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1.Einführung

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Im Trickfilm „Zoomania“ von 2016 wird die Kfz-Zulassung einer Stadt von Faultieren betrieben.1 Zwei Ermittler wollen ein Kennzeichen überprüfen. Endlos lang zieht sich alleine die Begrüßung hin: „Was … kann … ich … tun … für … euch … heute?“ fragt das Faultier, jedes Wort einzeln absetzend, hinter dem Schalter, und im Zeitlupentempo tippt es Daten in den Computer. Als dann einer der Ermittler zur Auflockerung einen Witz zum Besten gibt, erzählt das Faultier ihn auch gleich an seine Artgenossin am Nachbarschalter weiter: „Wie … nennt … man … ein … dreihöckriges … Kamel … ? … … Schwanger … !“ Nicht nur die Geduld der Ermittler, sondern auch die des Zuschauers ist auf eine harte Probe gestellt, weil sich die simple polizeiliche Datenabfrage über endlos quälende Minuten hinzieht.

Die Szene macht die Zuschauer lachen und bestätigt alte Vorurteile, nach denen das Arbeitstempo deutscher Beamter nur durch ein Faultier angemessen darzustellen ist. Vielleicht schmunzeln wir aber ein wenig über uns selbst, weil das Vorurteil manchmal stimmt – nur nicht in unserem eigenen Sachgebiet natürlich. Ins selbstironische Schmunzeln mischt sich aber vielleicht auch der Gedanke, ob solche Vorurteile unverwüstlich sind oder wir wenigstens einen kleinen Beitrag dazu leisten können, die Stimmung zu ändern. So wirkt der Clip aus „Zoomania“ wie ein kurzweiliges Lehrstück zum Thema „Das Bild des Beamten in der Öffentlichkeit“. Ein klarer Fall für die Außendarstellung, die Externe Kommunikation. Was um alles in der Welt aber hat der Streifen aber mit der Internen Kommunikation zu schaffen, die doch in diesem Buch Thema ist?

Stellen wir uns vor, der Bürgermeister lädt zur Dienstversammlung ein; es geht um das Thema Service. Er tritt ans Mikro im großen Saal, begrüßt und holt nach dem pflichtschuldigen Dank für das Engagement der Mitarbeiter zu einer langen Rede aus über all das, was nicht rund läuft und besser werden könnte.

Stellen wir uns die Szene anders vor. Der Bürgermeister tritt nicht ans Mikro, sondern bleibt sitzen. Das Licht geht aus. Spot an: Auf eine Leinwand wirft der Beamer den 2‘03“ langen Faultier-Clip. Gelächter dürfte es geben, Aufmerksamkeit allemal, und vielleicht denkt der eine oder andere schon darüber nach, wo er im eigenen Haus das Faultier erkennt, vielleicht auch in sich selbst.

Damit wäre ein ungewöhnlicher Einstieg ins Thema geglückt, ein Start mit Aha-Effekt, der die Anwesenden unverkrampft mitten ins Thema hineinzieht. „Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung“ wäre das Leitprinzip dieses Auftakts. Der Clip stand am Ende eines langen Prozesses von Vorüberlegungen, wie das Thema „Besserer Service“ unterhaltsam und überzeugend ins Bewusstsein gerückt werden könnte. Konzipiert und vorbereitet wurde die Dienstversammlung mit dem Faultier vielleicht vom Bürgermeisterbüro in Zusammenarbeit mit dem Personalamt, der Pressestelle und der Hausverwaltung. Und schon sind wir mittendrin im Thema Interne Kommunikation.

Gewiss erschöpft sich unser Thema nicht in Filmvorführungen bei Dienstversammlungen. Vielmehr umfasst die Interne Kommunikation alle Prozesse, in denen sich Hausspitze, Führungskräfte und Mitarbeiter austauschen – sei es schriftlich, mündlich, elektronisch, auf Veranstaltungen oder durch den täglichen Benimm.

Kommunikation ist mehr als der Wechsel von mündlich gesprochenem Wort oder schriftlich übermittelten Buchstaben. Auch Schweigen oder das eigene Verhalten zählen dazu. So gesehen, ist alles Kommunikation; wir können „nicht nicht kommunizieren“, wie es schon vor mehr als 50 Jahren der österreichische Philosoph und Psychotherapeut Paul Watzlawick formuliert hat.2 Der gleiche Gedanke spiegelt sich auch im geflügelten Wort vom „beredten Schweigen“ oder in Formulierungen wie „Sein Äußeres sprach eine eigene Sprache“. Kein Wunder also, dass wir auch das Corporate Behaviour, also das Auftreten, die Umgangsformen, getrost zur Kommunikation zählen dürfen. Letztlich ist Kommunikation das Lebenselixier einer Organisation: „… durch Kommunikation wird eine Organisation, ein Unternehmen ins Leben gerufen und immer wieder aufs Neue hervorgebracht“.3 Es ist also ein „weites Feld“, um mit Theodor Fontanes „Effi Briest“ zu reden, das wir bei unserer Betrachtung der Internen Kommunikation abstecken.4

