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3.2 Die Feststellung der horizontalen kirchlichen Einheit (κοινωνία, communio) durch Kommunionbriefe und Communio-Listen

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Der moderne Terminus der horizontalen kirchlichen Einheit charakterisiert die in der Alten Kirche fassbare Überzeugung, dass die einzelne Ortskirche dann im Glauben und in der kirchlichen Lebenspraxis auf dem rechten Weg ist, wenn sie nicht ein isoliertes Einzeldasein führt, sondern mit allen Kirchen auf dem ganzen Erdkreis übereinstimmt und so in eine weltweite kirchliche Gemeinschaft (κοινωνία, communio) eingebunden ist. Unter welchen Bedingungen kommt diese Überzeugung zustande?

Bekanntlich nimmt der Briefverkehr zwischen den Ortskirchen im 2. und 3. Jahrhundert erheblich zu, zumal feststehende Anlässe den Briefaustausch notwendig machen. So wird die Wahl eines neuen Bischofs den Nachbargemeinden angezeigt. Ein neuer Hauptkirchenbischof versäumt es in der Regel auch nicht, sich insbesondere den Bischöfen anderer Hauptkirchen mit einem Kommunionbrief (γράμματα κοινωνικά, litterae communicatoriae) vorzustellen, um sich so ihrer Gemeinschaft zu versichern.58 Reisende Kleriker und Laien führen solche Briefe als Empfehlungsschreiben mit sich, um mit ihrer Hilfe in fremden Gemeinden zur Kommunion zugelassen und gastlich aufgenommen zu werden.

Andererseits führen die Bischöfe bedeutender Ortskirchen Communio-Listen über die Hauptgemeinden, mit denen sie in Gemeinschaft stehen. So verfügen sie über ein Adressenverzeichnis, wenn Kommunionbriefe auszustellen sind, und können außerdem bei neu ankommenden Christen feststellen, ob sie aufgrund ihres Heimatbischofs der Kommunion und der Gastfreundschaft gewürdigt werden können. In Krisenzeiten und bei drohenden Spaltungen schickt man sich sehr ausführliche Listen zu. So schreibt z.B. Cyprian von Karthago († 258) an seinen Amtskollegen Cornelius von Rom († 253):

„Ich habe dir erst neulich das Namensverzeichnis der [… afrikanischen] Bischöfe übersandt, die rechtmäßig und untadelig in den katholischen Gemeinden den Brüdern vorstehen; […] um dich selbst und unsere Kollegen [in Italien] wissen zu lassen, wem ihr schreiben müsst und von wem ihr Briefe annehmen dürft“ (ep. 59,9).

Der κοινωνία oder Communio, die in der Eucharistiegemeinschaft gipfelt, entspricht als Gegenstück die Exkommunikation. Jeder Bischof, der das Recht hat, Kommunionbriefe auszustellen, kann diese auch verweigern und so die Kirchengemeinschaft aufheben. Freilich geht man in der Regel vorsichtig mit dieser Möglichkeit um. Als z.B. Bischof Polykarp von Smyrna um die Mitte des 2. Jahrhunderts nach Rom reist, um mit dem dortigen Bischof Anicet über den Ostertermin zu verhandeln, können sich beide nicht einigen. Trotzdem verbleiben sie in Kommuniongemeinschaft, indem der römische Bischof dem kleinasiatischen Amtskollegen sogar den Vorsitz bei der Eucharistiefeier überlässt und beide in Frieden auseinander gehen. Weniger besonnen reagiert Bischof Viktor von Rom († um 198). Er will die Kleinasiaten exkommunizieren, weil sie seine Vorstellungen vom Ostertermin nicht teilen. Als Konsequenz sollen durchreisende kleinasiatische Christen in Rom von der Gastfreundschaft und vom Gottesdienst ausgeschlossen und der Briefverkehr mit Kleinasien eingestellt werden. Damit stößt er jedoch auf den Widerstand vieler Bischöfe, die ihn auffordern, „für Friede, Einigung und Liebe einzutreten“ (Eusebius von Cäsarea, h. e. 5,24).59

Trotz dieses Fehlschlags enthüllt Viktors Exkommunikationsversuch bereits den römischen Anspruch auf Weisungsvorrang. Denn theoretisch sind im 2. Jahrhundert zwar alle Bischöfe gleichrangig, sodass alle die Vollmacht zur authentischen Interpretation des Glaubens und zur Feststellung häretischer Abweichungen besitzen. Trotzdem kristallisieren sich allmählich einzelne Bischofssitze heraus, die in Glaubensfragen als besonders wichtig und kompetent gelten. Dass Rom in diesem Prozess kirchlicher Vorortbildung als Gemeinde der Reichshauptstadt und der Apostel Petrus und Paulus eine besondere Rolle spielen wird, liegt auf der Hand.60

Schließlich bestehen seit dem ausgehenden 2. Jahrhundert zwischen den Gemeinden vielfältige Verbindungen, die das Bewusstsein verstärken, einer überlokalen universalen Kirche anzugehören. Im Anfangsstadium dieses allmählichen Zusammenwachsens der Ortskirchen zur Catholica versuchen die Bischöfe zunächst, strittige Fragen auf informeller Ebene, etwa durch Besuche oder Briefwechsel, zu klären. Doch werden die anstehenden Fragen immer komplexer, sodass ein individueller Rekurs auf die apostolische Überlieferung nicht mehr ausreicht und ein einzelner Ortsbischof sie nicht mehr beantworten kann. So wird die Zeit reif für übergemeindliche bischöfliche Zusammenkünfte, für die so genannten Synoden oder Konzilien.

Zentrale Aspekte der Alten Kirchengeschichte

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