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4 Einkommens- und Vermögensungleichheit, Armut, öffentliche Schulden7

Die Diskussion um Einkommens- und Vermögensungleichheit, Armut und öffentliche Schulden wird in Deutschland seit Thomas Pikettys „Kapital im 21. Jahrhundert“ (2014a) breit geführt, weshalb die folgenden Ausführungen auf das Nötigste beschränkt sein können.

4.1 Wohlstandsgefälle und Armut

Zunächst muss unterschieden werden zwischen (Markt-)Einkommensund Vermögensungleichheit, was gerade für Deutschland sehr wichtig ist. Zum einen greift es alte Themen in neuem Gewand auf – etwa das Verhältnis zwischen Arbeit und Kapital, das Mitte des 19. Jahrhunderts unter dem Stichwort „die soziale Frage“ am Anfang der Katholischen Soziallehre stand. Zum Zweiten verdeutlicht es, dass „Vermögen“ eben nicht nur irgendetwas monetär Messbares ist, sondern darüber hinaus bezeichnet, dass sein Inhaber etwas „vermag“, ohne dass andere ihm ein Gegengewicht entgegensetzen könnten. Dies soll erläutert werden.

Für Arbeit gibt es ein Einkommen. Aber: Einkommen gibt es auch, wenn man ‚nur‘ sein Geld für sich arbeiten lässt. Zur Veranschaulichung das Beispiel einer Aktie, deren Besitz vierfach nützlich ist: (1.) Sie gewährt regelmäßig Einkommen durch Dividende. (2.) Sie bringt zusätzlich eine größere Summe ein, wenn man sie veräußert. (3.) Sie gibt Anteil an der Politik eines Unternehmens und bestimmt etwa mit über die Höhe der Löhne, Arbeitsbedingungen oder die Art und Weise, wie und wo Investitionen und Geschäfte getätigt werden. (4.) Ihr gehäufter Besitz ist eine erstklassige Sicherheit für Kredite, weshalb viele Vermögende zur Finanzierung von Großprojekten Kredite aufnehmen können, deren Zinsen sie wiederum als Betriebsausgabe von ihren Steuern absetzen können. Natürlich erwerben auch Angehörige der unteren 99 % der deutschen Bevölkerung Aktien, etwa als Vorsorge für ihre Rente. Ein solcher Streubesitz hat aber gewiss andere Auswirkungen auf die Unternehmenspolicy von Firmen als die Konzentration von Anteilen beim obersten Prozent. Aber noch mehr ist möglich: Man kann die Aktie versichern, man kann Optionen erwerben, man kann auf die Entwicklung von Indices setzen, man kann eine ganze Reihe „innovativer Finanzprodukte“ auf ihnen aufbauen usw. Somit stehen Vermögenden mehr Möglichkeiten offen, Einkommen, Vermögen und Einfluss zu mehren, die Normalbürgern prinzipiell unzugänglich sind.

Spricht man von (Markt-)Einkommens- und Vermögensungleichheit, so muss beachtet werden, ob Durchschnitts(Medium)- oder die Medianbeträge verglichen werden. Dies wird hinsichtlich des Einkommens erläutert: Das nationale Durchschnittseinkommen wird durch das Zusammenrechnen aller Einkommen und die Division durch die Zahl aller Einkommensbezieher errechnet, d. h., die Summe aus sehr niedrigen und sehr hohen Einkommen kann immer noch eine beachtliche Durchschnittszahl ergeben. Es betrug 2014 für Deutschland 22.537 Euro im Jahr. Das Medianeinkommen hingegen gibt eine Einkommensverteilung an, bei der (vereinfacht gesagt) alle gezahlten Einkommen aufgereiht werden und das Einkommen genau in der Mitte der Bezugswert ist. Es betrug 2014 19.733 Euro und entsprach einem Gini-Wert von 0,3, was im langjährigen Durchschnitt liegt.8 Und: In den letzten Jahren sind die Reallöhne nach langer Stagnation in der Tat wieder gestiegen. Das ist also nicht allzu dramatisch. Die Haken liegen woanders.

