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1.6 Herren und Sklaven
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Als Herren von Sklaven konnten sowohl Institutionen – wie religiöse Einrichtungen oder die Polis – als auch Privatpersonen – Männer wie Frauen, Bürger wie Nichtbürger, Freie wie Unfreie – in Erscheinung treten.16 Wie viele Sklavenbesitzer es im klassischen Athen gab, ist wie die Frage nach der Gesamtzahl der Unfreien nicht sicher zu beantworten, keinesfalls war jeder Bürger Herr eines Sklaven. Auch die Anzahl der Unfreien, die ein einzelner Herr besaß, variierte stark. Zwar hören wir von einzelnen Herren, die Scharen von 300, 600 und 1.000 Sklaven besaßen (→ Quelle 76), doch war dies die Ausnahme. Typischer sind vielmehr Berichte von Werkstätten mit zehn, zwanzig oder dreißig Unfreien (→ Quelle 49). Der Sklave war Besitz des Herrn, dessen Macht über den Unfreien absolut und gesetzlich kaum eingeschränkt war. In klassischer Zeit hatte sich allerdings ein gewisser „guter Ton“ im Umgang mit den eigenen Unfreien eingebürgert, der auf die Vermeidung von Willkür und übermäßiger Gewalt Wert legte – freilich vor allem wegen des Nutzens für die Herren. Das Einhalten dieses gesellschaftlichen Komments konnte allerdings nicht erzwungen werden – besonders neureiche Familien und soziale Aufsteiger scheinen sich diesbezüglich durch Härte ausgezeichnet zu haben.
Der Sklave konnte nicht über seinen eigenen Körper verfügen, denn dieser gehörte dem Herrn. Nicht nur hatten Sklavinnen ihren Herren wohl oft sexuell zur Verfügung zu stehen (Beziehungen zwischen Herrinnen und männlichen Sklaven bzw. homosexuelle Verbindungen zwischen Herren und Sklavenjungen waren gesellschaftlich allerdings nicht akzeptiert), die Herren entschieden auch, ob Sklaven, die weder untereinander noch mit Freien eine rechtsgültige Ehe eingehen konnten, sexuelle Partnerschaften aufrechterhalten und eine Familie gründen durften. Solche Familien waren immer davon bedroht, auseinandergerissen zu werden, da die Kinder einer Sklavin immer deren Herrn gehörten. Die Erlaubnis von Partnerschaften und Familien wurde wohl vor allem als Mittel der Disziplinierung der Unfreien verstanden (→ Quellen 56, 89).
Der Herr konnte seinen Sklaven, dem er nach Gutdünken einen Namen gab, nach freiem Willen verkaufen, verschenken, testamentarisch vermachen, vermieten oder verpfänden. Der Herr konnte den Sklaven zu Lebzeiten oder testamentarisch freilassen bzw. ihm gestatten, sich freizukaufen. Sklaven unterlagen der Strafgewalt ihres Herrn, von dem allein abhing, nach welchen Normen er seine Unfreien verurteilte. Strafen, die nicht selten wohl willkürlich verhängt wurden, konnten das Kürzen der Essensrationen sein, die Vergrößerung oder Erschwerung des Arbeitspensums (etwa die Verurteilung zur Arbeit in der Mühle, der gänzliche oder teilweise Entzug von Besitz, die Verweigerung sexueller Beziehungen oder einer Familie, der Strafverkauf, Prügel, die Auspeitschung, die Brandmarkung [vor allem bei wieder eingefangenen flüchtigen Sklaven] oder die Fesselung).
