Читать книгу Oskar trifft die Todesgöttin - Jörgen Dingler - Страница 13
ОглавлениеSechs.
Wien, Juni 2011
Der mit Amon erfolgreich ausgeführte Anti-Schutzgeldjob war einige Tage her. Oskar erledigte den Auftraggeber nur einen Tag nach dem Job in dessen Privatwohnung. Es ging noch leichter als gedacht, indem der Auftraggeber vorgab, den Erfolg mit dem ‚Dienstleister‘ feiern und ihm bei der Gelegenheit das restliche Honorar in bar übergeben zu wollen. Auch dieser Umstand war kein Hindernis für sein Vorhaben: Die angebliche Feier war eine Falle, weil der Auftraggeber seinerseits jemanden engagiert hatte, der den Gast bei dieser Gelegenheit ausschalten sollte. Für Oskar eine weitere Bestätigung der Gepflogenheit, ausnahmslos sie bedrohende Auftraggeber abzuknipsen und auch in Zukunft so zu verfahren.
Der Auftraggeber stellte denjenigen, der den Auftragnehmer erledigen sollte, als seinen Schwager vor. Vielleicht war der sogar wirklich sein Schwager. In diesem Fall hätte die Schwester des Auftraggebers gleich doppelt Grund zur Trauer gehabt. Ein tatsächlich zu allem entschlossener Lokalbesitzer hatte allerdings die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Sollte einem als Wirt eigentlich nicht passieren. Oskar hatte die Lunte gerochen und tat nicht mehr und nicht weniger als das, was er ohnehin vorhatte. Zeitgleich mit dem Knallen des Sektkorkens ließ auch er es knallen, allerdings ein wenig leiser. Seine schallgedämpfte Walther spuckte zweimal blitzschnell, dann noch in Ruhe je einen Sicherheitsschuss auf beide ‚Schwager‘ hinterher. Die in der Tat noch nicht ganz toten Leiber zuckten beim Empfang des jeweils zweiten Projektils. Er übernahm auch diese Gepflogenheit von seinem Lehrmeister, es beim Töten wie in der Gastronomie zu halten: immer gut bedienen!
Der Auftraggeber hatte sich den Verlauf dieses Treffens natürlich anders vorgestellt. Insofern war es ebenfalls nicht überraschend, dass er das restliche Honorar nicht bei sich trug. Als Entschädigung musste das Honorar herhalten, das er seinem Schwager zukommen lassen wollte. Oskar filzte Schwagers Leiche daher schon auf Verdacht und erleichterte den Leblosen um das Geld in seinem Jackett. Die Mitnahme dieses Geldes war eine völlig andere Situation als bei dem vielen Geld, das auf dem Pokertisch gelegen hatte. Dort musste man es aus psychologischen Gründen liegenlassen, hier musste man es mitnehmen. Denn es betraf nur die diejenigen, die sie abzuledern gedachten, indem sie sich durch das Erledigen ihres Gastes um die Restzahlung drücken wollten. Hier war keine Außenwirkung des Handelns angezeigt. Das Honorar des ‚Schwagers‘ war mit ein paar tausend Euro weit weniger als die Restsumme ausgemacht hätte. Auch das keine große Überraschung.
Du findest immer jemanden, der billiger und schlechter ist als du.
Das bedeutete noch weniger Honorar als gedacht. Honorar, das obendrein durch drei zu teilen war. All das bestärkte das Fazit, seine Abneigung gegenüber derartigen Jobs beizubehalten, den nächsten dieser Art abzulehnen und diese Ablehnung auch beizubehalten. Er dachte sich, dass Greg im Wiederholungsfall das Ganze abkürzen könnte, indem er den potenziellen Auftraggeber im selben Moment abknipst, in dem der ihn mit einer Drohung zur Annahme des Jobs zu nötigen versucht. Anschließend den Toten ausnehmen, sprich ihn um sein Geld erleichtern, das er dann ohnehin nicht mehr bräuchte, und das war‘s. Auf die Art könnte man eine Menge Zeit, Arbeit und Ärger sparen. Gute Idee.
