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Wortmilchschaum

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Was hat uns denn im Verlauf der von der FIFA, jenem lustigen Geheimbund mit Sitz in der sauberen Schweiz, organisierten Fußballweltmeisterschaft richtig gefallen? Daß Seppl Blatter, wie die taz schrieb, »die erste Heiligsprechung eines Sportfunktionärs durch die Öffentlichkeit« gewärtigen durfte? Daß der Monetenmessias »dem Fußball die soziale Dröhnung verordnet« hatte? Derweil, so die taz weiter, das Gebaren der Blatterschen Schmiergeldtruppe »von Kommentatoren schon als FIFA-Faschismus bezeichnet« wurde?

Doch, das hat uns sehr gefallen – genauso wie – während der Partie Slowenien gegen England – der Ausruf »Scheiße, fuck, ey!« des ARD-Reporters Gerd Gottlob, eines Mannes, der gleichfalls mitzuteilen wußte: »Dieser Ball war auf einem guten Weg.«

Im »kleinen, süßen Studio« der ARD, in dem Reinhold Beckmann, der meinte, in Vorberichten würden irgendwelche Hintergründe »angeschmeckt«, den üblichen, bereits von Gottfried Benn wahrgenommenen »Eitelkeitsgestank« verbreitete, pflegte in den Abendstunden bedauerlicherweise zum letztenmal das Duo Delling/Netzer seinen von der FAZ gelobten »krampfigen Hang zur versemmelten Pointe« und machte somit gottlob die teils brillanten Einlassungen des Fußballhermeneuten Mehmet Scholl vergessen, der Zufälle von Spielzügen zu unterscheiden vermochte und sich nicht scheute zu sagen: »Ich hab’ eigentlich gar keine große Lust, dazu was zu sagen.«

»Da muß ’ne Menge gutgeh’n, damit das mal klappt«, plapperte anschließend Tom Bartels vor sich hin, münzte diesen fabelhaften Gurkensatz aber keineswegs auf den glänzend katastrophal aufgelegten, intonationswütigen, gottlob nicht mal durch Gerd Gottlobs »Fuck!«-Einwurf zu bremsenden Steffen Simon.

»Kein Spiel mehr, in dem auch nur der argloseste Kurzpaß unkommentiert und vor allem ohne statistisches Beiwerk bliebe«, meckerte darob die Weltzeitung Main-Echo, unterdessen die FAZ über den fürs ZDF an der Flüstertüte hockenden Béla Réthy räsonierte: »Wieviel Réthy von Fußball versteht, ist schwer zu sagen.« Réthy, immerhin, revanchierte sich mit der Sentenz: »Jede Regung, die durch seine Seele wandert, kriegen wir gezeigt.«

Einhellig tadelten die Frankfurter Rundschau und die taz die zusehends hektische, nahezu kinematographische, inflationär mit Superslomomontagen operierende FIFA-Fernsehweltregie, die schon mal den Eindruck eines vollen Stadions vortäuschte und Gefühlskulissen zurechtbastelte. Lasen wir uns zwischendurch nicht im WM-Sonderteil der Süddeutschen Zeitung einen Hungerast und ebenda solch einen geschwefelten Käse: »In der DFB-Elf verschmelzen der ultraleichte Südländerstil des türkischstämmigen Özil und die draufgängerische Ader des bayerischen Brauchtumsstürmers [Müller] zum stilvollen Mentalitäten-Herkunfts-und-Bewegungs-Mix«, dann labten wir uns an den äußerst buntgemischten Darbietungen auf RTL: am Redundanzgequatsche des Frühstücksprofessors Olaf Thon zum Beispiel oder an Herrn Klinsmanns unfaßbar klugen Annotationen zu allerlei »emotionalen Kisten« und zum »positiven Feeling« zumal im Kopfe des unvermindert semmeldummen Sprachvergewaltigers.

Doch, das alles hat uns ausnehmend gut gefallen: die narzißtischen Infantilendebilenaufführungen im Sat.1-Frühstücksfernsehen (»Die WM-Stimmung bei uns heute morgen: Wir sagen yes!«) genauso wie Katrin »innerer Reichsparteitag« Müller-Hohensteins beherzt-selbstloses Engagement im »Qualitätsbeirat« einer Molkerei. Den lauwarmen Wortmilchschaum, den sie am Mikrophon stets zart lächelnd absonderte (»Mein lieber Herr Gerichtsvollzieher!«), garnierte Oliver Kahn aufs holdeste mit feinsinnigen Bemerkungen zu nunmehr »zehntausendprozentig« und volle Kanone »hochmotivierten« Kickern.

»Daß die Leute es aushalten, das Vorher- und Nachhergerede«, darüber wunderte sich Dieter Kronzucker ausgerechnet in der ZDF-Vollpfostensendung Volle Kanne. Wir haben es aus- und durchgehalten. Wir haben gesehen und gehört, wie der Sky-Experte Franz Beckenbauer vergeblich nach dem Wort »Stratege« suchte und dreimal hintereinander einen »Strategiker« am Werk sah. Wir haben Reiner Calmund zugehört, der herumfaselte: »Laß ma’ die Kirche im Dorf lassen«, und Jogi Löw, der versicherte: »Nach so einem Spiel lassen wir uns nicht nervös werden lassen« – sowie dem bemitleidenswerten Guido Buchwald, der erläuterte, eine Mannschaft habe »ein Stück Unerfahrenheit oder ein Stück, daß sie es einfach nicht besser machen können«.

Wir haben sogar das Fußball-Frühstück auf n-tv geguckt, und daß der größte Hohlschädel unter all den heldenhaften Sportjournalisten bei der taz beschäftigt ist, wissen wir jetzt auch. Er heißt Deniz Yücel und schreibt ein grenzenlos ekelhaftes Stummeldeutsch. Das »Sexy-Chilly-Funky-Punky-Trendy-Super-Duper-Knuddel-Wahnsinns-Zauber-Märchen-Deutschland«, das er herbeisehnte, das liegt allerdings wieder am Boden. Fußballgott sei Dank.

Nur noch Fußball!

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