Im Rahmen der Hausjustiz konnte der Herr den Sklaven foltern, bei Gerichtsverfahren waren Aussagen von Sklaven ohnehin nur glaubwürdig, wenn die Unfreien der Folter, der allerdings der Prozessgegner zustimmen musste, unterzogen wurden. Die Redewendung „schonungsloser bestrafen als Herren“ (Xenophon, Kyroupädie 4, 2, 47) legt die Härte der Bestrafung durch die jeweiligen Herren nahe. Die Angst vor Flucht oder Erhebung der Unfreien hat aber manche Auswüchse verhindert. Ob der Herr das Recht auf die Tötung des eigenen Sklaven hatte oder ob nur die staatlichen Behörden einen Unfreien zum Tod verurteilen durften, ist umstritten. Selbst wenn ein diesbezügliches Verbot herrschte, sind die Täter aber wohl nur selten ihrer Strafe zugeführt worden. In jedem Fall blieb aber eine sakrale Befleckung des Herrn, von der dieser gereinigt werden musste. Weder die vorsätzliche noch die fahrlässige Tötung eines Unfreien kamen aus wirtschaftlichen Überlegungen wohl allzu häufig vor, da ein toter Sklave verlorenes Kapital darstellte.
Die Sklaven hatten nicht das Recht, sich gegen Entscheidungen ihres Herrn zur Wehr zu setzen. Erhoben sich Unfreie gegen ihre Besitzer, griff der Staat hart durch. Es blieb nur, den Herrn um Gnade zu bitten oder in das Asyl sakraler Plätze zu fliehen. Ob die Flucht an den Hausaltar, die zu den typischen Szenen des antiken Dramas zählt, mehr als einen vorübergehenden Aufschub brachte, muss fraglich bleiben. Bestimmte Plätze, in Athen etwa das Theseion oder der Altar der Eumeniden, entwickelten sich im Lauf der Zeit zu förmlichen Sklavenasylen, in denen die Unfreien Zuflucht finden und bei Berechtigung ihrer Beschwerden den Verkauf an einen anderen Herrn erwirken konnten. Genaueres über die Arbeitsweise dieser Asyle und ihre Beurteilungsmaßstäbe (oder ob Sklaven, deren Anliegen abgeschlagen wurden, in irgendeiner Weise vor den Repressalien ihrer Herren geschützt waren) ist allerdings nicht bekannt. Die Asyle besaßen aber wohl einen wichtigen Ventilcharakter. Ihre diesbezügliche Wirksamkeit wird auch dadurch belegt, dass von größeren Sklavenerhebungen in Griechenland nichts bekannt ist und Massenfluchten von Unfreien sich nur in außergewöhnlichen Situationen ereigneten – freilich war dies auch durch andere Faktoren bedingt.
Staatliche Eingriffe in die Gewalt des Herrn stellten eine Ausnahme dar. In Notfällen konnte der Staat auch Privatsklaven zu Kriegsdiensten heranziehen, diese konnten dann auch auf Volksbeschluss freigelassen werden. Für andere besondere Leistungen oder als Anzeigenprämie wurden Unfreie ebenfalls von Staats wegen freigelassen.
