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Wiedersehen mit Mama

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Mama strahlte mich an, als ich ins Café kam.

„Rose, wie geht es dir? Es ist so schön, dich zu sehen.“

„Hallo“, mehr brachte ich nicht raus. Wut stieg in mir auf. Ich stand mal wieder voll unter Strom. Ich wollte mich unbedingt zusammenreißen und es gelang mir tatsächlich, nicht gleich auf sie loszugehen und mit Fäusten auf sie einzuschlagen.

„Rose, möchtest du dir etwas bestellen. Die haben hier guten Kuchen.“

Das war mir bekannt, denn in besseren Zeiten hatten wir hier regelmäßig mit meiner Schwester gesessen und die Kuchen durchprobiert. Es nervte mich, dass Mama so fremd tat, und ich bekam Angst, jeden Moment würde auch noch meine Schwester auftauchen. Die suchte nämlich gelegentlich nach mir und versuchte mich zu retten. Sie hatte sogar ihre ganzen Freunde angestiftet. Bald konnte ich mich kaum mehr irgendwo blicken lassen, ohne dass mich jemand von denen anquatschte.

Obwohl ich mir schon vorher fest vorgenommen hatte, Mamas vorhersehbare Einladung zu leckerem Kuchen und Cappuccino abzulehnen, um ja nicht irgendwelche guten alten Zeiten heraufzubeschwören, knickte ich angesichts der in der Vitrine ausgestellten Torten ein und bestellte Milchcafé mit Schokokuchen. Es war ein französisches Café. Die Gäste hockten an zierlichen Holztischen unter Kronleuchtern, lasen Zeitung, plauderten. Alle gut genährt, so zwischen zwanzig und dreißig, von der Uni, gesund und in hübschen, frisch gewaschenen Klamotten. Ich spürte meinen Körpergeruch und ihre Blicke auf mir. Ich konnte noch so eben als übermüdeter, ungepflegter Teenager durchgehen, der offensichtlich Stress mit seiner Mutter hatte.

Meine Mutter reichte mir eine Papiertüte rüber, gefüllt mit einem Schreibblock, Bleistiften, Markern und einem teuren pinkfarbenen Kugelschreiber. Die feinen Sachen sollten mir wohl Lust machen, mich an einen aufgeräumten Schreibtisch zu setzen und französische Vokabeln fein säuberlich in ein dafür vorgesehenes Heftchen zu notieren. Ich stopfte sie in meinen Rucksack.

„Rose, komm mit mir nach Hause. Wir finden einen Weg.“

Sie suchte meinen Blick.

„Du hast mich rausgeworfen“.

Ich hielt die Augen starr auf meinen Teller gerichtet. Ich erwartete ihre Entschuldigung.

Jetzt redete sie auf mich ein. Angeblich hatte sie nicht gewusst, was sie sonst hätte tun sollen. Sie könne mich nicht entscheiden lassen, wann ich abends nach Hause käme, und schon gar nicht, wo ich die Nächte verbrächte. Was ich jetzt mache, dürfe sie sich auch nicht mehr lange ansehen. Wenn ich in den nächsten Tagen nicht nach Hause kommen und mich an Regeln halten wolle, müsse sie mich als vermisst melden und die Polizei würde mich schon irgendwann aufgreifen und heimbringen. Wenn ich nicht bei ihr leben wolle, würde sie das akzeptieren, aber ich könnte auf keinen Fall auf der Straße leben. Das würde sie nicht zulassen. Es gebe gute Internate, in denen Kinder, die es daheim bei ihren Eltern nicht aushielten, ihren Schulabschluss machen könnten.

Mit diesem Gelaber, das sie offenbar lange vorbereitet hatte, war sie entschieden zu weit gegangen. Erst warf sie mich raus und jetzt drohte sie mit der Polizei und wollte mich in ein Internat stecken. Ich nahm meine Sachen und schrie sie an, ich wolle sie nie mehr wiedersehen und sie sei nicht länger meine Mutter.

Sie versuchte mich zu beruhigen. Sie meinte, wir könnten über alles reden und dass ich doch ihr Kind sei und es immer bleiben würde.

Glücklicherweise saßen wir im Café und alle starrten uns an, sonst wäre ich mit Sicherheit auf sie losgegangen, hätte sie gebissen und ihre Arme zerkratzt. Ich schnappte meinen Rucksack und rannte auf die Straße, Kaffee und Kuchen musste ich leider stehen lassen.

Inzwischen war es später Nachmittag, Zeit mich auf den Weg zu Axel machen. Ich war froh über die Schulsachen in meinem Rucksack, denn sie konnten als Beweis dafür durchgehen, dass ich, wenn ich schon heute nicht dagewesen war, morgen in die Schule gehen würde. Mit meinen Sachen konnte ich mich in der Klasse wieder blicken lassen. Ich würde allen erzählen, wie es war. Die ganze Klasse sollte es wissen. Ich lebte jetzt auf der Straße, weil meine Mutter mich rausgeworfen hatte. Meine Mutter ließ mich von den Bullen suchen und wollte mich in ein Internat stecken, weit weg von Zuhause.

Wie ich es sehe

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