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THE DEATH – QUARANTÄNE
Tag 189

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8. April 2021

Jenks’ Grundstück, Reed, Illinois

Daryl hatte sich gewünscht, Hudson möge Marys Beerdigung beiwohnen, um sich verabschieden zu können, doch der Knabe war verstört und nicht bereit, sein Zimmer zu verlassen. Also beging der Vater das Zeremoniell ohne seinen Sohn, gemeinsam mit Tess und Devin. Brianna blieb unterdessen bei Hudson, um ihn zu trösten. Daryls Grabrede war kurz und bündig. Nicht weil er ein Mann weniger Worte war, sondern weil es ihm ohnehin schwerfiel, über sie zu sprechen, ohne weinend zusammenzubrechen.

Devin hatte angeboten, ihm beim Ausheben des Grabes zu helfen, aber Daryl hatte abgelehnt und das Loch mühevoll selbst ausgehoben.

Auch als Devin darauf bestand, den eingewickelten Leichnam mit ihm zum Grab zu tragen, wurde er abgewiesen. Daryl wollte dies – aus welchen persönlichen Gründen auch immer – ganz allein tun.

Devin hätte ihn so gern unterstützt und verstanden. Obwohl er ihn noch nicht lange kannte, fühlte er sich Jenks verbunden. Größtenteils, so vermutete er, lag es daran, dass sie gemeinsam eine fürchterliche Situation erlebt hatten, doch es reichte noch weiter. Vor zwei Nächten hatten sie jeweils ihre Vergangenheit voreinander aufgerollt, wobei auch Politik und Religion zur Sprache gekommen waren. Dabei hatten sie über Meinungsverschiedenheiten gelacht, wegen derer sie sich in früheren Zeiten wohl entzweit hätten. Daryl war konservativ und fromm, Devin hingegen liberal und weltlich orientiert. Er dachte darüber nach, dass er den Mann vor der Seuche abgewiesen und sich aufgrund seiner politischen Ansichten sogar negativ über ihn geäußert hätte. Ungeachtet all der Schmerzen und des Leids, die» Der Tod «der Welt beschert hatte, waren einige Menschen dichter zusammengerückt, woraus sich nun befremdliche Schulterschlüsse ergaben.

Nachdem Daryl die letzte Schaufel Erde auf den Haufen gewuchtet hatte, klopfte er ihn fest, sammelte die benutzten Arbeitsgeräte ein und brachte sie schnell zurück in sein Heiligtum – die Scheune – ohne ein Wort zu irgendjemandem zu sagen.

«Was sollen wir tun?«, fragte Devin Tess, die neben ihm auf der Veranda hinterm Haus saß.

«Nichts, lass ihn einfach«, antwortete sie und fasste sich an die Seite.

«Wie geht es dir?«

«Besser, bald läuft es wieder.«

«Prima.«

«Ich bin noch nicht dazu gekommen, wollte dir aber mal danken.«

Devin drehte ihr den Kopf zu und lächelte. In ähnlicher Weise, wie ihm Daryl in so kurzer Zeit ans Herz gewachsen war, fühlte er sich auch Tess eng verbunden. Wie wenig die Menschen in dieser Zeit nach der Krankheit brauchten, um sich zueinander hingezogen zu fühlen.

«Wir haben nie darüber gesprochen, doch vor alledem, auf welcher politischen Seite hast du gestanden?«, fragte Devin.

Sie sah ihn an, schmunzelte und wich seinem Blick aus.

«Was sollte mir das jetzt sagen?«, bohrte er nach.

«War die Frage ernst gemeint?«

«Ja, war sie. Ich versuche, dich genauer kennenzulernen.«

«Ist dieser Quatsch denn wirklich noch wichtig?«

«In mancher Hinsicht schon. Wenn du mir sagst, ob du links oder rechts stehst, verstehe ich besser, wer du bist und woran du grundsätzlich glaubst.«

«Das hat gar nichts zu bedeuten. Ich habe mich früher geweigert, in eine Schublade gesteckt zu werden, und werde es auch weiter so halten.«

«Ach, so eine bist du also. «Devin grinste.