Es war wieder eine beschäftigungslose Phase zwischen zwei Aufträgen. Von diesen Phasen gab es mehr als Zeiten, die das Ausführen von Aufträgen ausfüllten. Das war selbst bei einem begehrten und vielbeschäftigten Profi wie Oskar der Fall. Die letzten zwei Jahre gestalteten sich überhaupt ruhiger als die drei Jahre hauptberuflicher Tötungstätigkeit zuvor. Das Geschäft kam erst langsam wieder in Schwung. Kaum galt eine Wirtschaftskrise als überwunden, stand schon die nächste vor der Tür. Da in Krisen das Geld nicht so locker wie in rosigen Zeiten sitzt, gibt es kaum Branchen, die davon verschont bleiben. Oskars Dienstleistung machte da keine Ausnahme. Eigentlich hätte in der durch Banker ausgelösten Wirtschaftskrise mehr für ihn und seinesgleichen zu tun sein müssen. Weil noch mehr Banker als sonst als Zielpersonen auf irgendwelchen schwarzen Listen standen. Dem war aber nicht so. Sonderbar. Aber vielleicht fehlte ‚dank‘ der Krise sogar das Geld zur Bezahlung dieser hochwillkommenen Jobs. Wirklich schade… in mehrerlei Hinsicht.
Die viele freie Zeit des Freiberuflers im Liquidierungsgewerbe, die er ansonsten als segensreichen Umstand dieses Berufes begriff, war dieses Mal nicht sonderlich willkommen. Ihm fehlte die Ablenkung. Vera war tot. Ein Job ist ein Job ist ein Job. Oskar hatte Vera getötet und glaubte, keine Grenzen mehr zu kennen. Er hatte schon vor Jahren geglaubt, alle Grenzen hinter sich gelassen zu haben. Wohl ein zwangsläufiges Denken, nachdem man bewusst Menschen tötete und das in einem ‚zweiten Leben‘ zur Routine werden sollte.
Der Erste ist der Schwerste. Aber einige Grenzen fallen immer noch.
Der Sommer kam früh in diesem Jahr. Es war ein paar Tage nach dem kalendarischen Sommeranfang, und doch dauerte der Sommer schon mehrere Wochen an. Oskar beschloss, diesen Tag an der Alten Donau zu verbringen, einem der Naherholungsreviere Wiens. Er wollte im Gras liegen, lesen, sonnen, baden, denken, entspannen. Es hieß, wieder klar zu werden, wieder besser drauf zu kommen. Nicht zuletzt würde das Betrachten der ein oder anderen Badeschönheit dabei helfen. Damit das Ablenken und Abreagieren schon ab der Haustür starten konnte, schwang er sich auf seinen zweirädrigen, Muskelkraft getriebenen Boliden. Er radelte mit dem Mountainbike über die Radwege, die Richtung Donau führen. Zuerst City, dann Donaukanal, dann Donau und Neue Donau, dann Alte Donau. Als man die Donau in früheren Zeiten begradigt hatte, überlebten mehr oder weniger große Überbleibsel des alten, gekrümmten Flusslaufs als stehende Gewässer. Auf die Art entstanden ideale Badeparadiese, von denen sich das größte im Nordosten der Stadt befindet – die Alte Donau; gesäumt von öffentlichen Strandbädern, wilden Badeplätzen und begehrten, weil de facto nicht mehr erhältlichen Privatgrundstücken direkt am Wasser.
