Читать книгу Konstruktive Rhetorik in Seminar, Hörsaal und online - Jürg Häusermann - Страница 75

Zwischenfälle positiv nutzen

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Genauso wie in der Präsenzveranstaltung gehören Zwischenfälle dazu. Sie müssen nur, genauso wie ein Gesprächsgast, akzeptiert und eingebaut werden, indem man sie anspricht. Dass die vierjährige Tochter hereinspaziert und die Aufnahme mit einer Frage an die Mama bereichert, die gerade ihren Vortrag hält, kann nichts weiter als eine willkommene Abwechslung sein. Bedingung ist aber, dass der familiäre Kontext, in dem die Präsentation stattfindet, vorher eingeführt wurde.

Eine Videokonferenz einer britischen Parlamentskommission wurde zum viralen Hit, als der schottische Abgeordnete John Nicolson am Reden war und sich zwischen ihn und die Kamera plötzlich der buschige Schwanz eines rot-weiß getigerten Katers stellte. Ein zehn Zentimeter langes Schwanzende, das nur zehn Sekunden munter hin und her tänzelte – das reichte aus, um die Situation ins Absurde abgleiten zu lassen. Passend dazu der irritierte Satz des Politikers: „Rocco, put your tail down!“61

Es war einer der Momente, in denen es angezeigt ist, den eigenen Redefluss kurz zu unterbrechen und das Ereignis anzusprechen. Robert Willis, der Dekan von Canterbury, tat das, als während seiner Morgenandacht im Garten eine Katze auf den Teetisch neben ihm sprang und sich an der Milch gütlich tat, die da neben der Teekanne bereitstand. Er wandte sich dem Tier zu, streichelte es und sagte: „Sorry, wir haben heute Morgen einen Freund zu Besuch.“ Dann wandte er sich wieder an das Publikum und hielt Predigt ungerührt zu Ende. Ob die kurze Zwischenbemerkung alle Gläubigen zurück zum Thema gebracht hat, ist allerdings zu bezweifeln. Der „Freund“ blieb nämlich auf dem Tisch, tauchte immer wieder die Pfote ins Milchkännchen und verschwand erst nach weiteren vier Minuten von der Bildfläche.62 In vielen anderem Fällen aber reicht es, optische Störungen durch einfaches Ansprechen zu relativieren.

Raumnutzung online: wichtigste Fragen

»Wird klar, wo sich die Rednerin befindet?

»Werden Details vermieden, die unnötige Fragen aufwerfen (Bilder und Bücher im Hintergrund)?

»Ist das Licht angenehm (für Publikum und RednerIn)?

»Gibt die Kamera die Personen überzeugend wieder (Höhe, Ausschnitt, Kopffreiheit, Distanz)?

»Vorsicht bei der Präsentation aus zu großer Nähe. Dies gilt besonders für improvisierte Auftritte mit dem Handy. Das Resultat im schlimmsten Fall: Eine Aufnahme aus größter Nähe von unten, auf der weder die Schultern noch der ganze Kopf Platz haben.

»Auch bei weniger drastischen Bildausschnitten ist es wichtig, sich rechtzeitig zu sagen: Das wird ein öffentlicher Auftritt. Die Kamera kann den Redner oder die Rednerin zu nah, zu persönlich, zu intim präsentieren.

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