Zunächst darin, dass die Vermögens- und Unternehmenseinkommen stärker steigen als die Arbeitseinkommen, während entsprechend der prozentuale Anteil der Arbeitseinkommen am Volkseinkommen zurückgeht und eine wachsende Schieflage entsteht (Bach, 2016a).

Nachdenklich stimmen sollte sodann die Frage der „Supersalaries“, d. h. überzogen hoher Spitzeneinkommen: Bei DAX-Konzernen beträgt die Spanne zwischen dem Einkommen des Vorstandsvorsitzenden und dem Durchschnittseinkommen je nach Berechnung 147: 1 oder 167: 1, was deutlich unter Vergleichswerten im angelsächsischen Raum liegt. Und: Ein Spitzeneinkommen wie einst die 17,5 Millionen Euro eines Martin Winterkorn (Ratio etwa 350: 1) wurde seinerzeit sogar von Gewerkschaftern, etwa im Hinblick auf Verdienste von Fußballern und Popstars, verteidigt.

Weitere Ungleichheit offenbart sich, wenn man die Summe aus allen sieben Einkunftsarten betrachtet, d. h. nicht nur ‚verdientes‘ Einkommen aus Arbeit, sondern auch ‚unverdientes‘ Einkommen aus Mieten, Kapital oder Grundbesitz. Während Arbeitseinkommen in aller Regel gegenüber der Steuerbehörde transparent sind und wenig Optionen für Steuervermeidung bestehen, gilt dies nicht für hohe Einkommen aus anderen Quellen, die zudem erfolgreich verschleiert und über Trusts oder Stiftungen versteckt werden können, d. h., hier weiß selbst die Steuerbehörde nicht, um welche Beträge es sich wirklich handelt. „Geleakte“ CDs, Offshore oder Swiss Leaks ergeben allerdings Anhaltspunkte, dass im Ausland versteckte Vermögen und daraus erwachsende Einkünfte beachtlich sind.

Ferner darf man nicht vergessen, dass es in Deutschland einen beachtlichen Sektor „atypischer“ Beschäftigungsverhältnisse gibt, in dem Menschen zu unterdurchschnittlichen Bedingungen beschäftigt werden. Laut OECD umfasst dieser Sektor in Deutschland 2013 fast 40 % aller Arbeitsverhältnisse und die Bezahlung der dort Beschäftigten liegt nur bei 56 % dessen, was in „typischen“ Beschäftigungen gezahlt wird (OECD, 2015b). Dort arbeiten etwa Menschen, deren Arbeitseinkommen zu einer angemessenen Lebensführung nicht ausreicht, weshalb es aus Steuermitteln aufgestockt werden muss („Aufstocker“, Kombilohn). Diese Zustände bewegen Wohlfahrtsverbände und Gewerkschaften dazu, auch in Deutschland von der Existenz der „working poor“ zu sprechen.

Last, not least: Die Armutsdiskussion bezieht sich i. d. R. auf die Armutsrisikoquote, d. h. auf jene, die 60 % und weniger des „bedarfsgewichteten Nettoäquivalenzeinkommens“9 beziehen. Diese lag 2008 bei

14,4 % und stieg seither kontinuierlich auf 16,7 % (2015). Dabei handelt es sich aber lediglich um jene, deren finanzielle Situation statistisch korrekt erfasst ist. Es gibt aber eine beachtliche Zahl an ärmeren Menschen, die aus verschiedenen Gründen statistisch nicht korrekt im Blick sind: Arme, die sich aus Scham oder Unkenntnis nicht offenbaren wollen, Obdachlose, chronisch Kranke, Drogenabhängige und Zigtausende von legal und illegal in Deutschland lebenden Nicht-Deutschen. Dies wird gerne ignoriert. Wer aber mit offenen Augen durch die Großstädte geht, wird zugeben müssen, dass Armut deutlich sichtbarer geworden ist („Flaschensammler“, auf U-Bahn-Abluftschächten schlafende Obdachlose, Straßenkinder …), als es vor Jahrzehnten noch der Fall war.

