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Ballaballabierbilanz

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Aus, aus, aus. Die Bundesligasaison 2001/02 ist aus. Ein »Horror-Finale« zwischen Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und Bayern München hatte der Internetanbieter www.sport1.de prophezeit. Nach dem Trivialtriumph der Borussia über Werder Bremen reichte es gerade noch zur Headline »Herzschlag-Finale«, was nur heißen konnte, es sei ein herzschonendes, ein einlullend entspannungsreiches Finale gewesen, Marke Doris-Day-Komödie statt Horrorschocker resp. »Hitchcock-Finale« (Hitzfeld).

Die Dramatik, die man dem Fußball oft genug attestiert, sie fehlte rundweg. »Es wurde nicht mehr die letzte Blutgrätsche angesetzt«, sägte, halb einnickend, halb schon schnarchend, der Moderator des Bayerischen Rundfunks herum, und die Reporter der ARD-Radioschaltkonferenz zeigten kollektiv eine erschreckend lustlose Leistung. »Vielleicht hätte ich meine Stimme nicht so heben sollen«, entschuldigte sich fünf Minuten vor dem Abpfiff Manni Breuckmann, der im Westfalenstadion saß und erzählte, es sei der Käse gegessen und zum Glück bald Feierabend mit dieser elenden Spielzeit.

Zumindest war alles erwartungsgemäß über die Bühne der schäbigen Fußballopernshow gegangen, und man wirkte erleichtert, einen Schlußstrich unter das im medialen Verwurstungsbetrieb aufgekochte Zeug zu Bayer Leverkusen als dem »gerechten Deutschen Meister« ziehen zu können. Erst während der WM wird uns beispielsweise der Premiere-Hecht und Zeitungskolumnist Marcel Reif neuerlich einen grenzwertigen Weisheitssermon wie diesen servieren: »Warum Angst haben, wenn das Selbstbewußtsein so groß sein könnte, wie ein Fußballfeld weit ist?«

Ja, weit ist es, das Fontanefußballfeld, auf dem die Bundesligasalonlöwen und Trainergeneräle herumdröhnten, und jenen, denen Fortuna hold war, den arg schiedsrichterbegünstigten Dortmundern, gebührt auch der Titel der angstfreiesten Selbstentblödung, namentlich dem nicht maulfaulen Manager Michael Meier, der im Gerangel mit Bayer-Coach Toppmöller die Flucht ins Fach des Weidmannsheillosen angetreten hatte. »Der Jäger wird am Ende vorne sein«, jaulte er, und den »Blattschuß« abfeuern.

Am Ende könnte indes demnächst der hiesige bezahlte Fußball sein. Das monetäre Defizit der Deutschen Fußball-Liga, das sich nach der Kirch-Pleite für die abgeschlossene Saison auf 103, für die kommende auf prognostizierte 360 Millionen Euro beläuft, läßt Schlimmes befürchten. Wie um den ökonomischen Horror vacui trotz prächtig gefüllter Stadien zu vertreiben, faselten sich unsre Protagonisten desto engagierter um Kopf und Kragen. Nürnbergs Manager Edgar Geenen schickte den unrentablen Teil des Kaders mit den schmeichelhaften Worten aufs Arbeitsamt: »Ihr seid Dreck, ihr seid nur Abschaum, ihr seid Müll, ihr seid wie Lepra!«, und der etwas südlicher und also fauler gesinnte Stefan Effenberg krönte seine 108 Gelben Karten umfassende Karriere durch die bekannt kluge Forderung, die Stütze, die er nun selber einfahren darf, voll runterzufahren.

Jenseits unzähliger Verbalentgleisungen lobte allerdings final-debil die FAZ den Schauermann Effenberg als kompromißlosen Leistungshengst. »Im Gegensatz zu vielen Schönspielern war sich Effenberg nie zu schade, auch einmal das Arschloch zu geben«, schwallte es da besoffen, so daß ich schon wieder dem Bayern-Mann Rummenigge unter all den Monetenvermehrern und Titelfuchsern als demjenigen, der die leere Hand nicht aufhält, das Resümee übereignen möchte – dergestalt er, Rummenigge, angesichts der vergeigten Meisterschaft »keinen Grund« sah, »hier groß die Kritik anzusetzen«.

Wo man hingegen ansetzen muß, um immer noch mehr zahlungswillige Zuschauer anzulocken, das verriet sport1.de: »Wie man mäßigen sportlichen Erfolg kaschiert, zeigte der HSV. Ein neues komfortables Stadion und der Ausschank von Vollbier sorgten dafür, daß die hauseigene Bestmarke nun bei 44.000 Besuchern pro Spiel steht.«

Darauf ein ballverstolpernd polterndes Prost!

Fußball! Vorfälle von 1996-2007

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