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2.1.2Formell und informell
ОглавлениеNachdem wir nun geklärt haben, dass im Grunde alles Interne auch Kommunikation ist, und was dazugehören kann, stellt sich eine andere Frage: Wer ist Herr über diese Kommunikation? Wer steuert sie, wer kann sie überhaupt steuern, wie kommen alle die Fäden zusammen, die sich tagtäglich auf den unterschiedlichsten Ebenen durchs Rathaus oder Landratsamt ziehen, wo Menschen miteinander mit oder ohne Worte über die unterschiedlichsten Dinge kommunizieren – Führungskräfte zu ihren Mitarbeitern; Sachbearbeiter untereinander oder quer durch die Ämter und zu ihren Vorgesetzten; persönliche Bekannte in unterschiedlichen Fachbereichen; Projektbeteiligte untereinander; Personen, die sich intensiv vom Telefon her kennen, aber nicht persönlich von Angesichts zu Angesicht; die Gesamtheit des Personals bei der Dienstversammlung mit dem Landrat und so weiter und sofort? Versuchen wir also, das zu ordnen.
Um das kaum übersichtliche Geflecht von Kommunikation in einer Organisation – also auch in einem Rathaus oder einer Kreisverwaltung – zu lichten, bietet sich fürs Erste eine simple Zweiteilung an; wir nennen sie die formelle und die informelle Kommunikation. Der wesentliche Unterschied: Im ersten Fall liegen ihr im Idealfall Strukturen, formalisierte Prozesse, gezielt entwickelte Konzepte und Strategien zugrunde, die über einen abgestimmten Mix auf diversen Kanälen laufen; im zweiten Fall entfaltet sich die Kommunikation unkoordiniert, unplanbar, situativ, dynamisch, anarchisch.
Die formelle Interne Kommunikation läuft im Rathaus oder Landratsamt auf folgenden Schienen:
–die Führungskommunikation des Bürgermeisters, Landrats und der Führungsebene der Ämter,
–die Kommunikation des Personalamts mit den Mitarbeitern,
–die Kommunikation durch Verantwortliche an zentraler Stelle (etwa Referenten des Bürgermeisters oder Pressestelle).
Die Betonung auf Verantwortlichkeiten zeigt bereits, dass die Kommunikation dieser Stellen und Funktionen definierten Zielen, Absichten, Strategien folgt und in einem bestimmten Maß auch ritualisiert, formalisiert, strukturiert ist. Es werden kommunikative Ziele gesetzt, zentrale Botschaften und Inhalte fixiert, es wird abgestimmt, was wann wo in welcher Form mitgeteilt werden wird und wie die hausinterne Diskussion darüber laufen soll. Getragen wird diese Kommunikation von Führungszirkeln und Organisationseinheiten, und sie basiert auf innerbehördlichen oder gesetzlich vorgeschriebenen Normen. Dabei muss formelle Interne Kommunikation keine Befehlsausgabe von oben sein, in Erwartung strikten Gehorsams der Untergebenen. Wir werden im Folgenden noch sehen, wie sich der Anspruch an die formelle Interne Kommunikation gewandelt hat. Festhalten sollten wir fürs Erste nur: Die formelle Interne Kommunikation dient bestimmten Zielen, sie ist strukturiert und formalisiert und folgt organisatorischen Prinzipien. Zumindest im Idealfall. Auf das Wunschdenken wohlüberlegten, koordinierten und zielgerichteten Kommunizierens kommen wir noch später zu sprechen.
Demgegenüber sprechen wir bei der informellen Internen Kommunikation über Gerüchte, den von Chefetagen gefürchteten „Flurfunk“, über die Alltagskommunikation zwischen Teeküche und Sachbearbeitung bis hin zu Intrige und Mobbing. Wir dürfen das nicht vernachlässigen, denn gerade diese Kommunikation kann darüber entscheiden oder zumindest mitentscheiden, wie der Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz empfindet, wie er seine Verwaltung wahrnimmt, mithin: ob er sich an seinem Platz wohlfühlt und sich für seine Aufgaben und die Ziele der Verwaltung einsetzt.
Diese informelle Kommunikation entzieht sich weitgehend einer Kontrolle von oben und vielleicht ist das auch gut so – wird doch allenthalben bekundet, die moderne Verwaltung habe sich vom alten preußischen Obrigkeitsstaat verabschiedet und verstehe sich als kundenorientiertes Dienstleistungsunternehmen, das im Innern Transparenz, Offenheit und das Engagement aller braucht. Allerdings kann auch eine zielgerichtete formelle Interne Kommunikation manches dazu beitragen, dass Meinungsfreiheit nicht zu Enttäuschung, Desillusionierung und Demotivation der Mitarbeiter führt. Aufrichtigkeit des handelnden Führungspersonals, Einheit von gesprochenem Wort und gehandelter Tat und Schaffung von Vertrauen sind ein Schlüssel dazu. Mitarbeiter merken schnell, wenn das angebliche „offene Ohr“ der Führungsebene nur eine Floskel ist und sich der Verwaltungschef mit einer Schar von Hofschranzen umgibt, die zwar wissen, wie die Wirklichkeit in der Verwaltung ist, aber mit Blick auf die eigenen Behördenkarriere als Ja-Sager und buchstabengetreue Erfüllungsgehilfen agieren.
Statt daher die Illusion zu schüren, eine zielgerichtete Kommunikation könne sämtliche hausinternen Probleme lösen, sollten wir realistisch einschätzen, was mit den Mitteln Interner Kommunikation überhaupt bewirkt werden kann. Diese Interne Kommunikation kann nur so gut sein wie die Organisation, in der sie läuft.