Nun aber zum eigentlichen, zugleich hochkomplexen Problem für Deutschland: die Vermögensungleichheit. Beträgt die Einkommenskonzentration bei dem obersten Dezil der Bevölkerung je nach Statistik zwischen 24–36 %, so liegt sie bei Vermögen bei nahezu 60 %. Laut der aktuellsten Erhebung (Deutsche Bundesbank, 2016a) beträgt das Netto-Durchschnittsvermögen 214.500 Euro, das Netto-Medianvermögen 60.400 Euro. Daraus errechnet die Bundesbank einen Gini-Koeffizient von 0,76, was Deutschland im Ländervergleich einen zweiten Platz hinter den USA mit 0,8 einbringt. Man sollte aber solche Zahlen nicht isoliert betrachten. Nur ein Beispiel: Zur Zeit der Eurokrise machte die Nachricht Schlagzeilen, dass der ‚Durchschnittsgrieche‘ deutlich vermögender ist als der Deutsche. Das liegt an der Bemessungs- und Vergleichsbasis, etwa dass das Häuschen und die Parzelle des Griechen bewertet wurden, während viele Deutsche in Mietwohnungen leben. Oder dass deutsche Altersversorgungsund Versicherungsansprüche nicht eingeflossen sind.10

Wie groß die Vermögensungleichheit in Deutschland tatsächlich ist, ist schwer zu sagen. Auf Steuerdaten beruhende Auswertungen existieren kaum. Im Mikrozensus oder in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe sind Haushalte mit hohem Einkommen nicht repräsentativ vertreten. Stichproben bzw. Umfragen, die versuchen, dieses Defizit gezielt auszugleichen, sind noch relativ neu und erlauben noch keine längeren Zeitvergleiche. Auf Interviews beruhende Angaben wiederum haben den Nachteil, dass die Teilnahme freiwillig ist und Angaben fehlen oder vergessen werden können. Sodann beeinflussen die Zusammensetzung des Vermögensportfolios, variierende Markt- und Börsenpreise sowie Währungsschwankungen jegliche Bewertung: Für das Jahr 2014 berichtete etwa der Reichtumsbericht der Credit Suisse, dass die europäischen Vermögen aufgrund des Wechselkurses zwischen Euro und Dollar gesunken sind und allein in Deutschland Werte in Höhe von insgesamt 500 Milliarden Dollar verloren gingen (Credit Suisse, 2015, S. 8). Für das gleiche Jahr meldet das Manager Magazin: „Vor allem dank hoher Unternehmensgewinne und dem anhaltenden Boom am Immobilienmarkt ist das Vermögen der reichsten 100 Deutschen trotz der jüngsten Börsenturbulenzen … um 7 Prozent auf insgesamt 427,7 Milliarden Euro gewachsen. … Um es unter die 100 reichsten Deutschen zu schaffen, war 2015 erstmals ein Vermögen von 1,5 Milliarden Euro nötig. 2005 hatten bereits 800 Millionen genügt“ (Manager Magazin Sonderheft, 2015).