Da Oskar noch mehr als sonst in die Pedale trat, erreichte er die Liegewiese neben dem Angelibad bereits nach einer halben Stunde. Im Gegensatz zum benachbarten städtischen Strandbad konnte man direkt mit dem Rad zum Liegeplatz fahren. Obendrein war dieser Platz an der Alten Donau genauso schön wie das Strandbad und dazu noch gratis. Die sonstige Infrastruktur passte ebenfalls. Neben einer Reihe Mobilklos befand sich eine Bude für Eis, Würstchen und Getränke: die ‚Wilde Hilde‘ – genauso herzerfrischend ‚tief‘, wie es der Name versprach. Wenig später lag er in der Sonne und döste. Sein eigenes Schnarchen, das beim Einschlafen einsetzte, weckte ihn immer wieder auf. Oskar schnarchte stets, wenn er auf dem Rücken lag – ein Zeichen dafür, dass er schon ein ‚gewisses‘ Alter erreicht hatte. Als ganz Junger war er in jeder Lage schnarchfrei. Unweit von ihm lagen zwei ansehnliche Frauen mittleren Alters und unterhielten sich über ihre Haustiere – Hunde. Die beiden Frauen blickten während des Redens immer mal verstohlen zu ihm. Eine Blonde und eine Brünette, weißgott nicht unansehnlich. Beide waren oben ohne und nur in Badestrings gehüllt – die Brünette in einen roten, die Blonde in einen blauen. Obwohl Oskar sowohl den Anblick als auch die Blicke der Frauen genoss, hatte er von praktischen Erfahrungen mit Frauen wieder einmal genug. Einstweilen.
Bin sowieso Katzen-, kein Hundemensch, dachte er sich. Auch dachte er an seinen Geschäftspartner, der am Vortag nach Hamburg geflogen war, um einen potenziellen Auftraggeber zu treffen. Angeblich vielversprechend. Der neue Job schien interessant zu sein, da Greg wohl noch in Hamburg weilte. Sonst hätte er sich inzwischen gemeldet. Eigentlich wollte Greg noch am selben Tag spätabends zurück sein, jetzt war es Nachmittag des nächsten Tages. Der neue Auftrag war noch nicht in trockenen Tüchern. Einiges deutete darauf hin, dass es sich hier um einen begehrten und anspruchsvollen Job handelte und Greg gewissermaßen zum Casting nach Hamburg flog. Bei der Vergabe begehrter Jobs der Killerbranche hält mitunter ein Gebaren aus der zivilen Geschäftswelt Einzug. Der Auftraggeber lässt mehrere Interessenten antanzen und vergibt den Job an den, von dem er sich am meisten verspricht.
Ob ‘ s was wird mit Hamburg? Falls ja: Hoffentlich ist ‘ s was Lukratives, sodass ich mir danach ne l ä ngere Auszeit g ö nnen kann. Reisen, die Welt sehen, Auszeit. Gute Ma ß nahme. Muss mich abk ü hlen.
Als er sich zu Wasser zu lassen wollte, piepste sein Handy. Eine SMS. Greg.
‚Geniess die sonne schmock! Meld dich bei mir sobald du wieder aus den badenixen raus bist ;-) wir haben einen neuen job. Der geilste den wir je hatten. Bussssiiiii.‘
Wenn man vom Teufel spricht, meldet er sich auch schon. Hamburg war also erfolgreich. Fein. Obwohl: War ‚fein‘ nicht der kleine Bruder von… ? Egal.
Er befand, dass seine Antwort auf Gregs SMS noch Zeit hatte. So dringend brauchte er eine Ablenkung in Form eines neuen Auftrages nun auch wieder nicht. Erstmal wollte er den herrlichen Tag genießen. Die Sonne schien, ansehnliche, mehr als nur halbnackte Frauen. Es ging wieder. Er legte sein Handy in den Rucksack zurück und begab sich ins Wasser.
Oskar blieb bis zum Abend an der Alten Donau und radelte anschließend von einem zum anderen Ende der Stadt. Er wurde im Radlerdress bei seinem Geschäftspartner vorstellig – verschwitzt und mit nassen Badesachen in seinem Rucksack. Das teure Mountainbike hatte er auf Gregs hochgesichertem Grundstück abgestellt. Kartäuserkater Bruno strich um Oskars Beine und miaute. Der Vierbeiner war nach wie vor bei Greg geparkt, weil dem es nicht nur nichts ausmachte, sondern der geradezu darum gebeten hatte. Oskar besaß ohnehin einen Schlüssel von Gregs Haus, insofern konnte er den ‚Kater mit zwei Herrchen‘ während der letzten zwei Tage füttern. Bruno wiederum genoss die Erlebniswelt eines Greg-typisch verwilderten Gartens, die ihm sein Herrchen mit einer zentral gelegenen Wohnung nicht bieten konnte.
