Читать книгу Erinnerungen an die "68er": Damals in Dahlem - Jürgen Dittberner - Страница 13

Deutsche Einheit

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Als der Ostblock zusammenbrach, ergriffen Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher nach Zögern den „Mantel der Geschichte“ und setzten auf die deutsche Einheit. Der Wunsch nach der Einheit des Nationalstaates gehörte zu den Wertvorstellungen älterer Politiker wie auch Willy Brandt oder Richard von Weizsäcker. In der westdeutschen Bevölkerung war die nationale Einheit besonders bei den Jüngeren kein relevanter Wert, und entsprechend agierten der Kanzlerkandidat der SPD von 1990, Oskar Lafontaine, und die „Grünen“. Aber Kohl und Genscher setzten auf die deutsche Einheit. Sie erhielten die Unterstützung einer Mehrheit der Ostdeutschen sowie ihrer Generationsgenossen in Westdeutschland.

Bei der Einheit stießen zwei politische Kulturen in Deutschland aufeinander. Wie hätte es anders sein sollen, nachdem die politische Sozialisation in Ost und West unterschiedlich verlaufen war? Wurden im Westen Individualismus bis hin zum Egoismus, Leistung und Durchsetzungsfähigkeit als grundlegende Werte vermittelt, so waren es im Osten die Werte Gemeinschaft, Solidarität und soziale Sicherheit. War vom Westen aus trotz aller Antiamerikanismen New York der Mittelpunkt der Welt, so war es vom Osten her Moskau. Der Osten sollte sich an den Westen anpassen. Das führte zu unterschiedlichen Verarbeitungsprozessen. Die Systemkritiker im Untergang des Staatskommunismus verabsolutierten ihre in der Wende gemachten Erfahrungen und waren danach für westliche Verhältnisse ungewohnt rigoros und unerbittlich in der Verurteilung des alten Systems. Die Verlierer und die sich missverstanden Fühlenden aus dem alten System wollten ihre eigene Identität „einbringen“ und machten die PDS stark. Die meist bei den „Grünen“ gelandeten Rigoristen aus dem Osten wie die von „Bündnis 90“ und eben die PDS waren neue Elemente im Parteiensystem.

Entgegen der Erwartungen von 1990 passte sich der Osten nicht an den Wohlstand des Westens an, sondern der Westen büßte ebenfalls Arbeitsplätze ein. Die ökonomische Schere zwischen Ost und West schloss sich nicht, sondern öffnete sich weiter. Das ist die Hauptursache dafür, dass sich ein ostdeutsches Milieu hielt, gehegt von der PDS – später den „Linken“ –, die bei Landtagswahlen davon profitierte. 2005, nachdem die rot-grüne Bundesregierung – möglicherweise handwerklich unzulänglich – eine Reform des Sozialstaates gewagt hatte, schwappte die Verunsicherung darüber in den Westen.

Erinnerungen an die

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