Eine gesetzliche Regelung zur Versorgung der Sklaven hat es im klassischen Griechenland (im Gegensatz zu entsprechenden Richtlinien in den amerikanischen Südstaaten in der Neuzeit) nie gegeben. Dennoch war es üblich, dass die Herren – auch in ihrem eigenen Interesse – ihre Unfreien mit dem Notwendigsten versorgten. Die Erfüllung seiner Grundbedürfnisse war gewissermaßen der „Lohn“ des Sklaven (→ Quelle 56). Eine Unterkunft erhielten die Unfreien meist im Haus des Herrn, auf dessen Landgütern, in dessen Werkstätten bzw. in oder in der Nähe ihrer Arbeitsstätten (z.B. Prostituierte in den Bordellen). Sklaven, die nicht mit ihrem Herrn wohnten und ihre Arbeit selbstständig organisierten, konnten auch zur Miete wohnen. Staatssklaven waren vielfach in öffentlichen Gebäuden untergebracht (die skythischen Bogenschützen, die in Athen Polizeifunktionen wahrnahmen, lebten gemeinsam in Zelten, erst auf der Agora, dann auf dem Areopag), Tempelsklaven im Tempelbereich. Des Weiteren versorgten die Herren ihre Unfreien nicht nur mit Kleidung, sondern auch mit ausreichender Nahrung, wenngleich diese in der Regel rationiert war. Ein erkrankter Sklave wurde wohl nicht seinem Schicksal überlassen, sondern betreut und gepflegt, war dies nötig, auch von professionellen Ärzten. Starb ein Sklave, hatte der Herr für dessen ordentliche Bestattung zu sorgen. Wurden Sklaven nicht bereits als geschulte Arbeiter gekauft, ließ ihnen der Herr in vielen Fällen eine Ausbildung angedeihen, die sie auf ihre vorgesehene Verwendung vorbereiten sollte. Dies galt besonders für jene Sklaven, die als Aufseher oder Verwalter tätig sein sollten (→ Quelle 78). Eine über die beruflichen Anforderungen hinausgehende Ausbildung erhielten die Unfreien in der Regel nicht, auch wenn Aristoteles (→ Quelle 6) von einem Sklavenlehrer in Syrakus berichtet. In welchem Beruf die Sklaven tätig zu sein hatten, lag im Ermessen des Herrn. Die Unterweisung der Unfreien erfolgte sowohl innerhalb des eigenen oikos als auch außerhalb. Sklaven erhielten aber wohl keinen Unterricht beim grammatistes, auch nicht beim kitharistes (außer dies sollte dem Beruf dienen). Eine Ausbildung im Lesen und Schreiben erhielten nur wenige Unfreie, darunter etwa diejenigen Staatssklaven, die den Zahlmeistern der Heere als Schriftführer beigegeben wurden, oder die Privatsklaven, die im Bankwesen tätig waren. Der Zutritt zu Einrichtungen wie Gymnasion und Palaistra war den Sklaven verboten.
Dem Herrn gehörte alles, was der Sklave erwirtschaftete, doch konnte er ihm nach Gutdünken eigenen Besitz überlassen. Dies sollte vor allem als Mittel der Sklavendisziplinierung dienen, war damit doch auch die Hoffnung verbunden, einmal die Freikaufsumme aufzubringen. Manche Unfreien durften relativ selbstständig wirtschaften und hatten ihrem Herrn lediglich eine Abgabe (apophora) zu entrichten. Vereinzelt konnten Sklaven es sogar zu einem gewissen Reichtum bringen, doch blieb ihre Lage stets prekär, da dieser Besitz jederzeit vom Herrn wieder entzogen werden konnte. Auch Verdächtigungen bezüglich der Rechtmäßigkeit ihres Besitzes standen Unfreie wehrlos gegenüber.
Für Schäden, die ein Sklave verursachte, war sein Herr grundsätzlich haftbar, wobei der Herr im Fall seiner Mittäter- oder Komplizenschaft direkt angeklagt werden konnte, während ansonsten nur der Sklave vor Gericht gestellt wurde – das Urteil richtete sich freilich auch dann sowohl gegen den Unfreien als auch seinen Herrn.
Rom
Die Anzahl der Sklavenbesitzer im Imperium Romanum kann nicht mit Sicherheiteruiert werden. Auf alle Fälle konnten sich nicht alle Freien den Besitz von Sklaven leisten, da deren Kauf und Unterhalt für Arme zu teuer war. Somit war der Einsatz von Sklavenarbeit für viele Klein- und Mittelbetriebe nicht rentabel. Auch wenn wir also Sklavenbesitzer quer durch alle Schichten der römischen Gesellschaft antreffen, so waren die meisten Sklaven doch im Besitz der Oberschicht. Sklavenbesitzer konnten darüber hinaus nicht nur Einzelpersonen sein, sondern auch Gruppen von Personen oder Körperschaften; Unfreie waren etwa im Besitz von Tempeln, Gemeinden oder des römischen Staates selbst.
