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B. Technologische Herausforderungen

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Die technische Umsetzung von Reaktions-, Kooperations- und Proaktionsfähigkeit76 stellt höchste Ansprüche an Hard- und Software der Fahrzeuge.77 Der derzeitige technologische Fortschritt lässt sich dabei häufig nur an dem messen, was die Automobil- und Technologiekonzerne der Öffentlichkeit preisgeben, und läuft gerade in den letzten Jahren offensichtlich derart rasant, dass eine detaillierte Beschreibung technischer Spezifikationen morgen bereits veraltet sein könnte.78 Die Ausführungen beschränken sich deshalb auf einige spezielle technische Funktionsweisen und ihre Besonderheiten.

Zunächst einmal muss das Fahrzeug dazu in der Lage sein, die gegebenen Umwelteinflüsse und Faktoren wahrzunehmen, um überhaupt die Software mit Informationen bedienen zu können. Dies erfolgt in erster Linie durch ein Zusammenspiel von Kameras und verschiedenen Sensoren.79 Die Automobilindustrie macht sich dabei insbesondere sog. Lidar-Sensoren (Light Detection and Ranging) zu Nutze, die die Entfernung, Form und Größe von Objekten durch eine Laufzeitmessung des Lichts (Time of Flight) zum Objekt und wieder zurück wesentlich genauer bestimmen können als die bisher branchenüblichen Messsysteme.80 Weil das Licht der Lidar-Sensoren auch von kleinsten Partikelteilchen reflektiert wird, leidet ihre Funktionsfähigkeit allerdings bei schlechten Witterungsbedingungen wie starkem Regen, Nebel oder Schneefall.81 Sie werden deshalb durch Radar- und Ultraschallsensoren ergänzt, die zwar in Sachen Präzision und Reichweite Lidarsystemen unterlegen, dafür aber weniger störanfällig für äußere Umwelteinflüsse sind.

Im nächsten Schritt können die gewonnenen Daten dann durch die Betriebssoftware interpretiert und ausgewertet werden. Eine der größten Herausforderungen ist dabei die Reaktionsgeschwindigkeit der sog. Echtzeitsysteme.82 Jedes Wahrnehmungsorgan – ob menschlich oder maschinell – braucht eine gewisse Zeit, bis es gesammelte Informationen zu verwertbaren Daten umgewandelt hat. Bei technischen Systemen hängt die Verarbeitungszeit maßgeblich von der Datenmenge und den technischen Spezifikationen bzw. den Leistungsgrenzen der Hardware ab. Weil auch die intelligenteste Software nutzlos ist, wenn das Zeitfenster zwischen Informationsaufnahme und Reaktion des Fahrzeugs zu groß ist, ist die Optimierung der maschinellen Reaktionsgeschwindigkeiten ein zentraler Aspekt auf dem Weg zum autonomen Fahren.

Zur finalen Routenplanung und lokalen Bewegungssteuerung muss eine geeignete Telekommunikationsinfrastruktur sichergestellt sein, um jederzeit die Position des Fahrzeugs bis auf wenige Zentimeter genau bestimmen zu können.83 Diese Infrastruktur besteht zum einen aus einer „globalen“ Lokalisierung des Fahrzeugs durch GPS, die bis auf wenige Meter genau möglich ist,84 zum anderen aus einer Orientierung des Fahrzeugs im Raum, die durch ständig aktualisierbares, hochauflösendes Kartenmaterial85 und die Kommunikation der Fahrzeuge untereinander (Car-2-Car) sowie mit vernetzten Verkehrseinrichtungen (Car-2-X)86 sichergestellt ist.

76 Siehe oben unter § 2 A. III. 77 Maurer spricht sogar von den „komplexesten technischen Sicherheitssystemen, die für den Massenmarkt produziert werden“, Maurer, in: 56. Deutscher Verkehrsgerichtstag, S. 48. 78 Wagner, in: Oppermann/Stender-Vorwachs, Autonomes Fahren, 1. Auflage, S. 18. 79 Maier, in: Grundlagen der Robotik, S. 52f.; Wagner, in: Oppermann/Stender-Vorwachs, Autonomes Fahren, 1. Auflage, S. 19ff.; Maurer, in: 56. Deutscher Verkehrsgerichtstag, S. 44f.; Lenninger, in: 53. Deutscher Verkehrsgerichtstag, S. 74. 80 Stroh, Markt&Technik 21/2019, Sonderheft Automotive Trend Guide 2019, S. 33; Reeb, Lidar auf dem Vormarsch, Markt&Technik 42/2019, 76 (76). 81 Bratzel/Thömmes, Alternative Antriebe, autonomes Fahren, Mobilitätsdienstleistungen. Neue Infrastrukturen für die Verkehrswende im Automobilsektor; S. 41; Stroh, Markt&Technik 21/2019, Sonderheft Automotive Trend Guide 2019, S. 34; Harloff/Reek, So weit ist das autonome Fahren, https://www.sueddeutsche.de/auto/verkehrssicherheit-so-weit-ist-dasautonome-fahren-1.3913983. 82 Wagner, in: Oppermann/Stender-Vorwachs, Autonomes Fahren, 1. Auflage, S. 24; Lenninger, in: 53. Deutscher Verkehrsgerichtstag, S. 74. 83 Rauch/Aeberhard/Ardelt/Kämpchen, Autonomes Fahren auf der Autobahn – Eine Potentialstudie für zukünftige Fahrerassistenzsysteme, https://mediatum.ub.tum.de/doc/1142101/file.pdf; Wagner, in: Oppermann/Stender-Vorwachs, Autonomes Fahren, 1. Auflage, S. 25; Jansen/Grewe, RAW 2019, 2 (2); Bratzel/Thömmes, Alternative Antriebe, autonomes Fahren, Mobilitätsdienstleistungen, S. 41. 84 Wagner, in: Oppermann/Stender-Vorwachs, Autonomes Fahren, 1. Auflage, S. 25. 85 Ob die erforderliche Dateninfrastruktur über den neuen Telekommunikationsstandard 5G erreicht werden kann, ist aktuell noch nicht abzuschätzen und umstritten, dazu Volkswagen, Car2X: die neue Ära intelligenter Fahrzeugvernetzung, https://www.volkswagenag.com/de/news/stories/2018/10/car2x-networked-driving-comes-to-real-life.html. 86 Lenninger, in: 53. Deutscher Verkehrsgerichtstag, S. 78; Zech, in: Gless/Seelmann, Intelligente Agenten und das Recht, S. 169f.; Weichert, SVR 2016, 361 (361).

Haftungsrisiken des automatisierten und autonomen Fahrens

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