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1.5 Wege in die Sklaverei
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Bereits in archaischer (ca. 700–480 v. Chr.) und klassischer (ca. 480–330 v. Chr.) Zeit gehörten kriegerische Ereignisse zu den häufigsten Ursachen der Unfreiheit. Die Männer einer eroberten Stadt wurden in der Regel getötet, die Frauen und Kinder in die Sklaverei geführt, ein Schicksal, das sowohl als Strafe für bestimmte Vergehen gedacht sein konnte, das aber auch durch die Absicht der Abschreckung oder den Wunsch, durch Sklavenhandel die Einnahmen zu vergrößern, bedingt war. In den Quellen lassen sich zahlreiche Beispiele für solche Maßnahmen finden (→ Quelle 23). Die Konfrontation mit derartigen Ereignissen ließ die damaligen Menschen zwar nicht gleichgültig – man denke in diesem Zusammenhang etwa an die Wirkung der Aufführung des Stückes Die Einnahme Milets des Phrynichos 493 v. Chr. in Athen –, doch zeigte diese Erschütterung kaum Folgen.
Nicht nur bei der Eroberung von Städten wurden gefangen genommene Feinde versklavt, auch Gefangenen bei Feldschlachten und anderen militärischen Operationen drohte dieses Schicksal. Dass nichtgriechische Feinde ohne Bedenken versklavt wurden, verwundert nicht weiter, so z.B. nach der Schlacht von Himera 480 v. Chr., als eine große Anzahl von Gefangenen in die Hände des sizilischen Tyrannen Gelon fiel, oder nach der Schlacht am Eurymedon, als der athenische Feldherr Kimon zahllose Perser versklavte. Es fällt aber auf, dass in diesem Zusammenhang offenbar keine Skrupel hinsichtlich der Versklavung von Griechen geherrscht haben. Umso mehr ist die Aussage des spartanischen Nauarchen Kallikratidas 406 v. Chr. bei der Eroberung der Stadt Methymna hervorzuheben, der verkündete, dass unter seinem Kommando kein Grieche versklavt werde (→ Quelle 24). Mit dem Ende des Peloponnesischen Krieges scheint man sich in Griechenland allgemein gegen eine Versklavung von anderen Hellenen gewandt zu haben; die Versklavung von Barbaren war jedoch weiterhin unproblematisch.
Die Versklavung war aber nicht die einzige Verfahrensweise mit gefangenen Feinden; oft wurden diese auch bis zu ihrer Freilassung gegen Lösegeld festgehalten. Ein Anspruch auf eine Auslösung bestand natürlich nicht. Einen Mitbürger freizukaufen, galt aber in der Öffentlichkeit als ein großes Verdienst, wobei der Freigekaufte bis zur Rückerstattung des Lösegelds Eigentum des Freikäufers blieb.
Auch in hellenistischer Zeit blieb die Massenversklavung durch siegreiche Heere eine wesentliche Quelle des Sklavennachschubs. Die Feldzüge Alexanders des Großen sorgten für einen derartigen Überschuss an Unfreien, dass die Preise erheblich sanken. Auch in der Folgezeit kam es wiederholt zur Versklavung von Kriegsgefangenen, so führte etwa der Diadoche Ptolemaios, der spätere ägyptische Pharao Ptolemaios I. Soter, im Jahr 312 v. Chr. nach seinem Sieg gegen Demetrios bei Gaza 8000 Gefangene nach Ägypten.
Neben staatlich organisierten Kriegen bedeuteten auch verbrecherische Raubzüge und Plünderfahrten für viele Menschen das Ende ihrer Freiheit. Die Piraterie war weitverbreitet, besonders nach dem Zusammenbruch der attischen Seeherrschaft nach der Niederlage Athens im Peloponnesischen Krieg blühte sie im 4. Jh. v. Chr. auf.
Die Piraten brachten ihre Gefangenen teils selbst zum Markt, teils arbeiteten sie mit professionellen Sklavenhändlern zusammen. Gegen Menschenräuber ging man zwar streng vor (diese mussten neben der Verachtung ihrer Mitmenschen in Athen und anderen Städten auch mit der Todesstrafe rechnen), dennoch war es offensichtlich ein einträgliches Gewerbe.