Die Anzahl der Sklaven einzelner Besitzer konnte stark variieren. Während manche Herren sich nur einen oder zwei Sklaven leisteten, gehörte es für die senatorische Oberschicht zum „guten Ton“, eine familia von mehreren Hundert Unfreien zu besitzen. Verfügte ein Mitglied der Nobilität über (zu) wenige Sklaven, konnte das sogar als politisches Argument gegen ihn vorgebracht werden!
Die Sklaven im Römischen Reich bildeten keine homogene Gruppe; ihre Lebens- und Arbeitsverhältnisse waren höchst unterschiedlich und von den unterschiedlichsten Faktoren bestimmt: Die individuellen Erfahrungen, die etwa Bergwerkssklaven, Sklaven, die in der Landwirtschaft tätig waren, oder Sklaven in einem senatorischen Haushalt in Rom (oder gar im Palast des römischen Kaisers) machten, waren grundverschieden. Es gab arme und reiche, gebildete und ungebildete, einflussreiche und wohlhabende Unfreie. Für sie alle galt aber, dass sie in jeder Hinsicht Eigentum ihrer Herren und diesen in allen Belangen ausgeliefert waren. Diese bestimmten ihre Identität bis ins letzte Detail; so oblag ihnen auch die Entscheidung über den Namen der Unfreien. Die Sklaven mussten ihre alten Namen ablegen und bekamen von ihren Herren neue Namen. Durch diesen Akt von hohem Symbolwert erhielten die Unfreien eine neue Identität, während ihr altes Selbst gleichsam ausgelöscht wurde (→ Quelle 41).
Das Leben der Sklaven war stets von größter Unsicherheit geprägt, denn als Teil des Besitzes ihrer Herren konnten sie jederzeit verkauft, verschenkt, vererbt, verpfändet oder vermietet werden. Mehr noch: Der Herr hatte, zumindest in republikanischer Zeit, die volle Gewalt über ihr Leben und ihren Tod. Sklaven konnten keine legitimen und gesetzlich geschützten Familienbeziehungen eingehen. Von sich aus konnten die Sklaven, die im Zivil- und Strafrecht auch anders behandelt wurden als Freie, keinen Gerichtsprozess anstreben; sie erhielten andere Strafen als Freie, und Delikte, die an ihnen begangen wurden, wurden anders beurteilt als Straftaten, die an Freien verübt wurden. Wurden Sklaven von Dritten verwundet oder getötet, so galt dies nicht als ein Unrecht, das dem Sklaven zugefügt wurde, sondern vielmehr als ein Angriff auf den Besitz seines Herrn, der Schadenersatzansprüche geltend machen konnte. Vor Gericht wurden Sklaven überdies stets unter der Ausübung von Folter verhört. War dies in republikanischer Zeit ohne Zustimmung des Herrn noch verboten gewesen, wurde diese Praxis in der Kaiserzeit ausgeweitet.
Mit Billigung ihrer Herren durften Sklaven allerdings Geschäfte aller Art tätigen und bindende Verträge abschließen. Letztendlich war freilich der Besitzer für die Handlungen seines Sklaven verantwortlich. In der Regel war es den Sklaven gestattet, über ein eigenes Sondergut (peculium) zu verfügen. Dieses blieb allerdings rechtlich immer im Besitz des Herrn, der es seinen Sklaven auch wieder entziehen konnte; denn alles, was ein Sklave erwarb, erwarb er für seinen Herrn. Somit stellte das peculium ein wichtiges Druck- und Disziplinierungsmittel dar. In einzelnen Fällen stellten derartige Sondergüter durchaus beträchtliche Vermögenswerte dar, die aus Bargeld, Wertgegenständen, Immobilien, Werkzeugen, Vieh, Bekleidung, Nahrung oder auch Sklaven bestehen konnten. Sie wurden von den Unfreien zu den unterschiedlichsten Zwecken genutzt, vielfach etwa zum Freikauf der eigenen Person bzw. ihrer Partner oder Kinder.