«Was für eine? Ich weiß nicht, wie du das meinst, aber es gibt nichts, was mich weniger interessiert als Politik. Ich hasste sie schon früher, und heute kommt sie mir einfach dämlich vor.«

«Ich meine damit, dass du denkst, du seist über jeden Zweifel erhaben. Das ist eine ziemlich selbstgerechte Sichtweise.«

«Wie kommt es, dass du heute so drauf bist?«

«Ich würde mich gern leichter in dich hineinversetzen können. Wenn ich den weiten Weg bis nach North Carolina mit dir zurücklegen soll, möchte ich gern ein wenig besser über meine Reisebegleiterin Bescheid wissen.«

«Weißt du was? Ich bin mir nicht sicher, ob ich jemanden wie dich unterwegs bei mir haben will.«

«Oho, warte einen Moment … im Ernst?«

«Nein, das war ein Scherz, aber durchaus mit ernstem Unterton. Politik kann mir völlig gestohlen bleiben.«

«Lass es uns spielerisch angehen; ich rate, wie wär’s?«, schlug Devin vor.

«Sind wir jetzt schon so weit?«

«Ach, nun kommt, sei nicht ständig so verbissen.«

Sie warf ihm einen bösen Blick zu, ließ es dann aber geschehen.»Nur zu, aber wir sollten eigentlich etwas Sinnvolleres tun, etwa Vorkehrungen treffen, ehe diese Drecksäcke hier auftauchen.«

«Es dauert nicht lange, versprochen.«

«Dann mach mal.«

«Ich behaupte, dass du konservativ, eine bekennende Christin und Fahnenschwenker-Patriotin gewesen bist, aber nicht wählen gegangen bist, dennoch deine verstockten Ansichten geltend gemacht hast, sobald dir jemand mit eher liberalem Gedankengut kam.«

Sie zog ihre Augenbrauen hoch, als sie ihn wieder anschaute.»Oh mein Gott, du bist … kein Hellseher!«

«Irre ich mich? In welcher Hinsicht?«

«Du irrst dich einfach, belassen wir es dabei.«

«Sag es mir genau, das ist nur vernünftig.«

«Gern, aber dann erklärst du mir zuerst, wie du dazu kommst, solche Schlüsse zu ziehen.«

«Zunächst einmal stammst du aus Dakota, wo die meisten Leute konservativ waren. Zudem hast du was mit einem Marine, und das bedeutet automatisch konservativ. Drittens weißt du, wie man mit Schusswaffen umgeht – noch mal konservativ – und pochst demnach auf den zweiten Zusatzartikel der Verfassung: wieder konservativ, wieder Fahnenschwenker.«

«Dann lass dir sagen, wie weit du danebenliegst: Erstens bin ich nicht konservativ nach landläufigem Verständnis, sondern eher freiheitsliebend. Ich mag es nicht, wenn mir jemand erzählen will, wer ich sei und was ich zu tun habe, lege also auch keinen großen Wert darauf, wenn mir ein dahergelaufener Liberaler wie du vorschreiben will, wie ich leben soll, nur weil du meinst, es sei so am besten. Im Übrigen kann ich auch darauf verzichten, dass mir jemand von rechts so kommt. Ich wollte schon immer in Ruhe gelassen werden und mein eigenes Leben, woran sich bis heute nichts geändert hat. Mit einem Marine bin ich zusammen, weil er ein guter Mensch ist, und ich beurteile niemanden anhand dessen, was er tut, sondern nach seinem Wesen. Was Waffen angeht, so habe ich ein gespaltenes Verhältnis zu ihnen. Ich achte und verstehe sie als Hilfsmittel – das mittlerweile wertvoll ist, findest du nicht auch? Jawohl, weil wir uns, wäre es nach Menschen wie dir gegangen, in dieser Welt nicht verteidigen könnten. Die Regierung, von der uns die Linke versprach, sie werde da sein, um uns zu schützen, hat im Grunde genommen nichts getan, also müssen wir uns am Ende – und das hier ist das Ende, mein Freund – selbst helfen. Hilft dir das nun vielleicht irgendwie dabei, mich besser zu durchschauen?«

Devin war verdutzt. Er hatte so was von daneben gelegen, dass es geradezu peinlich war.

«Kein Ton mehr von den billigen Plätzen?«, stichelte Tess.

«Ich werde mal nachschauen, wie es den Kindern geht«, wich er aus und stand auf.

«Hör auf, Brianna ein Kind zu nennen, das mag sie nicht sonderlich. Ich finde, nach gestern hat sie es verdient, als Erwachsene angesehen zu werden.«

Devin fühlte sich von diesem Rüffel gedemütigt. Nachdenklich ging er ins Haus und auf die Treppe zu. Stimmen drangen aus dem Flur im Obergeschoss, was die Trauerstimmung ein wenig aufhellte, und das war auch nötig. Da er die beiden nicht stören wollte, begab er sich zur Vordertür, deren Fliegengitter geschlossen war, und schaute hinaus.