»Hi dude! Kommst du von der Tour de France?«, begrüßte ihn sein Jobvermittler. Der Angesprochene warf den Rucksack im Vorraum ab.
»Sicher. Was sonst?«
»Und? Hast du gewonnen?«
»So gut wie. Ich wurde bei einem Zweikampf glorreicher Zweiter, während der andere nur Vorletzter wurde.«
»I see.« Der Amerikaner grinste breit. »Komm rein. Wir haben was zu feiern!«
Oskar folgte Greg auf die Terrasse, der drehte sich auf halbem Weg um.
»Äh, willst du duschen?«
»Nö. Ich bevorzuge es, nachzuschwitzen und zu stinken.«
»Wusste ich’s doch, dass unser Saubermann ne verkappte Drecksau ist! Aber trinken willst du sicher was. Befeuchtung von innen ist viel gescheiter, hähä.«
»Da spricht der Profi, oder? Ja, Durst hab ich schon.«
»Alk?«, kam es vorsichtig. Greg kannte Oskar schon einige Jahre und daher recht gut.
»Nicht, wenn‘s nicht unbedingt sein muss.«
»Hm, weiß gar nicht, ob ich was Alkfreies am Start hab. Außer Kaffee.«
Oskar verdrehte die Augen. Auch er kannte Greg gut, gezwungenermaßen im wahrsten Sinn des Wortes.
»Wasser?«, fragte Greg. Dann grinste er wieder breit. »Wasser und Whisky?«
»Hast du in letzter Zeit eigentlich nur noch Whisky?«
»Äh, das Bier ist mir ausgegangen. Der Lieferservice kommt erst wieder morgen.« Greg zog eine bedauernde Schnute.
»Ich sollte dir den Kontakt mit reichen Whiskyfetischisten verbieten!«
»Hähähä, Schmock. Also, was is nu, Lance Armstrong? Wasser und Whisky?«
»Okay, wenn‘s partout nicht anders geht. Aber erstmal viel Wasser, wenn eben möglich.«
»Noch haben mir die Wiener Wasserwerke nicht den Hahn abgedreht, hähä.«
»Hab ich ein Glück.«
»Das kannst du laut sagen. Und weil du Glück hast, bist du hier, dude.«
Beide saßen auf der Terrasse. Die Sonne war hinter den Bäumen verschwunden, die außerhalb des Grundstücks standen. Somit fehlten mit dem gleißenden Licht des Zentralgestirns auch harte Kontraste, hervorgerufen durch Licht und Schatten. Ein silbrig glühender Abendhimmel beleuchtete alles gleichmäßig, was die Farben geradezu psychedelisch knallig wirken ließ – das Grün der Wiese oder den vor ihnen liegenden Pool, dessen Wasser spiegelglatt war und intensiv blau schimmerte. Am Rand des Pools machte ein in Pflege genommener, anthrazitfarbener Vierbeiner wieder mal auf Sphinx und hinterließ den Eindruck, die Kulisse ebenfalls zu genießen. Auf dem Gartentisch stand ein Arrangement aus Whiskyflasche, Gregs Rauchutensilien, einem großen Krug Wasser und zwei Gläsern. Der Hausherr hielt nichts davon, Wasser zu alkoholischen Getränken zu sich zu nehmen, insofern musste sich auch sein Gast mit einem Glas bescheiden. Es war halb neun am Abend, noch taghell und warm. Oskar trank den ganzen Krug Wasser, bevor er sein Glas mit einem Fingerbreit Whisky befüllte und mit Greg anstieß.
»Von dem bisschen Whisky werd ich in Nullkommanix besoffen sein. Ich war mit dem Rad unterwegs, bin geschwommen, lag in der Sonne und hab kaum was gegessen«, gab er über seinen Zustand Auskunft.
»Du wirst noch von was anderem besoffen sein, Partner. Cheers!« Jemand anders hätte seinem kaum-was-gegessen-habenden Gast jetzt etwas zu essen angeboten. Jemand anders als Greg.