Die Piraterie blieb als Quelle von Sklaven auch in hellenistischer Zeit bedeutend. Menschen wurden oft systematisch zu Land und zu Wasser geraubt und in die Sklaverei verkauft. Auch Piraten und Menschenräuber ließen die von ihnen gefangen genommenen Personen bisweilen gegen die Stellung von Lösegeld wieder frei. So wurde etwa gegen 200 v. Chr. eine große Anzahl von Einwohnern der Stadt Teos versklavt und gegen eine immense Summe wieder freigelassen. Das Lösegeld musste nicht immer direkt an den Menschenräuber gezahlt werden, es wurde manchmal auch an den Käufer des jeweiligen Sklaven entrichtet, der diesen dann freilassen konnte. Wenn weder die eigene Familie noch seine Heimatstadt einem Gefangenen halfen, hing das Schicksal des Versklavten von Geldverleihern ab, in deren Abhängigkeit er nun geriet.
Menschenraub und die Erpressung von Lösegeld wurden freilich nicht nur von Piraten praktiziert, auch Staaten wandten diese Vorgehensweisen an, wobei die Grenze zwischen Kriegszügen und staatlich organisiertem Menschenraub oftmals fließend war. Zwischen einzelnen Städten bestanden dementsprechend auch oftmals Verträge, in denen sie versicherten, sich gegenseitig nicht zu plündern; darüber hinaus bestanden Beteuerungen einzelner Städte, dass sie die Bewohner der jeweiligen anderen Stadt nicht kaufen würden. Von der jeweils vorherrschenden Seemacht wurde erwartet, die Piraten zu bekämpfen bzw. zu beseitigen. Woran hellenistische Potentaten jedoch scheiterten, das gelang schließlich den Römern 67 v. Chr. mit dem Sieg des Pompeius. Zuweilen kam es zu Kooperationen zwischen den Seeräubern und der Schutzmacht, die sie eigentlich hätte bekämpfen sollen, manchmal fanden sich Piratenkontingente etwa in den Truppen hellenistischer Könige. Der Hegemon ließ sich seinen Schutz auch bezahlen, so musste etwa im Jahr 298 v. Chr. Delos – wohl an die Rhodier – mindestens 5.000 Drachmen für den Schutz gegen tyrrhenische Piraten entrichten. Ebenso sind Zahlungen direkt an die Piraten belegt, damit diese ein bestimmtes Gebiet verschonten. Wurde der Kampf gegen die Seeräuber tatsächlich aufgenommen, brachte er vor allem der Schutzmacht Gewinne: Die Piraten und deren Opfer fielen in ihre Hände.
Ein weiterer Weg in die Sklaverei war die Schuldknechtschaft, die allerdings in Athen bereits im frühen 6. Jh. v. Chr. verboten worden war. In den Jahren um 600 v. Chr. hatte die Stadt eine schwere wirtschaftliche und soziale Krise erlebt. Ein Anzeichen dieser Krise war es, dass viele der Kleinbauern verarmt waren, sich hoch verschulden und ihre Grundstücke verpfänden sowie einen bestimmten Anteil ihrer Ernteerträge an die Gläubiger abliefern mussten. Immer häufiger kam es dabei vor, dass Schuldner ihre Außenstände nicht mehr begleichen konnten, in Schuldknechtschaft gerieten und sogar als Sklaven ins Ausland verkauft wurden. Um diese Missstände zu beheben, die auch mit einer gravierenden politischen Krise einhergingen, bestellten die Athener den adligen Solon (ca. 640–560 v. Chr.) zum diallaktés („Schiedsrichter“) und beauftragten ihn, Lösungen für die anstehenden Probleme zu suchen. Tatsächlich nahm Solon nun ein umfassendes Reformprogramm in Angriff, zu dessen zentralen Punkten die sogenannte seisáchtheia („Lastenabschüttelung“) zählte, womit eine Tilgung der Schulden und eine Rückgabe der verpfändeten Grundstücke gemeint war; plakative Geste dieser Rückgabe war das Herausreißen der sogenannten hóroi, der Schuldsteine, die auf den entsprechenden Ländereien aufgestellt waren. Außerdem führte er die in die Sklaverei verkauften Athener in ihre Heimat zurück und verbot hinkünftig die Schuldknechtschaft (→ Quellen 30, 31).