Sie hatten fast die ganze Nacht lang dazu aufgewandt, Spuren zu beseitigen, die Leichen wegzuschaffen und den Geländewagen zu verstecken, sodass es vor dem Haus fast wieder normal aussah. Eines jedoch blieb als eindrückliche Erinnerung an den erbitterten Kampf zurück, der sich zugetragen hatte: der große Blutfleck auf der Terrasse.

Als Devin ihn betrachtete, drängten sich ihm sonderbare Gefühle und Gedanken auf. Er hatte eine angenehme Zeit mit Mary verbracht, und nun war sie tot. Das Blut auf dem Holz stammte aus ihrem Körper, ließ sich aber eigentlich nicht mit ihr gleichsetzen; er war in dem Moment gestorben, als ihr Herz zu schlagen aufgehört hatte. Vor dem ganzen Elend hatte Devin nie an ein höheres Wesen geglaubt – falls überhaupt, dann an die Wissenschaft, und seine Hingabe zu allem Weltlichen war einer Religion so nahe gekommen wie möglich, ohne eine solche zu sein. Jetzt aber, nachdem er so viel Leid gesehen hatte, lagen seine Empfindungen im Widerstreit. Er verfluchte jeden Gott, den es geben mochte und der zugelassen hatte, dass so etwas passiert war, wobei er sich dabei ertappte, dem Wunsch nachzuhängen, dass eine höhere Macht existierte. So knapp er dem Tod während der vergangenen paar Monate auch entronnen war, fühlte er sich zu der Annahme verleitet, danach ginge es noch weiter. Die Vorstellung von einem Jenseits spendete ihm Trost und Kraft. Er wollte nicht wahrhaben, dass Mary, diese reizende Person, Mutter und Ehefrau, ihr Leben einfach so ausgehaucht hatte, sondern malte sich aus, sie lebe irgendwo auf einer anderen Daseinsebene weiter. Fragen und Erwägungen schwirrten in seinem Kopf herum wie Atome in einem Molekül, doch nichts verschmolz zu einem linearen Gedanken.

Da das Ungewisse in dieser Welt vorherrschte, hatte Tess bis zu einem bestimmten Punkt recht, wenn sie das Festhalten an alten politischen Maßstäben und Glaubenssystemen aus einer nunmehr überkommenen Zeit als „dämlich“ bezeichnete, um es mit ihren eigenen Worten zu benennen. Seit dem Ausbruch der Pandemie hinterfragte er seine früheren Werte und ließ von denjenigen ab, die sich für ihn nicht bewährt beziehungsweise dahin gehend verändert hatten, wie er seine Mitmenschen sah. War er durch seine Fragen bezüglich Tess schlauer geworden? Vielleicht, doch er wusste, dass sich niemand einfach in Kategorien einteilen oder abstempeln ließ. Charaktere waren dynamisch und besaßen die grundlegende Fähigkeit, sich anzupassen, wie auch er es getan hatte. In diesem Augenblick nun schwor er sich, ein anderer Mensch zu sein, der sich nicht aus der Vergangenheit Rat einholte, sondern in der Gegenwart lebte und zuversichtlich, optimistisch in die Zukunft blickte. Er glaubte zwar nicht an Gott, wollte aber fortan auf sein persönliches Umfeld bauen und sich wünschen, die Menschheit fände einen Weg, um die Schrecknisse dieser Zeit zu überstehen. So würde er mit einem Fuß geerdet bleiben, den anderen aber auf die Hoffnung setzen, man komme eines Tages dazu, eine bessere Welt zu schaffen.

Internationaler Flughafen von Denver

Lori stand mit freiem Oberkörper vorm Spiegel, rieb sich über den Bauch und sagte laut:»Mama wird auf dich achtgeben. Hörst du mich da drin? Oh, ich würde so gern wissen, ob du ein Junge oder ein Mädchen bist, dann könnte ich dir einen Namen geben. «Heute Morgen war sie nicht zum Frühstück in die Cafeteria gegangen und würde, wie es aussah, auch nicht zum Mittagessen erscheinen. Horton hatte das Personal angewiesen, ihr die Mahlzeiten direkt ins Quartier zu bringen. Das fand sie nett, auch wenn es kein Dauerzustand bleiben konnte. Ihr kam es vor, als würde sie als Schwangere behindert oder krank angesehen werden. Sie akzeptierte sein Entgegenkommen, wollte aber bald wieder vor die Tür gehen. Einen Vorteil hatte der Umstand, dass man ihr das Essen brachte: Sie bekam mehr Zeit, um sich auf ihre Pläne für das Kapitol zu konzentrieren.