Wie auch immer: Auch dies wäre hinnehmbar, wenn es gut um die Einkommens- bzw. soziale Mobilität bestellt wäre, d. h., dass sich jemand aus einer einkommensmäßig sozial schlechteren Position verbessern kann. Die Zulassung eines Niedriglohnsektors wurde beispielsweise einst damit begründet, dass er den Einstieg in besser bezahlte Jobs erleichtern würde. Ob dies erreicht wird, ist hoch umstritten. Zahlen legen eher nahe, dass dort Beschäftigte vom insgesamt-durchschnittlich wachsenden Wohlstand in Deutschland dauerhaft abgehängt sind und nicht (angemessen) profitieren. Auch gesellschaftliche Mobilität insgesamt scheint abzunehmen. Die OECD stellt fest, dass zunehmend die Geburt über den Platz eines Kindes bestimmt und die Bedeutung anderer Faktoren (z. B. Bildung) abnimmt (OECD, 2015a + b). Dies stellt die Frage nach der Leistungsfähigkeit der sozialen Umverteilung: Diese, so die OECD in ihren Untersuchungen 2011 und 2015, ist in Deutschland jedoch seit längerem sinkend. Parallel dazu schottet sich das Milieu der Superreichen zunehmend vom Rest der Gesellschaft ab, während sie zugleich durchaus Einfluss auf Entscheidungen nehmen, die alle betreffen und die deshalb demokratischen Aushandlungsprozessen überlassen sein sollten. So droht eine gesellschaftliche Schichtung, Polarisierung und Ungleichgewichtung im gesellschaftlichen Miteinander und damit Gefahr für den sozialen Zusammenhalt und Frieden.

Höchst bemerkenswert ist noch Folgendes: Nimmt man die Entwicklung der alten Bundesrepublik vor der Wiedervereinigung, so ist diese von hoher Einkommensmobilität und sinkender Vermögensungleichheit geprägt, ein Trend, der von Piketty auch für andere Staaten im Europa nach dem Zweiten Weltkrieg belegt wird. Verschlechterungen treten nach der Wiedervereinigung ein, die zugleich den Rahmen für ‚Reformen‘ im Sinne von „Thatcherismus“ und „Reaganomics“ bot (Hauser, 2003).

4.2 Staatsverschuldung

Die Forscher in allen drei Ländern dieser Studie beschäftigte die Frage der öffentlichen Schulden, was in Deutschland komplex ist aufgrund gesonderter ‚Verschuldungsmöglichkeiten‘ für Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen. Die Gesamtverschuldung lag 2014 bei 2,05 Billionen Euro. Als besonders problematisch werden dabei die Anstiege infolge der schuldenfinanzierten Kosten der deutschen Wiedervereinigung, der Weltfinanzkrise 2007 und der nachfolgenden Eurokrise gesehen. Natürlich kann es Situationen geben, wo schnell gehandelt werden muss und nicht erst neue „Lastenausgleichsgesetze“ diskutiert werden können. Aber: Muss das so bleiben, vor allem, wenn man fragt, wer denn von diesen Ausgaben am meisten profitiert hat?

Wenn man etwa nachschaut, wer Anteilseigner der ‚irischen‘ oder ‚griechischen‘ Banken ist, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es letztlich nicht um die Rettung eben dieser Banken ging, sondern um das Vermögen der Anteilseigner und Kredite, die deutsche und andere Großbanken vergeben haben. Das kann natürlich aufs selbe hinauskommen, ändert aber nichts am Faktum, dass private und betriebliche Vermögen auf Kosten des Steuerzahlers gerettet wurden. Eine weitere Ironie ist sodann, dass sich die Regierungen das Geld zur „Banken-“ und „Eurorettung“ genau dort holten: Bei Banken und anderen Institutionen der „Kapitalmärkte“, denen wiederum Zinsen gezahlt werden, die ebenfalls aus Steuergeldern finanziert werden. Schaut man beispielsweise auf die „Bietergruppe Bundesemissionen“ zum Stand 1. Januar 2016, so findet sich dort alles, was im nationalen und internationalen Banken-, Fonds- und Finanzgeschäft Rang und Namen hat. All dies rechtfertigt die Aussage, dass hier eine ‚Umverteilung von unten nach oben‘ stattfindet.

