Читать книгу Soulac sur Mer - Das Fanal - Jürgen Nottebaum - Страница 9

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Caroll-Lynn riss mit Schwung die Türen ihres Kleiderschrankes auf und zerrte ungeduldig das Kostüm vom Kleiderbügel, das sie für den heutigen Tag ausgewählt hatte. Sie hatte ihre Freundin Jasmine, die dieses Jahr beim Festkomitee ‚Soulac 1900‘ für den Kostümverleih verantwortlich war, mit einer ausgewählten Flasche Chateau Mouton Rothschild davon überzeugt, sie heimlich zwei Wochen vor dem offiziellen Beginn des Verleihs in die Kleiderkammer zu lassen und mit ihr zusammen ein ganz besonders schönes Kostüm auszuwählen. Caroll-Lynn wollte, und dafür hatte Jasmine vollstes Verständnis, „jemanden beeindrucken“. Schließlich war die Freundin von der 29 weiter entfernt als von der 39. Wen sie allerdings beeindrucken wollte, hatte diese nicht verraten, trotz geschicktester Fragetechnik, die Jasmine als hauptberufliche Frisörin natürlich bestens beherrschte. „Du wirst überrascht sein“, war der einzige Hinweis, den Caroll-Lynn sich hatte entlocken lassen. Insgeheim dachte sie dabei diesmal sowohl an einen - wohl nicht nur väterlich gesinnten - älteren Gönner, als auch an einen gut 10 Jahre jüngeren neu zugezogenen Einwohner von Soulac, der ihr in mehrerlei Hinsicht auch sehr attraktiv erschien.

Und nun hieß es für Caroll-Lynn, hinein in die Klamotte! Das war allerdings gar nicht so einfach, wie man es heutzutage hat. Die Mode von damals besaß erheblich mehr Knöpfe und Bänder als die heutige. Und alle wollten sach- und fachgerecht verknüpft werden. Sonst beulte der Stoff, wenn falsch geschnürt, an den falschen Stellen auf oder zwickte noch viel unangenehmer, als es so schon der Fall war.

Am schlimmsten war das Korsett. Zwar konnte man die Schnüre seitlich ziehen und nicht hinten, was eine helfende Hand erforderlich gemacht hätte. Aber es musste kräftig gezogen werden. Und gleichzeitig musste vorne noch eingerüttelt werden, damit die ganze Chose auch im richtigen Moment an der richtigen Stelle fixiert wurde. Caroll-Lynn ächzte. Zweimal rutschte ihr die Schnur im letzten Moment durch die Finger. Erst beim dritten Mal gelang es ihr, den Knoten unter der rechten Achsel zu fixieren, ohne dass die Spannung der gekreuzten Schnüre wieder nachließ. Dann saß alles fest. Spürbar aufrechter stand sie vor dem Spiegel. Der prüfende Blick in den Spiegel bestätigte, dass das altmodische Kleidungsstück durchaus hielt, was es versprach. Die Kurven wurden deutlich betont. Allein, bequem war anders. Aber, wie heißt es doch? „Wer schön sein will, muss leiden“.

Die Nylons stellten sie vor neue Probleme. Mit dem Korsett fiel ihr nun das Bücken schwerer. Sie fragte sich allen Ernstes, wie die Geschlechtsgenossinnen das früher gemacht hatten? Das Korsett ließ nur eine geringe Beugung nach vorne zu. Mit ganz langen Fingern und einigen schwungvollen Versuchen, die eher an Fliegenfischen erinnerten, gelang es ihr, die Strümpfe über die Fußspitzen zu dirigieren, hochzuziehen und zu befestigen. Das Kostüm selbst machte weniger Probleme. Als sie fertig war und sich prüfend vor dem Spiegel betrachtete, stellte sie fest, dass von Frisur nun keine Rede mehr sein konnte. Mit einem unterdrückten Schimpfwort griff sie zu Kamm, Bürste und Haarspray. Ihr lief die Zeit davon. Sie war für 13 Uhr verabredet. Schnell noch je ein Spritzer Parfüm rechts und links und dann ab ins Auto.

Ihr Ziel war die Freiheitsstatue auf der Strandpromenade. Da einige Straßen wegen des Festumzuges gesperrt waren, würde sie einen Umweg über die Nationalstraße 1215 nehmen und außen um Soulac herum fahren müssen, um zur Freiheitsstatue zu gelangen. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass sie es gerade noch rechtzeitig schaffen konnte. Es war 12.29 Uhr.


Soulac sur Mer - Das Fanal

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