Sie schmunzelte, als sie an ihr bisheriges Leben dachte, von dem sie geglaubt hatte, es ähnle einer Achterbahnfahrt. Nie wäre sie darauf gekommen, dass Dinge wie diese geschehen würden; eine Welt wie die, in der sie nun lebte, hätte allenthalben in den finstersten Geistesabgründen irgendeines verkommenen Menschen entstehen können – angefangen bei jenem Moment, da sie erstmals im Fernsehen von der Seuche gehört hatte, über deren rasante, tödliche Verbreitung und Madeleines Tod hinweg bis ins Lager 13 und hierher, wo sie für die Regierung arbeiten sollte, und jetzt das – ein neues Kind, das unterwegs war. Sollte sie weiterhin von einer Achterbahnfahrt reden, so stellten die vergangenen acht Monate den intensivsten Ritt dar, den sie je erlebt hatte.

Sie konnte nicht aufhören, ihren Bauch zu befühlen. Sie zählte zu den Frauen, die ihre Schwangerschaft tatsächlich genossen, und hatte auch festgestellt, dass ungefähr die Hälfte der werdenden Mütter aus ihrem Umfeld von dieser Phase begeistert waren. Diejenigen, auf die das nicht zutraf, grämten sich aus gutem Grund, etwa weil ihre Schwangerschaften anstrengend waren und Komplikationen mit sich brachten. Lori verurteilte aber keine werdende Mutter, denn immerhin veränderte ein Baby im Leib sowohl diesen als auch das emotionale Befinden. Sie hatte David zweimal gewarnt, er könne sie nicht für ihr Verhalten während der Schwangerschaft verantwortlich machen, weil sie dabei nichts als ein Sack Haut voller Hormone sei. Die Zeit mit Eric und Madeleine in Umständen war ihr leichtgefallen, wobei sie die Erfahrung – unangenehme Abschnitte hin oder her – geliebt hatte. Nach dem Tod ihrer Tochter war ihr der Gedanke an ein weiteres Kind gekommen, doch sie hatte ihn als absurd abgetan. Wollte man in ihrem Alter ein Baby austragen, nahm man weitere Schwierigkeiten in Kauf, und angesichts des Todes, der an jeder Ecke lauerte, hatte ihr davor gegraut, Leben in die Welt zu setzen, nur damit es gleich wieder starb. Als Horton nun angedeutet hatte, man könne das Kind retten, war Lori Feuer und Flamme gewesen.

Lautes Klopfen an der Tür holte sie wieder ins Hier und Jetzt zurück. Nachdem sie ihr Shirt übergestreift hatte, lief sie vergnügt summend zur Tür.

Es klopfte erneut. Nachdrücklich.

«Ich komm ja schon!«, rief sie, als sie bereits den Knauf packte, umdrehte und öffnete.

«Du brauchst aber ganz schön lange, um Gäste zu empfangen«, scherzte ihr Mann.

«David? David! Oh mein Gott, du bist es!«Lori fiel ihm um den Hals.»Wo ist Eric, hast du ihn mitgebracht?«

«Ich bin hier, Mom«, sagte der Junge. Er stand an der Wand neben der Tür.

«Komm her, du!«, jauchzte sie freudig und zog ihn zu sich, um ihn gemeinsam mit David zu umarmen.

«He, du reißt mir den Kopf ab«, nuschelte Eric, weil sie ihn mit dem Gesicht an ihre Schulter drückte.

«Ach, das ist mir egal. Ich habe euch beide so vermisst.«

«Mom, du bist erst eine Woche hier, glaube ich«, bemerkte der Junge.

«Ganz gleich, zu lange für mich«, erwiderte Lori zwischen zahllosen Küssen, mit welchen sie die beiden bedeckte.

«Wir haben dich auch vermisst, Lori, hör nicht auf den elenden Nörgler hier«, versetzte David.

«Kommt rein, ihr zwei«, drängte sie und zog die beiden über die Schwelle.

Während der nächsten halben Stunde unterhielten sie sich über die Umstände dieser plötzlichen, überraschenden Umsiedlung an den DIA.