Aufgrund der Staatsschulden ist im Bundeshaushalt die „Bundesschuld“ der drittgrößte Einzelposten nach den Ausgaben für Verteidigung sowie Arbeit und Soziales, mit (2016) 25,2 Milliarden Euro. Diese Ausgaben werden weiter fällig, bis die Schulden zurückgezahlt und abgetragen sind, wovon noch lange nicht ausgegangen werden kann. Dieses Geld würde anderswo, auch und gerade angesichts der aktuellen Weltkrisen, mit Sicherheit dringender gebraucht und die Absicht, über die „Schuldenbremse“ weitere Verschuldung zu vermeiden, bedeutet im Umkehrschluss, dass anderswo Ausgaben gekürzt werden müssen.

Freilich ist auch dieser Punkt nicht so einfach, wie es klingt: Wie bei großen privaten und betrieblichen Vermögen ist es auch für Staaten sinnvoll, Schulden zu machen. Mehr noch: Deutschland als Zielland für Auslandskapital und die Bereitschaft von Anlegern, sogar Negativzinsen in Kauf zu nehmen, macht aktuell mit Schulden sogar Gewinn! Das muss aber nicht so bleiben!! Entsprechend teilt dieses Forschungsprojekt die Meinung jener, die Schulden in aktueller Höhe im Hinblick auf künftige Generationen für unverantwortlich halten. In aller Regel nicht thematisiert werden die desaströsen Folgen der Niedrigzinspolitik für die Sparvermögen der Bevölkerung sowie Rücklagen, die für die Alterssicherung benötigt werden – ein weiteres Anzeichen für eine gravierende Nachhaltigkeitslücke, welche die Summe aus expliziten und impliziten (d. h. heute noch nicht sichtbaren) Staatsschulden bezeichnet: Diese liegt aktuell bei 212% des BIP (6,2 Billionen Euro) und wird aufgrund der alternden Gesellschaft deutlich ansteigen (Stiftung Marktwirtschaft, 2016).

4.3 Ein Blick auf Bayern

Ungleichheit hat in Deutschland ‚Armutsschwerpunkte‘ im Osten und Norden des Landes, während die südlichen Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern die wohlhabendsten Regionen sind. Auch innerhalb von Bayern gibt es ein Nord-Süd-Gefälle mit München/Oberbayern als herausragendem ‚Reichtums-Hotspot‘. Regierung und Nichtregierungsorganisationen stimmen überein, dass ein großer Teil des Vermögens Immobilien- und Firmenbesitz zuzurechnen ist und dass Vermögen am oberen Ende überproportional zunimmt. Wie groß Reichtum wirklich ist, ist nicht präzise bekannt, da die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, die die Bayerische Staatsregierung ihrer Berichterstattung zugrunde legt, Unternehmensvermögen nicht berücksichtigt. Entsprechend gibt es widersprüchliche Angaben über die Anzahl vermögender Personen in Bayern:

– Laut einer Statistik des Bayerischen Finanzministeriums leben 2013 in Bayern 2.512 „Personen mit bedeutenden Einkünften“, d. h. solche, deren jährliches Einkommen 500.000 Euro oder mehr beträgt (die früheren „DM-Millionäre“) (Bayerischer Landtag Drs. 17/2380, 2014). – Das Bayerische Statistische Landesamt hingegen wies für 2010 in Bayern 3.132 Euro(!)millionäre aus (Krass, 2014), bei 14.600 Einkommensmillionären bundesweit.

– Spezielle Reichtumsberichte von Banken und Vermögensverwaltern weisen 2013 allein für München 1.113 (Knight Frank, 2014) bzw. 1.805 (Wealth-X & UBS, 2014) „Ultra High Net Worth Individuals“ aus, solche also, die 30 Millionen Dollar und mehr zu ihrer Verfügung haben.

