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Versuch, Fußball zu gucken

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Mir fällt zum Fußball nichts ein. Nichts mehr. Im Moment. Die Sonne scheint, das genügt. Ich habe einen ansehnlichen Batzen von Texten und Büchern über Fußball geschrieben, und jetzt fällt mir zum Fußball überhaupt nichts mehr ein.

Ich werde keine Zeile über Michael Ballack schreiben. Ich wüßte ja auch gar nicht, was ich über Michael Ballack schreiben sollte. Vielleicht steht in dieser Zeitung etwas über Michael Ballack, das könnte ich lesen, aber ich werde es nicht tun. Ich habe den Fußball satt. Das ist schön.

Vor drei Wochen ging mein Fernseher kaputt. Darüber bin ich froh. Kein Videotext mehr, kein süchtiges Suchen nach Nachrichten aus der Welt des Fußballs mehr, wenn man aufwacht und Ablenkung sucht vom grauenhaften Wetter da draußen oder von den Verwüstungen im eigenen Kopf.

Die Sonne scheint, mein Kopf schmerzt, und das einzige, was ich über den Bundesligaspieltag weiß, ist, daß die Eintracht auswärts 4:0 gewonnen hat. Das hat Fipps am Samstagabend in meiner Stammkneipe gesagt, daran erinnere ich mich. Ich habe keine Ahnung, wie die anderen Spiele ausgegangen sind, man glaube es mir, oder man glaube es mir nicht.

Die Sonne scheint, der Kaffee schmeckt, der Kopf ist eine Ruine, und am Nachmittag werde ich mich wieder um mein neues Heim kümmern.

Ich hatte es ja fest vor. Ich wollte es versuchen. Ich wollte versuchen, mal wieder Fußball zu gucken, seit der WM zum erstenmal wieder. Ich bin gescheitert, und es macht mir nichts aus.

Am Samstag kamen um die Mittagszeit die Freunde M. und M. vorbei. Sie hingen Türen aus, schraubten Handläufe ab und wuchteten für mich einen schönen alten, massiven Schreibtisch aus der Waschküche, trugen ihn Treppen hoch und durch Gänge und über die Straße zu meinem neuen Heim. Das war eine ungeheure Leistung, die die beiden durch Dialoge von wahrhaft Beckettschem Zuschnitt krönten.

Als der Schreibtisch im Hof vor meinem neuen Heim stand, meinten M. und M., daß jetzt ein paar Belohnungsbiere fällig seien, die Bundesliga fange ja erst in eineinhalb Stunden an. Ich ging zur Trinkhalle und kaufte sechs Balkonbiere, die wir dann auf dem Balkon meines neuen Heims in uns hineinlaufen ließen.

»Es gibt nichts Besseres als was Gutes«, sagte M. Die Biere in der Sonne schmeckten vorzüglich. Eine Stunde später kam der freundliche Sami, der Inhaber der Trinkhalle, vorbei, mit einer Tüte voller Balkonbiere. »Ein Geschenk zum Einzug«, sagte er und lachte.

Nach achtzehn Balkonbieren latschten wir in meine Stammkneipe und laberten und tranken weiter. Irgendwann fiel mir ein, daß ich ein paar Zeilen über den Bundesligaspieltag würde schreiben müssen, und ich fragte die beiden Freunde, was ich schreiben solle.

»Schreib irgendwas über Ballack«, sagte M., und dann bestellten wir noch eine Runde.

Nur noch Fußball!

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