«Es ging einfach so, ganz schnell: Wir waren beim Morgenappell, unsere Namen wurden aufgerufen – und voilà, hier sind wir, aber ich bin wirklich froh darüber, denn ich fing an, mich ein wenig zu sorgen.«

«Oh, wirklich? Warum?«

«Ach, sie haben Personal aus dem Lager abgezogen, kurz, nachdem du weg warst. Ist jetzt alles chaotischer, und man muss noch länger für Medikamente und Lebensmittel anstehen.«

«Hm, nun ja, ich weiß, ihr Hauptaugenmerk liegt auf Arcadia«, entgegnete Lori.

«Ich habe davon gehört«, sagte David.

«Wer hat es dir gesagt?«

«Ich sprach mit Kanzler Horton, bevor wir herkamen. Er empfing uns, als wir hier ankamen.«

«Ach was?«

«Ja, ist das ein Problem?«, hakte David nach, als er Loris nachdenkliche Miene bemerkte. Ihre Bedenken schmolzen aber rasch dahin, als ihr klar wurde, dass David und Eric ohne Horton überhaupt nicht bei ihr wären.

«Wie dem auch sei, genug von diesem Hin und Her. Ich möchte euch etwas mitteilen«, sagte Lori mit aufgeregter Stimme. Sie streckte sich nach Davids Händen aus und hielt sie fest.

«Ich muss dir auch etwas sagen, können wir uns zuerst hinsetzen?«

«Ja, sicher. Ihr müsst erschöpft sein nach dem Flug. «Sie zeigte auf einen kleinen, gepolsterten Stuhl neben ihrem Bett.

David ließ sich darauf nieder, während sie auf einem Sitzkissen Platz nahm, ohne seine Hände loszulassen.

Eric achtete nicht großartig auf sie, während er durchs Zimmer streifte, wobei ihn ihre Zeichnungen und Entwürfe zum neuen Regierungsgebäude interessierten.

«Wer fängt an?«, fragte sie.

«Du«, verlangte er.

Loris Anspannung nahm zu.»Nein, du zuerst. Was ich zu sagen habe, ist so großartig, dass wir vergessen werden, über deine Sache zu sprechen, sobald du es hörst.«

«He, Mom, bist du schon in Camp Sierra gewesen?«, unterbrach Eric die beiden.

«Nein, aber ich habe es aus der Luft gesehen.«

«Und? Wie ist es so?«

«Ähnlich wie Lager 13, nur viel größer. Eric, Schatz, lässt du deinen Vater und mich kurz in Ruhe miteinander sprechen, ja?«

Damit richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf David, der jetzt nervös aussah.

«Dieser Blick, den kenne ich. Was genau hast du auf dem Herzen?«, fragte sie.

«Eric und ich werden nicht lange bleiben. Wir legen hier nur einen Zwischenstopp auf dem Weg ins Camp Sierra ein.«

«Was? Das verstehe ich nicht. Ich verlangte ausdrücklich, dass ihr hierher zu mir kommen sollt«, erwiderte Lori. Die Verwirrung stand ihr ins Gesicht geschrieben.

«Wir wurden nicht aufgerufen, um hierher zu kommen; ich soll in der großen Schule von Camp Sierra aushelfen, und Eric wird mich im Unterricht unterstützen«, erklärte David.

Als der Junge seinen Namen hörte, winkte er und warf ein:»Das bin ich, Musterschüler Nummer Eins.«

«Nein, nein, so war das nicht gemeint«, erwiderte Lori.»Du und Eric, ihr solltet hierher kommen und bleiben; so lautete meine Abmachung mit Kanzler Horton!«

«Lori, beruhige dich. Das ist eine gute Gelegenheit für uns zwei. Man hat uns Verantwortung übergeben, also weiß man uns zu schätzen.«

«Ich rege mich so auf, David, weil ich ein Kind bekomme. Ich brauche meine Familie während dieser Schwangerschaft!«

David riss die Augen auf. Auch Eric drehte den Kopf ruckartig zu seiner Mutter um.

«Du bist schwanger?«

«Ja, wir bekommen ein Baby.«

«Liebling, das sind großartige Neuigkeiten, aber …«

«Aber was?«, fragte sie.

