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5: TATORT

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Danny Hayes richtete sich unter dem Gewicht seiner schusssicheren Weste auf und sah den Bullen bei der Arbeit zu. Kriminaltechniker in blauen Schutzanzügen huschten in einem Feld mit kleinen gelben Fähnchen herum, die wahrscheinlich Spuren markierten. Während die Sonne langsam unterging, wurden Strahler aufgestellt. Danny vermutete, dass er einen langen Abend vor sich hatte. Nicht das Ende der Welt, aber er hatte seiner Mum versprochen, zum Abendessen zu Hause zu sein – ein Versprechen, dass er allein letzte Woche zweimal gebrochen hatte.

Uniformierte Beamte sahen dem Geschehen vom Rand aus zu, die Daumen in die Träger ihrer billigen Stichschutzwesten eingehakt. Wenn einer von ihnen zufällig seinem Blick begegnete, sah er schnell weg, als wäre er unsichtbar. Er war nicht sicher, ob er das oder das Anstarren bevorzugte.

Albion machte sich gerade keine Freunde in East London, so viel stand fest. Danny wusste auch nicht, was er davon halten sollte. Er war in einer Sozialwohnung in Tower Hamlets geboren und aufgewachsen. Als Kind hatte er sich nichts mehr gewünscht, als abzuhauen. Und jetzt war er hier und patrouillierte die Straßen, auf denen er aufgewachsen war. Außer dass sie in Wirklichkeit gar nicht patrouillierten, oder?

Sie standen eher herum und wirkten bedrohlich. Kein Problem, in seiner Spezialausrüstung, mit seiner Vector-.45-ACP-Maschinenpistole und seinem Helm. Er hätte ebenso gut wieder auf Wachdienst in Falludscha sein können. Sein Optik-Display lief über das Innere seines Helms. Zieldaten tanzten vor seinen Augen und reduzierten seine Umgebung auf eine Reihe von Bedrohungseinschätzungen und Hindernissen.

In der Wüste war das tröstlich gewesen. Hier war es nur noch nervig – und ein bisschen verstörend. Das Programm unterschied nicht zwischen Dschihadisten, die ihm die Eier abschneiden wollten, und den Polizisten, die er theoretisch unterstützen sollte. Zumindest noch.

Es hieß, dass Albion die Polizei ersetzen wollte. Danny wollte nicht mal darüber nachdenken, wie so etwas aussehen würde. Tower Hamlets bereitete ihnen schon genug Schwierigkeiten. Die Vorstellung, das mit der gesamten Stadt – scheiße, dem ganzen Land – zu versuchen, war einfach irre. Er war nur ein Soldat. Er folgte Befehlen und hielt den Kopf unten.

»Wie lange wollen die ihn noch da liegen lassen?«, fragte Hattersley. Er stand neben Danny. Die beiden waren vor dem gepanzerten Patrouillenfahrzeug postiert. Faulkner war drinnen am Funk. Der Rest der Einheit war losgeschickt worden, um die Gegend zu patrouillieren und Präsenz zu zeigen.

Danny sah den anderen Mann an. Hattersley war kleiner als er und wie ein Rugby-Fullback gebaut. Unter seinen hochgekrempelten Ärmeln waren tätowierte Arme zu sehen. Ein paar der Tattoos waren richtiggehend obszön und Danny erwischte sich oft dabei, wie er sie anstarrte. »Bis sie fertig sind, schätze ich.«

»Die haben doch bestimmt schon hundert Fotos gemacht. Wie viele brauchen die denn?«

»So viele, wie nötig sind, schätze ich«, sagte Danny und schmunzelte. Hattersley war ein Meister im Nörgeln. Er beschwerte sich über alles, vom Wetter bis zur Konsistenz seines Ei-Sandwichs. Er konnte stundenlang damit weitermachen, selbst auf Gewaltmärschen.

