Читать книгу Erinnerungen an die "68er": Damals in Dahlem - Jürgen Dittberner - Страница 14

Rot-Grün

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Wenn auch die rot-grüne Koalition 2005 jäh endete, so hatte sich doch in deren Zeit einiges an der politischen Kultur in Deutschland geändert:

 Die Einbürgerung länger in Deutschland lebender Ausländer wurde erleichtert; die Zuwanderung weiterer allerdings erschwert. Was die offizielle Politik bislang ignoriert hatte, galt nun als Tatsache: Deutschland wurde ein Einbürgerungsland.

 Das Monopol der Ehe zwischen Mann und Frau als Basis der Gesellschaft wurde gebrochen; gleichgeschlechtliche „Ehen“ wurden möglich.

 Der absolute Wert der Familie wurde aufgehoben, temporäre Beziehungen und „Singlehaushalte“ wurden der Ehe gleichgesetzt.

 Die absolute Fortschrittsgläubigkeit im Hinblick auf neue Technologien wurde konterkariert durch den eingeleiteten Ausstieg aus der Atomenergie und durch die von den „Grünen“ eröffnete Debatte über die Grenzen der Gen- und Zellentechnologie.

 Das Gebot der trotz aller Antiamerikanismen in der Bevölkerung bis dahin gepflegten diplomatischen Rücksichtnahme auf die Interessen der Führungsmacht USA wurde im Bunde mit Frankreich und Russland bei den Entscheidungen über den Irakkrieg gebrochen. Die deutsche Abnabelung von den USA-Interessen hielt an – verstärkt durch die antideutsche Einstellung des früheren US-Präsidenten Trump.

 Der Anspruch, die Menschenrechte als einen Maßstab der deutschen Außenpolitik zu nehmen, wurde wie im Falle Tschetschenien gegenüber Russland aber auch Guantanamo gegenüber den USA und generell gegenüber China fallen gelassen: Wirtschaftsinteressen wurden über moralische Ansprüche gestellt.

 Die Einordnung deutscher Politik hinter die Ziele der Europäischen Union wurde – zumindest zeitweise – aufgegeben wie die mehrfachen Nichtachtungen vereinbarter Defizitkriterien beim Haushalt gezeigt hatten.

 Deutschland definierte sich als „größere Mittelmacht“, die eigene Interessen auch ohne Rücksicht auf traditionelle Verbündete durchsetzte.

 Der Begriff „Reform“ wurde umgedeutet: Rot-Grün wagte unter der Überschrift „Hartz I – IV“ ein Abspecken des Sozialstaates wie ihn Schwarz-Gelb nicht geschafft hatte mit der Folge, dass die SPD ein Defizit bei ihrem Leitthema „soziale Gerechtigkeit“ hatte.

 Angela Merkel hingegen, die spätere langjährige Bundeskanzlerin von der CDU, lebte von den Früchten dieser „Reform“.

Gegen den Druck nach politischer Korrektheit gab es gelegentliches Aufbegehren. Insbesondere die von „Grünen“, aber auch von der SPD favorisierte „Multikulturelle Gesellschaft“ forderte vor allem Konservative heraus. Sie sprachen von der Notwendigkeit einer „deutschen Leitkultur“, was wiederum Protest rot-grüner Aktivisten hervorrief.

Dann kamen als Folge des 11. September 2001 – dem Tag der Flugzeugentführungen ins New Yorker World Trade Center – Verdächtigungen gegen undurchschaubare muslimische Gruppen auf. Diese wären oft Brutstellen des Terrors. Das Attentat auf einen Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz bestätigte für viele diesen Verdacht.

Schließlich kam der Begriff von „Parallelgesellschaften“ auf. Hiermit waren zunächst türkische Kreise gemeint, die jenseits der deutschen Kultur und Sprache existierten, sich durch Frauenzuzüge aus Anatolien rekrutierten und in denen es sogar zu „Ehrenmorden“ an Frauen gekommen wären, die sich in Deutschland integriert hatten und sich den Wertvorstelllungen der Herkunftsfamilie entzögen.

Später wurden „arabische Clans“ aufgedeckt, denen organisierte Kriminalität vorgeworfen wurde.

Erinnerungen an die

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