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Vorbereitung des Betriebsausfluges

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2014 würde sich in knapp sechs Wochen das 60jährige Gründungsdatum der Firma jähren. Friedhelm Richter war nunmehr 84 Jahre alt und im Jahr 1995 mit 65 Jahren aus der Firma ausstiegen um den Ruhestand genießen. Da der Unternehmer seine Firma im Familienbesitz behalten wollte hatte er das Steuer damals notgedrungen an seinen Schwiegersohn Hubertus Kriegel übergeben müssen, obwohl er dem Mann nicht allzu viel zutraute. Seiner Tochter traute er aufgrund der Erfahrungen in den letzten Jahren gar nichts zu. Zur großen Verwunderung des Firmengründers war das Unternehmen immer noch am Markt und die Geschäfte liefen scheinbar gut, denn er bezog aufgrund seiner Gesellschafteranteile in Höhe von 49 Prozent monatlich üppige 1.500 Euro zusätzlich zu seiner Pension, denn er hatte all die Jahre freiwillig in die Rentenkasse eingezahlt. Eigentlich hätten es so um die 3.000 Euro sein müssen, aber Hubertus Kriegel ging davon aus, dass der alte Mann aufgrund seiner Senilität sowieso nichts mehr mitbekam. Kriegel und Richters Tochter hielten zusammen 51 Prozent am Unternehmen und strichen so im Schnitt 6.000 Euro monatlich ein, da sie die eigentlich Richter zustehenden Gelder mit einkassierten.

Friedhelm Richter würde es nicht nehmen lassen den besonderen Tag des Firmenjubiläums entsprechend mit den Mitarbeitern zu feiern, und er plante einen zweitägigen Betriebsausflug mit Übernachtung. Der Transfer hin und zurück sollte mit einem Bus erfolgen. Start sollte an einem Sonnabend gegen 14 Uhr sein, dann könnte man, wer wollte, am Nachmittag noch etwas wandern gehen. Wer dazu keine Lust hätte könnte sich die Zeit anderweitig vertreiben. Abends stellte sich Richter ein geselliges Beisammensein vor. Zurück sollte es nach dem Frühstück am nächsten Tag gehen. Das alles wollte er aus seiner eigenen Schatulle finanzieren. Da er nahezu täglich immer vergesslicher wurde (und seine Frau schon verstorben war) fehlte eine ordnende Hand in seinem Leben. Seine Tochter und sein Schwiegersohn interessierten sich nicht die Bohne dafür wie es Friedhelm Richter ging. Zumindest hatten sie ihm wenigstens eine polnische Dienstleistungskraft besorgt, die einmal täglich nach dem Rechten sah und ihn bekochte, Einkäufe, Reinigungsarbeiten und andere Dinge erledigte. Bezahlt wurde sie von Richter.

Richter war körperlich noch ganz gut drauf, bloß seine geistigen Fähigkeiten verblassten immer mehr. Er selbst bekam das nicht mit und hielt sein Verhalten für absolut normal. Um sich gedanklich stimulieren zu können hatte er vor einige Jahren damit angefangen, sich mit unverdünntem Gin die nötigen Anreize zu holen. Friedhelm Richter war kein Trinker, aber er hatte seine Rituale. Den ersten Gin trank er nach dem Mittagessen, um danach einige Zeit zu Ruhen. Nach dem Abendbrot schenkte er sich den zweiten ein und vor dem Schlafengehen gab es den dritten. Richter schlief tief und fest, aber nie länger als sechs Stunden. Da er gegen 22 Uhr das Licht ausmachte war er gegen vier Uhr früh wieder munter. Von da an bis zum Frühstück lag er über allerlei nachdenkend wach und hatte in der letzten Zeit ganz brauchbare Ideen für den Ausflug gehabt. Das Problem war bloß, dass er bis zum Aufstehen alles schon wieder vergessen hatte.