»Wirklich? Cheers.«
Beide nahmen einen Schluck – der Hausherr trank, der Gast nippte.
»Wie war Hamburg?«
»Und schon sind wir beim Thema.« Greg stierte sein Gegenüber an und grinste. Oskar besah ihn sich mit gewohnt skeptischer Mimik. Dass Hamburg erfolgreich war, wusste er ja bereits. »Ich sag nur Lottogewinn«, entließ der Amerikaner und fixierte seinen Partner unverändert grinsend. Er wollte es anscheinend ein wenig geheimnisvoll machen.
Oskar drückte seine Zunge gegen die Wange und beobachtete den Absender dieser unbescheidenen Aussage. Das klang eher zu gut, also nach noch mehr Anlass für Skepsis.
»Was für‘n Job ist Hamburg?«
»Der beste, den wir je hatten.« Der Amerikaner strahlte ‚über alle vier Backen‘, wie sein Geschäftspartner es auszudrücken pflegte. Der radfahrbegeisterte Tötungsprofi drehte die Augen nach oben und faltete seine Hände.
»Das hattest du mir bereits ge‘sms‘t. Geht‘s ein wenig genauer?«
Sein Jobvermittler grinste wie das berühmte Honigkuchenpferd.
»Ich weiß, du kannst es. Du hast auch den letzten Job wieder mal souverän ausgeführt. Besser als Amon. Das war mir sowieso klar«, schleimte Greg, anstatt genauer zu werden.
»Worum geht‘s, Greg? Job, Auftraggeber, Kunde? Was für ne Gage?«
Der Gefragte schob seine Zunge durch die Lippen, faltete ebenfalls die Hände und setzte sich aufrecht hin. Jetzt schien es ernst zu werden.
»Schon mal den Namen Vaarenkroog gehört?«
Eine Frage, die nur ein kurzes Nachdenken erforderte.
Vaarenkroog… kennt man doch.
»Ja, da klingelt was.« Er sah den Hausherrn so erwartungsvoll an, wie der ihn.
»Was klingelt da?«
»Mode, würd ich mal sagen. Ich glaub, die macht nur in Leder. Hat auch ne Parfumlinie, wie alle angesagten Modeschöpfer. Soweit ich weiß, ist die verdammt gut im Geschäft. Hab ein Duftwässerchen von ihr, Vaarenkroog uomo uno. Ist sogar einer meiner Lieblingsdüfte. Frisch und herb… männlich halt«, dozierte Oskar fachkundig wie zumeist. Seine ‚gesunde Halbbildung‘, die schon Nikolas Tyron beeindruckt hatte. Er fragte sich wieder einmal, ob Modedesigner ihre Parfums selbst kreieren, wie es dem Publikum suggeriert wird. Dass ehemalige Tennisspielerinnen oder Popsternchen ihre Duftwässerchen nicht selbst kreierten, stand für ihn außer Frage. Die hielten wahrscheinlich lediglich ihre Nasen ins Endergebnis und sagten: ‚passt schon.‘
»Genau wie du, mein Freund«, schleimte der Amerikaner weiter. »Bingo, dude. Ich meinte wirklich die Vaarenkroog. Ihr Vater heißt auch Vaarenkroog.«
»Ungewöhnlich, in der Tat. Ich meine, in modernen Zeiten wie diesen…«
»Lass deine Sprüche, Oskar.« Greg goss sich noch einen Whisky ein und zeigte auf die Flasche: ‚Auch noch einen?‘, sollte das heißen. Der Deutsche schüttelte den Kopf. »Ihr Vater ist der Auftraggeber.« Der Amerikaner trank und fixierte seinen ehemaligen Meisterschüler.