»Ich glaube, er fängt schon an zu stinken.«

»Das bist wahrscheinlich du.«

Hattersley schnüffelte diskret an sich. »Stimmt, danke.«

»Das liegt an dieser beschissenen Haferseife, die du benutzt. Die lässt dich wie ’ne Schüssel Porridge riechen.«

»Die hab ich von meiner Süßen.«

»Welcher?«

»Sasha … Nein, warte, Dionna.« Hattersley überlegte. »Glaub ich.«

Danny unterdrückte ein Lachen. Zumindest darüber konnte sich Hattersley nicht beklagen. »Du solltest das wohl besser rauskriegen. Bevor du dich bei der Falschen dafür bedankst.«

»Ich werde es in Erwägung ziehen«, sagte Hattersley. Einen Moment lang war er still. Dann meinte er: »Das ist doch scheiße. Wir verschwenden hier unsere Zeit.«

»Könnte schlimmer sein«, erwiderte Danny, ohne ihn anzusehen. Eine Polizistin sah ihn an. Sie war in seinem Alter. Ziemlich fit. Sie trainierte. Das erkannte er daran, wie sie auf ihren Fußballen wippte. Gewichtheberin? Vielleicht. Das war interessant. Danny bevorzugte ein allgemeineres Workout. Große Muskeln waren in Ordnung, aber Ausdauer und Geschwindigkeit waren wichtiger, wenn man Granatsplittern ausweichen wollte.

»Wie?«

»Man könnte auf uns schießen.« Seine Bewunderin sprach mit einem der anderen Beamten, doch ihr Blick wanderte immer wieder zu Danny. Dunkles Haar. Gefärbt, dachte er. Wahrscheinlich war sie blond. War sie an ihm interessiert? Oder überlegte sie nur, warum sie immer noch hier standen? Das würde er an ihrer Stelle tun.

Hattersley schnaubte. »Zumindest hätten wir dann was zu tun.«

»Wir tun etwas. Wir zeigen Flagge.«

Hattersley sah ihn an. »Du klingst schon wie einer von den Sesselfurzern.«

»Das hat Faulkner gesagt, nicht ich.«

Hattersley verzog sein Gesicht. Faulkner war vieles, aber kein Sesselfurzer. »Natürlich hat er das. Der Sarge hat für jeden Anlass einen Spruch, stimmt’s?«

»Wie soll er uns sonst motivieren?«

»Mit Geld«, entgegnete Hattersley. »Wir sind keine Soldaten mehr. Wir sind private Auftragnehmer. Ich brauch keine Reden. Ich brauch Kohle.«

»Dein Wort in Gottes Ohr«, murmelte Danny. Er streckte seine geballte Hand aus und sie stießen ihre Fäuste zusammen. Geld war der Grund, warum er in Uniform geblieben war, nachdem seine Zeit im Irak vorbei gewesen war. Albion brauchte Personal – jeder mit entsprechender Ausbildung bekam einen Vertrag angeboten. Sie brauchten Truppen. Das ließ darauf schließen, dass sie ein großes Eisen im Feuer hatten.

»Aber ich sag dir was … ich hätte nichts dagegen, mir von der leckeren Abgeordneten vorhin ein, zwei Reden anzuhören. Ältere Frauen wie die wissen genau, was sie wollen, wenn du verstehst … Wie hieß die noch mal?«

»Lincoln?«, sagte Danny. »Sarah Lincoln.« Er wusste, dass seine Mutter sie gewählt hatte, auch wenn sie behauptete, es inzwischen zu bereuen. »Die ist echt ein Hingucker.« Er dachte kurz nach. »Aber irgendwie unheimlich. Die sieht aus, als würde sie sich nichts gefallen lassen.«

Hattersley nickte. »Genau mein Typ. Was ist denn eigentlich mit der? Faulkner sah aus, als hätte er auf Glas rumgekaut, als sie mit ihm fertig war.«

Danny zuckte mit den Schultern. »Nur eine Lokalpolitikerin, oder?«

»Also einfach nur eine weitere Zivilistin, die keine Ahnung hat, uns aber in die Pfanne hauen will. Großartig.«

»Keine Ahnung. Sie hat allerdings ein paar gute Argumente, fand ich.« Danny betrachtete sich nicht als besonders politisch interessiert. Für ihn war ein Politiker wie der andere. Manchmal dachte er, dass er der Politik mehr Beachtung schenken sollte, aber wer hatte die Zeit dafür?

»Lass das nicht Faulkner hören. Der reißt dir die Eier ab und hängt sie in seinem Büro auf.« Hattersley machte eine entsprechende Handbewegung. Danny verzog das Gesicht.