Insofern greift es zu kurz, wenn die einschlägige Literatur Interne Kommunikation vor allem als gesteuerte Kommunikation versteht – eine Kommunikation also, mit der die Führungsebene strategisch arbeitet: ein wohldurchdachtes Konstrukt von Botschaften, Kanälen und Maßnahmen, mit dem die Mannschaft geordnet zu einem bestimmten Ziel geführt wird. Rufen wir uns aber in Erinnerung, dass quasi alles Kommunikation ist, dann existiert neben den offiziellen, strukturierten Kanälen noch ein mehr oder weniger freies System mit einem ungeordneten, spontanen, geradezu anarchischem Austausch, der sich einer zentralen Kontrolle entzieht. Zur Internen Kommunikation würde dann nicht nur der sorgfältig platzierte Aha-Effekt der Faultier-Sequenz zählen, sondern auch der Flurfunk im Anschluss an die Versammlung, demzufolge das alles zwar ganz nett war, aber nichts an der Wirklichkeit ändert, weil im Haus so vieles schief läuft und weiter schief laufen wird und der eigene Vorgesetzte in angeblichen „Besprechungen“ wegtaucht, wenn es Arbeit gibt oder er sich mit peinlich genauem Blick aufs tägliche Stundensoll stets pünktlich husch-husch in den Feierabend entzieht. Zu dieser ungesteuerten, informellen Kommunikation zählen aber auch das persönliche Verhalten gegenüber den Kollegen bis hin zum Mobbing.

Gewiss stoßen wir dabei an die Grenzen dessen, was wir über die Interne Kommunikation steuern könnten. Den notorischen Querulanten können wir mit „Zoomania“-Faultieren kaum zum engagierten Teamplayer umkrempeln, und Misstrauen gegenüber der Chefetage beseitigen wir nicht in Teambesprechen mit netten „Wie-kann-unser-Amt-besser-werden“-Sitzungen mit bunten Kringeln auf Flipcharts. Bei alledem geht es um Fragen des persönlichen Charakters, um Vertrauen, um die Einheit von Sagen und Handeln, um Aufrichtigkeit und auch Gewissen. Die Interne Kommunikation kann hier nur begrenzt steuern oder korrigieren, das Ganze rührt an Fragen der richtigen Personalauswahl, der Verantwortung und Qualifikation der Führung bis hinauf zum Bürgermeister oder Landrat. Wenn es im vorliegenden Buch um die Schere geht zwischen den offiziellen Botschaften und Inhalten der Internen Kommunikation einerseits und dem gelebten Alltag andererseits, wie er sich den Mitarbeitern gegenüber darstellt, rühren wir immer wieder an diesen Fragen.

Führungsprinzipien, Personalauswahl und Führungsqualifikation sind nicht Thema dieses Buchs, und so müssen wir uns mit denjenigen Bereichen bescheiden, die durch die Interne Kommunikation erfasst, verbessert, gefördert werden können. Insofern verstehen wir die Interne Kommunikation primär als Steuerungsinstrument im Dienst des Organisationszwecks – also letztlich dem Dienst am Bürger. Gewiss werden wir auch die nicht gesteuerte Kommunikation immer wieder streifen, erlauben uns aber den dezenten Hinweis, dass der Fisch nach einem geflügelten Wort „vom Kopf her stinkt“. Die Qualität, Zielstrebigkeit und Aufrichtigkeit Interner Kommunikation ist stets Spiegelbild des Führungs- und Aufgabenverständnisses ihrer obersten Repräsentanten und ihres beispielgebenden Verhaltens. Die Führung darf nie vergessen: Ich kann meinen Mitarbeitern auf Dauer kein X für ein U vormachen. Sie sind nicht so dumm, sie können das Wort von der täglich erlebten Wirklichkeit unterscheiden und es mit ihr abgleichen.

Theorie und Praxis kennt der Autor aus eigener Erfahrung – nicht nur seit vielen Jahren als Pressereferent eines hessischen Landkreises, sondern auch durch Kontakte mit Mitarbeitern aus diversen kommunalen Ebenen bundesweit, mit denen er sich in Arbeitskreisen oder als Dozent in Seminaren austauschte. Der Leser wird es verstehen, wenn aus Diskretionsgründen manche Praxiserfahrungen anonymisiert oder leicht verfremdet dargestellt werden müssen – auch wenn sie damit immer noch die Alltagspraxis spiegeln.

Egal, wie in den eigenen Mauern der Behördenalltag läuft – wir müssen mittwochs besser sein als montags und freitags besser als mittwochs. Und das heißt: dem Bürger zu dienen, egal ob als Bürgermeister, Landrat, Amtsleiter und Sachbearbeiter. Aufrichtigkeit und Transparenz im Innern gehören dazu. Und dazu trägt die Interne Kommunikation eine Menge bei.

Eine formale Fußnote zum Schluss: Der Föderalismus in 16 Bundesländern, aber auch das Selbstverwaltungsprinzip der rund 11000 Städte und Gemeinden wie der knapp 300 Landkreise bringen diverse Unterschiede in Begriffen oder Funktionen mit sich. Die eine Kommunalverwaltung mag sich in „Ämter“ gliedern, die Nachbargemeinde in „Fachbereiche“. Wir ziehen hier den tradierten Begriff „Amt“ vor. Zudem bitten wir um Nachsicht, dass wir nicht jedes Mal explizit erwähnen können, dass das Geschriebene sowohl für einen Bürgermeister als auch für eine Bürgermeisterin gilt – desgleichen für einen Amtsleiter und eine Amtsleiterin, ebenso für einen Landrat und eine Landrätin. Vertrauen wir also darauf, dass aus dem jeweiligen Zusammenhang klar wird, welche Hierarchieebene oder Funktion gemeint ist – unabhängig von Bezeichnung, Titel und Geschlecht.

1Die Sequenz ist unter anderem abrufbar auf https://www.youtube.com/watch?v=D1cfP3azWOc, aufgerufen am 28.3.2020.

2Watzlawick, S. 58 f.

3Buchholz/Knorre, S. 7.

4Fontane, S. 142.

Bürgermeister und interne Kommunikation

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