Weiterhin möglich blieb aber die Versklavung als Strafe. In Athen wurden vor allem Delikte, die die Exklusivität der Bürgerrechte gefährdeten, mit Versklavung geahndet. Ein berühmter Fall ist etwa der Prozess gegen die Hetäre Neaira, der vorgeworfen wurde, sie habe sich als Metoikin (das heißt als ortsansässige Fremde) den Status einer Athenerin angemaßt und auch ihre Tochter als vollbürtige Athenerin ausgegeben und verheiratet. Leider ist nicht bekannt, wie dieser berühmte Prozess ausging, doch im Fall ihrer Verurteilung hätte Neaira die Versklavung gedroht (→ Quelle 87).15
Auch durch Geburt konnte ein neugeborenes Kind zum Sklaven werden. Kinder von Sklavinnen waren unfrei, denn zumindest in Athen richtete sich der Status des Kindes nach dem der Mutter.
Nicht selten kam es wohl auch vor, dass Findelkinder versklavt wurden. Die Kindesaussetzung war ein im klassischen Griechenland durchaus übliches Mittel der Familienplanung. Dabei wurden die Kinder häufig wohl so abgelegt, dass damit gerechnet werden konnte, dass sie gefunden wurden. Und wenn der Finder dies so wollte, konnte er das Findelkind als seinen Sklaven aufziehen.
Zudem wurde der Sklavenmarkt im klassischen Griechenland durch den Sklavenhandel von außen, vor allem aus Kleinasien, Thrakien und dem Schwarzmeergebiet, gespeist. In Athen fand der Sklavenverkauf vor allem auf der Agora statt. Die zu verkaufenden Personen wurden auf einem Gerüst präsentiert und mussten sich, wenn dies gewünscht wurde, auch entkleiden. Der Preis wurde zwischen Verkäufer und Käufer vereinbart, wenn man nicht die Form der Versteigerung wählte. Ein durchschnittlicher Sklavenpreis betrug etwa 200 Drachmen, wenngleich die Preise nach Alter, den körperlichen und geistigen Eigenschaften bzw. der spezifischen Ausbildung der Unfreien erheblich schwanken konnten. Neben Athen waren in klassischer Zeit etwa Korinth, Aigina, Chios, Samos, Ephesos, Milet, Side, Heraklion oder Sidon bedeutende Umschlagplätze für Sklaven. Sklavenhändler hatten in der griechischen Antike, anders als bei den Römern, keinen besonders schlechten Ruf, es wurde ihnen aber manchmal nachgesagt, durch das Verschweigen von Fehlern der Sklaven ihre Kunden zu betrügen. Bei der Verheimlichung bestimmter Mängel konnte der Kauf allerdings wieder rückgängig gemacht werden.
In hellenistischer Zeit erfuhr die Insel Delos nach der Zerstörung Korinths 146 v. Chr. aufgrund ihrer günstigen Lage zwischen Griechenland und Asien einen besonderen Aufschwung und wurde zu einem der bedeutendsten Sklavenumschlagplätze, an dem täglich bis zu 10.000 Unfreie den Besitzer gewechselt haben sollen (vgl. Strab. 14, 5, 2; freilich ist diese Zahl nur als eine Rundzahl zu betrachten, die ausdrücken sollte, dass es „sehr viele“ Sklaven waren). Die Blütezeit von Delos dauerte freilich nur knapp 50 Jahre und endete 88 v. Chr., als die Insel von Truppen des pontischen Königs Mithradates VI. Eupator geplündert wurde, bzw. 69 v. Chr., als Piraten Delos verwüsteten und die Bevölkerung in die Sklaverei wegführten.
Wert- und Preisangaben finden sich vereinzelt auf hellenistischen Inschriften oderin Verkaufsurkunden, die auf Papyruserhalten blieben (→ Quelle 18).
Rom
Nicht nur im archaischen Griechenland, auch im frühen Rom war die Schuldknechtschaft (nexum) bekannt. Wie die Zwölftafelgesetze (→ Quelle 32) verdeutlichen, wurde einem zahlungsunfähigen Schuldner vom Gericht eine Rückzahlungsfrist von 30 Tagen zugestanden. Danach wurde er nochmals vor Gericht geführt und, wenn er immer noch nicht zahlen konnte bzw. auch niemand für ihn einsprang, dann kam er in die Gewalt seines Gläubigers, wurde in Ketten gelegt und musste seine Schuld abarbeiten. Der Gläubiger musste den Schuldknecht dreimal auf dem Markt vorführen, und wenn sich niemand fand, der ihn auslöste, dann wurde der Schuldner, wie dies auch im archaischen Athen geschehen war, als Sklave ins Ausland verkauft. Die Schuldknechtschaft existierte in Rom bis ins Jahr 326 v. Chr., als sie durch eine Lex Poetelia Papiria de nexis abgeschafft wurde.