Eines Tages war er dann auf die Idee gekommen, seine Einfälle auf kleinen Karteikarten zu notieren. Das lief anfangs ganz gut, aber dann konnte sich Richter nicht mehr daran erinnern, wo er die Karteikarten abgelegt hatte. Auch seine Haushalthilfe wurde nicht fündig, da der verwirrte Mann die Zettel an den unmöglichsten Orten abgelegt hatte. Richter durchforstete jedes Mal sein Gehirn, aber leider ohne Ergebnis. Also genehmigte er sich von da an nach der Mittagspause einen weiteren Gin, der sein Erinnerungsvermögen auf Trab bringen sollte. Da er tatsächlich an einem Tag fündig wurde, schien das mit dem Gin eine gute Idee gewesen zu sein. Richter hatte sich auf der einzigen wieder entdeckten Karteikarte folgendes notiert:

Einen Bus anmieten

Hotelzimmer (Doppelzimmer für die Angestellten sowie seine Tochter und seinen Schwiegersohn) buchen

Einzelzimmer für sich selbst und Gunter Kriegel buchen

Buffet buchen

Alleinunterhalter buchen

Das war der Rahmen, den die Veranstaltung haben sollte. Friedhelm Richters Geisteskraft war noch einmal kurz aufgeflammt und er hatte erst zum Telefonbuch, und dann zum Hörer gegriffen und sich über die Preise informiert. Er musste mit 35 Personen kalkulieren, denn zu den 30 Angestellten kämen er selbst noch, sowie Bettina, Hubertus und Gunter Kriegel dazu. Man bot ihm ein paar Tage später folgendes an:

Bus An- und -abreise für insgesamt 450 Euro

16 Doppelzimmer und 2 Einzelzimmer für insgesamt 540 Euro

Abend- sowie Frühstücksbuffet für insgesamt 550 Euro

Alleinunterhalter für 350 Euro

Das machte 1.890 Euro aber Friedhelm Richter wollte diesen Tag würdig begehen und nicht knausern. Er staunte ein wenig über die niedrigen Übernachtungskosten und die Preise für die Buffets aber dachte sich nichts weiter dabei. Getränke müssten extra bezahlt werden, aber man könne das Schwimmbad kostenlos nutzen. Jetzt musste er noch herausfinden, wie viele Leute der Firma an der Feier tatsächlich teilnehmen wollten und schrieb auf seiner alten Schreibmaschine folgendes:

„Die KME wird 60 Jahr,

ist das nicht wunderbar?

Friedhelm Richter war der Mann,

mit dem damals alles begann.

Hat sich aus dem Dreck gezogen,

aber niemals einen betrogen.

Kaufmann sein heißt sich schinden,

will man den Marktgegner überwinden.

KME ist dies gelungen,

darum wird heut‘ Abend auch gesungen.

Wäre schön Sie kämen mit,

dann wird der Abend sicher auch ein Hit.

Lade Sie ganz herzlich ein,

dazu mein Gast zu sein.

Geht ganz klar aus meiner Tasche,

auch die eine oder andere Flasche.

Gute Leute sind wie Kapital,

und dazu zählen Sie allemal.“

P. S.

Dieser besondere Tag zählt bei Teilnahme für Sie als Arbeitszeit.

Es gibt ein Schwimmbad im Hotel.“

Friedhelm Richter setzte sich ein letztes Mal gegen den Widerstand seiner Tochter und seines Schwiegersohnes durch, die so eine Veranstaltung nicht wollten, aber seine Drohung, das Testament zu Gunsten eines Vereins für wohltätige Zwecke zu ändern, führte zu einer zähneknirschenden Zustimmung. Zu seiner großen Freude erfuhr er wenig später, dass alle Mitarbeiter teilnehmen wollten. Richter hatte jedoch vergessen die Mitarbeiter zu informieren, dass die Unterbringung für sie in Doppelzimmern erfolgen würde.

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