»Jaja. Aber sie hat doch recht. Diese Scheiße hier funktioniert einfach nicht.«

»Und was schlagen Sie stattdessen vor, Hayes?«, unterbrach ihn Faulkners Stimme. Danny und Hattersley gingen in Habachtstellung, als Faulkner hinter dem Panzerfahrzeug hervortrat. »Sollen wir vielleicht abstimmen lassen? Uns anhören, was die Anwohner zu sagen haben?«

Danny drehte sich um. »Nein, Sarge. Tut mir leid, Sarge.«

»Was denn? Dass Sie eine Meinung haben?« Faulkner schlenderte vor sie, ein Lächeln in seinem zerfurchten Gesicht, das jedoch seine Augen nicht erreichte. »So ist das mit einfachen Soldaten. Sie motzen und meckern, bis die Befehle kommen. Dann erledigen sie ihren verdammten Job, ob es ihnen gefällt oder nicht.«

»Ja, Sarge«, sagten Danny und Hattersley gleichzeitig. Faulkner starrte sie noch einen Moment lang an, dann wandte er sich dem Tatort zu.

»Wenn die fertig sind, will ich, dass Sie beide nachrücken. Sperren Sie den Bereich ab, damit wir unsere eigenen Leute dazuholen können.« Faulkner kratzte sich am Kinn. »Nicht dass es uns viel bringen wird, aber so lautet nun mal unser Befehl.« Er drehte sich zu Danny um. »Gehen Sie ein Stück mit mir, Junge.«

Danny warf Hattersley einen Blick zu, dann folgte er Faulkner, der auf den Tatort zuschlenderte. Ohne ihn anzusehen, sagte Faulkner: »Das ist Ihr Viertel, oder?«

»Sarge?«

»Sie wurden doch in East London geboren, oder?«

»Ja, Sarge.«

»Bestimmt nett, wieder hier zu sein. Ihre alten Freunde zu sehen. Familie?«

»Meine Mum … ein paar andere.«

»Ihre Schwester?«

Danny zögerte. »Rede nicht oft mit ihr, Sarge.«

Faulkner klopfte ihm auf die Schulter. »Schon gut, Junge, ich mag meine Geschwister auch nicht besonders. Seine Familie kann man sich nicht aussuchen. Seine Loyalitäten aber schon.«

»Ja, Sarge?« Danny hatte es nicht als Frage formulieren wollen, dennoch hatte es so geklungen.

»Arbeiten Sie gern im privaten Sektor, Danny?«

»Mir gefällt’s.«

»Mir auch. Die Bezahlung ist gut. Und sie wird noch viel besser, sobald Nigel Cass die Dinge hier zum Laufen gebracht hat. Sollte man vielleicht im Hinterkopf behalten.« Faulkner schaute zur Absperrung der Polizei. »Die Kleine steht wohl auf Sie, was?«, murmelte er. »In der Uniform sieht einfach jeder gut aus. Stehen Sie gerade, Danny, mein Junge. Kopf hoch, Schwanz raus.«

Danny blinzelte verwirrt. »Sarge?«

»Nur eine Redewendung«, sagte Faulkner sichtlich amüsiert. Er tippte gegen Dannys Visier. »Teamfeed, wissen Sie noch? Wir sehen, was Sie sehen. Und Sie haben sich die Kleine da hinten ziemlich genau angesehen.« Er drehte sich um. »Tun Sie mir einen Gefallen und baggern Sie sie für mich an, ja?«

Danny starrte ihn an. Faulkners Gutmütigkeit löste sich auf. »Sie haben mich gehört. Quatschen Sie die Schnecke an und seien Sie so charmant, wie Sie können.«

Danny zögerte, aber nur einen Moment lang. Faulkners Geduld hatte ihre Grenzen. Wenn er sagte »Spring!«, sprang man oder verbrachte den restlichen Tag mit Exerzieren – wenn man Glück hatte. Danny nickte und ging auf die Gruppe Polizisten zu. Früher hätte er alles getan, um nicht in die Nähe der Bullen zu kommen. Für freundliche Interaktionen mit der Obrigkeit gehörte er der falschen Hautfarbe und sozialen Schicht an.

Zumindest war es früher so gewesen. Heutzutage hatte er ein gewisses Ansehen. Er war ein harter Kerl, in schwarzem Kampfanzug und Waffe, mit der Macht von Albion im Rücken. In gewisser Hinsicht war das ein gutes Gefühl.