«Hast du keine Angst davor? Das Kind ist vielleicht nicht immun. Du weißt, wie hoch die Sterblichkeitsrate bei Säuglingen liegt.«

«Natürlich habe ich daran gedacht, aber der Kanzler und sein Team haben einen Impfstoff. Er wird noch getestet, scheint aber zu wirken. Horton verspricht, es dem Baby zu spritzen, sobald ich im siebten Monat bin. Verstehst du nicht? Wir erhalten eine zweite Chance, um nicht nur ein neues Leben zu beginnen, sondern auch für unsere Familie.«

David kamen die Tränen. Er umarmte Lori und drückte sie innig.»Ich liebe dich, Schatz. Wie fühlst du dich? Wann hast du es herausgefunden?«

Sie legte alles peinlich genau dar, wobei sie gewisse Einzelheiten wie das private Dinner mit dem Kanzler so drehte, als sei das gesamte Team dabei gewesen. Das Letzte, was sie wollte, war Anlass dazu zu geben, dass er ihre Treue infrage stellte. Speziell nach jener einen Affäre Jahre zuvor, die er ihr verziehen, aber nicht vergessen hatte. Schließlich kam sie auf ihr Abkommen mit Horton zu sprechen, demzufolge David und Eric zu ihr ziehen sollten, oder sie werde ihren Posten verlassen.

«Da siehst du’s, das ist ein einziges Missverständnis«, sagte sie,»aber ich kläre das später mit dem Kanzler ab und sorge dafür, dass er uns eine geräumigere Unterkunft besorgt.«

David zögerte, ihr zu antworten. Er schaute sich in dem spärlich eingerichteten Zimmer um.

«Geht es dir gut?«, fragte sie.

«Ja, natürlich.«

«So siehst du aber nicht aus.«

«Ach, ich habe mich bloß darauf gefreut, wieder zur Arbeit zu gehen und eine Aufgabe zu haben.«

«Ich bin mir sicher, du wirst auch hier jemanden unterrichten können, und außerdem besteht deine Aufgabe darin, bei mir zu sein.«

«Dein Lakai zu sein und dir überallhin nachzulaufen, während du dir einen großen Namen machst«, bemerkte er verdrießlich.

«Was soll das denn heißen?«

«Es ist wie früher: Du hast die dicken Verträge an Land gezogen, für Prominente gearbeitet und dich zu Veranstaltungen einladen lassen, wo ich nur als dein Ehemann vorgestellt wurde, nichts weiter.«

«So denkst du also?«

Er ließ den Kopf hängen.

Da streckte sie sich wieder nach ihm aus und legte beide Arme um ihn.»Schatz, so denke ich nicht. Ich wäre nicht ich selbst. Ohne dich könnte ich nicht leben.«

«In 13 sagten sie mir, die Chancen stünden gut für mich, dort draußen eine leitende Position einzunehmen. Sierra expandiert, und ich könnte mit meinem Hintergrund und den Referenzen eine feste Stelle in der Verwaltung bekommen. Dadurch hätte ich die Möglichkeit, mein Potenzial auszuschöpfen. Ich hoffte, dich davon überzeugen zu können, mit uns zu kommen, aber das ist jetzt das genaue Gegenteil.«

Lori stellte den Kopf schräg. Sie konnte nicht glauben, was sie da gerade gehört hatte.»Ich soll ins Camp Sierra ziehen und was bitteschön tun?«

«Ach, ich soll mich anpassen, aber du kannst das nicht?«

Sie öffnete den Mund wieder, um etwas zu erwidern, stockte aber. Sie war drauf und dran, etwas Verletzendes zu sagen und ihr Wiedersehen zu verderben.

Die beiden vermieden es, einander anzusehen, bis Eric flapsig dazwischenfunkte und die betretene Stille brach:»Wie schmeckt das Futter hier? Ich bin am Verhungern.«

Lori schaute ihren Sohn an, der zusehends zu einem jungen Mann heranreifte. Sie wünschte sich nichts lieber, als die beiden während der nächsten Zeit bei sich zu haben. Dass dieser glückliche Moment so schnell ins Betrübliche umgeschlagen war, ärgerte sie.

Lori stand auf, umarmte Eric und sagte:»Es ist nichts Besonderes, aber besser als der Fraß, den sie uns in 13 vorsetzten.«

«Na, dann lasst uns gehen. Ich bin so hungrig, dass ich alles verputzen würde.«

«David, kommst du mit?«

Er schaute auf, während er die Neuigkeiten schon geistig verarbeitete und offensichtlich nach einer Lösung suchte. Auch ihn plagten gemischte Gefühle.

«Klar komme ich mit«, antwortete er und stand auf.

Sie hielt ihn fest, zog ihn an sich und flüsterte.»Das wird klappen, ich weiß es. Am Ende wird alles gut.«

THE DEATH – Die Trilogie (Bundle)

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