauben wir’s zu kennen! Mit Gewalt

Ergreift uns Liebreiz weiblicher Gestalt,

Der Jüngling, froh, wie in der Kindheit Flor,

Im Frühling tritt als Frühling selbst hervor,

Entzückt, erstaunt, wer dies ihm angetan?

Er schaut umher, die Welt gehört ihm an;

Ins Weite zieht ihn unbefangne Hast,

Nichts engt ihn ein, nicht Mauer, nicht Palast,

Wie Vögelschar an Wäldergipfeln streift,

So schwebt auch er, der um die Liebste schweift,

Er sucht vom Äther, den er gern verlässt,

Den treuen Blick, und dieser hält ihn fest.

Doch erst zu früh, und dann zu spät gewarnt,

Fühlt er den Flug gehemmt, fühlt sich umgarnt.

Das Wiedersehn ist froh, das Scheiden schwer,

Das Wieder-Wiedersehn beglückt noch mehr,

Und Jahre sind im Augenblick ersetzt;

Doch tückisch harrt das Lebewohl zuletzt.

Du lächelst, Freund! gefühlvoll wie sich’s ziemt:

Ein grässlich Scheiden machte dich berühmt,

Wir feierten dein kläglich Missg-schick,

Du liessest uns zu Wohl und Weh zurück;

Dann zog uns wieder ungewisse Bahn

Der Leidenschaften labyrinthisch an,

Und wir, verschlungen wiederholter Not,

Dem Scheiden endlich — Scheiden ist der Tod. —

Wie klingt es rührend, wenn der Dichter singt,

Den Tod zu meiden, den das Scheiden bringt!

Verstrickt in solche Qualen, halbverschuldet,

Geb’ ihm ein Gott, zu sagen, was er duldet.

Die Leiden des jungen Werther

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