Dennoch sorgte es manchmal dafür, dass er sich unwohl fühlte. Einige der anderen, wie Hattersley, schienen East London als fremden Boden voller Feinde zu betrachten. Sie provozierten Streitereien, schürten Konflikte – und Faulkner bestärkte sie darin. Manchmal fragte sich Danny, ob er Befehle befolgte, die der Rest von ihnen nicht kannte.

Als er sich den Polizisten näherte, schob er all das beiseite. Köpfe drehten sich um, er wurde angestarrt. Es fühlte sich an, als würde er in die Mündung einer Waffe blicken. Danny räusperte sich. »Herrlicher Tag heute, was?«, sagte er und setzte sein freundlichstes Lächeln auf. Seine Mutter hatte ihm versichert, dass es seine beste Eigenschaft war.

Die Frau lachte. Danny wurde rot. »Ja, schon gut«, meinte er und wandte sich zum Gehen.

Doch sie hob die Hand. »Warte mal, nicht so schnell, Kumpel. Es ist nur … hast du dich gerade selbst gehört?«

Danny dachte kurz nach, dann lachte er. »Stimmt. Das war ganz schön bescheuert, oder?«

Sie nickte und entfernte sich ein paar Schritte von den anderen. »Kann ich dir bei irgendwas helfen?«

»Wollte nur ein bisschen quatschen«, sagte er hoffnungsvoll. »Ist ganz schön langweilig, da hinten rumzustehen und dir dabei zuzusehen, wie du mich beobachtest.« Er drehte sich um. »Dieser Ort hat sich kein bisschen verändert.«

Sie zog eine Augenbraue hoch. »Du bist von hier?«

»Früher mal. Jetzt wohl wieder.«

»Woher denn genau?«

»Locksley Estate.« Er verlagerte das Gewicht des Tragegurts seiner Waffe. »Und du?«

»Hackney Road.«

Er grinste. »Und jetzt sieh uns an. Beide Cops.«

Sie runzelte die Stirn. »Ich bin Cop. Keine Ahnung, was du bist.«

Danny zögerte. »Soldat, schätze ich.«

»Du klingst nicht besonders überzeugt.«

Er machte eine Handgeste. »Whitechapel ist vieles. Aber nicht gerade ein Kriegsgebiet.«

»Sag das deinem Boss.«

Danny lachte. »Ich bin einfacher Soldat. Niemand hört auf mich.« Er musterte sie kurz, dann streckte er die Hand aus. »Danny. Danny Hayes.«

»Hallo, Danny-Danny Hayes. Ich bin Moira Jenks.«

»Moira?«

Ihre Augen verengten sich. »Hast du was gegen Moira?«

»Nein, nein. Hübscher Name …« Er zögerte. Faulkner schlenderte gerade zu den Kriminaltechnikern – nein, zu den Beweismitteln. Was machte er da? Schnell sah er wieder zu Jenks. Er hatte ein ungutes Gefühl im Magen.

»Also, warum bist du noch hier, Danny?«

»Befehle halt«, sagte er. »Die sagen, steh hier, also stehe ich hier.«

»Klingt ganz schön langweilig.«

»Du machst doch im Grunde das Gleiche.« Er warf Hattersley einen Blick zu und der andere Soldat gab ihm einen Daumen nach oben. Jenks sah es und schnaubte.

»Das war echt interessant, aber vielleicht solltest du … Hey!« Jenks drehte sich um und Danny tat es ihr nach.

Faulkner ging die Beweise durch. Schnell trat er zurück und hob die Hände, als Jenks auf ihn zumarschierte. Weitere, durch ihren Ruf angelockte Polizisten strömten herbei. Die Anspannung, die bisher vor sich hin gebrodelt hatte, drohte überzukochen. Hattersley kam ebenfalls dazu.

Danny zögerte, war einen Moment hin- und hergerissen. Dann gewann seine Ausbildung die Oberhand und er bewegte sich an Faulkners Seite. Er hielt die Waffe weiter auf den Boden gerichtet und signalisierte Hattersley, das Gleiche zu tun. Das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnten, war eine Schießerei.

