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Antoinette – »Wofern du nur lebst! Wofern du uns nur bleibst!«

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Nach dem frühen Tod der beiden Ältesten hatten die Eltern nur noch einen Gedanken und eine Sorge: wie sie ihr jüngstes Kind vor demselben Schicksal bewahren könnten. Bei der geringsten Unpässlichkeit, die das Kind befiel, gerieten sie in Panik. Antoinette aber versuchte, ihre Befürchtungen zu zerstreuen und benahm sich bisweilen übermütig und forciert lebensfroh: »Oft lächelte sie über unsere übertriebene Fürsorge und machte absichtlich einige Streiche, einen Fehler, um unsere übergroße Sorgfalt zu mäßigen.« Vor ihren Eltern verbarg sie auch rücksichtsvoll, wie sehr sie selbst durch den Verlust der Schwestern erschüttert war, und bemühte sich stattdessen, ihren Schmerz durch allerlei Vernunftgründe zu lindern. Über den Tod Luciles äußerte sie sich folgendermaßen: »Tröstet Euch … indem Ihr Euch vor Augen haltet, dass der Tod den schweren Leiden, die die Ehe ihr bereitete, ein Ende gemacht hat.« Grétry kommentiert: »Ich fühlte die Wahrheit dieser traurigen Überlegung, und mein Herz antwortete ihr ganz leise: »Wofern du nur lebst! Wofern du uns nur bleibst! Dann werden deine Mutter und ich noch einige schöne Tage haben.«

Ihre Erziehung war schonend, frei und wenig anspruchsvoll: »Ich bat unsere liebe Antoinette, sich mit keinerlei Wissenschaft zu beschäftigen, die sie anstrengen könnte. Ich beschwor meine Frau, sie ganz frei nach ihren Wünschen handeln zu lassen.« Sie war »schön wie die Morgenröte«, als einzige Tochter eines wohlhabenden Vaters eine gute Partie, so dass es nicht an Bewerbern fehlte, aber Antoinette war durch das schreckliche Beispiel ihrer Schwester allzu ernüchtert worden und wies jeden »Kavalier« zurück. So liest man wenigstens in den »Memoiren«. Tatsächlich verlobte sie sich mit Nicolas Bouilly, dem nachmaligen Librettisten des »Fidelio«, der einzigen Oper Beethovens.

Als sie im Frühling den Wunsch äußerte, nach Lyon zu reisen, wo sie schon einmal in glücklicheren Tagen gewesen war, willigten die Eltern sofort ein und fuhren mit ihr zur Ablenkung nach Lyon. Grétry erwog sogar den Plan, solange auf Reisen zu bleiben, bis ihre Tochter das gefährliche Alter hinter sich hätte, in dem sie die beiden ältesten Töchter verloren hatten. Bereits im Herbst desselben Jahres kündigte sich die Katastrophe an: Antoinette verlor ihren Frohsinn und nahm fast keine Nahrung mehr zu sich. »Ohne zu wagen, uns unser Entsetzen mitzuteilen, beobachteten wir sie unablässig. Schliesslich nahm ich meine Frau beiseite und sagte: ›Du siehst, dass deine Tochter …‹ und allein bei diesen Worten wurde sie von eisiger Kälte erfasst, und ihre und meine Tränen ließen sich nicht länger zurückhalten. Ein Strom entfloss unseren Augen, während wir uns fest umarmt hielten, ohne uns das Schreckliche unseres Schicksals erklären zu können …« Man beschloss, bald nach Paris zurückzukehren. Antoinette machte sich keine Illusionen über ihre Lage, aber sie war so selbstlos, nur an das Wohlergehen ihrer Eltern zu denken: »Von diesem Zeitpunkt an bis zum letzten Augenblick ihres Lebens beschäftigte sich dieses liebe Kind nur noch damit, uns von der Vorstellung, sie zu verlieren, abzubringen. Es war offensichtlich, dass sie nicht danach trachtete, sich selbst zu beruhigen; erst von da an begann sie uns von ihrer Zukunft, ihrer Hochzeit, ihren Kindern zu reden, die uns, wie sie sagte, so liebhaben würden wie sie selbst. Und ich merkte wohl, dass sie nur dann so sprach, wenn sie unserer Traurigkeit gewahr wurde, die zu verbergen wir nicht täglich die Kraft hatten.«

In Paris kaufte sie sich ein elegantes Kleid und ging damit zu einem Ball. Rouget de l’Isle, der Autor der Marseillaise, machte dem »glücklichen« Vater Komplimente für seine schöne Tochter. Die Antwort Grétrys ließ ihn erschauern: »›Ja‹, sagte ich ihm ins Ohr, ›sie ist schön und noch liebenswerter. Sie geht zum Ball, und in wenigen Wochen wird sie im Grabe liegen.‹ – Was für ein schrecklicher Gedanke!, sagte er zu mir. – ›Ich habe ihre beiden Schwestern gesehen‹, sagte ich, ›und mein Unglück ist nur allzu gewiss‹.« Er sollte Recht behalten, denn schon bald begann Antoinette zu fiebern. Sie starb ohne eigentliche Agonie, fast »heiter«, wie es in Grétrys ergreifender Darstellung heißt: »Sie nahm meine Hand und die ihrer Mutter und sagte mit einem sanften Lächeln: ›Ich sehe wohl, dass ich Abschied nehmen muss. Ich fürchte den Tod nicht – aber Ihr beiden, was wird aus Euch werden!‹ Sie saß aufrecht im Bett, als sie zum letzten Mal zu uns sprach. Dann legte sie sich nieder, schloss ihre schönen Augen und ward mit ihren Schwestern vereint.«

Requiem für ein Kind

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