»Is nich wahr?«
»Doch.«
»Soso.« Oskar zog eine Schnute. »Der Vater einer Prominenten vergibt Mordaufträge. Interessant. Man lernt echt nie aus… in diesem Job…«
»Ja, nicht wahr? Und er will dich sehen. Du sollst sobald wie möglich nach Hamburg fliegen und dich mit ihm selbst unterhalten. Ich hab uns verdammt gut verkauft, dude… ich hab dich verdammt gut verkauft.«
»Wofür genau? … Wer ist der Kunde?«
»Das will und soll dir der gute Viktor selbst sagen. Deshalb will er dich auch persönlich kennenlernen.« Greg nahm einen Schluck und zündete sich eine Zigarette an.
»Viktor?«
»Ja. Viktor Vaarenkroog. Der Dad der Modeschöpferin.«
»Ne absolute Ausnahme wird mir langsam gefährlich zur Regel. Dass der Auftraggeber auch mich kennt. Nicht gut.«
»Jaja, weiß eh. Das war Bedingung für den Job. Vaarenkroog will den Mann kennenlernen, der es macht. Also dich, mein Junge. Und dir will er auch die Details erzählen.« Greg hob entschuldigend die Arme.
»Warum so geheimnisvoll? Ich geh mal davon aus, dass du schon ein paar Einzelheiten weißt.« Die Informationen oder eher Nicht-Informationen trugen nicht dazu bei, Oskars Skepsis abzumildern.
»Ich weiß sogar mehr als nur ein paar Einzelheiten. Den Rest holst du dir ab. Viktor will es so. Er will sich ein Bild von dir machen.« Greg lehnte sich zurück und grinste.
»Den kenn ich schon… dass sich ein Auftraggeber erst ein Bild von mir machen will, bevor er mich ‚mit so einem Auftrag betraut‘», zitierte Oskar einen Teil der Unterredung mit Nikolas Tyron. »Hättest dem guten Viktor ja ein Bild von mir mitnehmen können«, spitzte er und meinte es nicht ernst. Schon das wäre ihm nicht recht gewesen.
»Hab ich eh.«
»Scherz, oder?« Oskar wunderte sich auch darüber, dass Greg ein Foto von ihm besaß.
»Kein Scherz. Jetzt will er dich erst recht kennenlernen.«
»Wie jetzt? Schon wieder ein Schwuler?«, kam es eher spaßeshalber.
»Und was für einer. Noch schräger als Nicky.«
»Du hast doch gesagt, er ist der Vater von der Vaarenkroog.«
»Hab ich. Und? Joop ist auch schwul und hat ne Tochter, die ne bekannte Designerin ist«, konterte Greg mit einem Allgemeinwissen, das so ziemlich jeden außer Oskar aufgrund seiner sonstigen Art überrascht hätte. Der dachte eine Weile über die Bemerkung nach. Bei den Joops waren Vater und Tochter bekannte Designer. Der Vater noch vor der Tochter.
»Ist Papa Vaarenkroog auch bekannt?«, fasste Oskar seine Überlegung in eine Frage.
»Denke nicht. … Oder hast du vorher schon mal von ihm gehört?«
»Nein«, kam es kühl mit bohrendem Blick. »Homestorys sind nicht mein Ding.«
»Na also.« Greg zog eine Schnute, die in ein Grinsen überging. »Meins auch nicht, hähä.«
Oskar nippte am Whisky und fixierte sein Gegenüber mit nachdenklichem Blick. Der Vermittler für sehr spezielle Dienstleistungen wirkte einerseits euphorisch, einen dicken Fisch an Land gezogen zu haben, andererseits verschlossen wie nie zuvor, wenn es um detailliertere Auskünfte ging. Grund genug, misstrauisch zu sein und eine Frage zu wiederholen, die klären sollte, wie dick dieser Fisch war.
»Gage?«
»Riiieeesig.«
Der Empfänger der so vielsagenden wie inkonkreten Auskunft hob beide Augenbrauen. Der Absender unterstützte dessen Mimik, indem er ebenfalls die Augenbrauen hob, dann albern mit ihnen wackelte und aufmunternd grinste.
Soso. Das war dann wohl mit ‚Lottogewinn‘ gemeint…
Bevor er weitere Fragen stellen konnte, stieß Greg mit ihm an und schloss das Thema ab.
»Alles weitere in Hamburg, dude.«