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3 Wie wird man Berufsorientierungs-Trainer?

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Kaum ein AMS-Trainer übt diesen Job aus, weil er immer schon in seinem „Traumjob AMS-Trainer“ arbeiten wollte. Ich rutschte so in dieses Feld hinein:

Es war 21 Uhr. Ich rechnete gerade mal wieder eine Ein-Aus-Liste durch und stellte fest, dass mir nach dem letzten katastrophal bezahlten Job mit psychiatrischen Patienten, in dem PsychologInnen zu Betreuerlöhnen arbeiteten, jetzt wohl nichts andres mehr übrig blieb, als mich selbstständig zu machen, so rot blickte mir mein Kontostand entgegen.

Da rief mich ein ehemaliger Studienkollege an und fragte, ob ich ihn nicht kurzfristig morgen vertreten könnte. Er sei krank geworden und könne daher nicht seine Berufsorientierungs-Gruppe als selbstständiger AMS-Trainer betreuen.

Auf meine Nachfrage, was ich inhaltlich mit seiner Arbeitslosengruppe durchnehmen sollte, meinte er, ich könnte kreativ mit ihnen arbeiten, so wie mit meinen psychiatrischen Gruppen. Gesagt, getan.

Bei der telefonischen Nachbesprechung meinte mein Kollege, ich solle mich doch gleich bei dem Institut als Trainer bewerben, da sie mehr Trainer suchten. Da ich sowieso gerade frisch arbeitslos war, rief ich gleich beim Personalverantwortlichen jenes großen AMS-Bildungsinstitutes an, das später wegen Spekulationsgeschäften mit Steuergeldern bekannt wurde.

Der Projektleiter für die Abteilung „Persönlichkeitstraining“ interessierte sich im Vorstellungsgespräch nicht für meine Persönlichkeit als Trainer. Nach kurzer Durchsicht meiner Qualifikationsnachweise stellte er fest, ich wäre als „10-Punkte-Trainer“ einsetzbar, freiberuflich, für 21.- brutto pro Stunde. Fragen hatte er keine an mich, außer ob ich nicht schon am Montag beginnen könnte, er bräuchte dringend einen Trainer. Das ging mir nun doch zu schnell, ich brauchte schon noch ein paar Wochen, um mich von der äußerst anstrengenden Arbeit mit psychisch Kranken zu erholen, und ein wenig Vorbereitungszeit für die Selbstständigkeit konnte auch nicht schaden. Also vereinbarte ich, in zwei Monaten als Trainer für ca. 25 Wochenstunden zu beginnen.

Da stand ich also am 1.September, ohne Konzept, ohne Unterlagen, ohne Einschulung, nur mit einer Anwesenheitsliste bewaffnet, mit der vagen Job Description „Mach mit ihnen Berufsorientierung, Lebenslauf und Bewerbungen schreiben!“ vor meiner ersten Gruppe von vierzehn Arbeitslosen und tauchte ein in eine mir bis dahin unbekannte Welt – die Welt der AMS-Kurse, in der ich sechs prägende und äußerst lehrreiche Jahre verbringen sollte, bis ich wieder den Weg hinaus fand…

Arbeitsscheu und bildungsfern?

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