Auch die Sklaven im frühen Rom sind vor allem durch Kriegsgefangenschaft in einen unfreien Status geraten. Waren die Sklavenzahlen anfangs noch recht bescheiden, hören wir ab dem 4. Jh. v. Chr. zunehmend von der Versklavung größerer Menschenmassen. Erste konkrete Angaben über Massenversklavungen besitzen wir aus der Zeit der Samnitenkriege sowie dann im 3. Jh. v. Chr. für die sogenannten Punischen Kriege zwischen Rom und Karthago. So sollen den Römern bei der Eroberung der mit den Puniern verbündeten Stadt Tarent im Jahr 209 v. Chr. 30.000 Sklaven in die Hände gefallen sein. Andererseits sind nach der für die Römer katastrophal verlaufenen Schlacht von Cannae angeblich 10.000 Römer in Kriegsgefangenschaft geraten. Insgesamt sollen im 1. Punischen Krieg 84.000 Menschen gefangen und versklavt worden sein und im 2. Punischen Krieg mehr als 60.000 Menschen.
Im Zuge der nun einsetzenden Eroberung der Mittelmeerwelt durch Rom kamen im 2. Jh. v. Chr. ungeheure Massen an Sklaven nach Italien, was zu tief greifenden Umwälzungen der sozialen Verhältnisse führte.
Für die größten Massenversklavungen der Antike zeichnete sich schließlich der Römer Gaius Iulius Caesar verantwortlich, der während seiner Feldzüge in Gallien etwa eine Million Gallier versklavt haben soll (→ Quelle 26). Zwar mag es in der Zeit nach Augustus zu einer geringfügigen Abnahme der Anzahl von Kriegsgefangenen gekommen sein, militärische Auseinandersetzungen wie die jüdische Revolte (66–70 n. Chr.) oder die dakischen Kriege Kaiser Trajans verursachten aber weiterhin unzählige Gefangene.
Neben den Kriegsgefangenen gerieten viele Menschen auch als Opfer von Banditen, Piraten und Menschenräubern in die Sklaverei und sie waren wohl nur in den seltensten Fällen in der Lage, ihre Freiheit auf dem Rechtsweg geltend zu machen.
Die enorme wirtschaftliche Bedeutung des Sklavenhandels in der römischen Kaiserzeit zeigt sich etwa darin, dass Kaiser Augustus eine Steuer von 2 % auf Sklavenverkäufe einführte, die genug Gewinn abwarf, um damit neben anderen Regierungsaufgaben die Löhne der ca. 7.000 vigiles in der Stadt Rom abzudecken. Zwar wurden Sklaven auch von außen in das Römische Reich importiert, meist ist in den antiken Quellen aber von Unfreien die Rede, die aus den Provinzen des Imperium Romanum kamen. Importe und Exporte von Sklaven dokumentieren jedenfalls der Zolltarif von Zarai in Numidien (202 n. Chr.) oder das Steuergesetz von Palmyra (137 n. Chr.), bei denen Unfreie an jeweils prominenter Stelle genannt werden.
Der Sklavenhandel ging in jedem Dorf und jeder Stadt des Römischen Reiches vor sich, wo einzelne Sklaven von einem Besitzer zum anderen weiterverkauft wurden. Dazu kamen größere Sklavenverkäufe, wenn an einem bestimmten Ort ein besonderer Grund dafür bestand, etwa direkt an den Schauplätzen kriegerischer Ereignisse. Der Verkauf von Kriegsgefangenen wurde als sub hasta vendere („unter der Lanze verkaufen“) oder als sub corona vendere („unter dem Kranz verkaufen“) bezeichnet. Selbst in kleineren Ortschaften fanden regelmäßig Märkte statt. In den Metropolen des Reiches spielte sich der Sklavenhandel in weit größerem Umfang ab. Der größte Markt befand sich in Rom auf dem Forum Romanum beim Kastortempel, ein anderer stadtrömischer Verkaufsplatz für Sklaven war bei der Saepta Iulia auf dem Marsfeld. Wichtige Umschlagsorte waren z.B. auch Brundisium, Puteoli, Byzantion, Ephesos, Milet, Side oder Palmyra.