Zwar waren rechtskräftige Ehen (matrimonia iusta) zwischen Sklaven verboten, doch gingen Unfreie durchaus längerfristige Partnerschaften (contubernia) ein. Solche Beziehungen wurden von den Herren nicht nur deshalb akzeptiert, weil sie sich bewusst waren, dass die sozialen und sexuellen Bedürfnisse der Unfreien gestillt werden mussten, sondern diese Partnerschaften wurden von vielen Besitzern sogar gefördert, da durch die Kinder aus solchen Beziehungen, die selbstverständlich auch Sklaven waren, der Sklavenbestand vergrößert werden konnte. Der Agrarschriftsteller Columella propagierte ein Belohnungssystem für besonders fruchtbare Sklavinnen, das sogar zu deren Freilassung führen konnte (→ Quelle 81). Solche hausgeborenen Sklaven (vernae) waren besonders begehrt, da sie als leicht lenkbar und steuerbar galten. Sklavenkinder wurden auch bereits in sehr jungen Jahren, wohl ab einem Alter von fünf oder sechs Jahren, zu Arbeiten herangezogen. Sklaven gingen in der Regel Partnerschaften innerhalb desselben Haushalts ein; unausgewogene Geschlechterverhältnisse erschwerten es aber sicher häufig, innerhalb eines Haushalts einen Partner zu finden. Die Wohn- und Lebensverhältnisse beeinträchtigten überdies das Familienleben, denn an Privatsphäre war wohl meist nicht zu denken. Durch den Wunsch, zusammenzubleiben, waren Sklaven, die in solchen Familien lebten, vielfach loyaler und kooperativer. Freilich waren diese Beziehungen und Familien dennoch stets davon bedroht, auseinandergerissen zu werden. Oft wurden Sklavenkinder bereits früh von ihren Eltern getrennt. Auch sind Fälle überliefert, bei denen sich Herren aus eigenem sexuellen Interesse an einem der beiden Partner in solche Beziehungen drängten.
Das soziale Leben der Unfreien war aber nicht auf Sklavenfamilien beschränkt. Auch jenseits dieser Verbindungen gibt es vielfältige Belege für Freundschaft und Solidarität zwischen Sklaven, die sich etwa auch in ihrem religiösen Leben oder in Begräbnisgesellschaften organisierten. Das religiöse Leben der Sklaven war sehr facettenreich. Sie nahmen einerseits am Hauskult teil, waren aber auch außerhalb des Haushaltes religiös aktiv. Sie richteten Stiftungen ein und brachten den verschiedensten Gottheiten Opfer dar, wobei Iuppiter Liber, Bona Dea oder Silvanus offenbar für Sklaven besonders attraktiv waren. Zahlreiche Fluchtäfelchen zeigen, dass Unfreie auch oft magische Praktiken anwandten. Von besonderer Bedeutung waren die Sklavenfeste, allen voran die im Dezember gefeierten Saturnalien.
Nur Sklaven, deren grundlegende Bedürfnisse erfüllt wurden, waren in der Lage, entsprechende Arbeitsleistungen zu erbringen. Die Herren kümmerten sich daher um ihre Versorgung mit Nahrung, Kleidung und einer adäquaten Unterkunft. Die Wichtigkeit, deren Qualität auch zu überprüfen und sicherzustellen, wird in den Quellen betont (→ Quelle 81). Mehr und/oder bessere Nahrung, bessere Bekleidung, angenehmere Wohnverhältnisse und zusätzliche Freizeit waren auch Möglichkeiten, besonders fleißige und gehorsame Sklaven zu belohnen. Freilich war die Versorgung oft genug wohl nicht angemessen. Vielfach war sie auch je nach Tätigkeit der Sklaven oder auch einfach je nach Jahreszeit sehr unterschiedlich. Eigene Sklavenquartiere konnten zwar in manchen Fällen in Gutsbetrieben oder in städtischen Villen in Form kleiner Räumlichkeiten archäologisch nachgewiesen werden, vielfach konnten solche Unterkünfte aber nicht festgestellt werden. In vielen Fällen verfügten die Unfreien wohl über keine für sie reservierten Räumlichkeiten, sondern sie schliefen in den Korridoren, unter den Treppen, in den Ställen und in den Werkstätten. Persönliche Dienerinnen und Diener übernachteten häufig wohl auch in den Schlafgemächern ihrer Herrinnen und Herren, während Hirtensklaven gleich auf freiem Feld schliefen. Gab es eigene Sklavenunterkünfte, so teilten sich nicht nur zahlreiche Sklaven die einzelnen Zimmer, sondern auch die zur Verfügung gestellten Betten bzw. Matratzen und Decken.