»Ganz ruhig«, sagte Faulkner. »Nur ein kleiner Fehler meinerseits.«

»Es gibt da was, das nennt sich Beweiskette, Mann«, warnte Jenks. »Das bedeutet, dass Sie Ihre Griffel davon lassen, okay?«

»Warum kann ich denn nicht mal einen kleinen Blick drauf werfen? Ein bisschen professionelle Kooperation?« Faulkner lächelte, aber es war alles andere als freundlich. »Irgendwann bekommen wir es eh in die Hände.«

»›Irgendwann‹ ist ein Problem, mit dem sich jemand anders rumschlagen kann«, sagte Jenks. »Jetzt gerade sind Sie meins. Zurück mit Ihnen.« Ihr Blick ging zu Danny. Er war alles andere als freundlich. »Du auch, Danny-Danny Hayes. Zurück auf eure Seite der Absperrung.«

»Das ist ein Fehler, Süße«, erklärte Faulkner. »Ihr Bullen seid ein Auslaufmodell. Ein kluges Mädchen wie du will sich doch bestimmt ein paar Freunde sichern. Albion sucht immer nach erfahrenen Leuten und wir sind ein Arbeitgeber, der Chancengleichheit fördert …«

»Klappe halten«, drohte Jenks. Sie war jetzt in Alarmbereitschaft und Danny wurde klar, dass sie nicht die Einzige war. Die anderen Polizisten kamen von allen Seiten und drängten sie von den Beweisen zurück. Hattersley wirkte nervös. Sie waren zwar bewaffnet, aber das hieß gerade nicht viel. Danny winkte Hattersley zurück.

Faulkner hatte weiterhin ein Lächeln im Gesicht, doch es wirkte jetzt angespannt. »Meinetwegen. Wie ich schon sagte, nur ein Missverständnis. Kein Grund, sich so aufzuregen. Wir gehen.« Er deutete auf Jenks. »Aber ich werde mit Ihren Vorgesetzten darüber reden.« Er drehte sich um. »Kommt schon. Der Drops hier ist gelutscht.«

Danny und Hattersley folgten ihm. Faulkner sah über seine Schulter zu Danny. »Gute Arbeit, Junge. Auch wenn ich bezweifle, dass du da noch mal ’ne Chance bekommst. Echt eine Schande … sie schien dich zu mögen.«

Danny blickte zurück. Jenks sah ihnen mit einem harten Gesichtsausdruck nach. Peinlich berührt wandte er sich ab. »Wonach haben Sie gesucht, Sarge?«

Faulkner lachte auf. »Lassen Sie das mal meine Sorge sein, Danny Hayes. Schön die Füße stillhalten und Befehle befolgen, dann ist alles gut.« Er drehte sich um, eine Warnung in den Augen. »Denjenigen, die ihren Mund halten können, stehen große Dinge bevor, klar?«

Danny schluckte. »Ja, Sarge.«

Aufwachen, junger Oliver.

Bagleys Stimme war ein beharrliches Gurren. Schwer zu ignorieren. Olly blinzelte und streckte sich. Ein dumpfer Schmerz strahlte in Rücken und Schultern aus. Das Nickerchen auf dem Sofa war eine schlechte Idee gewesen. Er stöhnte leise und überprüfte die Uhrzeit.

»Endlich wach?«

Olly sah zu Liz, die an der gleichen Stelle stand, wo er sie zuletzt gesehen hatte. Sie studierte die Newsfeeds. Er fragte sich, ob sie sich überhaupt bewegt hatte. »Kaffee«, stöhnte er.

»Später. Bagley?«

Meine Berechnungen sind abgeschlossen.

Liz setzte sich und schwang ihre Beine auf den Tisch. »Gut. Ruf die Karte auf.«

Olly sah fasziniert zu, wie über dem Tisch Pixel zu einer digitalen Karte von East London verschmolzen. Er stieß einen anerkennenden Pfiff aus.

Liz lächelte. »Militärtechnik«, erklärte sie. »Hab ich selbst geknackt. Und mit dem GPS jedes DedSec-Optiks verbunden.« Ihr Lächeln erstarb. »Dem GPS von der Stange ist heutzutage nicht mehr zu trauen. Da haben einfach zu viele ihre Finger drin. So bekommen wir ein genaueres Bild der Stadt.« Sie sah auf. »Bagley? Zoom Lister House ran.«

Soll ich die neuen Daten hinzufügen?

»Ja«, antwortete Liz ungeduldig.

»Neue Daten?«, fragte Olly noch ein wenig benommen.

