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Einleitung

Jenseits von richtig und falsch liegt ein Ort.

Dort treffen wir uns.

RUMI, persischer Dichter

Dies ist ein Selbstfürsorgebuch für engagierte Eltern. Sie halten keinen Erziehungsleitfaden, kein neues „Wie-mache-ich-es-richtig-mit-meinem-Kind“-Buch in den Händen. Wenn Sie das gesucht haben, ist jetzt ein guter Moment umzukehren und das Buch zurückzubringen.

Vielmehr geht es in diesem Buch um Selbstvertrauen, Selbstfreundlichkeit, Selbstfürsorge und Selbstmitgefühl für uns als Eltern.

Ich hatte vor dem Schreiben eine kleine Umfrage unter Eltern in meinem privaten Umfeld durchgeführt. Jeder sollte zehn Punkte benennen, die bereichernd und beglückend sind am Elternsein und zehn, die schwierig sind oder Sorgen bereiten.

Bei bereichernd wurde am häufigsten genannt:

• das Wachsen und Entwickeln der Kinder sehen

• eine Familie sein und Verbundenheit spüren

• das Lachen eines Kindes

• die Welt mit den Augen des Kindes sehen und spielen zu können

• bedingungslose Liebe spüren

Am meisten Sorgen bereitet:

• Angst zu haben, dass den Kindern etwas zustößt (schlimme Krankheit, Tod Gewalt); nicht helfen können, wenn das Kind leidet oder in Not ist; Kontrolle abgeben.

• die ungewisse Lage der Welt, der Gesellschaft, der Natur.

• ein ständiges Gehetztsein, beim Versuch Berufstätigkeit und Familie gleichermaßen gerecht zu werden.

• genügend Zeit zu finden für Partnerschaft, sich selbst und Freunde.

• Schule und das Schulsystem.

Ich finde, wir haben als Eltern durchaus einiges zu tragen und kriegen dann dazu noch oft eins obendrauf. Die einen beklagen die Verunsicherung und Abnahme der Erziehungskompetenz von Eltern heutzutage, die anderen, dass wir nicht mehr genügend Qualitätszeit in Familien pflegen. Und dann kommen noch die Besserwisser und Angstmacher, die vor allen Katastrophen warnen und am liebsten einen Elternführerschein einführen würden. Wir finden die verschiedensten, oft widersprüchlichen Expertenmeinungen zur Erziehung; woraus statt einer persönlichen Art des Elternseins oft ein großer Druck wird, alles möglichst perfekt zu machen.

Genau darum geht es in diesem Buch: Diesen Drang zur Perfektion besser zu verstehen – und ihn loszulassen! Uns selbst mehr zu vertrauen und dabei Mitgefühl mit uns selbst und mit den anderen als Orientierung zu nutzen. Leben, und besonders Leben in Familien mit Kindern, ist bunt, vielfältig, dramatisch und innig, freud- und leidvoll, und es ist vor allem kein Optimierungsprozess.

Selten wird betont, dass wir Menschen mit Körper, Gehirn und damit auch Geist aus einem viele Millionen Jahre alten Evolutionsprozess ausgestattet sind.

Ein ganzer Teil der Nöte von uns modernen Eltern scheint zu entstehen, weil wir oft weiterhin mit einem Dinosauriergehirn auf eingebildete Säbelzahntiger im Kinderzimmer reagieren.

Wenn das Lesen und Erproben der Buchinhalte Ihnen ein wenig hilft, sich und Ihr Elterngehirn besser zu verstehen, auf Ihre Herzensgüte, Selbst-Mitgefühl, Mitfreude und eine Portion Gelassenheit zu vertrauen und sich selbst wie einen guten Freund zu behandeln – in guten wie in schwierigen Zeiten –, dann hat es sich gelohnt!

Das Buch ist als Reise aufgebaut mit Stationen, um Wissen aufzutanken, Selbsterforschung zu betreiben und konkrete Werkzeuge zur Anwendung im Elternalltag mitzunehmen.

Sie beginnt mit einer Darstellung der Grundlagen, wie unser Gehirn in Stress gerät und wie wir uns damit in einer dicht getakteten, modernen Lebenswelt zurechtfinden müssen, für die wir von Natur aus nur sehr eingeschränkt vorbereitet sind (Kapitel 1 und 2). Achtsamkeit und Mitgefühl, auch mit uns selbst, sowie Mitfreude und Gelassenheit werden als heilsame Haltungen vorgestellt (Kapitel 3) und konkrete Anwendungsmöglichkeiten in den unterschiedlichsten Lebenslagen erarbeitet, immer wieder auch in Übungen (Kapitel 4).

Abgerundet wird die Reise durch Anregungen zur gezielten Kultivierung des Positiven, von Stärken und Ressourcen (Kapitel 5).

Wer diese Qualitäten vertiefen will, erhält hier (Kapitel 6) auch einen Fahrplan mit konkreten Übungen und Meditationen: Mindful Compassionate Parenting – MCPAR: Elternschaft mit Achtsamkeit und Selbstmitgefühl. Ergänzend werden Übungen und Meditationen als MP3 zum freien Download und der Videokurs EMAUS unter www.we-mind.life angeboten. Des Weiteren gibt es im Buch Anleitungen für Achtsamkeitsübungen in der Familie (Kapitel 7). Eine Reihe von mitfühlenden und liebevollen Briefen bietet abschließend Impulse zu speziellen Themen (Kapitel 8).

Die Theorien und Anregungen stammen nicht allein von mir, sondern von verschiedenen klugen Lehrern, Wissenschaftlern und Autoren. Ich persönlich greife auf 54 Jahre Selbsterfahrung als Kind meiner Eltern zurück. Dazu gesellen sich 25 Jahre kinder- und jugendpsychiatrische Begleitung von vielen Familien, zehn Jahre Üben in Achtsamkeit, Meditation und Selbstmitgefühl und die Erfahrung der heilsamen Auswirkung auf mich selbst und auf eine große Zahl von Menschen in meinen Kursen. Nicht zu vergessen: 28 Jahre intensiven Lernens in einer Langzeit-Liebesbeziehung und einer Familie mit Patchwork-Charakter, in der ich sowohl als Stiefvater als auch seit 23 Jahren als „Biovater“ gefordert bin. Ich hoffe, dass dies mein Beitrag dazu sein kann, dass wir Eltern uns selbst mehr trauen, uns mit all unserer Menschlichkeit, den Schokoladenseiten und den scheinbaren „Schwächen“ annehmen, um uns dann mit Mut, Mitgefühl und Gelassenheit in diese fordernde und wunderbare Begleitung unserer Kinder auf ihrem Lebensweg einbringen zu können.

Ansbach, den 29. August 2017

JÖRG MANGOLD

Wir Eltern sind auch nur Menschen!

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