Die Bekleidung römischer Sklaven war meist recht einfach; sie trugen in der Regel eine einfache Tunika und unterschieden sich damit im Alltagsleben kaum von armen Bürgern oder anderen Freien. Bei offiziellen Anlässen hatten Bürger allerdings das Recht, die toga zu tragen, während Bürgerinnen eine stola tragen durften, was den Sklavinnen und Sklaven verwehrt war.
Wenn Sklaven krank wurden, kümmerten sich die Herren wohl oft um deren Pflege und Betreuung; freilich gibt es auch Nachrichten von Sklavenbesitzern, die ihre kranken Unfreien einfach aussetzten oder alte und schwache Sklaven freiließen, damit sie sich nicht länger um sie kümmern mussten.
Vielfältige Belege sind auch für die Ausbildung von Sklaven vorhanden. Wohlhabende Herren hatten eigene Pädagogen und sogar Ausbildungsstätten (paedagogia) für ihre Unfreien, andere schickten ihre Sklaven auch in die weitverbreiteten Straßenschulen. Zahlreiche Ausbildungsverträge aus Ägypten belegen die berufliche Weiterqualifikation von Unfreien. Eine entsprechende Ausbildung brachte ja nicht nur direkten Nutzen für den Herrn, der von der qualifizierteren Arbeit dieser Sklaven profitierte, sie erhöhte auch im Fall eines Weiterverkaufs den Marktwert der Unfreien.
Zu den Schattenseiten des Sklavenlebens gehörte auch in römischer Zeit der Umstand, dass Unfreie von ihren Herren teils grausam misshandelt und bestraft wurden. Belegt sind etwa der Essensentzug, die Wegnahme des peculium oder die Verweigerung von Partnerschaften; Sklaven konnten überdies gefesselt und in Ketten gelegt, geschlagen und ausgepeitscht, gebrandmarkt, vergewaltigt oder sogar getötet werden. Die Misshandlung von Sklaven erfolgte als Bestrafung für Verfehlungen, zur Förderung von erwünschtem Verhalten oder – oft genug – bloß aus Ärger, Frust oder Sadismus des Herrn (→ Quellen 59, 60). Gewalt wurde den Sklaven so oft angetan, dass diese auch ein Topos im antiken Humor wurde. Besonders bestialische Grausamkeiten, wie sie gelegentlich von den Quellen überliefert werden (→ Quelle 61), sind aber nicht repräsentativ. Trugen Sklaven nämlich dauerhafte Schäden davon, minderte dies ihren Wert, starben sie, bedeutete dies für den Besitzer einen empfindlichen Kapitalverlust. Brutalität im Umgang mit Unfreien scheint auch ein Kennzeichen von Neureichen (unter denen sich auch zahlreiche Freigelassene befanden) gewesen zu sein, während es innerhalb der Oberschicht zumindest in der Kaiserzeit einen gewissen ungeschriebenen Verhaltens- und Sittenkodex in Bezug auf die Behandlung von Unfreien gegeben zu haben scheint, an dem man sich orientierte. Zudem wurde die Willkür der Herren durch Gesetze und Erlasse zunehmend eingeschränkt; während der Kaiserzeit übernahm der Staat immer mehr die Kontrolle über das Verhältnis zwischen Herren und Sklaven. Claudius verordnete, dass kranke Sklaven, die von ihren Herren auf der im Tiber gelegenen Insel des Aesculapius ausgesetzt worden