Liz warf ihm einen Seitenblick zu. »Bagley hat sich angesehen, was die Bullen so treiben. Wir haben ihre Daten für eine komplette Analyse in unsere integriert.« Sie deutete. »Hier.«

Die Ansicht veränderte sich. Sie war skizzenhaft, primitiv, doch Olly erkannte sie als Lister House. Ein formloser Blob – die Menge – erschien. Eine Gestalt, in der er sich selbst auf seinem Rad erkannte, bewegte sich am Rand entlang und stieß mit Alex zusammen. Obwohl die Simulation so unpersönlich war, spürte er, wie sich beim Anblick sein Magen zusammenzog. Er wusste, was als Nächstes passieren würde. Er schaute zu Liz und fragte sich, ob es ihr ähnlich ging. Es war schwer zu sagen.

Ich habe jedes mögliche Szenario durchgespielt. Nur eines ergibt angesichts der Beweise einen Sinn.

Eine rote Linie erschien und lief bis zur Alex-Figur. Von oben herunter, nicht über den Platz. Olly schnaubte überrascht. »Ach du Scheiße. Ein Scharfschütze?«

In der Tat. Und nicht nur das. Der Schuss war unglaublich präzise und kam angesichts der Geschwindigkeit und Aufprallstärke nicht von einem der nahe gelegenen Gebäude. Sondern von weiter weg.

Die rote Linie stieg in einem steilen Winkel an. Olly blinzelte. »Das sieht nicht aus, als wäre es möglich.«

»Da sieht man, dass du keine Ahnung hast«, sagte Liz. Sie lehnte sich vor, das Kinn auf ihre geballten Fäuste gestützt, während sie die Simulation studierte. »Was für ein Waffentyp?«

Das werde ich wissen, sobald es die Polizei weiß, antwortete Bagley. Ich sollte dich darüber informieren, dass ich nicht der Einzige bin, der versucht, an diese Information zu kommen.

Liz sah auf. »Jemand anders versucht, sich in die Datenbanken der Bullen zu hacken?«

Mehrere andere, wie es aussieht. Offenbar sind wir nicht allein mit unserem Verdacht.

»In was war er nur reingeraten?«, platzte es aus Olly heraus.

Liz lehnte sich mit verschränkten Armen zurück. »Und warum wurde er dafür getötet?«

Ich habe möglicherweise eine Antwort darauf. Ich habe einen unerwarteten Datenimpuls kurz vor dem Schuss entdeckt …

Olly schnippte. »Daran erinnere ich mich. Was war das?«

Ein GPS-Ping.

»Sein Optik«, sagte Olly. Er lehnte sich vor. Seine Gedanken überschlugen sich. »Sie haben seine Position durch sein GPS-Signal ermittelt. Heilige Scheiße – das ist ziemlich clever. Verdammt böse, aber clever.«

»Das ist unmöglich«, beharrte Liz.

Olly sah sie verblüfft an. »Nein, das ist kinderleicht. Ich könnte das tun – nicht dass ich jemanden erschießen wollen würde, aber …«

»Das habe ich nicht gemeint«, erwiderte Liz. »Alex hatte kein Optik.«

Olly schüttelte den Kopf. »Jeder hat ein Optik.«

»Er hatte nicht mal ein Handy.« Sie berührte ihre Schläfe. »Er hat immer von irgendwelchen unsichtbaren Wellen und Mobilfunkfrequenzen gesprochen.«

»Du meinst, er war verrückt.«

Liz sah ihn böse an. »Nein.« Sie zögerte. »Na ja, vielleicht. Ein bisschen. Jedenfalls hatte er kein Optik.« Sie starrte die digitale Karte an. »Außer … oh Alex, du Vollidiot.«

»Was?«, fragte Olly.

Liz lachte bitter auf. »Er hat es geklaut.«

»Er hat ein Optik geklaut? Welchen Sinn sollte das haben? Die verschenken die Teile doch.«

»Keine Ahnung, aber genau das muss er getan haben. Alex ist … war ein Dieb. Hauptsächlich Kleinzeug. Eine Brieftasche hier, ein kleiner Identitätsbetrug da. Er muss ein Optik gestohlen haben … und dann … scheiße.« Sie lehnte sich zurück, ihr Gesicht leichenblass.

Olly brauchte eine Sekunde länger, bis er es kapierte. »Oh scheiße. Der Schuss war nicht für ihn bestimmt.«

»Genau. Aber für wen zum Teufel sonst?«

Watch Dogs: Legion – Tag Null

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