Was Armut betrifft, so ist die Situation in Bayern erwartungsgemäß erheblich entspannter als anderswo in Deutschland. Dennoch gibt es deutliche Unterschiede in der Zustandsbewertung bzw. hinsichtlich Trends und Entwicklungen, je nachdem, ob man eine Regierungsmeinung liest oder jene von Wohlfahrtsverbänden. Dass Armut in Bayern aber ansteigt, geht sowohl aus dem aktuellsten Datenreport der Regierung zur sozialen Lage in Bayern als auch aus Kommentierungen desselben durch die Wohlfahrtsverbände, etwa die AWO, hervor. Dies betrifft sowohl die absolute Anzahl von Menschen mit Armutsrisiko als auch die Armutsgefährdung spezifischer Gruppen, wie etwa Alleinerziehende, alte Menschen oder Haushalte im Niedriglohnsektor.

Selbst in einem reichen Land ist es schwierig für Arme, ihre Situation zu verbessern. Ein wesentlicher Punkt ist beispielsweise, ob jemand sparen und Vermögen, etwa ein Haus, erwerben kann. Hier ergab eine Erhebung im 3. Sozialbericht der Staatsregierung Folgendes:

Tabelle 1 Einkommen und Ausgaben von Haushalten nach Kategorien – unterstes und oberstes Dezil

DezilMonatl. Netto-einkommen in EuroAusgaben für
LebenshaltungSoziale TeilhabeGeldvermögensbildungSonstiges
1. Dezil72984,747,5–23,5–8,8
10. Dezil6.22120,22816,135,7

Quelle Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, 2012, S. 223

Der hohe Anteil an Lebenshaltungskosten für Angehörige am untersten Dezil legt die Frage nahe, ob nicht doch Lebenshaltungskosten, darunter auch Mieten, allzu oft schneller gestiegen sind als Einkommen; und bei den Kosten für soziale Teilhabe wäre zu fragen, inwieweit hier Kinder eine Rolle spielen. Es belegt jedenfalls, dass einkommensschwache Haushalte keine Chance zum Sparen, stattdessen aber eine große Wahrscheinlichkeit zur Verschuldung haben.

Was Staatsschulden betrifft, so ist Bayern in einer mehrfach komfortablen Lage: Nicht nur ist die Pro-Kopf-Verschuldung niedrig, Bayern ist sogar in der Lage, Schulden abzutragen – um einen hohen Preis, wie einige meinen. Kritiker sehen den Preis dafür etwa in der Vernachlässigung von Infrastrukturinvestitionen.

Ein heikler Punkt ist in der Beziehung mit anderen Bundesländern der Länderfinanzausgleich. Ihn gibt es aufgrund der Bestimmung in Artikel 72 Grundgesetz, nach der in ganz Deutschland „gleichwertige Lebensverhältnisse“ herrschen sollen. Dabei geht es nicht nur um Zahlungen von Geld, sondern auch um die Frage, ob hierdurch nicht zusätzlich die Art und Weise bzw. ‚Intensität‘ der Steuererhebung einzelner Bundesländer beeinflusst wird (siehe 8.8.4).

7 Siehe ausführlicher: http://tinyurl.com/tjp-GER-IV

8 Der Gini-Koeffizient ist ein statistisches Maß zur Messung von Ungleichheit, wobei ein Wert nahe 0 die Gleichmäßigkeit einer Verteilung, ein Wert nahe 1 den Konzentrationsgrad angibt. Die Zahlen entstammen der Statistik zur Nettoäquivalenz-Einkommensverteilung auf der Website des Statistischen Bundesamts.

9 Vereinfacht gesagt eine komplexe Messgröße für real verfügbares Einkommen, nach Abzug von Steuern und Abgaben, gewichtet nach Haushaltsgröße und Bedürfnissen.

10 Zur Bandbreite der Ansätze: Für die OECD siehe etwa OECD 2011a, OECD 2015a, für die Eurozone, basierend auf dem Private Household and Consumer Survey, European Central Bank 2013 oder Vermeulen 2014, für Ergebnisse basierend auf einer ergänzten Stichprobe des SOEP Grabka & Westermeier 2014, oder Bach, Thiemann & Zucco 2015 sowie diverse „Reichtumsberichte“ von Vermögensverwaltern und Banken.

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