waren, frei sein sollten, wenn sie sich erholten (→ Quelle 69). Ein vor 79 n. Chr. verabschiedetes Gesetz verbot den Herren, ihre Sklaven als Strafe gegen die wilden Tiere in der Arena kämpfen zu lassen, wenn nicht ein Beamter dies vorher gestattet hatte (→ Quelle 68). Domitian verbot die Kastration von Sklaven, die auch als Kunst des Sklavenhändlers (ars mangonis) bezeichnet wurde (→ Quelle 70). Auch die Prostitution von Sklavinnen wurde gesetzlich eingeschränkt. Hadrian verbot die Unterbringung der Freien in Zuchthäusern (ergastula) und den Verkauf von einzelnen Sklaven an Zuhälter und Gladiatorentrainer (→ Quelle 71). Antoninus Pius zog Sklavenbesitzer für die Tötung ihres Sklaven zur Verantwortung wegen Mordes, wenn diese Tötung ohne Grund geschehen war. Derselbe Kaiser verordnete auch, dass Sklaven, die sich in einen Schrein oder an eine Kaiserstatue ins Asyl geflüchtet hatten, falls ihre Behandlung von offizieller Seite ebenfalls als ungerechtfertigt anerkannt wurde, an einen neuen Besitzer verkauft werden mussten.
Der Umgang von Herren mit ihren Sklaven war freilich nicht nur durch Gewalt und Willkür geprägt. Die Quellen berichten auch von vielen Fällen, in denen Herren und Sklaven respektvoll miteinander umgingen, harmonisch miteinander lebten und sogar innige Beziehungen zueinander entwickelten. Seneca (→ Quelle 13) überliefert etwa Beispiele für außerordentliche Treuebeweise von Sklaven gegenüber ihren Herren. Diese sind umso bemerkenswerter, wenn sie Fälle von Loyalität bezeugen, die nicht nur durch die Angst vor Bestrafung hervorgerufen worden waren. Andere Quellen belegen die ehrliche Betroffenheit von Sklavenbesitzern, wenn einer ihrer Unfreien erkrankt war oder starb (→ Quelle 62).
Das Verhältnis zwischen Herren und Sklaven konnte in manchen Fällen auch dadurch recht eng sein, da sich beide unter Umständen schon von Kindheit an kannten. Die Kinder des Herrn und die Sklavenkinder wuchsen in vielen Fällen gemeinsam auf und wurden mitunter auch von denselben Ammen gestillt. Manchmal gingen die Gemeinsamkeiten auch noch weiter: Nicht selten waren die Kinder des Herren sogar Halbgeschwister der Sklavenkinder. Denn die Herren hatten volles sexuelles Zugriffsrecht auf die Unfreien (→ Quellen 90 und 91) und viele unterhielten sexuelle Beziehungen mit ihren Sklavinnen und zeugten gemeinsame Kinder. Diese Kinder wurden vielfach von ihren Vätern besonders begünstigt und gefördert. Auch die Mütter konnten darauf spekulieren, von ihrem Herrn freigelassen oder sogar geheiratet zu werden. Enge Beziehungen bestanden vielfach zwischen den Herren und einzelnen Knaben, die ihre besonderen Lieblinge (delicia) waren.
Solche Nahbeziehungen verhinderten aber nicht, dass Unfreie mit zahlreichen Vorurteilen zu kämpfen hatten. Sie galten als zügellos, gierig und sexsüchtig, maßlos beim Essen und Trinken, ungehorsam, aufbrausend, unverschämt, rücksichtslos, faul und unehrlich.