Beim Verkauf wurden die Unfreien auf einem Gerüst (catasta), das in Einzelfällen auch gedreht werden konnte, angeboten. Zuweilen mussten sich die Sklaven ihren potenziellen Käufern auch nackt präsentieren. Beim Verkauf von Sklaven wurden Kaufverträge abgeschlossen, die zum Teil erhalten sind (→ Quellen 35, 36). Sklavenhändler sind in den Quellen nur schwer zu fassen; das liegt zum einen wohl daran, dass die Angehörigen dieses Berufsstandes meist nicht besonders angesehen waren, und zum anderen, dass sie auch häufig mit anderen Waren handelten. Einige Sklavenhändler, die als mercator venalicius bzw. mango bezeichnet wurden, sind aber dennoch literarisch oder epigraphisch belegt. Eines der bekanntesten Denkmäler ist das Grabmal des Aulos Kapreilios Timotheos aus Amphipolis am Strymon (Makedonien), der in seiner Grabinschrift als Freigelassener sowie als Sklavenhändler bezeichnet wird. Dieses Gewerbe wird auch im Bild des unteren Reliefs thematisiert, auf dem acht männliche Personen dargestellt sind, die – gefolgt von zwei Frauen mit je einem Kind an ihrer Seite – nach rechts schreiten. Die Männer tragen Halsringe, die mit einer Kette untereinander verbunden sind. Die Vermutung, dass es sich um Sklaven handelt, liegt also nahe. Der Zug wird von einem Mann im Kapuzenmantel angeführt, wahrscheinlich der Sklavenhändler Aulos Timotheos Timotheos selbst (→ Abb. 2, S. 113).
Sklavenhändler kamen aus allen Schichten, auch aus der Oberschicht. Ein bekannter Vertreter dieser Zunft war etwa Toranius Flaccus, ein Zeitgenosse des Augustus (→ Quelle 40). Sklavenhändler galten als hinterlistig und betrügerisch und versuchten mit allen Mitteln, einen hohen Preis für die von ihnen angebotenen Menschen zu erzielen. Einen Schutz des Käufers bot die genaue Besichtigung des Sklaven beim Kauf, außerdem mussten, entsprechend gesetzlicher Vorschriften – etwa den edicta aedilium curulium de mancipiis vendundis, den Verordnungen der kurulischen Aedile über den Sklavenverkauf –, körperliche Gebrechen und Mängel auf Täfelchen deklariert werden, die die Sklaven trugen. Krankheiten konnten den Kaufvertrag nichtig machen bzw. Schadenersatz rechtfertigen. Der Käufer musste auch über bisherige Verfehlungen des Sklaven aufgeklärt werden, über vergangene Fluchtversuche, über Selbstmordversuche oder über Strafen (z.B. die Verurteilung zum Kampf mit wilden Tieren in der Arena), zu denen der Sklave bisher verurteilt worden war. Auch die Herkunft des Unfreien musste bekannt gegeben werden, denn die Volkszugehörigkeit galt einerseits als ein Hinweis auf den Charakter der jeweiligen Unfreien, und andererseits wollten viele Sklavenbesitzer nicht zu viele Unfreie eines Volkes besitzen, da diese sich leichter verbünden und erheben konnten.
Sklavenhändler waren oft gut vernetzt und arbeiteten mit weit entfernt wohnenden Handelspartnern zusammen. Auch waren die Wege, die Sklaven – sei es per Schiff oder zu Fuß auf dem Landweg – von ihrem Herkunftsort zu ihrem Umschlagplatz oder zu ihrem letztlichen Bestimmungsort zurücklegen mussten, oft sehr weit und extrem beschwerlich, zumal sie unterwegs auch häufig aneinandergekettet und gefesselt gewesen zu sein scheinen.
Interessante Angaben zu den Sklavenpreisen überliefern spätantike Quellen. Das Höchstpreisedikt Diokletians aus dem Jahr 301 n. Chr., dessen praktische Umsetzung jedoch fragwürdig bleiben muss, unterscheidet etwa acht Preisklassen: Männer zwischen 16 und 40 Jahren sollten höchstens 30.000 Denare kosten, Männer zwischen 40 und 60 Jahren 25.000 Denare, Knaben zwischen acht und 16 Jahren 20.000 Denare, Männer über 60 Jahre und Knaben unter acht Jahren 15.000 Denare. Frauen zwischen 16 und 40 Jahren kosteten 25.000 Denare, Frauen zwischen 40 und 60 Jahren 20.000 Denare, Mädchen zwischen 8 und 16 Jahren ebenso, Frauen über 60 Jahre und Mädchen unter acht Jahren kosteten 10.000 Denare. Je nach Ausbildung konnten sich die Preise jedoch erhöhen.
Einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des benötigten Sklavennachschubs leistete auch die Geburt von Sklavenkindern (→ Quelle 42–44). Diese hatten ihren unfreien Status von ihrer Mutter, ganz egal, ob der Vater ein Sklave oder ein Freier war. Unter Einwirkung des sogenannten favor libertatis, also des Grundsatzes, dass im Zweifelsfall immer für die Freiheit eines Betroffenen zu entscheiden ist, wurde diese Regel dahingehend erweitert, dass eine Sklavin, die zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen Empfängnis und Geburt eines Kindes frei gewesen ist, ein freies Kind zur Welt brachte.
Die Wichtigkeit des Selbstverkaufs in die Sklaverei ist umstritten, war aber wohl untergeordnet. Da er in den Quellen aber immer wieder genannt wird, muss er eine gewisse Rolle gespielt haben. Obwohl frei geborene Menschen sich nicht selbst in die Sklaverei verkaufen durften, taten sie dies trotzdem, um durch den Verkaufspreis finanziellen Profit zu erlangen; für dieses Vergehen wurden sie hart bestraft, nämlich paradoxerweise eben durch ihre Versklavung. Die Strafe ist deswegen so hart, weil diese Menschen leichtfertig Freiheit und Bürgerrecht gegen Geld eingetauscht und zusätzlich den Käufer getäuscht hatten.
Der Verkauf von eigenen Kindern in die Sklaverei spielte kaum bzw. nur bei der nicht-römischen Provinzialbevölkerung eine Rolle. Von Diokletian verboten, wurde der Verkauf von Kindern von Konstantin wieder erlaubt; Konstantin ordnete zusätzlich an, dass Eltern das Kind wieder zurückkaufen oder gegen einen anderen Sklaven eintauschen konnten, während Theodosius 391 n. Chr. befahl, alle in die Sklaverei verkauften Kinder freizulassen.
Nicht zu unterschätzen ist in ihrer Bedeutung auch die Versklavung von Findelkindern. Die Aussetzung neugeborener freier sowie unfreier Kinder ist eine der wichtigsten Quellen der römischen Sklaverei. Aus den ausgesetzten Kindern (expositi) konnte der jeweilige Finder und Erzieher völlig rechtmäßig Sklaven machen (→ Quelle 46).
Weniger bedeutend war die Strafversklavung, doch auch sie kam durchaus vor. Sie konnte anstelle der Todesstrafe vor allem über die Angehörigen der Unterschichten verhängt werden. Die härteste Form war sicherlich die Verurteilung zur Zwangsarbeit in den Bergwerken (ad metallum), die mit Sicherheit todbringend war. Daneben gab es auch die Verurteilung zu den Gladiatorenspielen (ad ludos bzw. ad gladium) oder zu den Tierhatzen (ad bestias). Hier bestand für den Verurteilten immerhin die Chance eines Sieges und damit die vage Hoffnung auf eine Freilassung, die freilich nur durch den Kaiser möglich war.
Eine weitere Art der Versklavung nach ius civile bestand in dem Senatus consultum Claudianum aus dem Jahr 52 n. Chr. (→ Quelle 48). Es geht in diesem Senatsbeschluss darum, dass eine freie Frau, die mit einem fremden Sklaven verkehrte und diese Beziehung auch nach dreimaliger Verwarnung durch dessen Herrn nicht beendete, ihre Freiheit, das Bürgerrecht und das Eherecht verlor. Sie wurde zur Sklavin des Herrn des fremden Sklaven. Sollte der Herr dieser Beziehung zustimmen, wurde sie zu seiner Freigelassenen, was bedeutete, dass sie ihm gegenüber zu bestimmten Leistungen verpflichtet war. Diese Regelung, die über Jahrhunderte Bestand und Geltung hatte, hatte weniger moralische Gründe, wie dies vereinzelt antike Autoren berichten, sondern wohl fiskalische und erbrechtliche: Freie illegitime Kinder beerbten die Mutter, der fremde Sklave konnte so als Freigelassener und Ehemann der Mutter pater familias werden, was man verhindern wollte.